Verfahrensgang

AG Göttingen (Aktenzeichen 21 C 168/99)

 

Tenor

1.

Die Sache wird gemäß § 541 Abs. 1 ZPO dem Oberlandesgericht Braunschweig zur Entscheidung über folgende Rechtsfrage vorgelegt:

Können Mietzinsansprüche aus einem Mietverhältnis über Wohnraum zulässigerweise auch im Wege des Urkundenprozesses geltend gemacht werden?

2.

Den Parteien wird Gelegenheit gegeben, zur Vorziffer binnen 3 Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses schriftsätzlich Stellung zu nehmen.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin verfolgt gegen die Beklagten Ansprüche auf Mietzins im Urkundenprozeß.

Die Klägerin ist Eigentümerin des Hausgrundstückes … die Beklagten waren seit dem 01.07.1997 Mieter der Wohnung des ersten Obergeschosses des Hauses. Der monatliche Mietzins betrug 2.150,00 DM zuzüglich 300,00 DM Nebenkostenvorauszahlung. Der Gesamtbetrag von 2.450,00 DM war jeweils bis zum 3. Werktag eines jeden Monats im voraus fällig. Das Mietverhältnis der Parteien ist zwischenzeitlich beendet. Die Beklagten haben das Mietobjekt zum 31.10.1999 geräumt.

Die Klägerin verlangt von den Beklagten für die Monate August bis November 1999 einschließlich rückständigen Mietzins nebst Nebenkostenvorauszahlungen in Höhe von insgesamt 9.300,00 DM. Sie hält ihre im Urkundenprozeß erhobene Klage für zulässig.

Die Beklagten haben die Ansicht vertreten, die auf Mietzins für Wohnraum gerichtete, im Urkundenprozeß erhobene Klage sei unzulässig. Im übrigen sind sie der Klageforderung entgegengetreten.

Das Amtsgericht hat die Klage durch Urteil vom 08.12.1999 als im Urkundenprozeß unzulässig abgewiesen. Zur näheren Sachdarstellung wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin, die weiterhin die Klage auf Mietzins für Wohnraum im Urkundenprozeß für zulässig hält und auch ihre Berufung im Urkundenprozeß führt mit dem Ziel, das angefochtene Urteil abzuändern und der Klage stattzugeben.

Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil und halten weiterhin die im Urkundenprozeß erhobene Klage auf Zahlung von Wohnraummiete für unzulässig.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Entscheidung der Kammer über die Begründetheit der Berufung der Klägerin hängt von der unter Ziffer 1. dieses Beschlusses formulierten Rechtsfrage ab. Ist die Klage auf Wohnraummiete im Urkundenprozeß nicht zulässig, ist die Berufung der Klägerin unbegründet.

III.

Zulässigkeit der Vorlage

1.

Nach § 541 Abs. 1 ZPO ist die Vorlage einer Rechtsfrage, die ein Wohnraummietverhältnis betrifft, durch ein Landgericht als Berufungsgericht an das Oberlandesgericht zur Entscheidung (Rechtsentscheid) nur statthaft, wenn die Rechtsfrage aus dem in Rede stehenden Sachgebiet von grundsätzlicher Bedeutung ist und sie durch Rechtsentscheid noch nicht entschieden ist.

a)

Die in Ziffer 1. dieses Beschlusses formulierte Rechtsfrage ist – soweit ersichtlich – bisher durch Rechtsentscheid noch nicht entschieden.

b)

Die Rechtsfrage ist nach Auffassung der Kammer auch von grundsätzlicher Bedeutung, soweit es um Ansprüche auf Wohnraummiete und Ihre. Durchsetzung im Urkundenprozeß im Verhältnis zu den Vorschriften des sozialen Mietrechts (z.B. §§ 537 Abs. 3, 552 a BGB) geht.

aa)

Der Urkundenprozeß spielte im Wohnraummietrecht bislang eine untergeordnete Rolle (vgl. auch Sternel, Mietrecht, 3. Auflage 1989, Kapitel V Rdnr. 37; Malte in MDR 1997/899 ff.).

bb)

In neuerer Zeit ist die Frage, ob der Vermieter seine Mietzinsforderung auch im Urkundenprozeß durchsetzen kann, zunehmend umstritten.

Nach einer wohl überwiegenden Auffassung können auch Mietzinsansprüche im Urkundenprozeß unter den dabei zu beachtenden allgemeinen Voraussetzungen dieser Prozeßart geltend gemacht werden (vgl. LG Bonn in WuM 1986/109 ff.; LG Düsseldorf in MDR 1997/928; LG Saarbrücken in WuM 1998/557; Michalski in ZMR 1996/637; Malitz in MDR 1997/899 ff.; Bub/Treyer, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Auflage 1999, Kapitel VIII Rdnr. 41; Münchener Kommentar, ZPO, Rdnr. 2 zu § 592 ZPO; Zöller-Greger, ZPO, 21. Auflage 1999, Rdnr. 2 zu § 592 ZPO; OLG Oldenburg in WuM 1999/225 ff., das indes die Frage für Wohnraummiete ausdrücklich offen läßt).

Andererseits wird im Schrifttum und in der Rechtsprechung teilweise die Ansicht vertreten, die Geltendmachung von Mietzinsansprüchen im Urkundenprozeß sei zumindest bei Ansprüchen aus Wohnraummietverhältnissen unzulässig (vgl. LG Augsburg in WuM 1993/416; LG München I in WuM 1998/559; Herkenrath in WuM 1986/110; Stemel, Mietrecht, 3. Auflage 1989, Kapitel V, Rdnr. 37; Stemel, Mietrecht aktuell, 3. Auflage 1996, Rdnr. 1470; Schmidt-Futterer, Mietrecht, 7. Auflage 1999, Rdnrn. 338, 296 zu § 537 BGB).

cc)

Die Klägerin stutzt nunmehr ihre Auffassung, die Wohnraummiete zulässigerweise im Urkundenprozeß geltend machen zu können, auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 10.03.1999 (vgl. ZMR 1999/380 ff.), wonach Mietzinsforderungen im Urkundenprozeß geltend gemacht werden können.

Dabei hat die Klägerin indes nicht berücksichtigt, dass die Entscheidung des Bundesgerichtshofs –...

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