Leitsatz (amtlich)
Klauseln in Allgemeinen Versicherungsbedingungen für Lebens- oder Rentenversicherungen, die bestimmen, dass für eine unterjährige Prämienzahlung ein Zuschlag in einer nicht genannten Höhe zu bezahlen ist, sind intransparent und daher unwirksam.
Tenor
I.
Der Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes - und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft - oder einer Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens EUR 250.000,00; Ordnungshaft, zu vollziehen an den Vorstandsmitgliedern des Beklagten, insgesamt höchstens 2 Jahre)
zu unterlassen,
beim Abschluss von Verträgen mit Verbrauchern über kapitalbildende Lebens- oder Rentenversicherungen folgende (oder inhaltsgleiche) Klauseln in neue Versicherungsverträge einzubeziehen oder sich bei der Abwicklung bestehender Verträge der genannten Art auf eine solche Klausel zu berufen:
["Was haben Sie bei der Beitragszahlung zu beachten?
(1)
Die Beiträge zu ihrer Lebensversicherung müssen Sie jährlich (Jahresbeiträge) entrichten. Die Jahresbeiträge werden zu Beginn eines jeden Versicherungsjahres fällig. ...]
(2)
Nach Vereinbarung können Sie Jahresbeiträge auch in halbjährlichen, vierteljährlichen oder monatlichen Raten zahlen (Ratenzahlungen); in diesen Fällen sind in den mit Ihnen vereinbarten Raten Zuschläge enthalten.[Die einzelnen Raten sind jeweils zum Ersten eines Ratenzahlungsabschnitts fällig.]"
oder
["(1) Sie zahlen Jahresbeiträge, die jeweils zu Beginn eines Versicherungsjahres fällig werden.]Nach Vereinbarung können Sie Jahresbeiträge auch in halbjährlichen, vierteljährlichen oder monatlichen Raten zahlen (Ratenzahlungen); hierfür werden Ratenzuschläge erhoben.[Die einzelnen Raten sind jeweils zum Ersten eines Ratenzahlungsabschnitts fällig.]"
II.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
III.
Das Urteil ist bezüglich des Ausspruchs unter I. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 50.000 EUR und bezüglich der Kostenentscheidung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Streitwert: 25.000,00 EUR
Tatbestand
Der Kläger, ein in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 Abs. 1 UKlaG eingetragener Verein, nimmt den Beklagten wegen zweier Klauseln in dessen Allgemeinen Versicherungsbedingungen für kapitalbildende Lebens- und Rentenversicherungen auf Unterlassung in Anspruch.
Der Beklagte ist ein bundesweit tätiges Versicherungsunternehmen mit Sitz in Stuttgart. Er bietet u.a. den Abschluss von Kapitallebensversicherungen und Rentenversicherungen an.
Der Beklagte verwendete jedenfalls bis zum 31.12.2007 beim Abschluss von kapitalbildenden Lebensversicherungen "Allgemeine Bedingungen für die kapitalbildende Lebensversicherung" (Anlage K 1b, Bl. 24 d.A., im Folgenden: AVB Kapital) und beim Abschluss von Rentenversicherungen "Allgemeine Bedingungen für die Rentenversicherung" (Anlage K 2b, Bl. 46 d.A., im Folgenden: AVB Rente).
Streitgegenständlich ist jeweils eine Klausel in den genannten Versicherungsbedingungen, die sich mit der unterjährigen Beitragszahlung befasst. Die entsprechenden Regelungen finden sich für die Kapitallebensversicherung in § 4 der AVB Kapital, für die Rentenversicherung in § 7 der AVB Rente. Für den Inhalt der Regelungen wird auf die vorgelegten AVB (Anlage K 1b, Bl. 24 d.A. und K 2b, Bl. 46 d.A.) Bezug genommen. Die vom Kläger beanstandeten Klauseln sind dem nachfolgend dargestellten Klagantrag zu entnehmen; es handelt sich dabei um die fettgedruckten Textpassagen.
Der Kläger ist der Auffassung, die Klauseln seien intransparent und daher wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 S. 2 BGB unwirksam. Sie vermittelten entweder dem Versicherungsnehmer keine zutreffende Vorstellung von der wirtschaftlichen Belastung oder - folge man dem Vortrag des Beklagten - regelten praktisch das Gegenteil des Wortlauts, nämlich die Vereinbarung unterjähriger Versicherungsperioden und Prämienzahlung statt der Fälligkeit von ausschließlich Jahresprämien, die gegen Zuschlag ratenweise abgetragen werden können.
Zudem sei genau zu differenzieren zwischen der sogenannten echten unterjährigen Zahlung, nämlich der Vereinbarung unterjähriger Versicherungsperioden, und der unechten unterjährigen Zahlung. Hier handele es sich eindeutig um Letzteres, nämlich die Kalkulation von Jahresprämien, die unterjährig abgetragen werden könnten. Die Vereinbarung der unechten unterjährigen Zahlung mit Ratenzuschlag sei ein Kredit i.S.v. § 6 PAngV und ein Teilzahlungsgeschäft i.S.v. § 507 BGB (n.F.). Die Motive des (deutschen) Gesetzgebers und europarechtliche Regelungen stünden dieser Einordnung nicht entgegen. Die Interessenlage des Versicherungsnehmers sei vergleichbar mit dem Kauf eines Kühlschranks mit Bar- oder Ratenzahlung.
Eine ähnliche Klausel sei bereits Gegenstand eines Rechtsstreits gewesen. Nach Obsiegen vor dem Landgericht Bamberg (Urteil vom 8. Februar 2006, 2 ...