Normenkette
UWG §§ 1, 3
Verfahrensgang
LG Aschaffenburg (Aktenzeichen 1 HKO 138/01) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das Urteil des LG Aschaffenburg vom 2.8.2001 geändert.
II. Der Antrag des Verfügungsklägers auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird abgewiesen.
III. Der Verfügungskläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen (§ 543 Abs. 1 ZPO a.F.).
Gründe
I. Das LG hat es der Verfügungsbeklagten, einem Zeitschriftenverlag, … im Wege der einstweiligen Verfügung untersagt, Zeitungsinserate zur Anpreisung eines bestimmten Schlankheitsmittels unter Hinweis auf die schlankmachende Wirkung des Mittels zu veröffentlichen, insb. das konkrete … in einer Anzeigenbeilage der Verfügungsbeklagten erschienene Inserat zu wiederholen. Die Verfügungsbeklagte hat gegen diese … Entscheidung … Berufung eingelegt …
Das Rechtsmittel ist zulässig und auch in der Sache begründet. Nach Auffassung des Senats hat der beklagte Verlag nicht gegen die Prüfungspflichten verstoßen, die ihm bei der Veröffentlichung von Werbeinseraten Dritter in der von ihm herausgegebenen Zeitung obliegen.
1. Die Verfügungsbeklagte kann nur dann als Störer auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wenn das Inserat des Dritten ein grober und eindeutiger Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht ist; die Prüfungspflicht des Zeitungsverlages ist im Allgemeinen auf Verstöße dieser Art beschränkt. Ein eindeutiger Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht liegt hier aber nicht vor.
a) Insbesondere kann nicht von einem derartigen Verstoß gegen § 3 UWG ausgegangen werden (Irreführung über die schlankmachende Wirkung des angepriesenen Mittels).
Zwar spricht sehr viel dafür, dass die betreffenden Schlankheitskapseln die behauptete neuartige und geradezu sensationelle schlankmachende Wirkung tatsächlich nicht haben. Letztlich aber können medizinische Laien, zu denen auch der Anzeigenredakteur der Verfügungsbeklagten zu rechnen ist, die Frage nicht abschließend beantworten. Ersichtlich deshalb vermeidet es auch das angefochtene Urteil, einen Verstoß des Inserates gegen § 3 UWG festzustellen. Tatsächlich müsste sogar im gerichtlichen Verfahren gegen den Inserenten selbst diesem zunächst Gelegenheit gegeben werden, die Richtigkeit seiner Behauptung zu beweisen. Dementsprechend käme allenfalls in Betracht, dass der Anzeigenredakteur vom Inserenten wissenschaftliche Belege für die Richtigkeit der Werbebehauptung anfordert. Dies aber ist, soweit ersichtlich, nicht üblich. Es würde den Redakteur zudem in die Verlegenheit bringen, die vom Inserenten etwa vorgelegten Unterlagen auch noch bewerten zu müssen. Dies alles ist insb. im Hinblick auf die gebotene Schnellligkeit unzumutbar, mit der ein Anzeigenredakteur über die Ausführung eines Anzeigenauftrags in aller Regel entscheiden muss. Hinter diesem Interesse des Verlages, schnell entscheiden zu können, tritt sogar das besondere Interesse der Allgemeinheit daran zurück, dass zum Schutze der Volksgesundheit gerade die gesundheitsbezogene Werbung nicht irreführend sein sollte (vgl. BGH v. 10.2.1994 – I ZR 62/92, MDR 1994, 676 = GRUR 1994, 454) und ebenso das Interesse daran, dass im Ausland ansässigen Inserenten wegen der Erschwernis ihrer direkten gerichtlichen und außergerichtlichen Belangung irreführende Werbung im Inland möglichst von vornherein versagt bleiben sollte, nämlich dadurch, dass der Anzeigenredakteur des inländischen Anzeigenblattes das Inserat ablehnt (vgl. BGH v. 19.3.1992 – I ZR 166/90, MDR 1993, 136 = NJW 1992, 3093).
Aus der genannten Entscheidung BGH v. 10.2.1994 – I ZR 62/92, MDR 1994, 676 = GRUR 1994, 454 kann hier auch ansonsten keine Pflichtverletzung der Verfügungsbeklagten hergeleitet werden. Das Urteil geht vielmehr ebenfalls davon aus, dass im Falle nicht von vornherein unmöglicher Wirkung des angepriesenen Produkts eine Verpflichtung des Redakteurs zu näherer Überprüfung nicht besteht. Von Unrichtigkeit oder Irreführung musste die Beklagte auch nicht deshalb ausgehen, weil die Bestelladresse in dem Inserat nur durch Telefonnummer und Postfachanschrift angegeben war. Die Erschwerung der unmittelbaren Inanspruchnahme des Inserenten erhöht nämlich nach der oben genannten Rechtsprechung des BGH (BGH v. 19.3.1992 – I ZR 166/90, MDR 1993, 136 = NJW 1992, 3093) die Prüfungspflichten des Anzeigenredakteurs nicht. Die Konsequenz, aus dieser Erschwernis gleichzeitig auf die (eindeutige) Unzulässigkeit der Werbung zu schließen, hat der BGH ersichtlich nicht gezogen. Sie kann nach Auffassung des Senats auch hier nicht ohne weiteres gezogen werden, selbst dann nicht, wenn man davon ausginge, dass der Inserent im vorliegenden Fall im Inland ansässig ist, gleichwohl aber seine Anschrift verheimlicht. Zu einem solchen Rückschluss hätte die Beklagte hier insb. auch deshalb keinen hinreichenden Anlass, weil im Anzeigenauftrag (Bl. 74 d.A.) außer der Postfachnummer für Deutschland ...