Verfahrensgang
LG Leipzig (Entscheidung vom 08.04.2011; Aktenzeichen 4 HKO 4217/09) |
Tenor
I. Das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 08.04.2011, Az. 4 HKO 4217/09, wird abgeändert und der Beklagte wird verurteilt,
1. es zu unterlassen, im Wettbewerb handelnd auf Schaufensterscheiben oder sonst werblich für seine Apotheke mit dem Hinweis zu werben:
a) "Immer alles Mc Günstig" oder
b) "Die preiswerte Apotheke" oder
c) "Discountapotheke" oder
d) "Mc... A.......
Die preiswerte Apotheke";
2. an die Klägerin 208,65 EUR zu bezahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 22.12.2009.
II. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer I.1. wird dem Beklagten Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR angedroht, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten.
III. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 16.000,00 EUR
Gründe
I. Von der Darstellung der Tatsachengrundlagen wird nach §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.
Das Landgericht hat die Klage im Unterlassungsantrag wegen mangelnder Bestimmtheit als unzulässig, im Übrigen als unbegründet abgewiesen.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung und beantragt wie tenoriert.
Der Beklagte verteidigt das die Klage abweisende Urteil.
II. Die zulässige Berufung ist begründet.
A. Die Klage ist zulässig.
Sie erfüllt auch die Anforderungen des § 253 Abs.2 Nr. 2 ZPO und ist damit hinreichend bestimmt.
Zutreffend geht das Landgericht vom sog. zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff aus, zieht aber die sich daraus ergebenden Grenzen des Streitgegenstandes viel zu eng.
Die Klägerin hat ihre Klage stets damit begründet, dass die im Klageantrag genannten Werbeaussagen irreführend und damit wettbewerbsrechtlich unzulässig seien. Ob es bereits zu einer Änderung des Streitgegenstandes führt, wenn die Klägerin die Eignung zur Irreführung nicht mehr nur auf verschreibungspflichtige Medikamente bezieht, sondern auf das Gesamtsortiment des Beklagten, kann für die Entscheidung dahinstehen, denn die Klägerin hat in der Berufungsinstanz ebenso wie in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht stets klargestellt, dass sie den Vorwurf der Irreführung nur auf die verschreibungspflichtigen Medikamente bezogen wissen will. Keinesfalls aber änderte sich mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes (AMNOG) zum 01.01.2011 am Klagesachverhalt und damit am Streitgegenstand etwas. Dieses Gesetz hat wesentlich die Frage zum Gegenstand, wie zwischen Pharmaunternehmen und gesetzlichen Krankenversicherungen die Preise für Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen ausgehandelt oder festgelegt werden. Es fällt schon schwer, darin Auswirkungen auf die rechtliche Beurteilung des Falles zu sehen, den der Klage zugrunde liegenden Sachverhalt lässt das Gesetz in jedem Falle unberührt.
B. Die Klage ist auch begründet.
1. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Unterlassungsansprüche nach § 8 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 Nr. 2, § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Nr. 2 UWG zu.
Die angegriffene Werbung ist irreführend i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 2 UWG und damit unlauter.
Weil sie sich an die Allgemeinheit richtet, gehört auch der Senat zu den angesprochenen Verkehrskreisen und kann die Frage der Irreführung selbst beantworten.
a. Die Aussage "Immer alles Mc Günstig" führt in die Irre.
Bei den angesprochenen Verbrauchern entsteht so der Eindruck, "alles", d.h. das gesamte Apothekensortiment des Beklagten, sei "immer" billiger als bei der Konkurrenz. Die Begriffsschöpfung "Mc Günstig" weckt mit ihrem Bestandteil "Mc" Assoziationen an schottische Namen. Schotten haftet das Vorurteil an, geizig zu sein. "Mc Günstig" steht damit für Preise, die selbst Geizhälsen günstig erscheinen, die also extrem niedrig sind. Der Beklagte rückt sich damit zudem in die Nähe der auch in ......., dem Standort des Beklagten, mehrfach vertretenen Billigmarktkette "Mäc Geiz", deren Name ähnliche Assoziationen weckt.
Dass die Preise des Beklagten extrem niedrig seien, ist mindestens für einen erheblichen Anteil des Sortiments objektiv unrichtig. Weil verschreibungspflichtige Medikamente preisgebunden sind, kann der Beklagte allenfalls seine sonstigen Waren günstiger anbieten als andere Apotheken.
Die Eignung zur Irreführung entfällt auch nicht dadurch, dass die objektiv falsche Werbeaussage vom Verkehr dennoch richtig verstanden würde (zur dogmatischen Einordnung vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, 28. Aufl. 2010, § 5 Rn. 2.70). Es gehört keineswegs zum Allgemeinwissen von Verbrauchern, dass verschreibungspflichtige Medikamente infolge der Preisbindung in allen Apotheken dasselbe kosten. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass sich ein nennenswerter Prozentsatz der Verkehrskreise mit den umfangreichen und sich ständig wandelnden gesetzlichen Grundlagen des Gesundheitswesens näher beschäftigen würde. Die Preisbindung selbst feststellen könnte nur derjenige, der ein und dasselbe verschreibungspflichti...