Leitsatz (amtlich)
1. Ist zur Regelung aller wesentlichen Punkte (Pachtzins, Verlängerungsoption und Gewährleistung) der Abschluss eines schriftlichen Pachtvertrags mit einer Vertragslaufzeit von mehr als einem Jahr beabsichtigt und zur Absicherung der beiderseitigen Interessen gesetzlich auch geboten, so kommt der Vertrag nicht durch Nutzungsbeginn und formlose Einigung über einen Teil des Vertragsinhalts zustande.
2. Der Streitgegenstand des Rechtsmittelverfahrens zur Verteidigung gegen einen Räumungs- und Herausgabeanspruch erledigt sich nur dann mit der Zwangsräumung, wenn Erfüllung dieser Ansprüche aufgrund einer entsprechenden Leistungsbestimmung des Mieters eintritt.
Verfahrensgang
LG Wuppertal (Entscheidung vom 08.07.2009; Aktenzeichen 17 O 396/08) |
Tenor
1. Die Berufung des Beklagten gegen das am 08. Juli 2009 verkündete Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal - Einzelrichter - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
2. Der Berufungsstreitwert wird auf 70.776,00 EUR festgesetzt
Gründe
Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg. Das Landgericht hat den Beklagten im Ergebnis zu Recht zur Räumung und Herausgabe der von ihm gewerblich zum Betrieb eines Well- und Fitnessclubs genutzten Räume an den Kläger verurteilt. Die dagegen vorgebrachten Berufungseinwände rechtfertigen keine dem Beklagten günstigere Entscheidung.
I.
Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen nimmt der Senat Bezug auf seinen Beschluss vom 14. Oktober 2009, mit welchem es der Senat mangels hinreichender Erfolgsaussicht der Berufung bereits abgelehnt hat, die Zwangsvollstreckung aus dem angefochtenen Urteil einstweilen einzustellen. Der Senat hat dort im Wesentlichen ausgeführt:
"…Das Antragsbegehren scheitert … daran, dass die Berufung … nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand keine hinreichende Aussicht auf Erfolg verspricht.
1. Allerdings dürfte die vom Landgericht - in Übereinstimmung mit den geäußerten Rechtsansichten der Parteien - gewählte materiellrechtliche Prämisse, es gehe hier um die Frage nach der Wirksamkeit der vom Kläger erklärten Kündigung eines zwischen den Parteien mündlich zustande gekommenen Pachtvertrags, allseitig von Rechtsirrtum beeinflusst sein.
a) Zwischen den Parteien ist weder ein Pacht- noch ein sonstiger entgeltlicher Nutzungsvertrag zustande gekommen. Das scheitert an einem offenen Einigungsmangel gemäß § 154 Abs. 1 BGB (vgl. BGH ZMR 2005, 285 = NZM 2005, 352, = MDR 2005, 474 sub Nr. II.2.; Senat ZMR 2007, 33; ZMR 2002, 589 sub III.3; Urt. v. 02.12.2008, I-24 U 29/08 und I-24 U 30/08 [n.v.]). Hier war zur Regelung aller wesentlichen Punkte mit einer Vertragslaufzeit von mehr als einem Jahr und zahlreicher Nebenbestimmungen der Abschluss eines schriftlichen Pachtvertrags beabsichtigt und zur Absicherung der beiderseitigen Interessen gemäß §§ 781 Abs. 2, 550 BGB gesetzlich auch geboten. Dieser ist aber mangels Einigung über alle von den Parteien als regelungsbedürftig angesehenen Punkte nicht zustande gekommen (hier insbesondere Pachtpreis, Verlängerungsoption und Gewährleistung). Deshalb kann nicht angenommen werden, dass statt dessen aufgrund eines bei Nutzungsbeginn herrschenden Einverständnisses über einen Teil der beabsichtigten vertraglichen Regelung (hier: Mindestpacht, Grundlaufzeit; Pachtgegenstand) ein mündlicher Vertrag in Form eines entgeltlichen Nutzungsvertrages geschlossen wurde. Für jeden Vertrag, gleich welcher Art, somit auch für einen entgeltlichen Nutzungsvertrag, ist die Einigung über die auch nur von einer Partei als wesentlich angesehenen Vertragspunkte gemäß § 154 Abs. 1 BGB unabdingbare Voraussetzung. Daran fehlt es hier (vgl. BGH NJW-RR 2000, 382 = NZM 2000, 183; Senat aaO).
b) Dem Beklagten sind die Räume vielmehr nur vorläufig überlassen worden in der Erwartung, dass ein Pachtvertrag zu noch endgültig auszuhandelnden Konditionen zustande kommen werde. Bis zum Scheitern der Vertragsverhandlungen hatte der Beklagte zwar ein Recht zum Besitz, er hat es aber spätestens mit Ablauf des 30. September 2008 rückwirkend verloren. Dass der Kläger nach dem Abbruch der Verhandlungen das "Nutzungsverhältnis" förmlich gekündigt hat und ersichtlich von einem mündlich geschlossenen Pachtvertrag ausgegangen ist, vermag eine vertragliche Bindung der Parteien ebensowenig zu belegen wie die Tatsache, dass der Beklagte einen Teil der Entgelte in der Höhe, wie sie vertraglich vorläufig vereinbart worden sind, jedenfalls zum Teil bezahlt hatte (vgl. BGH NJW-RR 2000, 382 = NZM 2000, 183; Senat Urt. v. 02.12.2008, I-24 U 29/08 und I-24 U 30/08 [n.v.]). Von einem mündlich zustande gekommenen Pachtvertrag könnte bei vollzogener Gebrauchsüberlassung nur dann gesprochen werden, wenn die Parteien letztlich übereinstimmend weitere Vertragsverhandlungen eingestellt hätten, verbunden mit dem beiderseitigen Willen, den Vertrag nun zu den Konditionen durchzuführen, über die Einvernehmen erzielt werden konnte und im Übrigen zu den gesetzlichen Bedingungen (vgl. BGH NJW 2009, 433). Dieses Einverständnis haben die Partei...