Normenkette

ZPO § 269 Abs. 5, § 494a Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Wiesbaden (Beschluss vom 26.05.2003; Aktenzeichen 1 O 97/02)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 13.12.2006; Aktenzeichen XII ZB 176/03)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des LG Wiesbaden vom 26.5.2003 wird zurückgewiesen. Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Beschwerdewert wird auf 879,28 Euro festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

Der Kläger hat die Beklagten im vorliegenden Verfahren auf Ersatz von Wertsteigerungen in Anspruch genommen, die dadurch entstanden seien, dass er und sein Vater während der Dauer des mit den inzwischen verstorbenen Eheleuten … geschlossenen Pachtverhältnisses über ein Hotelrestaurant erhebliche Umbauarbeiten vorgenommen hätten, die den Rechtsnachfolgern der Eheleute … und jetzigen Hotelbetreibern zugute gekommen seien. Zur Begründung seines Anspruchs der Höhe nach hat er sich auf ein Sachverständigengutachten berufen, das im Rahmen des gegen die Beklagten eingeleiteten selbständigen Beweisverfahrens 7 OH 3/01 des LG Wiesbaden erstellt worden war.

Der Kläger hat in der Folgezeit die Klage zurückgenommen.

Das LG hat hierauf mit Beschluss vom 26.5.2003 (Bl. 139–141 d.A.) die Kosten des Rechtsstreits einschl. der den Beklagten im selbständigen Beweisverfahren des LG Wiesbaden 7 OH 3/01 entstandenen Kosten dem Kläger auferlegt.

Gegen diesen ihm am 4.6.2003 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 7.6.2003 insoweit sofortige Beschwerde eingelegt, als die Kosten des Beweisverfahrens dem vorliegenden Verfahren zugeordnet wurden. Er macht geltend, das Beweisverfahren sei auch Grundlage einer im Verfahren mit umgekehrten Rubrum (1 O 230/01 des LG Wiesbaden) hilfsweise erklärten Aufrechnung.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§ 269 Abs. 5 ZPO). Sie führt aber nicht zum Erfolg.

In der Rspr. der Obergerichte und in der Lit. ist umstritten, ob der Kostenausspruch nach einer Klagerücknahme auch die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens erfassen kann, wenn – wie es hier der Fall ist – die Parteien beider Verfahren und der Streitgegenstand identisch sind.

Abgelehnt wird dies beispielsweise vom OLG München (OLG München v. 10.12.1997 – 11 W 2427/97, OLGReport München 1998, 179 = MDR 1998, 307 [308]) und vom OLG Köln (OLG Köln v. 24.1.1994 – 17 W 229/93, BauR 1994, 441; BauR 2003, 290 [291]) sowie von Hartmann (Baumbach/Lauterbach, ZPO, 61. Aufl., § 91 Rz. 198). Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, die Klagerücknahme lasse die Anhängigkeit rückwirkend entfallen, der Kläger könne deshalb den Streitgegenstand erneut zur gerichtlichen Entscheidung stellen und in diesem Verfahren könne das Gericht dann das selbständige Beweisverfahren bei seiner Entscheidung verwerten.

Demgegenüber befürworten das OLG Düsseldorf (OLG Düsseldorf v. 23.9.1996 – 12 W 42/96, BauR 1997, 349 [351]) und Herget (Zöller/Herget, 23. Aufl., § 91 Rz. 13 – selbständiges Beweisverfahren, § 494a Rz. 4a) eine entspr. Anwendung des § 494a Abs. 2 ZPO für den Fall, dass eine Hauptsacheklage erhoben, jedoch zurückgenommen wurde.

Der Senat folgt der letztgenannten Ansicht. Sinn und Zweck der Regelung des § 494a ZPO und die Interessenlage der Beteiligten gebieten eine entspr. Anwendung dieser Bestimmung auf den Fall, dass eine Klage erhoben, aber zurückgenommen wurde.

Nach dieser Regelung hat das Gericht nach Beendigung des selbständigen Beweisverfahrens auf Antrag des Gegners anzuordnen, dass der Antragsteller binnen einer bestimmten Frist Klage zu erheben hat. Kommt der Antragsteller einer solchen Anordnung nicht nach, sind ihm die dem Gegner entstandenen Kosten ohne Rücksicht auf ein möglicherweise später doch noch eingeleitetes Klageverfahren aufzuerlegen. Damit wird dem Interesse des mit einem selbständigen Beweisverfahren überzogenen Antragsgegners Rechnung getragen, sich unabhängig davon, ob und wann der Antragsteller sich entscheidet, ein Hauptverfahren einzuleiten, auf einfache Weise einen Kostentitel verschaffen zu können. Der Regelung liegt zugrunde, dass es zu einer unbilligen Härte für den Antragsgegner führen kann, wenn der Antragsteller nach der Durchführung des Beweisverfahrens von der Einleitung des Hauptverfahrens absieht, es deshalb zu keiner Kostengrundentscheidung über die Hauptsache und damit über die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens kommt. Für diesen Fall sollte der Antragsgegner, der im selbständigen Beweisverfahren Kosten aufgewandt hatte, so gestellt werden, als habe er in der Hauptsache obsiegt.

In dem Fall, dass der Kläger von sich aus Klage erhoben, diese aber wieder zurückgenommen hat, gebietete die die Interessenlage der Parteien, § 494a Abs. 2 ZPO entspr. anzuwenden. Der Antragsgegner hat, nachdem die Klage erhoben wurde, jedenfalls zunächst keine Möglichkeit mehr, nach § 494a ZPO vorzugehen, weil die Anordnung zur Klageerhebung voraussetzt, dass eine Klage noch nicht anhängig ist. Durch die Rücknahme der Klage entfällt aber auch die Möglichkei...

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