Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensbeistand eines minderjährigen Kindes kann im Hauptsacheverfahren und im Eilverfahren seine Fallpauschale nebeneinander geltend machen
Verfahrensgang
AG Kassel (Beschluss vom 30.07.2010; Aktenzeichen 512 F 274/10 SO) |
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerde der Staatskasse gegen den Beschluss des AG - Familiengerichts - Kassel vom 30.7.2010 (Az.: 512 F 274/10 SO) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Staatskasse zu tragen.
Der Beschwerdewert wird auf 550 EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Im vorliegenden Verfahren ist die Vergütung eines Verfahrensbeistands für seine Tätigkeit im Hauptsacheverfahren bei gleichzeitiger Vergütung im einstweiligen Anordnungsverfahren zu klären.
Mit Schreiben vom 14.1.2010 regte das Jugendamt der Stadt O1 an, den Eltern für das betroffene Kind die elterliche Sorge zu entziehen. Der ebenfalls in diesem Schreiben enthaltene Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist gem. §§ 58 ff. FamFG in einem eigenständigen Verfahren geprüft worden (512 F 273/10). Nachdem die Eltern in den beiden auch im Eilverfahren angeordneten Terminen nicht erschienen waren, ist die elterliche Sorge mit Beschluss vom 26.3.2010 entzogen worden.
Mit Beschluss vom 21.1.2010 war dem Kind Rechtsanwältin RA1 im hiesigen Hauptsacheverfahren mit dem erweiterten Aufgabenkreis als Verfahrensbeistand bestellt worden. Eine gleichlautende Bestellung erfolgte auch im Eilverfahren. Mit Antrag vom 11.5.2010 verlangte die Verfahrensbeiständin die Festsetzung einer Fallpauschale i.H.v. 550 EUR. Der Antrag ist der Bezirksrevisorin beim LG Kassel zugeleitet worden, die sich am 1.7.2010 gegen die Festsetzung einer Gebühr in diesem und in dem einstweiligen Anordnungsverfahren aussprach. Die Aufgaben des Verfahrensbeistandes in beiden Verfahren seien identisch gewesen und von daher käme ausschließlich die Festsetzung einer Fallpauschale in Betracht.
Die Rechtspflegerin beim AG hat unter dem 30.7.2010 die Fallpauschale i.H.v. 550 EUR festgesetzt. Im einstweiligen Anordnungsverfahren ist am gleichen Tag die Vergütung des Verfahrensbeistandes ebenfalls auf 550 EUR festgesetzt worden (Bl. 61 f. d. beigezogenen Akte 512 F 273/10). Gegen den ihr im Hauptsacheverfahren am 16.8.2010 zugestellten Beschluss hat die Bezirksrevisorin für das Land Hessen Beschwerde eingelegt und sich dazu darauf berufen, die Pauschale dürfe nur einmal ausgezahlt werden, weil der Verfahrensbeistand nicht zweifach Aufgaben hätte ausüben müssen.
Die Festsetzung der Pauschale im Eilverfahren ist Gegenstand der Beschwerde des Landes Hessen im Verfahren 2 UF 256/10.
II. Die gem. §§ 58 ff., § 11 Abs. 1 RPflG zulässige Beschwerde ist unbegründet. Zu Recht hat das AG die Fallpauschale i.H.v. 550 EUR angesetzt, ohne eine Anrechnung aus der Vergütung im einstweiligen Anordnungsverfahren vorzunehmen.
Wie bereits im Beschluss zum Eilverfahren vom 8.9.2010 ausgeführt (Az. 2 UF 256/10), auf den Bezug genommen wird, führt die nach dem Familienverfahrensgesetz durchgeführte Eigenständigkeit des Hauptsacheverfahrens und des Eilverfahrens dazu, dass eine Pauschale in jedem Verfahren gefordert werden kann, in dem eine Verfahrensbeistandschaft angeordnet wurde. Denn wegen der Eigenständigkeit der Verfahren ist es durchaus denkbar, dass dem Kind im Eilverfahren ein anderer Verfahrensbeistand als im Hauptsacheverfahren beigeordnet wird.
Der möglicherweise geringere Arbeitsaufwand des Verfahrensbeistands eignet sich nicht zur Begründung für eine im Gesetz nicht vorgesehene Anrechnung der in einem Verfahren verdienten Gebühr auf die im anderen Verfahren angefallene Gebühr. Für die Frage, welche Vergütung des Beistands angemessen ist, kommt es nach der Pauschalierung gerade nicht auf den Umfang der tatsächlichen Tätigkeit des Verfahrensbeistandes an. Sind die Verfahrensbeistände einerseits daran gehindert, im Einzelfall notwendige Tätigkeiten abzurechnen, dann kann nicht andererseits in weniger aufwendigen Verfahren zu ihren Lasten eine Schmälerung der Gebühren nach § 158 FamFG angenommen werden. Der Umstand, dass der Gesetzgeber mit der Pauschale ausschließlich auf das Verfahren und nicht mehr auf den tatsächlichen Arbeitsaufwand abstellt, verbietet es der Staatskasse, einen geringeren Aufwand als Argument für eine solche Kürzung heranzuziehen.
Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 84 FamFG, die Wertfestsetzung ergibt sich aus § 35 FamGKG.
Die Zulassung der Rechtsbeschwerde erfolgt, weil die Sache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 70 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 FamFG).
Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Frist von 1 Monat nach der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses durch Einreichung einer Beschwerdeschrift bei dem BGH einzulegen. Für die wirksame Einlegung einer Beschwerdeschrift ist es notwendig, dass die Staatskasse sich durch einen Vertreter vertreten lässt, der die Befähigung zum Richteramt hat (§§ 10 Abs. 4 S. 2, ...