Leitsatz (amtlich)
1. Zur Unwirksamkeit nicht konkretisierter AGB-Anpassungsvorbehalte, Leistungs- und Preisänderungsklauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Internet-Service-Providers.
2. Die Einhaltung der Grenzen des § 308 Nr. 5 BGB für eine Zustimmungsfiktion begründet die Wirksamkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung allein nicht; diese muss einer Kontrolle nach §§ 307 ff. BGB auch im Übrigen standhalten.
Normenkette
BGB §§ 307, 308 Nrn. 4-5, § 309 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-2 O 404/05) |
Nachgehend
Gründe
A. Der Kläger, ein Verbraucherschutzverein, ist vom Bundesverwaltungsamt in die von diesem geführte Liste qualifizierter Einrichtungen i.S.d. § 4 UKlaG eingetragen. Er nimmt die Beklagte auf Unterlassung der Verwendung verschiedener AGB-Klauseln in Anspruch. Im Berufungsverfahren geht es nur noch um die folgenden Klauseln, die die Beklagte im Rahmen ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Internetdienste (Anl. K 3, Bl. 18 ff. d.A.) stellt:
"A.XIV. Preis und Leistungsänderung
1. Die A AG behält sich das Recht vor, den Inhalt dieser AGB oder der jeweiligen LB/PL, Sondervereinbarungen und Onlineanzeigen anzupassen, soweit dies dem Kunden zumutbar ist.
2. Die A AG ist des Weiteren berechtigt, diese AGB oder die jeweilige Leistungs- und Produktbeschreibung mit einer Frist von sechs Wochen im Voraus zu ändern. Die jeweilige Änderung wird die A AG dem Kunden per E-Mail oder schriftlich bekannt geben. Gleichzeitig wird der Kunde darauf hingewiesen, dass die jeweilige Änderung Gegenstand des zwischen den Vertragsparteien bestehenden Vertrages wird, wenn der Kunde dieser Änderung nicht innerhalb von einer Frist von sechs Wochen ab Bekanntgabe der Änderung per E-Mail oder schriftlich widerspricht. Widerspricht der Kunde, hat jede Partei das Recht, den Vertrag mit der für eine ordentliche Kündigung geltenden Frist per E-Mail oder schriftlich zu kündigen."
Mit "LB/PL" sind nach der Klausel A I 2 "Leistungsbeschreibungen/Preislisten" bezeichnet. Diese werden mit den AGB, Sondervereinbarungen und Online-Anzeigen in der Klausel A II 1 zum Vertragsbestandteil erklärt. Für die Preise verweist die Klausel A II 2 auf Preislisten und Online-Anzeigen. Der Kläger hält die Klauseln Nr. A XIV für unwirksam. Die Klausel Nr. 1 impliziere unzulässigerweise eine geltungserhaltende Reduktion. Sie verstoße gegen das Transparenzgebot und gegen § 308 Nr. 4 BGB. Die Klausel Nr. 2 knüpfe die Änderungsbefugnis nicht - wie geboten - an zwingende betriebliche Umstrukturierungen und lasse die nötige Spezifizierung der Änderungsgründe vermissen. Die Fristberechnung anhand der Bekanntgabe, also der Absendung der Änderungsmitteilung verstoße gegen § 309 Nr. 12 BGB, das Schriftformerfordernis für den Widerspruch gegen § 307 BGB.
Das LG hat der Klage auch hinsichtlich der Klauseln Nr. A XIV stattgegeben. Die Beklagte greift das landgerichtliche Urteil nur hinsichtlich dieser Klauseln mit umfangreichen Rechtsausführungen an. Sie beantragt sinngemäß, das landgerichtliche Urteil hinsichtlich der Klauseln Nr. A XIV 1 und 2 abzuändern und insoweit die Klage abzuweisen.
Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
B. Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das LG hat die Beklagte im Ergebnis zu Recht dazu verurteilt, es zu unterlassen, die Klauseln Nr. A XIV 1 und 2 weiterhin zu verwenden oder sich auf sie zu berufen. Der in die Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragene Kläger hat gegen die Beklagte einen entsprechenden Unterlassungsanspruch (§§ 1, 3 Abs. 1 Nr. 1 UKlaG), weil diese Klauseln nach §§ 307 bis 309 BGB unwirksam sind.
I. Beide Klauseln stellen eigenständige Regelungen einer Änderungsbefugnis der Beklagten dar, die hinsichtlich ihrer Wirksamkeit gesondert zu beurteilen sind.
Dies ergibt sich nicht nur aus der Absonderung der Klauseln durch zwei Gliederungspunkte, sondern insbesondere aus der Formulierung in Satz 1 der Klausel 2, die Beklagte sei "des Weiteren" zu Änderungen berechtigt. An ihrer Rechtsansicht, die Klausel 1 sei nur als Programmsatz, die Klausel 2 sei als nähere und abschließende Ausgestaltung des Änderungsverfahrens auszulegen, hält die Beklagte in der Berufungsinstanz zu Recht nicht mehr fest.
II. Die Klausel Nr. A XIV 1 ist unwirksam. Sie sieht ein umfassendes, allein durch das nicht konkretisierte Kriterium der Zumutbarkeit für den Kunden beschränktes Recht der Beklagten zur einseitigen Änderung aller Vertragsgrundlagen im Sinne der Klausel A II 1 vor. Das Anpassungsrecht der Beklagten soll sich auf ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen, auf ihre vertragsgemäß zu erbringenden Leistungen und auf die von den Kunden geschuldeten Preise beziehen. Der Auslegung der Beklagten, das Anpassungsrecht bezüglich der Online-Anzeigen beziehe sich nur auf zukünftige Anzeigen zwecks Akquisition neuer Kunden, das bezüglich der Preislisten nur auf neu angebotene Produkte, f...