Entscheidungsstichwort (Thema)
Irreführung über regionale Verfügbarkeit eines Telekommunikationstarifs
Leitsatz (amtlich)
Die Werbung für einen Telekommunikationstarif, der nur in Ballungsräumen verfügbar ist, muss einen Hinweis auf die beschränkte regionale Verfügbarkeit enthalten. Wird ein solcher Hinweis in einer Fußnote gegeben, reicht dies zur Vermeidung einer Irreführungsgefahr jedenfalls dann nicht aus, wenn sich die Fußnotenziffer neben einer Preisangabe befindet, der Fußnotentext selbst mit Hinweisen zur Preisgestaltung beginnt und der darin weiter enthaltene Hinweis auf die regionale Verfügbarkeit nicht besonders hervorgehoben ist.
Normenkette
UWG § 5
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 04.06.2013; Aktenzeichen 3-10 O 131/12) |
Tenor
Die Berufungen der Klägerin und der Beklagten gegen das am 4.6.2013 verkündete Urteil der 10. Kammer für Handelssachen des LG Frankfurt/M. werden zurückgewiesen.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin 30 % und die Beklagte 70 % zu tragen.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin aus dem Unterlassungstenor durch Sicherheitsleistung i.H.v. 40.000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Zwangsvollstreckung aus dem Unterlassungstenor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Im Übrigen können die Parteien die Zwangsvollstreckung der Gegenseite durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit einer Printwerbung der Beklagten für ihr Produkt "Entertain".
Beide Parteien bieten Endkunden digitale Fernseh-, Telefon- und Internetanschlüsse an. Die Beklagte bewarb in der bundesweit vertriebenen Zeitschrift "B", Ausgabe .../2011, ihr Produkt "Entertain Comfort" mit einer mehrseitigen Anzeige. Es handelt sich um ein Produkt, das neben einem Telefon- und Internetzugang auch Fernsehdienstleistungen enthält. Bestandteil dieses Angebotes ist eine "Internet-Flatrate mit DSL 16.000". Außerdem heißt es unter der Überschrift "Fernsehen":
- "Rund 15.000 Filme-TV-und Serienhighlights auf Abruf, davon 2.000 in HD und einige sogar in 3D,
- Zeitversetztes Fernsehen, persönliche Programmempfehlungen und Programm Manager".
Direkt am drucktechnisch hervorgehobenen Preis i.H.v. 39,95 EUR ist eine hochgestellte Anmerkung "2" angebracht. Diese wird in einem Fußnotentext aufgelöst, der auszugsweise wie folgt lautet:
"Entertain Comfort kostet für Neukunden monatlich 39,95 EUR. Aktionsangebot gültig bis ... Mindestvertragslaufzeit 24 Monate. Ab dem 25. Monat kostet Entertain Comfort 44,95 EUR. VDSL 25 kann für monatlich 10,- EUR, VDSL 50 für monatlich 15,- EUR hinzugebucht werden. Bei Buchung von Entertain bis ... Einmaliger Bereitstellungspreis für neuen Telefonanschluss ... Entertain ist in vielen Anschlussbereichen verfügbar. VDSL ist in einigen Anschlussbereichen verfügbar. Voraussetzungen sind der Festplattenrecorder ..."
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Werbeanzeige verwiesen (Anlage K 3).
Die Beklagte bot unter der Bezeichnung DSL 16000 Internet-Anschlüsse an, die für den sog. "Downstream" mit einer Übertragungsgeschwindigkeit innerhalb eines Bandbreitenkorridors von 6.304 kbit/s und 16000 kbit/s ausgestattet waren (Anlagen K 4, K 7 und Bl. 7 d.A.). Das beworbene Produkt "Entertain Comfort" wird von der Beklagten über Internet-Anschlüsse mit einer anderen, nämlich der (A)DSL 2+ Technik (= DSL 16 plus) bzw. (V)DSL 25 oder (V)DSL 50 - Technik realisiert, die höhere Übertragungsraten gewährleistet. Es ist zwischen den Parteien streitig, in welchem räumlichen Umfang die Beklagte den Endkunden "DSL 16 plus" bzw. "(V)DSL" - Anschlüsse zur Verfügung stellen konnte und derzeit zur Verfügung stellen kann.
Die Klägerin hat die Beklagte abgemahnt und greift deren Werbung unter zwei Aspekten an:
Durch die Aussage "Internet-Flatrate mit DSL 16.000" erwecke die Beklagte bei den angesprochenen Kunden die Erwartung, dass sie mit diesem Produkt eine Download-Geschwindigkeit von 16.000 kbit/s (16 Mbit/s) erreichen könnten. Tatsächlich könne die Beklagten einem Großteil ihrer Kunden mit diesem Produkt eine solche Download-Geschwindigkeit nicht anbieten. Die von der Beklagten verwendeten Kupferkabel führten zu einer sog. "Leitungsdämpfung", was ab einem gewissen räumlichen Abstand zwischen Verteilerstelle und Hausanschluss eine Verminderung der Download-Rate herbeiführe. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen räume die Beklagte dies selbst ein, denn sie verweise ihre Kunden darauf, mit "DSL 16.000" einen Bandbreitenkorridor von 6,3 Mbit/s bis zu 16 Mbit/s abzudecken.
Daneben täusche die Beklagte die angesprochenen Verkehrskreise über die räumliche Verfügbarkeit der Funktionen ihres Produktes "Entertain". Weil der Empfang von...