Leitsatz (amtlich)
Hält sich der Alleingeschäftsführer einer in Deutschland tätigen Handelsgesellschaft seit der Unternehmensgründung dauerhaft im Ausland auf (hier: Türkei/Iran), so haftet er Dritten für die von seiner Gesellschaft begangenen Schutzrechtsverletzungen unter dem Gesichtspunkt einer deliktischen Organisationspflichtverletzung selbst dann persönlich, wenn er von dem konkreten Verstoß keine eigene Kenntnis hatte (im Anschluss an OLG Nürnberg GRUR 1982, 595).
Normenkette
BGB §§ 823, 831; MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 2, § 31; GeschmMG § 14a Abs. 1
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 17.11.1999; Aktenzeichen 315 O 405/99) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 15, vom 17.11.1999 wird zurückgewiesen
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. – 60.000 Euro abwenden, sofern nicht die Klägerin der vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision gegen das Urteil wird nicht zugelassen.
und beschlossen:
Der Streitwert für die Anträge zu 2. und 3. wird auch für das Berufungsverfahren auf 51.129,18 Euro (entspricht erstinstanzlich festgesetzten 100.000 DM) festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin ist ein führender Hersteller und Anbieter von Videospielen. Sie nimmt den Beklagten als (ehemaligen) Geschäftsführer der zwischenzeitlich gelöschten A. Fernost Import GmbH persönlich im Zusammenhang mit dem rechtsverletzenden Vertrieb zu ihren Gunsten u.a. geschmacksmusterrechtlich geschützter Ware auf Auskunft, Schadensersatz sowie Zahlung von Rechtsanwaltskosten in Anspruch.
Die am 17.12.1990 gegründete (Anlage K27) A. Fernost Import GmbH (im Folgenden A.) stand im Jahr 1996 in umfangreichen Geschäftsbeziehungen mit der „M.G. Entertainment Corp.”, einem taiwanesischen Unternehmen mit Sitz in Taipei. Von diesem Unternehmen hatte A. u.a. im Frühjahr/Sommer 1996 gem. Rechnungen vom 25.4. bis 28.5.1996 (Anlagenkonvolut K9) mehrere Sendungen „elektronischen Spielzeugs” bezogen, bei denen es sich u.a. um – im Klageantrag eingeblendete – Videospielkonsolen sowie -kontroller handelt, die den zugunsten der Klägerin geschmacksmusterrechtlich geschützten Original-Geräten (Anlagen K4 bis K7, Anlage K30) verwechslungsfähig nachempfunden sind. Das Gehäuse der Spiele enthält einen Aufdruck, der an das – ebenfalls im Klagantrag eingeblendete – „Original Nintendo Qualitätssiegel” angelehnt ist. Bei der Inbetriebnahme der Spiele erscheint auf dem Bildschirm die für die Produkte der Klägerin bekannt gewordene Figur des Klempners „Mario” (Anlage K2). Hinsichtlich des Qualitätssiegels und der Figur „Mario” verfügt die Klägerin über umfangreichen markenrechtlichen Schutz (Anlagenkonvolut K3).
Auf der Grundlage eines Beschlusses des AG Winsen/Luhe vom 24.4.1997 wurden die Geschäftsräume von A. am 27.5.1997 durchsucht. Bei dieser Gelegenheit wurden insgesamt 540 der M.G.-Videospiele beschlagnahmt. Ein aus diesem Anlass gegen den Beklagten eingeleitetes Strafverfahren (Anlage K15) ist mit Beschluss des AG Winsen/Luhe vom 22.04 1999 nach Erfüllung der erteilten Auflagen gem. § 153a StPO eingestellt worden (Anlage B2).
Im Anschluss an die staatsanwaltschaftliche Beschlagnahme entwickelte sich zwischen den anwaltlichen Vertretern der Klägerin einerseits sowie der Firma A. und des Beklagten andererseits (vgl. Anlage K18) ein Schriftwechsel (Anlagen K17 bis K24), der die Abgabe einer Unterwerfungserklärung sowie Auskunftserteilung und Anerkennung der Schadensersatzverpflichtung durch A. und den Beklagten persönlich zum Gegenstand hatte. Während die Klägerin die mehrfach überarbeitete Unterwerfungserklärung des Beklagten persönlich und von A. mit Schreiben vom 10.3.1998 schließlich akzeptiert hatte (Anlage K23), sind beide dem Verlangen Auskunft zu erteilen, die Verpflichtung zur Schadensersatzleistung anzuerkennen sowie die anwaltlichen Kosten zu tragen, nicht nachgekommen. Nachdem das Unternehmen A. am 13.1.1998 liquidiert worden ist (Anlage K8), verfolgt die Klägerin ihre diesbezüglichen Ansprüche gegen den Beklagten weiter, der seit Gründung von A. Mitgeschäftsführer und seit dem 2.4.1992 bis zur Liquidation Alleingeschäftsführer (und Liquidator) des Unternehmens war.
Die Klägerin hat vorgetragen, der Beklagte habe die Geschäftstätigkeit von A. aktiv gesteuert und sei dem gem. für die begangenen Rechtsverletzungen auch persönlich verantwortlich. Hieran ändere der Umstand nichts, dass sich der Beklagte zeitweilig im Ausland aufgehalten haben wolle. Sofern der Beklagte allerdings – wie er es darzustellen versuche – ständig auslandsabwesend gewesen sei und die deshalb ihm persönlich obliegende Geschäftsführertätigkeit über Jahre nicht wahrgenommen habe, sei ihm eine schuldhafte Verletzung seiner Organisationspflichten zur Last zu legen, die ihn unter Schadensersatzgesichtspunkten gleichermaßen zur Erfüllung der mit der Klage geltend gemachten Ansprüche verpflichte.
Die Klägerin ha...