Leitsatz (amtlich)
Maßgeblich für die Frage der Volljährigkeit ist nach dem Recht Guineas nicht Art,. 443 Code Civil, sondern Art. 168 Code de l'enfant.
Tenor
Die Beschwerden des Vormunds und des Beteiligten E vom 14.11.2016 gegen den Beschluss des Amtsgerichts -Familiengericht- Bochum vom 20.10.2016 werden zurückgewiesen.
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben; eine außergerichtliche Kostenerstattung findet nicht statt.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Bezogen auf den guineischen Staatsangehörigen E, geb. am ........1998, wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Bochum vom 15.05.2014 - Az. 87 F 94/14, das Ruhen der elterlichen Sorge festgestellt und Vormundschaft angeordnet. Zum Vormund wurde Herr X bestellt, in dessen Haushalt der Mündel inzwischen lebt. E verfügt über eine Duldung der Stadt C.
Mit Beschluss vom 20.10.2016 hat das Amtsgericht deklaratorisch festgestellt, dass die Vormundschaft beendet ist, weil der Beteiligte das 18. Lebensjahr erreicht hat. Maßgeblich sei insofern Art. 1 des Code de l'enfant guineen vom 19.08.2008, welcher den bis dato geltenden Art. 443 Code Civil verdrängt habe. Die offiziellen Amtsträger des Staates Guinea hätten eine entsprechende Interpretation nach ausdrücklichem Hinweis auf die sich widersprechenden Vorschriften vorgenommen.
Hiergegen richten sich die Beschwerden des Beteiligten E und des Vormunds. Der Code de l'enfant sei nicht maßgeblich, da er keine Regelung bezüglich des Eintritts der Volljährigkeit enthalte. Es sei nicht erkennbar, dass der Code Civil durch den Code de l'enfant geändert werden sollte.
II. Die Beschwerden haben in der Sache keinen Erfolg, da die Vormundschaft aufgrund der Volljährigkeit des betroffenen Mündels beendet ist und das Amtsgericht dies insofern zu Recht deklaratorisch festgestellt hat.
1. Die Beschwerden sind nach §§ 58 ff. FamFG zulässig.
a. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für das vorliegende Verfahren folgt aus Art. 8 Abs. 1 EuEheVO - Brüssel II A - VO. Danach ist für Entscheidungen, die die elterliche Verantwortung betreffen, die Zuständigkeit der deutschen Gerichte eröffnet, wenn das betroffene Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat. Der Anwendungsbereich der EuEheVO bezieht sich gem. Art. 1 Abs. 2 b EuEheVO auch auf die Vormundschaft. Es ist dabei unerheblich, dass gerade die Minderjährigkeit des betroffenen Mündels vorliegend streitig ist. Die
Frage der Minderjährigkeit ist nämlich nicht nur Voraussetzung für die gerichtliche Zuständigkeit, sondern auch für die vom Vormund und dem Mündel begehrte Feststellung, dass die Vormundschaft fortbesteht. Es handelt sich insoweit um eine doppelrelevante Tatsache, bei der die Bejahung des Anspruchs begrifflich diejenige der Zuständigkeit in sich schließt. Zum Zwecke der Vereinfachung und Beschleunigung ist in diesen Konstellationen für die Zuständigkeit zu unterstellen, dass das betroffene Mündel noch minderjährig ist (vgl. BGH, NJW 2010, 873; OLG Bremen, AuAS 2016, 93).
b. Die Beschwerde wurde auch durch den Vormund wirksam erhoben. Für das Beschwerdeverfahren ist nämlich trotz der erstinstanzlichen Entscheidung davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer noch Vormund des Mündels ist und deshalb nach § 9 Abs. 2 FamFG das Beschwerderecht ausüben konnte. Zwar hat der angefochtene Beschluss das Ende der Vormundschaft ausgesprochen und wird ein Beschluss grundsätzlich gem. § 40 FamFG mit der Bekanntgabe an den Beteiligten wirksam. Die Wirkung des § 40 FamFG tritt hier aber schon deshalb nicht ein, weil es sich bei der bloßen Feststellung, dass die Vormundschaft beendet ist, nicht um einen Gestaltungsakt, sondern um einen deklaratorischen Beschluss handelt. Die Frage, ob der Vormund noch Vormund ist, hängt wiederum mit der Frage zusammen, ob das betroffene Mündel noch als minderjährig anzusehen ist. Auch insoweit liegt deshalb eine doppelrelevante Tatsache vor, so dass auch diesbezüglich im Rahmen der Zulässigkeit die Minderjährigkeit zu unterstellen ist.
2. Die Beschwerden sind jedoch unbegründet, weil das Amtsgericht zutreffend festgestellt hat, dass die Vormundschaft beendet ist.
a. Das Ende der Vormundschaft unterliegt gem. Art. 24 Abs. 1 S. 1 EGBGB dem Recht des Staates, dem der Mündel angehört, hier mithin dem Recht Guineas. Art. 395, 399 Code Civil des Staates Guinea setzen voraus, dass der Mündel minderjährig ist. Mit Eintritt der Volljährigkeit ist deshalb die Vormundschaft beendet.
b. Die Vorfrage, ob die als Mündel in Betracht kommende Person minderjährig oder im Sinne voller Geschäftsfähigkeit volljährig ist, richtet sich nicht unbedingt nach dem gleichen Recht wie die Voraussetzungen für die Vormundschaft (vgl. OLG Karlsruhe, FamRZ 2015, 1820 m.w.N.). Das Merkmal der Volljährigkeit ist vielmehr selbständig anzuknüpfen (MüKo/Lipp, Bd. 10, 6. Aufl. 2015, Art. 24 Rn. 27). Vorliegend richtet es sich entweder über Art. 12 der Genfer Flüchtlingskonvention n...