Entscheidungsstichwort (Thema)

Bedarfsbestimmung - Sättigungsgrenze - Einsatz des Vermögensstamms

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Voraussetzungen der Bestimmung des nachehelichen Unterhalts auf der Grundlage einer konkreten Bedarfsbemessung. Ablehnung einer allgemeinen Sättigungsgrenze des Bedarfs ab einem Betrag von monatlich 5.000,00 EUR.

2. Voraussetzungen für den Einsatz des Vermögensstammes gemäß § 1577 Abs. 3 BGB bis zu einem bestimmten Betrag sowie zur Berechnung der laufend einzusetzenden Rente für die Dauer von 28 Jahren.

 

Normenkette

BGB § 1577 Abs. 3, § 1578 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Villingen-Schwenningen (Urteil vom 07.12.2007; Aktenzeichen 3 F 413/05)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Antragstellerin wird Ziff. 2 des Urteils des AG - Familiengericht - Villingen-Schwenningen vom 7.12.2007 (3 F 413/05) teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

1) Der Antragsgegner wird verurteilt, an die Antragstellerin nachehelichen Unterhalt i.H.v. 3.423 EUR monatlich ab 15.4.2008 und i.H.v. 2.840 EUR monatlich ab Januar 2010 im Voraus zu zahlen.

2) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Antragstellerin zu 30 % und der Antragsgegner zu 70 %.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beide Parteien können die Zwangsvollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des beizutreibenden Betrags abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um nachehelichen Unterhalt für die Zeit ab 15.4.2008.

Die Parteien haben am 1981 geheiratet. Sie leben seit Oktober 2005 getrennt. Der im vorliegenden Verbundverfahren ergangene Ehescheidungsausspruch (Ziff. 1 der angefochtenen Entscheidung) wurde am 15.4.2008 rechtskräftig. Aus der Ehe ist das Kind N., geboren am 1982, hervorgegangen. N. studiert. Sie wird von beiden Parteien in unterschiedlicher Höhe unterhalten.

Die Antragstellerin nimmt den Antragsgegner auf nachehelichen Unterhalt i.H.v. 4.287 EUR monatlich in Anspruch.

Der Antragsgegner ist Geschäftsführer und Gesellschafter der K. GmbH. Er erzielt Einkommen aus nicht selbständiger Arbeit (als Geschäftsführer), aus Beteiligungen (als Gesellschafter), aus Kapital, aus Vermietung und Verpachtung; darüber hinaus bestehen geldwerte Vorteile aus mindestens einem Wohnwert sowie aus der Privatnutzungsmöglichkeit von zwei (gehobenen) Firmenfahrzeugen. Das Betriebsgebäude der GmbH stand bis 2007 im Eigentum der Antragstellerin; zu diesem Zeitpunkt wurde es von dem Antragsgegner zu Eigentum erworben.

Die am 1952 geborene Antragstellerin hat keine Berufsausbildung. Zum Zeitpunkt der Eheschließung arbeitete sie als Verkäuferin. Während der Ehe arbeitete sie neben der Kinderbetreuung als Bürohilfe im Betrieb des Antragsgegners mit und begleitete dessen Aufbau von einer Einzelfirma zu einer erfolgreichen GmbH. Zuletzt war sie dort bei einem Bruttogehalt von ca. 3.700 EUR vollschichtig beschäftigt. Nach der Trennung kündigte der Antragsgegner am 2.1.2006 den Arbeitsvertrag. In einem arbeitsgerichtlichen Verfahren vereinbarten die Parteien am 5.4.2006, dass das Arbeitsverhältnis am 30.6.2007 endet. Seit Juli 2007 ist die Antragstellerin nicht mehr erwerbstätig. Einige Bewerbungen blieben erfolglos.

Die Antragstellerin ist Eigentümerin des von ihr bewohnten Hauses mit einer Wohnfläche von ca. 170 m2 und großem Garten. Das Haus ist baulich integriert in das Betriebsgebäude der GmbH des Antragsgegners (vgl. Lichtbild II 575) und stellt die frühere Ehewohnung dar. Dieses Eigentum behielt die Antragstellerin auch nach dem Verkauf des Betriebsgebäudes an die GmbH. Den Erlös aus dem Verkauf des Betriebsgebäudes setzte die Antragstellerin zur Tilgung diverser Verbindlichkeiten ein und legte ihn im Übrigen an. Sie erzielt hieraus Einkommen aus Kapital. Da der Antragsgegner seit Juli 2007 keinen Ehegattenunterhalt bezahlt hat, hat die Antragstellerin den Vermögensstamm seither zur Deckung des Unterhaltsbedarfs eingesetzt.

Die Parteien sind weiterhin Miteigentümer eines Mehrfamilienhauses (U.). Das Haus diente als Abschreibungsobjekt. Einkommen floss den Parteien aus dem Haus zu keinem Zeitpunkt zu. Zwischenzeitlich wurden drei Eigentumswohnungen aus dem Haus verkauft. Der Erlös wurde hälftig geteilt. Der Antragstellerin flossen hierdurch 35.500 EUR zu, die sie ebenfalls angelegt hat. Der Verkauf der weiteren drei Wohnungen wird angestrebt.

Die Antragstellerin hat ihre Klagforderung zunächst als Quotenunterhalt berechnet. Der Antragsgegner verteidigte sich damit, unbegrenzt leistungsfähig zu sein, weswegen die Unterhaltsberechnung mittels einer konkreten Bedarfsberechnung zu erfolgen habe. Das AG schloss sich dem an und wies die Klage in Ziff. 2 des angefochtenen Urteils als unschlüssig ab. Hiergegen richtet sich die Berufung der Antragstellerin.

Die Parteien streiten um

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