unanfechtbar

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Betreuungsrecht. Vorlage eines Abgabeersuchens durch den Rechtspfleger

 

Leitsatz (amtlich)

Ein um die Übernahme einer Betreuungssache ersuchtes Gericht kann die Übernahme jedenfalls dann nicht mit der Begründung ablehnen, dass es zur Übernahme durch den Rechtspfleger und nicht durch den Richter des abgebenden Amtsgerichts ersucht wurde, wenn im Zeitpunkt des Abgabeverlangens keine akuten dem Richter vorbehaltenen Geschäfte zu erledigen sind.

 

Normenkette

FGG § 65a

 

Tenor

Das Amtsgericht Köln hat die Bearbeitung der Sache auf das Ersuchen der Rechtspflegerin des Amtsgerichts Euskirchen vom 21.08.2000 zu übernehmen.

 

Gründe

Die Vorlage an das Oberlandesgericht ist gemäß §§ 65 a, 46 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 FGG zulässig. Die Voraussetzungen für eine Vorlage sind gegeben, da der Betroffene seinen Wohnsitz endgültig aus dem Bezirk des Amtsgerichts Euskirchen in den Bezirk des Amtsgerichts Köln verlegt hat und das Amtsgericht Köln derzeit nicht zur Übernahme bereit ist. Der Betroffene hat einer Abgabe an das Amtsgericht Köln zugestimmt. Auch die beiden Betreuer haben einer Abgabe an das Amtsgericht Köln nicht widersprochen. Das Amtsgericht Köln kann die Übernahme nicht deshalb verweigern, weil es zur Übernahme durch den Rechtspfleger und nicht den Richter des Amtsgerichts Euskirchen ersucht worden ist.

Die Bearbeitung der Betreuungssachen als Teil der Vormundschaftssachen sind dem Rechtspfleger übertragen, soweit die Aufgaben nicht in § 14 Abs. 1 Nr. 4 RPflG dem Richter vorbehalten sind. Für Entscheidungen nach § 65 a FGG findet sich kein genereller Richtervorbehalt in § 14 Abs. 1 Nr. 4 RPflG. Ein solcher genereller Vorbehalt ergibt sich auch nicht aus der Natur der Sache. Die Frage der Abgabe an ein anderes Vormundschaftsgericht stellt sich regelmäßig im Zusammenhang mit anderen Aufgaben im Rahmen der Überwachung der Betreuung durch das Gericht. Die Frage kann sich sowohl im Rahmen richterlicher Geschäfte als auch im Rahmen der Aufgaben des Rechtspflegers aufdrängen. Es ist dann Sache des Richters bzw. des Rechtspflegers, im Rahmen der Bearbeitung der laufenden Sache über das Abgabeersuchen zu befinden. Dass der Rechtspfleger nicht befugt ist, in ein laufendes richterliches Geschäft durch ein Abgabeersuchen einzugreifen, ist selbstverständlich, da zwar der Richter Geschäfte des Rechtspflegers an sich ziehen kann, nicht aber der Rechtspfleger Geschäfte des Richters (§ 8 RPflG). Dass bei dem um die Übernahme der Bearbeitung ersuchten Gericht künftig sowohl der Richter als auch der Rechtspfleger mit dem Fall befasst sein können, macht es nicht erforderlich, dass die Vorlage immer durch den Richter erfolgt (OLG Hamm, FamRZ 1994, 449; OLG Düsseldorf, Rpfleger 1994, 244; offengelassen durch BayObLG, BayObLGReport 1993, 3; a.A. (immer Aufgabe des Richters): Bumiller/Winkler, § 65a FGG Rdn. 9; Bay OGL FamRZ 1993, 448; OLG Düsseldorf, Rpfleger 1998, 103). Der Rechtspfleger ist ein eigenständiges Organ der Rechtspflege, das seine Entscheidungen, wie etwa auch der neugefasste § 11 RPflG zeigt, selbständig, d. h. nicht nur über den Richter des Gerichts, bei dem der Rechtspfleger tätig ist, anderen Gerichten zur weiteren Entscheidung vorlegen kann. Einer Vorlage der hier zu entscheidenden Sache an den Bundesgerichtshof bedarf es nicht, da nach der obengenannten abweichenden Entscheidungen des OLG Düsseldorf aus dem Jahre 1997 und des Bayrischen Obersten Landgerichts aus dem Jahre 1992 jedenfalls durch das 3. Gesetz zur Änderung des Rechtspflegergesetzes vom 6. 8. 1998 eine Stärkung der Stellung des Rechtspflegers gewollt war, mit der ein durchgängiger Richtervorbehalt für alle Abgabeentscheidungen in Betreuungssachen nicht zu vereinbaren wäre.

Die Voraussetzungen des § 65 a Abs. 1 Satz 2 FGG liegen im übrigen vor. Dass die Aufgabe des Beteiligten zu 2) im wesentlichen im Bezirk des Amtsgerichts Euskirchen zu erfüllen ist, steht eine Abgabe der Sache insgesamt an das Amtsgericht Köln vorliegend nicht entgegen, da die Aufgaben des Beteiligten zu 2) durch den Verkauf des Grundbesitzes des Betroffenen in Euskirchen und die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung dieses Verkaufs durch das Amtsgericht Euskirchen im wesentlichen erledigt sind. Es kann nur noch um die Überwachung des Einganges des Kaufpreises und der erforderlichen Änderungen im Grundbuch gehen.

Nach der Übernahme der Sache wird das Amtsgericht Köln entsprechend dem Beschluss des Amtsgerichts Euskirchen vom 10.04.2000 (Bl. 12 ff d. A.) umgehend darüber zu befinden haben, ob die Betreuung fortgeführt wird oder nicht. Diese Entscheidung ist zweckmäßigerweise durch das Gericht am Wohnsitz des Betreuten zu fällen, da insoweit der Betreute nicht nur persönlich anzuhören ist, sondern auch darüber zu befinden ist, ob er sich in seiner neuen Wohnumgebung besser zurechtfindet als in seinem Haus in Euskirchen oder ob er weiterhin der betreuenden Hilfestellung bedarf.

 

Unterschriften

Dr. Schuschke, Jennissen, Appel-Hamm

 

Fundstellen

Haufe-Index 51135...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge