rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

UWG-Recht. „Pre-Selection”

 

Leitsatz (amtlich)

1. Unlauter handelt der Vermittler von Telefongesprächen im Festnetz, der durch Mitarbeiter Besucher der Räumlichkeiten eines Warenhauses/Einkaufsmarktes oder Passanten auf öffentlichen Straßen, Plätzen, Märkten o. dgl. darauf anspricht, ob sie an einer günstigen Tarifgestaltung interessiert seien, sie im Falle einer Bejahung mit einem Antragsformular ausstattet und alsdann an einen anderen Mitarbeiter weiterverweist.

2. Zur Frage der Dringlichkeit i.S. von § 25 UWG unter dem Blickwinkel des Zeitablaufs sowie zur Frage des Fehlens eines allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses oder der rechtsmissbräuchlichen Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe wegen eines bereits vorliegenden Titels zwischen den Prozessparteien.

 

Normenkette

UWG § 1

 

Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 81 O 105/00)

 

Tenor

Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das am 07.07.2000 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln – 81 O 105/00 – teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die einstweilige Verfügung des Landgerichts Köln vom 18.05.2000 in der Fassung des Beschlusses vom 25.05.2000 – 81 O 105/95 – wird insoweit bestätigt, als der Antragsgegnerin damit

  • bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM untersagt worden ist,
  • im Rahmen der Akquise von Pre-Selection-Kunden auf öffentlichen Straßen, Plätzen, Märkten, in Einkaufszentren, Warenhäusern oder Geschäftspassagen auf Passanten zuzugehen und sie individuell anzusprechen oder ansprechen zu lassen.

Im weitergehenden Umfang werden die einstweilige Verfügung aufgehoben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag vom 15.05.2000 insoweit zurückgewiesen.

Die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens in beiden Instanzen werden der Antragstellerin mit ¼, der Antragsgegnerin mit ¾ auferlegt.

Von der Darstellung des Tatbestand es wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

 

Gründe

Die in formeller Hinsicht einwandfreie und insgesamt zulässige Berufung der Antragsgegnerin hat in der Sache nur teilweise Erfolg.

Sie führt lediglich in dem aus der Urteilsformel ersichtlichen Umfang zur Abänderung des die einstweilige Verfügung bestätigenden angefochtenen Urteils. Denn soweit der Antragsgegnerin mit dieser im Beschlusswege erlassenen einstweiligen Verfügung die Akquise von Pre-Selection Kunden durch gezielte und individuelle Ansprache von Passanten in Bahnhöfen und öffentlichen Verkehrsmittel untersagt worden ist, stellt sich dies mangels insoweit bestehender Begehungsgefahr als zu weitgehend dar. Im übrigen steht der Antragstellerin indessen ein gegen die dargestellte Form der Kundenwerbung an öffentlichen Orten gerichteter Unterlassungsanspruch aus § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt der Belästigung zu und hat das Landgericht die diesen Anspruch titulierende Beschlussverfügung insoweit daher zu Recht bestätigt.

Soweit sich das Unterlassungsbegehren gegen die streitbefangene Form der Kundenwerbung auf öffentlichen Straßen, Plätzen, Märkten sowie in Einkaufszentren, Warenhäusern oder Geschäftspassagen richtet, hat die Antragstellerin in einer für den Erlass und die Aufrechterhaltung der begehrten einstweiligen Verfügung ausreichenden Weise die tatsächlichen Voraussetzungen sowohl des geltend gemachten Verfügungsanspruchs als auch der Verfahrensanforderungen glaubhaft gemacht, welche die prozessuale Durchsetzung dieses Anspruchs als zulässig erachten lassen. Denn das erwähnte Verhalten der Antragsgegnerin ist nach den Maßstäben des § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt der Kundenbelästigung als wettbewerbswidrig einzuordnen und gewährt der Antragstellerin einen Unterlassungsanspruch, den sie zulässigerweise im vorliegenden Verfahren der einstweiligen Verfügung geltend machen kann.

I.

1. Die Antragstellerin kann sich auf den für die Zulässigkeit des Verfügungsbegehrens vorauszusetzenden Verfügungsgrund der Dringlichkeit berufen. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin ist die zu Gunsten der Antragstellerin greifende Dringlichkeitsvermutung des § 25 UWG im Streitfall nicht widerlegt.

Soweit die Antragsgegnerin einwendet, die Antragstellerin habe schon weit vor Einreichen des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung (17.05.2000) Kenntnis des vorliegend angegriffenen Werbeverhaltens erlangt, überzeugt das nicht.

Aus der den Vorfall „P.” betreffenden Abmahnung der Antragstellerin vom 14.03.2000 (Anlage AG 1 a zum Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 06.06.2000) ergibt sich diese Kenntnis nicht. Denn nach der der genannten Abmahnung zugrundeliegenden – allerdings nicht im vollständigen Wortlaut vorgelegten – eidesstattlichen Versicherung des T. P. vom 04.03.2000 bzw. den daraus von der Antragstellerin zitierten Stellen (vgl. 52 d.A.), deren Richtigkeit die Antragsgegnerin nicht bestreitet, lag die Vorgehensweise der Antragsgegnerin bzw. ihrer Werber in jenem Fall anders. Denn dort war es Herr P., der den für die Antragsgegnerin...

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