Entscheidungsstichwort (Thema)

"Unser goldenes Dankeschön": Unaufgeforderte Zusendung einer Kreditkarte

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Schreiben, mit dem dem Adressaten als "goldenes Dankeschön" unaufgefordert eine Kreditkarte "1 Jahr lang kostenlos" zur "Freischaltung" zugeleitet wird, beeinflusst die Verbraucherentscheidung bei hinreichend deutlichen Hinweisen auf die späteren Jahresbeiträge auch dann nicht unangemessen i.S.d. § 4 Nr. 1 UWG, wenn sich ihm keinerlei Warnung vor dem mit dem bargeldlosen Zahlungsverkehr verbundenen Gefahren entnehmen lässt. Es verschleiert auch nicht seinen Werbecharakter (§ 4 Nr. 3 UWG).

2. Ein vorgenanntes - an einen Kunden, mit dem ein Vertragsverhältnis besteht, gerichtetes - Schreiben stellt auch dann keine unzumutbare Belästigung nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG dar, wenn es nicht bereits auf dem Briefumschlag als Werbung gekennzeichnet ist und inhaltlich persönliche Daten des Adressaten verwendet. Dessen (leicht) erhöhter Aufwand bei einer Unkenntlichmachung seiner aus dem Schreiben und der Kreditkarte erkennbaren Daten im Zusammenhang mit deren Entsorgung ist hinzunehmen.

 

Normenkette

UWG § 4 Nrn. 1, 3, §§ 5, 7 Abs. 1, 2 Nr. 1; RiLi 2007/64 EG Art. 57

 

Verfahrensgang

LG Bonn (Urteil vom 23.04.2009; Aktenzeichen 14 O 18/09)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 03.03.2011; Aktenzeichen I ZR 167/09)

 

Tenor

1.) Die Berufung des Klägers gegen das am 23.4.2009 verkündete Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des LG Bonn - 14 O 18/09 - wird zurückgewiesen.

2.) Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann jedoch die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4.) Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger ist ein in die Liste gem. § 4 UKlaG eingetragener Verband. Er begehrt von der Beklagten, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, bei Wettbewerbshandlungen an Verbraucher unaufgefordert Schreiben mit der Überschrift "Unser goldenes Dankeschön für Sie: Die Postbank VISA Card Gold 1 Jahr lang kostenlos!", in dem eine auf den Namen des Verbrauchers ausgestellte Kreditkarte "VISA" beigefügt ist, zu versenden, wenn dies geschieht, wie in dem als Anlage beigefügten Schreiben. Die Anlage enthält folgendes Schreiben: ...

Außerdem verlangt der Kläger Ersatz von Abmahnkosten i.H.v. 200 EUR nebst Rechtshängigkeitszinsen. Das LG hat die Klage abgewiesen. Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter; die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Im Übrigen wird wegen des Sachverhalts gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

II. Die Berufung hat keinen Erfolg.

1. Der Kläger hat keinen Anspruch gem. § 8 Abs. 1, 3, § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 1 UWG. Denn das Anschreiben ist nicht geeignet, auf den Verbraucher unsachlichen Druck auszuüben oder seine Entscheidungsfreiheit auf andere Weise unangemessen zu beeinträchtigen.

Ein Verstoß gegen § 4 Nr. 1 UWG ergibt sich entgegen der Auffassung des Klägers nicht daraus, dass das streitgegenständliche Schreiben nicht geeignet ist, eine "gesonderte Warnfunktion" im Hinblick auf die Gefahren des bargeldlosen Zahlungsverkehrs zu entfalten. Der durchschnittlich informierte Verbraucher weiß um die Funktionsweise einer Kreditkarte. Er ist mit bargeldlosem Bezahlen vertraut und sich dessen bewusst, dass diese Zahlungsweise seine finanziellen Möglichkeiten nicht erweitert. Eine Anlockwirkung, die dem Verbraucher eine rationale Entscheidung über die Annahme des Angebots unangemessen erschwert, geht daher von einer Werbung für eine Kreditkarte ohne besondere Warnung nicht aus. Dies gilt auch dann, wenn dem Verbraucher die (noch nicht einsetzbare) Kreditkarte bereits in die Hand gegeben wird.

Zu einer anderen Beurteilung führt es auch nicht, dass die Beklagte das Angebot als "Dankeschön" bezeichnet und als eine Art Treueprämie dargestellt hat. Dem durchschnittlich aufmerksamen Verbraucher wird der teilweise drucktechnisch hervorgehobene, als "PS" angefügte Text am unteren Ende des Schreibens nicht entgehen. Er wird aus der Formulierung, dass ihm der erste Jahresbeitrag i.H.v. 49 EUR geschenkt wird, entnehmen, dass für die Folgejahre dieser Jahresbeitrag zu zahlen ist. Auch in dem Text wird hervorgehoben, dass die Kreditkarte einen Jahresbeitrag kostet, den der Verbraucher nur im ersten Jahr und nur bei entsprechend schneller Beantragung sparen kann. Dass der Verbraucher mit der Aktivierung der Karte nicht etwa ein Geschenk annimmt, sondern eine rechtlich relevante Erklärung abgibt, wird ihm zudem dadurch vor Augen geführt, dass er ein umfangreiches Formular u.a. unter Angabe seiner Kontonummer und seines N...

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