Entscheidungsstichwort (Thema)
Beanstandung der AGB eines Mitbewerbers
Leitsatz (amtlich)
1. Bei den Bestimmungen der §§ 305 ff. BGB handelt es sich in der Regel nicht um Vorschriften, die i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG dazu bestimmt sind, das Marktverhalten zu regeln (a.A. KG v. 4.2.2005 - 5 W 13/05, CR 2005, 255 = KGReport Berlin 2005, 284 =MDR 2005, 677). Insoweit reicht nicht aus, dass eine Norm erkennbar den Verbraucher schützen will; es kommt auf seinen Schutz als am Markt agierende Person an.
Schriftformklauseln, welche die Wirksamkeit formloser Nebenabreden betreffen, Selbstbelieferungs- und Nachbesserungsklauseln unterfallen danach nicht dem § 4 Nr. 11 UWG
Bei fehlerhaften Belehrungen über Widerrufsrechte oder bei Klauseln, die eine Einwilligung des Verbrauchers mit telefonischer Werbung begründen sollen, mag etwas anderes gelten.
2. Ohne Hinzutreten besonderer Umstände stellt die Verwendung unwirksamer AGB auch kein Ausnutzen der Leichtgläubigkeit von Verbrauchern i.S.d. § 4 Nr. 2 UWG oder eine irreführende Werbung gem. § 5 UWG dar.
Normenkette
BGB §§ 305b, 305c, 307, 308 Nr. 8, § 309 Nr. 8b; UKlaG §§ 1, 3; UWG § 4 Nrn. 2, 11, § 5
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 14.11.2006; Aktenzeichen 33 O 272/06) |
Tenor
Die Berufung der Antragstellerin gegen das am 14.11.2006 verkündete Urteil des LG Köln - 33 O 272/06 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.
Gründe
I. Die Antragstellerin ist Mitbewerberin der Antragsgegner auf dem Gebiet des Handels mit Kosmetikartikeln; sie will ihnen (soweit im Berufungsrechtszug noch von Interesse) die Bezugnahme auf einige in ihrem Internet-Auftritt mitgeteilte Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) - eine Schriftform-, eine Selbstbelieferungs- und eine Nachbesserungs-Klausel - untersagen lassen, weil diese wegen Verstoßes gegen gesetzliche Vorschriften (§§ 305 ff. BGB) unwirksam seien. Mit dem angefochtenen Urteil hat das LG den Antrag (insoweit) zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Berufung der Antragstellerin, die ihr Unterlassungsbegehren weiterverfolgt.
II. Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Wer AGB verwendet, die nach §§ 307-309 BGB unwirksam sind, kann nach § 1 UKlaG von den gem. § 3 UKlaG anspruchsberechtigten Stellen auf Unterlassung in Anspruch genommen werden; zu diesen gehört die Antragstellerin nicht. Als Mitbewerberin könnte ihr daher allenfalls ein lauterkeitsrechtlicher Unterlassungsanspruch aus §§ 3 ff., 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG zustehen, wenn mit der - vom Senat geteilten - überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum (KG, MD 2005, 383 = MMR 2005, 466 = KG v. 4.2.2005 - 5 W 13/05, CR 2005, 255 = KGReport Berlin 2005, 284 =MDR 2005, 677; OLG Jena, GRUR-RR 2006, 283; Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl., § 4 UWG, Rz. 11.17; 11.156; § 1 UKlaG, Rz. 14; Palandt/Bassenge, BGB, 66. Aufl., § 3 UKlaG, Rz. 1; Grigoleit, NJW 2002, 1151 [1155]; Kamlah, WRP 2006, 33 [37]; Ullmann/Ullmann, jurisPK-UWG 2006 [Stand 17.1.2007], § 3, Rz. 42; Dembowski, juris-PR-WettbR 2/2007 Anm. 2) angenommen wird, dass die Bestimmungen des Unterlassungsklagengesetzes ggü. dem UWG keine vorrangige Sonderregelung bilden (anders: Ullmann, GRUR 2003, 817 [823, Fn. 59]; Ullmann/Link, jurisPK-UWG 2006 [Stand 28.7.2006], § 4 Nr. 11, Rz. 147). Einen (drohenden) Wettbewerbsverstoß der Antragsgegner durch Bezugnahme auf ihre angegriffenen AGB hat das LG jedoch zu Recht verneint.
1. Einen Verstoß der Antragsgegner gegen gesetzliche Marktverhaltensregeln gem. § 4 Nr. 11 UWG vermag der Senat - ebenso wie das LG - nicht festzustellen.
a) Bei den Bestimmungen der §§ 305 ff. BGB, deren Verletzung die Antragstellerin rügt, handelt es sich - wie vom LG zutreffend erkannt - in der Regel nicht um Vorschriften, die dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Der in jüngerer Zeit insb. vom KG (Beschl. v. 4.2.2005 - 5 W 13/05, KGReport Berlin 2005, 284 = MD 2005, 383 = MMR 2005, 466 = MDR 2005, 677) und von Köhler (Hefermehl/Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 4 UWG, Rz. 11.17; 11.156; § 1 UKlaG, Rz. 14) vertretenen Gegenansicht ist nicht zu folgen; soweit diese Ansicht auch dem unveröffentlichten Beschluss des Senats vom 19.7.2006 - 6 W 89/06 - ohne eigene Begründung zugrunde gelegt worden war, wird hieran für Fälle der vorliegenden Art nicht festgehalten, wie der Senat schon in anderer Sache zum Ausdruck gebracht hat (Beschl. v. 12.2.2007 - 6 W 152/06).
aa) Unabhängig vom fehlenden Vorrang des Unterlassungsklagengesetzes sprechen schon systematische Gesichtspunkte gegen eine richterliche AGB-Inhaltskontrolle im Wettbewerbsprozess (nach den Erfahrungen des Senats scheint die damit mögliche Verlagerung der AGB-Kontrolle aus dem herkömmlichen Individual- oder Verbandsprozess in ein vom Mitbewerber angestrengtes Verfahren erst in jüngerer Zeit in Betracht gezogen zu werden). Das Verbandsklagerecht aus § 1 UKlaG wäre nämlich funktionslos, wenn die gem. § 3 Abs. 1 UKlaG anspruchsberechtigten Stel...