Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenentscheidung bei Anerkenntnis durch den Insolvenzverwalter

 

Leitsatz (amtlich)

War in einem vor Insolvenzeröffnung gegen den Schuldner anhängigen Verfahren ein sofortiges Anerkenntnis mit der Folge des § 93 ZPO nicht mehr möglich, weil der Schuldner im schriftlichen Vorverfahren in der Klageerwiderung Klageabweisung beantragt hatte, so scheidet auch nach Aufnahme des Verfahrens gem. § 180 Abs. 2 InsO gegen den Insolvenzverwalter, der die Forderung im Prüfungstermin vorläufig bestritten hatte, eine Kostenentscheidung zu Lasten des Klägers nach § 93 ZPO aus, selbst wenn der Insolvenzverwalter im ersten Termin anerkennt. Eine entsprechende Anwendung des § 86 Abs. 2 InsO kommt nicht in Betracht.

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 13.08.2004; Aktenzeichen 24 O 16471/03)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 28.09.2006; Aktenzeichen IX ZB 312/04)

 

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen die Kostenentscheidung im Anerkenntnisurteil vom 13.8.2004 wird zurückgewiesen.

II. Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

IV. Der Beschwerdewert beträgt 1.641,52 Euro.

 

Gründe

I. Der Kläger klagte gegen die Schuldnerin Werklohn für die Erstellung von zwei Doppelhaushälften aus zwei Schlussrechnungen ein. Das LG ordnete am 5.9.2003 ein schriftliches Vorverfahren an. In der Klageerwiderung vom 27.10.2003 beantragte die Schuldnerin Klageabweisung. Am 10.2.2004 wurde das Verfahren durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochen.

Der Kläger meldete seine Forderung beim beklagten Insolvenzverwalter an. Dieser monierte das Fehlen der in der Anmeldung genannten Anlagen. Daraufhin übersandte der Kläger am 13.4.2004 die Klageschrift ohne Anlagen. Im Prüfungstermin vom 6.5.2004 bestritt der Beklagte die Forderung vorläufig.

Am 29.6.2004 nahm der Kläger den Rechtsstreit gegen den Beklagten wieder auf. Das Gericht bestimmte daraufhin Termin zur Güteverhandlung und frühen ersten Termin. Mit Schriftsatz vom 30.7.2004 beantragte der Beklagte Klageabweisung. Nach zwischenzeitlich genommener Akteneinsicht erkannte der Beklagte im Termin vom 13.8.2004 den Klageanspruch an.

Im Anerkenntnisurteil wurden die Kosten dem Beklagten auferlegt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beklagten.

II. Die nach § 99 Abs. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung im Anerkenntnisurteil ist unbegründet.

Ein sofortiges Anerkenntnis i.S.d. § 93 ZPO liegt nicht vor. Dabei ist nicht allein auf das Verhalten des Insolvenzverwalters abzustellen. Vielmehr ist das nach § 180 Abs. 2 InsO aufgenommene Verfahren mit dem ursprünglich gegen die Schuldnerin geführten und nach § 240 ZPO unterbrochenen Verfahren kostenrechtlich als Einheit zu sehen. Dann kann aber für die Kostenentscheidung nicht mehr von einem Anerkenntnis ausgegangen werden, wenn das Verfahren gegen die Schuldnerin bereits vor der Unterbrechung in eine Phase getreten war, in der ein sofortiges Anerkenntnis i.S.d. § 93 ZPO nicht mehr möglich war (vgl. für den hier allerdings nicht unmittelbar anwendbaren Fall des § 86 InsO Schumacher in MünchKomm/InsO, § 86 InsO Rz. 22; zur früheren Rechtslage Jaeger/Henckel, KO, 9. Aufl., § 11 KO Rz. 22; für entsprechende Sachbehandlung auch im Fall der Aufnahme nach § 180 Abs. 2 InsO Schumacher, EWiG 2002, 777 [778] in einer Anmerkung zu LAG Hamm v. 14.3.2002 - 4 Sa 1366/97, LAGReport 2002, 121 = ZIP 2002, 770). Das ist hier der Fall. Denn im ursprünglichen Verfahren gegen die Schuldnerin hatte das Gericht ein schriftliches Vorverfahren angeordnet und die Schuldnerin in der Klageerwiderung Klageabweisung beantragt, womit ein sofortiges Anerkenntnis i.S.d. § 93 ZPO ausgeschlossen war (Zöller, ZPO, 24. Aufl., § 93 ZPO Rz. 4).

Soweit die Entscheidungen des OLG Karlsruhe (OLG Karlsruhe v. 10.5.1989 - 11 W 63/89, ZIP 1989, 791) und des LAG Hamm (LAG Hamm v. 6.3.2001 - 11 Sa 1968/99, MDR 2001, 1379) so zu verstehen sind, dass ausschließlich auf das Verhalten des Insolvenzverwalters abgestellt werden soll, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen. Das Gesetz lässt in § 86 Abs. 2 InsO erkennen, dass durchaus eine Kostenentscheidung auch zu Gunsten des Klägers getroffen werden kann (§ 93 ZPO also gerade nicht angewandt werden kann), auch wenn der Insolvenzverwalter sofort anerkennt. Ein Grund, warum dies anders sein soll, wenn um eine Insolvenzforderung gestritten wird, ist nicht ersichtlich.

Eine entsprechende Anwendung des § 86 Abs. 2 InsO, wie sie Schumacher (Schumacher, EWiG 2002, 777) befürwortet, so dass bei sofortigem Anerkenntnis des Insolvenzverwalters die Kostenforderung nur als Insolvenzforderung geltend gemacht werden könnte, kommt allerdings nach Auffassung des Senats de lege lata nicht in Betracht, nachdem die Problematik dem Gesetzgeber bekannt gewesen sein muss, als er die Regelung in § 86 Abs. 2 InsO als modifizierte Nachfolgeregelung zu § 11 Abs. 2 KO nur für die in § 86 InsO genannten Verfahren geschaffen hat.

Auf die Frage, inwieweit das ...

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