Leitsatz (amtlich)
Der Erwerber kann gegen den Werklohnanspruch des Bauträgers mit einem verjährten Schadensersatzanspruch aus dem gleichen Vertragsverhältnis aufrechnen, auch wenn er den Schadensersatzanspruch erst nach Ablauf der in § 634a BGB bestimmten Frist gewählt hat.
Normenkette
BGB §§ 215, 389, 634a, 634 Nr. 4
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 22.12.2010; Aktenzeichen 2 O 5939/05) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG München I vom 22.12.2010 - 2 O 5939/05, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin 3.685 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.1.2010 zu bezahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
3. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG München I vom 22.12.2010 wird zurückgewiesen.
4. Die Kosten des Rechtsstreits tragen zu 73 % die Klägerin und zu 27 % die Beklagten als Gesamtschuldner.
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
6. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
7. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 13.465,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Von der Darstellung eines Tatbestandes wird abgesehen (§§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO).
II. Die Berufung der Beklagten hat weitgehend Erfolg.
1. Zutreffend geht die klagende Bauträgerin von der Fälligkeit ihres Klageanspruchs auf Restwerklohn aus, den sie in zweiter Instanz i.H.v. 13.465 EUR nebst Zinsen weiterverfolgt. Der Fälligkeit treten die beklagten Erwerber nicht entgegen. Sie haben nach eigenem Bekunden Ende August 2004 die Abnahme der geschuldeten Doppelhaushälfte unter Mängelvorbehalt erklärt. Trotz des Mängelvorbehalts und unabhängig vom objektiven Vorliegen der Abnahmereife wurde durch die Abnahme das Werk als im Wesentlichen vertragsgemäß vom Besteller entgegengenommen und dadurch die Fälligkeit des Werklohnanspruchs herbeigeführt (§ 641 Abs. 1 BGB). In diesem Sinne ist auch die vertragliche Fälligkeitsregelung für die letzte Rate zu verstehen (Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle, 5. Aufl. 2011, Rz. 335).
2. Die in der mündlichen Verhandlung vom 11.10.2011 von den Beklagten erklärte Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen in Höhe des Mangelbeseitigungsaufwands gemäß den beiden gerichtlich erholten Gutachten bringt die Klageforderung überwiegend zum Erlöschen.
a) Den Beklagten stand ein Recht zur Wahl des Schadensersatzanspruchs wegen der in den Prozess eingeführten Mängel nach § 634 Nr. 4 BGB zu.
Unter anderem mit Schreiben vom 6.9.2004 und 12.10.2004 (Anlagen B 8 und B 13) setzten die Beklagten der Klägerin Fristen zur Mangelbeseitigung. Die Klägerin beseitigte die Mängel jedoch nicht. Nach §§ 634, 280 Abs. 3, 281 BGB stand daher den Beklagten das Recht zu, wegen der vorbehaltenen Mängel Schadensersatz zu verlangen. Die Beklagten hatten die Mängel mit ihrer Klageerwiderung vom 28.4.2005 zunächst zur Begründung eines Leistungsverweigerungsrechts nach § 641 Abs. 3 BGB (in der Fassung vom 2.1.2002) im vorliegenden Prozess geltend gemacht. Hierdurch haben die Beklagten jedoch noch nicht ein Wahlrecht i.S.v. § 634 BGB ausgeübt. Entgegen der Ansicht der Klägerin stand den Beklagten das Wahlrecht durchgängig bis zur erstmaligen Ausübung im Schriftsatz vom 21.12.2009 zu. Sie mussten daher nicht etwa durch erneute Fristsetzungen erneut die Grundlagen des Wahlrechts schaffen.
Für die Verwirkung des Wahlrechts durch die Beklagten ist nichts ersichtlich (Palandt/Sprau, BGB, 70. Aufl. 2011, § 634 Rz. 1 und 2). Nachdem die Klägerin wesentliche Mängel im Prozess bestritt, bestand für die Beklagten kein Anlass zur Ausübung des Wahlrechts. Als der gerichtlich bestellte Sachverständige sein Gutachten erstattet hatte, bot die Klägerin erstmals im Jahr 2009 ohne Anerkennung der Mängel und einer Rechtspflicht deren Beseitigung an. Erst nach diesem Angebot (das selbst bei bestehendem Nachbesserungsrecht nicht ausreichend gewesen wäre, um gem. §§ 293, 294 BGB einen Annahmeverzug der Beklagten zu begründen) kommt eine Pflicht der Beklagten aus § 242 BGB zur Ausübung ihres Wahlrechts in Betracht. Da die Klägerin wesentliche Mängel aber auch noch in zweiter Instanz bestreitet, war die Ausübung des Wahlrechts im Schriftsatz vom 21.12.2009 jedenfalls nicht treuwidrig verspätet.
b) Weil die Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen sich auf die in erster Instanz begutachteten oder jetzt unstreitige Mängel bezieht und insoweit keine weitere Beweiserhebung notwendig ist, steht § 533 ZPO der Aufrechnung nicht entgegen. Sie ist sachdienlich. Im Übrigen ist zweifelhaft, ob überhaupt eine Klageänderung vorliegt (vgl. BGH BauR 2010, 494). Ein Fall der Verspätung nach § 531 ZPO liegt nicht vor (BGH NJW-RR 2010, 1478).
c) Die in Ziff. IV. 1. c) der "Allgemeinen Vertragsbestimmungen" zum notariellen "Kaufvertrag" vom 16.6.2004 (Anlage K 1) vorgesehene Einschränkung des Aufrechnungsrechts in Anlehnung an die Formulierung des § 309 N...