Leitsatz (amtlich)

Geht es um die Vollstreckbarerklärung einer im Ausland im Rahmen eines Trennungsverfahrens ergangenen Sorgerechtsentscheidung, die nach dem 1.3.2001 in einem vor diesem Datum eingeleiteten Verfahren ergangen ist, lässt Art. 42 Abs. 2 eine Anwendung des EG-VO Nr. 1347/2000 vom 29.5.2000 nicht zu, wenn die Entscheidung von einem nach dem Minderjährigenschutzabkommen vom 5.10.1961 (MSA) nicht zuständigen Gericht erlassen ist.

 

Normenkette

EGV 1347/2000 Art. 42 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Nürnberg (Beschluss vom 04.03.2003; Aktenzeichen 109 F 461/03)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 22.06.2005; Aktenzeichen XII ZB 186/03)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des AG – FamG – Nürnberg vom 4.3.2003 abgeändert.

II. Der Antrag des Antragstellers auf Vollstreckbarerklärung der Entscheidungen zur elterlichen Sorge und zu den Verfahrenskosten im Urteil des Zivil- und Strafgerichts N. vom 22.7.2002 nach Art. 21 ff. der VO (EG) Nr. 1347/2000 des Rates vom 29.5.2000 wird zurückgewiesen.

III. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

IV. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller, italienischer Staatsangehöriger, und die Antragsgegnerin, die die deutsche Staatsangehörigkeit hat, haben am 15.6.1993 in Italien geheiratet. Aus der Ehe sind die beiden Kinder D., geb. am … 1995, und N., geb. am … 1997, hervorgegangen. Sie haben jeweils die deutsche und die italienische Staatsangehörigkeit.

Bis 9.5.1999 lebte die Familie in O./Italien. Am 10.5.1999 zog die Antragsgegnerin mit den beiden Kindern nach H. in D., wo sie sich seitdem aufhält.

Mit einem am 9.6.1999 beim „Tribunale Civile e Penale”, also dem Zivil- und Strafgericht in N./Italien eingegangenen Schriftsatz verlangte der Antragsteller die persönliche Trennung von der Antragsgegnerin und alle daraus folgenden Entscheidungen persönlicher, familiärer und wirtschaftlicher Art.

In dem sich daran anschließenden Verfahren erließ das Gericht in N. im Anschluss an einen Anhörungstermin, zu dem die Antragsgegnerin trotz einer ihr zugegangenen Ladung nicht erschienen war, zunächst am 14.12.1999 einen Beschluss provisorischer Natur, in dem es u.a.

1. die Ehegatten ermächtigte, getrennt zu leben, und

2. die Kinder D. und N. dem Vater zusprach und die Mutter verpflichtete, ihre sofortige Rückkehr nach Italien zu veranlassen.

Nach einem Termin vom 6.4.2000, in dem neben dem Antragsteller auch die Antragsgegnerin erschienen war, wies das Gericht in N. unter dem 20.4.2000 die Einwendungen der Antragsgegnerin gegen den Beschluss vom 14.12.1999 zurück.

Ein am 9.8.2000 beim AG Nürnberg eingegangener, auf das Europäische Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen über das Sorgerecht für Kinder und die Wiederherstellung des Sorgeverhältnisses vom 20.5.1980 gestützter Antrag des Generalbundesanwalts beim BGH, die Entscheidungen des Gerichtes in N. vom 14.12.1999 und 20.4.2000 für vollstreckbar zu erklären, wurde durch Beschluss des AG Nürnberg vom 13.12.2001 (107 F 2337/00) zurückgewiesen; die dagegen durch den Generalbundesanwalt für den Antragsteller eingelegte Beschwerde wurde nach Anhörung beider Elternteile und der Kinder am 25.6.2001 durch Beschluss des OLG Nürnberg vom 27.6.2001 (7 UF 910/01) zurückgewiesen.

Bereits im Juli 1999 hatte die Antragsgegnerin beim AG E. beantragt, ihr die elterliche Sorge für beide Kinder zu übertragen. Dieser Antrag wurde vom AG E. mit Beschluss vom 25.2.2000 zurückgewiesen, da keine internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte bestehe.

Im August 2000 reichte die Antragsgegnerin beim AG E. einen erneuten Antrag ein, ihr in Abänderung der Entscheidung des Gerichtes in N. vom 14.12.1999 die elterliche Sorge für die beiden Kinder D. und N. zu übertragen. Mit Beschluss vom 5.12.2001 wies das AG E. (2 F 910/00) diesen Antrag mit der Begründung zurück, der Antrag sei wegen anderweitiger Rechtshängigkeit im Verfahren vor dem Gericht in N. unzulässig. Auf die gegen diese Entscheidung eingereichte Beschwerde der Antragsgegnerin änderte der 11. Senat des OLG Nürnberg mit Beschluss vom 24.4.2002 (11 UF 682/01) nach Anhörung beider Elternteile und des Kindes D. am 10.4.2002 den Beschluss des AG E. ab und übertrug die elterliche Sorge für beide Kinder auf die Antragsgegnerin.

In der Zwischenzeit war auch das im Juli 1999 eingeleitete Verfahren vor dem Gericht in N. weiterbetrieben worden. Dabei erschien die Antragsgegnerin am 6.4.2002 persönlich und mit zwei Rechtsanwälten vor dem Gericht. Sie beantragte auch vor dem Gericht in N., ihr die elterliche Sorge über die beiden Kinder zu übertragen.

  • Mit Urteil vom 22.7.2002 (Urteil Nr. 627 Ruolo: 648/99, Cronologico: 3536) hat das Gericht in N. u.a.
  • die persönliche Trennung der Parteien erklärt
  • das Sorgerecht für die beiden Kinder an den Vater übertragen und der Mutter ein näher bestimmtes Umgangsrecht eingeräumt
  • die Antragsgegnerin verurteilt, Verfahrenskosten i.H.v. insgesamt 9.398,62 ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge