Leitsatz (amtlich)
Kostenfestsetzung im PKH-Verfahren; Zur Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr.
Verfahrensgang
LG Osnabrück (Beschluss vom 15.01.2008; Aktenzeichen 4 O 950/07) |
LG Osnabrück (Beschluss vom 14.01.2008; Aktenzeichen 4 O 950/07) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 14.1./15.1.2008 wird der Beschluss des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des LG Osnabrück vom 3.1.2008 geändert:
Die dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin von der Landeskasse zu erstattende Vergütung wird auf 824,85 EUR - und damit zusätzlich zu den festgesetzten Kosten (624,72 EUR) um weitere 177,13 EUR - festgesetzt.
Das Verfahren über die Beschwerde ist gerichtsgebüh - renfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Die Rechtsbeschwerde zum BGH wird zugelassen.
Gründe
Die Klägerin führte nach der Bewilligung von Prozesskostenhilfe einen Rechtsstreit gegen ihren geschiedenen Ehemann und begehrte die Feststellung, dass dieser sie im Innenverhältnis von der gesamtschuldnerischen Verbindlichkeit der Parteien ggü. der N. t (U.) e. G. zum Darlehenskonto 1213620461 aus dem Vollstreckungsbescheid des AG Uelzen (Az. 06-0725654-2-2) vom 27.6.2006 vollständig freizustellen hat. Mit dem am 25.9.2007 verkündeten (rechtskräftigen) Urteil des LG Osnabrück wurde der Beklagte antragsgemäß verurteilt.
Nach Abschluss des Rechtsstreits hat der (beigeordnete) Prozessbevollmächtigte der Klägerin ggü. der Landeskasse den Antrag auf Festsetzung der Vergütung i.H.v. 824,85 EUR gestellt. Mit Beschluss vom 4.10.2007 wurde die dem beigeordneten Prozessbevollmächtigten der Klägerin (Rechtsanwalt Dr. L.) aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung auf 647,72 EUR festgesetzt. Dabei wurde ausweislich des Beschlusses auf die Verfahrensgebühr die Geschäftsgebühr RVG-VV 2300 gemäß Vormerkung 3 Abs. 4 RVG-VV angerechnet.
Dagegen wandte sich der Prozessbevollmächtigte mit seiner Erinnerung/Beschwerde, soweit der zuerkannte Betrag hinter dem beantragten Betrag i.H.v. 824,85 EUR zurückblieb (Differenz i.H.v. 177,13 EUR).
Die Landeskasse (Bezirksrevisor) hat in der Stellungnahme vom 22.11.2007 (Bl. 162-163 d.A.) die Anrechnung der Geschäftsgebühr gerechtfertigt und auch - nach einer Stellungnahme des Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 13.12.2007 - in der weiteren Stellungnahme vom 28.12.2007 (Bl. 176-177 d.A.) an der Rechtsauffassung festgehalten.
Der Einzelrichter der 4. Zivilkammer des LG Osnabrück hat mit Beschluss vom 3.1.2008 (Bl. 185-186 d.A.) die Erinnerung gegen den Beschluss vom 4.10.2007 zurückgewiesen und zur Begründung vollinhaltlich auf die Stellungnahmen der Landeskasse vertreten durch den Bezirksrevisor verwiesen. Dabei hat er die Beschwerde zugelassen.
Gegen diesen am 11.1.2008 zugestellten Beschluss hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin unter dem 14.1./15.1.2008 das Rechtsmittel der Beschwerde eingelegt. Das LG hat (mit Beschluss vom 21.1.2008) der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem OLG Oldenburg zur Entscheidung zugeleitet. Die Landeskasse (Bezirksrevisor) hat zu der Beschwerdeschrift mit Schreiben vom 21.1.2008, auf dessen Inhalt verwiesen wird, Stellung genommen (Bl. 206-207 d.A.).
Die Beschwerde ist zulässig. Das Rechtsmittel ist - wenn auch eine Beschwer von über 200 EUR nicht vorliegt - statthaft, nachdem das LG die Beschwerde in dem angefochtenen Beschluss ausdrücklich gem. §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 Satz 2 RVG zugelassen hat. Das OLG ist an die Zulassung gem. § 33 Abs. 4 Satz 4 RVG gebunden. Des Weiteren wurde die Beschwerde form- und fristgerecht (§ 33 Abs. 3 Satz 3 RVG) eingelegt.
Die Beschwerde ist (zutreffend) von den Prozessbevollmächtigten der Klägerin eingelegt worden, wobei dies bei verständiger Würdigung dahin auszulegen, dass der beigeordnete Rechtsanwalt, der durch die Festsetzung beschwert und damit beschwerdebefugt ist, das Rechtsmittel eingelegt hat.
Das Rechtsmittel ist auch sachlich gerechtfertigt.
Nach Auffassung des Senats geht der vom LG erlassene Festsetzungsbeschluss vom 4.10.2007 unzutreffend von einer Anrechnung der Geschäftsgebühr nach Ziff. 2300 RVG-VV auf die Verfahrensgebühr gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1 RVG-VV aus. Die getroffene Entscheidung beruht deshalb auf einer Verletzung des Gesetzes.
Dem (beigeordneten) Prozessbevollmächtigten der Klägerin steht aufgrund der Bewilligung von Prozesskostenhilfe ein Anspruch auf Festsetzung einer 1,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 RVG-VV in ungekürzter Höhe zu, weil er von der Klägerin keine Zahlung auf eine (ggf.) vorgerichtlich entstandene Geschäftsgebühr erhalten hat und auch in sonstiger Weise ein Ausgleich nicht erfolgte.
Die Höhe der anwaltlichen Vergütung ist im allgemeinen Teil des RVG geregelt. Sie bestimmt sich gem. § 2 Abs. 2 RVG nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zum RVG (=RVG-VV). Dies gilt nach § 45 Abs. 1 RVG auch für die Vergütung des im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalts.
Für die Vertretung im erstinstanzlichen Verfahren entsteht nach Nr. 3100 RVG-VV eine 1,3 Verfahrensgebühr. ...