Leitsatz (amtlich)
Da im Unterbringungsverfahren nach § 69g Abs. 5 Satz 2 FGG nur in Ausnahmefällen die Anhörung als Verfahrensbestandteil einem einzelnen Richter übertragen werden darf, scheidet die Übertragbarkeit des gesamten Verfahrens auf den Einzelrichter von vornherein aus.
Verfahrensgang
LG Stralsund (Beschluss vom 12.07.2007; Aktenzeichen 2 T 238/07) |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde des Betroffenen, für diesen eingelegt durch die Verfahrenspflegerin, wird der Beschluss des LG Stralsund vom 12.7.2007 - Az: 2 T 238/07 - aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung durch die Kammer auch über die Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde an das LG Stralsund zurückverwiesen.
Gründe
I. Der Betroffene begab sich im Laufe dieses Jahres aufgrund einer psychischen Erkrankung teils freiwillig teils auf Anordnung mehrfach in psychiatrische Behandlung. Zuletzt mit Antrag vom 4.7.2007 beantragte der Beteiligte zu 2) die Genehmigung der vorläufigen Unterbringung des Betroffenen im ... Das AG Greifswald genehmigte die Unterbringung für sechs Wochen, längstens bis zum 16.8.2007, mit Beschluss vom 5.7.2007, auf den inhaltlich Bezug genommen wird.
Gegen diesen Beschluss legte die Verfahrenspflegerin für den Betroffenen sofortige Beschwerde ein. Die Beschwerdekammer des LG Stralsund übertrug das Beschwerdeverfahren durch Beschluss auf die Einzelrichterin. Diese wies die Beschwerde nach Anhörung des Betroffenen mit Beschluss vom 12.7.2007 zurück. Wegen der Begründung wird auf diesen Beschluss verwiesen.
Hiergegen legte der Betroffene zunächst schriftlich weitere sofortige Beschwerde ein. Auf Hinweis des Senates wiederholte die Verfahrenspflegerin diese mit Schriftsatz vom 23.7.2007, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird.
II. Die gem. §§ 27, 29, 70m FGG zulässige weitere sofortige Beschwerde führt zur Aufhebung des Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das LG. Der Senat sieht in der Entscheidung des Einzelrichters eine nicht ordnungsgemäße Besetzung des Gerichts, die jedenfalls im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit einen absoluten Beschwerdegrund darstellt, der zur Aufhebung und Zurückverweisung führt (OLG Zweibrücken, Beschl. v. 17.9.2003 - 3W 185/03, FGPrax 2003, 278; BayObLG, Beschl. v. 11.2.2004 - 3Z BR 23/04, FGPrax 2004, 117 = FamRZ 2004, 1136; BayObLG, Beschl. v. 4.2.2004 - 3Z BR 270/03, MDR 2004, 814 = BayObLGReport 2004, 252 = FGPrax 2004, 77 = FamRZ 2004, 1137).
1. Gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 FGG entscheidet über Beschwerden im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit eine Kammer des Zivilgerichts. Die Besetzung der Kammer des Zivilgerichts ergibt sich aus § 75 GVG. Hiernach entscheidet über Beschwerden im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit ein Spruchkörper aus drei Richtern unter Einschluss des Kammervorsitzenden.
Von diesem Grundsatz lässt § 30 Abs. 1 Satz 3 FGG, der mit dem ZPO-Reformgesetz zum 1.1.2002 eingeführt wurde, eine Ausnahme dahin zu, dass die Kammer die Sache auf den Einzelrichter durch Beschluss übertragen kann, wenn die Voraussetzungen des § 526 ZPO gegeben sind. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Sache keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten aufweist.
2. Mit Beschl. v. 24.8.2006 - 3 W 81/06 - hat der Senat für die Anordnung einer Betreuung entschieden, dass ein Verfahren, mit dem eine Betreuung eingerichtet oder über die Aufrechterhaltung der Betreuung befunden wird, regelmäßig ein Verfahren von besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeit ist. Das BVerfG hat mit Beschluss vom 2.8.2001 (1 BvR 618/93, NJW 2002, 206) ausgesprochen, dass bereits die Anordnung einer vorläufigen Betreuung einen tiefen freiheitseinschränkenden Eingriff in das Grundrecht des Betroffenen aus Art. 2 Abs. 1 GG darstellt und dessen Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz es im Falle der Beendigung der Betreuung im laufenden Rechtsmittelverfahren erfordert, die Rechtmäßigkeit der Betreuungsanordnung festzustellen. Wenn das BVerfG bereits in der kurzfristigen Anordnung der Betreuung einen schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte des Betroffenen sieht, muss dies erst recht für eine längerfristige Anordnung einer Betreuung Geltung beanspruchen. Dann aber erfordert regelmäßig die Entscheidung über die Einrichtung oder Aufhebung der Betreuung eine besonders sorgfältige und abgewogene Entscheidung, so dass von einer besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeit der Sache auszugehen ist. Schon daher scheidet nach Auffassung des Senates im Regelfall eine Übertragung auf den Einzelrichter aus.
Darüber hinaus hält der Senat § 30 Abs. 1 Satz 3 FGG jedenfalls bei der Einrichtung und der Aufhebung einer Betreuung unter Berücksichtigung von § 69g Abs. 5 Satz 2 FGG für nicht anwendbar. § 69g Abs. 5 Satz 2 FGG sieht vor, dass eine Anhörung im Beschwerdeverfahren durch den beauftragten Richter nur durchgeführt werden darf, wenn es auf den persönlichen Eindruck aller Kammermitglieder von dem Betroffenen nicht ankommt oder aber der beauftragte Richter in der Lage i...