Leitsatz (amtlich)
1. Der Senat hält vorerst daran fest, dass der Verbraucher dem finanzierenden Instititut bei einem verbundenen Geschäft im Wege des Rückforderungsdurchgriffs nach § 9 Abs. 2 S. 4 VerbrKrG analog Schadensersatzansprüche gegen die Gründungsgesellschafter des Fonds entgegen halten kann (wie OLG Stuttgart v. 26.9.2005 - 6 U 92/05, ZIP 2005, 2152; Übereinstimmung mit BGH, Urt. v. 14.6.2006 - II ZR 392/01, BGHReport 2004, 1292 = WM 2004, 1518 [1520]; Abweichung von BGH, Urt. v. 25.4.2006 - XI ZR 106/05, BGHReport 2006, 912 = MDR 2006, 1032 = BKR 2006, 333 [336 f.]).
2. Weil das finanzierende Insititut in diesem Fall für die Rückabwicklung insoweit in die Stellung seines Verbundpartners eintritt, kann und muss der Verbraucher Maßnahmen, die die Verjährung der Schadensersatzansprüche hemmen sollen, ggü. dem finanzierenden Institut ergreifen.
3. Verlangt der Verbraucher mit dem Rückforderungsdurchgriff regelmäßig wiederkehrende Zahlungen an die Bank zurück, so unterlag der Rückforderungsdurchgriff im alten Recht insoweit der kurzen Verjährung des § 197 BGB.
4. Ein Emissionsprospekt darf nicht behaupten, dass eine (Nachtrags-)Baugenehmigung vorbesprochen sei und erteilt werde, wenn bislang lediglich ein Mitarbeiter des Stadtbauamts anheim gestellt hat, für die auch von ihm favorisierte Bebauung einen Bauantrag zu stellen.
5. Aufklärungspflichten bestehen bei der Werbung für einen Beitritt zu einer Fondsgesellschaft nicht nur bis zur Abgabe der auf den Beitritt gerichteten Willenserklärung des neuen Gesellschafters, sondern bis zur Abgabe der Annahmeerklärung durch die Altgesellschafter (wie BGHZ 71, 284 [291]). 6. Zur Anrechnung verbleibender Steuervorteile bei der Rückabwicklung einer Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds in der Rechtsform der GbR.
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 17.01.2006; Aktenzeichen 8 O 343/05) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Stuttgart vom 17.1.2006 (8 O 343/05) abgeändert:
1. Die Beklagte wird verurteilt,
a) an den Kläger 14.492,54 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 12.7.2005 zu bezahlen,
b) den Kläger aus dem Darlehensvertrag Nr. ... vom 15.11./13.12.1994 bei der Beklagten freizustellen sowie
c) an den Kläger die an sie abgetretenen Lebensversicherungen bei der ... Lebensversicherung AG Nr. ..., ... und bei der ... Lebensversicherung AG Nr. ... zurück zu übertragen Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche des Klägers gegen die Gründungsgesellschafter des W.-Immobilienfonds Nr. 35, S., ... ..., ... und die S. i.K., sowie Übertragung der Gesellschaftsanteile des Klägers an dem W.-Immobilienfonds Nr. 35, S., ... an die Beklagte.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weiter gehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz trägt der Kläger 3/10, die Beklagte 7/10, von denen des Berufungsverfahrens der Kläger 1/5, die Beklagte 4/5.
Streitwert für beide Instanzen: bis 95.000 EUR.
Gründe
A. Der Kläger verlangt von der Beklagten die Rückzahlung von Zinsen, die er auf einen Darlehensvertrag mit der Beklagten erbracht hatte sowie Freistellung von weiteren Zahlungen und Rückübertragung von zur Sicherheit an die Beklagte abgetretenen Kapitallebensversicherungen. Der Kläger hatte die Darlehensvaluta dazu verwendet, seine Einlage in einen geschlossenen Immobilienfonds zu finanzieren.
I. Die W. mbH S. - im Weiteren "W." - war Eigentümerin eines Grundstücks im Stadtteil S. der ... Sie beabsichtigte eine Bebauung und wollte das Grundstück - wie bereits bei 34 früheren Komplexen geschehen - samt Bebauung an einen von ihr und ihrem Alleingeschäftsführer und einzigen Gesellschafter ... zu gründenden Immobilienfonds verkaufen.
Dementsprechend stellte die W. am 19.3.1993 einen Bauantrag. Nach Verhandlungen über die Zahl der bauplanungsrechtlich genehmigungsfähigen Stockwerke erhielt sie am 24.2.1994 eine Genehmigung, die für den Bauteil II eine Bebauung mit 7 Obergeschossen vorsah (Pläne im Prospektteil I S. 66 und 86 - Anlage K 1).
Die Grundsteinlegung für die Bebauung des Grundstücks fand in Anwesenheit des Stadtdirektors ... der ... statt. Er und der Architekt der W., ..., sprachen bei diesem Anlass über eine mögliche Aufstockung des Bauteils II auf 12 Stockwerke nebst Dachaufbau (im Sprachgebrauch der W.: 13. Obergeschoss). Stadtdirektor ..., der sich bereits zuvor für eine solche Aufstockung ausgesprochen hatte, signalisierte, dass er sie befürworten werde. Am 15.6.1994 stellte die W. einen entsprechenden Antrag auf Erteilung einer Nachtragsbaugenehmigung.
Derweil machten sich die W. und ihr Alleingeschäftsführer und einziger Gesellschafter ... an die Auflegung des Immobilienfonds "Grundstücks-, Vermögens- und Verwaltungs - GbR S., ..." mit der schlagkräftigen Kurzbezeichnung "W. Immobilienfonds Nr. 35" (im Weiteren: Fonds). Hierzu übernahm die W. am 15.7.1994 eine Miet-, Festpreis...