Leitsatz (amtlich)

Auf den Scheidungsantrag argentinischer Staatsangehöriger, die in Dänemark geheiratet haben und ihren letzten gemeinsamen Wohnsitz in Deutschland hatten, ist deutsches Recht anwendbar (EGBGB §§ 17, 14 Nr. 1).

 

Orientierungssatz

Doppelte IPR-Weiterverweisung (Argentinien-Dänemark-Deutschland).

 

Normenkette

EGBGB Art. 14 Nrn. 1-2, Art. 17

 

Beteiligte

Rechtsanwälte Dr. Ross, Meisterernst, Nissen, Ross und Dr. Schröder

 

Verfahrensgang

AG Kiel (Aktenzeichen 59 F 142/00)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers vom 16. März 2001 wird der Prozesskostenhilfe versagende Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Kiel vom 2. November 2000 (59 F 142/00) aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Familiengericht zurückverwiesen.

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers führt zur Aufhebung des Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache.

Entgegen der Auffassung des Familiengerichts sind auf den Scheidungsantrag nicht die Vorschriften des argentinischen, sondern diejenigen des deutschen materiellen Rechts anwendbar.

Nach dem deutschen internationalen Privatrecht unterliegt nach Art. 17 EGBGB die Scheidung dem Recht, das im Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages für die allgemeinen Wirkungen der Ehe maßgebend ist. Dabei unterliegen die allgemeinen Wirkungen der Ehe nach Art. 14 Nr. 1 EGBGB in erster Linie dem Recht des Staates, dem beide Ehegatten angehören. Maßgebend ist danach also das argentinische Scheidungsrecht. Das argentinische Recht bestimmt in Art. 159 des argentinischen bürgerlichen Gesetzbuches, dass die Gültigkeit einer Ehe gem. den Gesetzen des Eheschließungsortes beurteilt wird, auch wenn die Ehegatten ihren Wohnsitz verlassen haben, um sich nicht deren Bestimmungen zu unterwerfen. Das argentinische Recht enthält mithin in dieser Vorschrift eine zu beachtende Rück- bzw. Weiterverweisung auf das Recht des Eheschließungsortes (Bergmann/Ferid, internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Argentinien S. 19; Piltz, neues materielles und internationales Scheidungsrecht in Argentinien IPRax 1988, 320, 321; vgl. auch Amtsgerichte Freiburg und Bonn IPRax 1989, 108 f. mit Anm. Jayme und Kammergericht FamRZ 1980, 450 f.), wobei diese Entscheidungen möglicherweise vom früher geltenden Rechtszustand in Argentinien – dem Domizilprinzip – ausgehen). Demgemäß verweist das argentinische Recht auf das dänische materielle Scheidungsrecht, weil die Parteien dort – nämlich in Tondern (vgl. Bl. 3) – am 29. Januar 1999 geheiratet haben. Das dänische internationale Privatrecht verweist seinerseits durch das dort maßgebende Domizilprinzip auf das Land oder Rechtsgebiet, in dem eine Person ihren festen dauerhaften Aufenthalt hat. Der dänische Anknüpfungsbegriff des Domizils entspricht weitgehend demjenigen des „gewöhnlichen Aufenthalts” in den neueren Haager Übereinkommen sowie im deutschen internationalen Privatrecht (Bergmann/Ferid a.a.O. Dänemark, S. 14, 15; bei BayObLGZ 1953, 102, 106; LG Hamburg IPRspr. 1974 Nr. 67). Demgemäß gilt schließlich und endlich entsprechend Art. 14 Nr. 2 EGBGB materielles deutsches Scheidungsrecht, da die Parteien ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthaltsort zuletzt in Kiel hatten.

Nach alledem wird das Familiengericht den Prozesskostenhilfeantrag des Antragstellers für den Scheidungsantrag unter dem Gesichtspunkt des deutschen materiellen Rechts erneut zu beurteilen haben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 599881

FamRZ 2001, 1460

NJW-RR 2002, 361

JuS 2002, 295

IPRspr. 2001, 63

OLGR-BHS 2001, 307

www.judicialis.de 2001

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