Mietvertrag unter Angehörigen
Hintergrund
Die Erwerber einer Wohnung verlangen von der Bewohnerin Räumung und Zahlung von Nutzungsentschädigung. Sie haben die Wohnung im Dezember 2009 in der Zwangsversteigerung erworben. Die Wohnung gehörte ursprünglich der Mutter der Bewohnerin und ging nach deren Tod 2002 auf den Vater und den Bruder der Bewohnerin über. Der Vater ist 2007 verstorben.
Die Bewohnerin behauptet, sie habe mit ihrem Vater und ihrem Bruder im Jahr 2003 einen Mietvertrag abgeschlossen. Zum Nachweis hat sie die Kopie einer nach ihren Angaben im Dezember 2003 unterzeichneten „Nutzungsvereinbarung“ vorgelegt. Diese sieht unter Ausschluss des Kündigungsrechts des Vermieters ein lebenslanges Nutzungsrecht für die Bewohnerin und als Gegenleistung die Übernahme der laufenden Betriebskosten sowie eine eventuell erforderliche Pflege des Vaters vor.
Im Januar 2010 forderten die Erwerber die Bewohnerin auf, eine monatliche Nutzungsentschädigung von 864 Euro sowie Betriebskostenvorauszahlungen zu leisten. Die Erwerber halten den Mietvertrag für ein Scheingeschäft und kündigten diesen vorsorglich fristlos wegen Zahlungsverzugs.
Die Klage hatte vor Amts- und Landgericht keinen Erfolg. Das Amtsgericht hatte ein Schriftsachverständigengutachten eingeholt, sich aber nicht mit der Behauptung auseinandergesetzt, die Urkunde sei nachgeschoben und erst nach dem Tod des Vaters erstellt. Das Landgericht hielt es zwar für auffällig, dass die Bewohnerin nicht erklären konnte, wann, wo und unter welchen Umständen die Kopie des Vertrages angefertigt worden sei. Dennoch müsse kein physikalisch-technisches Gutachten über die Vertragskopie eingeholt werden, weil der Bruder der Bewohnerin jedenfalls einen mündlichen Vertragsabschluss bestätigt habe.
Entscheidung
Der BGH hebt das Urteil des Landgerichts auf und verweist den Rechtsstreit zu erneuter Verhandlung zurück. Das Landgericht hat Widersprüche zwischen den Angaben des Bruders und den aus der Vertragskopie ersichtlichen Bestimmungen des Mietvertrags außer Acht gelassen.
Zudem hätte sich das Landgericht auch bei der Frage, ob ein mündlicher Vertrag abgeschlossen wurde, mit dem Vorbringen der Erwerber auseinandersetzen müssen, der Mietvertrag sei von der Bewohnerin nur fingiert worden, um sich oder der Familie den Besitz der Wohnung trotz Zwangsversteigerung weiter zu erhalten.
(BGH, Urteil v. 18.9.2013, VIII ZR 297/12)
Lesen Sie auch:
Vermietung an Angehörige: So wird die ortsübliche Miete berechnet
-
Balkonkraftwerke: Das gilt für WEG & Vermieter
2.509
-
Vermieter muss Heizkosten korrekt verteilen
1.657
-
Befristeter Mietvertrag: Darauf sollten Vermieter beim Zeitmietvertrag achten
1.629
-
Schönheitsreparaturen: Zulässige und unzulässige Klauseln für Renovierungen im Mietvertrag
1.401
-
Form der Betriebskostenabrechnung und Mindestangaben
1.358
-
Verwaltungskostenpauschale 2023: Kostenmiete steigt mit Tabelle
1.133
-
Untervermietung: Was kann der Vermieter verbieten?
1.103
-
Schlüssel für Schließanlage verloren: Wer muss zahlen?
1.053
-
Rechtsfolgen des Eigentümerwechsels
1.027
-
Wertsicherungsklausel im Gewerbemietvertrag
993
-
Info-Portal für die Heizungswahl
20.11.2024
-
Energiewende – (Wie) macht das der Verwalter?
19.11.2024
-
BGH bleibt dabei: Schonfristzahlung heilt nur fristlose Kündigung
18.11.2024
-
Heizkosten 2023 um rund 31 Prozent gestiegen
06.11.20242
-
Mietminderung bei Legionellen: Urteile im Überblick
04.11.2024
-
Nur zahlungsrelevante Fehler kippen Jahresabrechnung
29.10.2024
-
Heizungsautomatisierung: Frist endet am 31.12. – Bußgelder drohen
25.10.2024
-
Wärmepumpen-Check: Neue Tools für Hauseigentümer
25.10.2024
-
Vorkaufsrecht von Angehörigen geht Mietervorkaufsrecht vor
23.10.2024
-
Der neue Charme der Betriebsoptimierung
21.10.2024