Entscheidungsstichwort (Thema)

Erzieher in heilpädagogischer Gruppe

 

Leitsatz (redaktionell)

Angestellte im Erziehungsdienst; heilpädagogische Gruppe; heilpädagogische Tätigkeit

 

Normenkette

BAT 1975 §§ 22-23

 

Verfahrensgang

LAG Niedersachsen (Urteil vom 13.11.1989; Aktenzeichen 4 Sa 924/89 E)

ArbG Lingen (Urteil vom 25.04.1989; Aktenzeichen 2 Ca 120/88 E)

 

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 13. November 1989 – 4 Sa 924/89 E – wird auf Kosten des Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß festgestellt wird, daß der Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger seit dem 1. Oktober 1986 Vergütung nach VergGr. IV b BAT nebst 4 % Zinsen aus den jeweils monatlich fälligen Nettodifferenzbeträgen seit dem 10. Februar 1988 zu zahlen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Der Kläger, der staatlich anerkannter Erzieher mit einer heil- und sonderpädagogischen Zusatzausbildung ist, wird seit dem 1. August 1977 beim Beklagten beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung der Bundes-Angestelltentarifvertrag in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände geltenden Fassung (RAT/VkA) Anwendung. Der Kläger erhält seit den 1. Oktober 1982 Vergütung nach VergGr. V b BAT/VkA.

Der Kläger ist als Gruppenleiter in einer nach § 142 a des Niedersächsischen Schulgesetzes anerkannten Tagesbildungsstätte, die der Beklagte in seinem „Heilpädagogischen Zentrum” betreibt, tätig. In der Tagesbildungsstätte haben geistig und mehrfach behinderte Kinder die Möglichkeit, ihre Schulpflicht abzuleisten. Der Kläger wird in der Oberstufe eingesetzt und betreut eine Gruppe aus acht Kindern im Alter von 12–15 Jahren, die geistig, seelisch oder körperlich behindert sind. Ihre Erziehung und Forderung erfolgt entsprechend ihren individuellen Fähigkeiten und erstreckt sich auf die Bereiche der sozialen, lebenspraktischen, sachkundlichen, musisch-rhythmischen, motorischen und sprachlichen Erziehung und Bildung sowie auf die religiöse Erziehung.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, daß seine Tätigkeit das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. IV b Fallgruppe 3 des Tarifvertrages zur Änderung und Ergänzung der Anlage 1 a zum BAT (Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst), Abschnitt II (Angestellte im Erziehungsdienst) vom 19. Juni 1970 erfülle. Er sei als staatlich anerkannter Erzieher nach der Protokollerklärung Nr. 3 zu dieser Vergütungsgruppe einem Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung gleichzustellen. Die ihm übertragene Tätigkeit, die er seit mehr als vier Jahren ausübe, erfülle die Anforderungen der VergGr. V b BAT/VkA Fallgruppe 1 k, da er in einer heilpädagogischen Gruppe tätig sei.

Den Anspruch auf Vergütung nach VergGr. IV b BAT/VkA hat der Kläger mit Schreiben vom 26. September 1986 für die Zeit ab 1. Oktober 1986 und mit der dem Beklagten am 10. Februar 1988 zugestellten Klage zunächst für die Zeit ab 1. März 1986, später für die Zeit ab 1. April 1986 geltend gemacht.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, an ihn seit dem 1. April 1986 Vergütung nach VergGr. IV b BAT zu zahlen;

weiter festzustellen,

daß der Beklagte verpflichtet ist, die nachzuzahlenden Beträge ab Klagezustellung (das ist der 10. Februar 1988) bzw. ab späterer Fälligkeit mit 4 % zu verzinsen.

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, daß dem Kläger der geltend gemachte Vergütungsanspruch nicht zustehe. Der Kläger könne nicht einem Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung nach der Protokollerklärung Nr. 3 gleichgestellt werden, da ihm eine solche Tätigkeit nicht übertragen worden sei und er außerdem nicht über eine abgeschlossene mindestens gleichwertige Fachausbildung verfüge. Darüber hinaus betreue er keine heilpädagogische Gruppe im Tarifsinne. Die betreuten Kinder seien sonderschulfähig. Im Vordergrund stehe ihre Erziehung und Ausbildung. Eine heilpädagogische Tätigkeit erfordere mehr als die Erziehung und Ausbildung behinderter Menschen, Sie müsse auf die Behebung und Linderung des Leidens oder seiner Folgen gerichtet sein und könne deshalb nur in speziellen Fördergruppen für Schwerst- oder mehrfach Behinderte geleistet werden. Außerdem müsse eine heilpädagogische Gruppe nach heilpädagogischen Gesichtspunkten, wie z.B. der Art der Leiden, die ein gruppentherapeutisches Vorgehen erforderten, zusammengesetzt sein. An dieser. Voraussetzungen fehle es bei der vom Kläger in der Tagesbildungsstätte betreuten Gruppe.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit der Maßgabe stattgegeben, daß es Zinsen nur aus den Nettobeträgen zugesprochen hat. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger beantragt Zurückweisung der Revision. Dabei hat er sein Klagebegehren im Hinblick auf die tarifliche Ausschlußfrist auf die Zeit seit dem 1. Oktober 1986 beschränkt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben mit Recht erkannt, daß dem Kläger ein Anspruch auf Vergütung nach VergGr. IV b BAT/VkA zusteht. Wegen der Beschrankung des Klageantrags in der Revisionsinstanz auf die Zeit ab 1. Oktober 1986 war der Tenor entsprechend neu zu fassen.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung der Bundes-Angestelltentarifvertrag in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeber verbände geltenden Fassung (BAT/VkA) Anwendung. Damit hängt die Entscheidung des Rechtsstreits davon ab, ob zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals der vom Kläger für sich in Anspruch genommenen VergGr. IV b BAT/VkA erfüllen (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 BAT). Hierbei ist von dem von der Senatsrechtsprechung entwickelten Begriff des Arbeitsvorgangs auszugehen, wonach darunter eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten und bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten zu verstehen ist (BAGE 51, 59, 65; 282, 287; 356, 360 = AP Nrn. 115, 116 und 120 zu §§ 22, 23 BAT 1975, jeweils zu 1 der Gründe).

Zutreffend nimmt das Landesarbeitsgericht an, daß die gesamte vom Kläger auszuübende Tätigkeit als ein Arbeitsvorgang im Tarifsinne anzusehen ist. Arbeitsergebnis der Tätigkeit des Klägers ist die Leitung und die umfassende Betreuung der ihm anvertrauten Gruppe in der Tagesbildungsstätte des Beklagten. Die ihm im Hinblick auf dieses Arbeitsergebnis übertragenen Aufgaben sind weder nach tatsächlichen Gesichtspunkten voneinander zu trennen noch rechtlich unterschiedlich zu bewerten. Dies entspricht der Rechtsprechung des Senats in vergleichbaren Fallgestaltungen (vgl. BAGE 55, 171 = AP Nr. 136 zu §§ 22, 23 BAT 1975; Urteile vom 2. Dezember 1987 – 4 AZR 474/87 – und vom 14. Februar 1990 – 4 AZR 586/89 – beide nicht zur Veröffentlichung vorgesehen).

Für die tarifliche Bewertung dieses Arbeitsvorgangs sind folgende Tätigkeitsmerkmale des Tarifvertrages zur Änderung und Ergänzung der Anlage 1 a zum BAT (Angestellte im Sozial- und im Erziehungsdienst) vom 19. Juni 1970 heranzuziehen:

„Vergütungsgruppe IV b

II. Angestellte im Erziehungsdienst

3. Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung oder Jugendleiterinnen mit staatlicher Prüfung der Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1

nach vierjähriger Berufsausübung in einer Tätigkeit der Vergütungsgruppe V b.

(Hierzu Protokollerklärungen Nrn. 1, 2, 3 und 15)

Vergütungsgruppe V b

II. Angestellte im Erziehungsdienst

1. Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung oder Jugendleiterinnen mit staatlicher Prüfung

k) in geschlossenen (gesicherten) Gruppen oder in Aufnahme-(Beobachtungs-)gruppen oder in heilpädagogischen Gruppen,

(Hierzu Protokollerklärungen Nrn. 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 9, 10, 14 und 15)

Protokollerklärung Nr. 3

Erzieher(innen), Kindergärtnerinnen, Hortnerinnen mit staatlicher Anerkennung als Erzieher oder Kindergärtnerin

oder

mit staatlicher Prüfung als Kindergärtnerin/Hortnerin

oder

mit staatlicher Erlaubnis als Krankenschwester/Krankenpfleger/Kinderkrankenschwester

sowie

Angestellte in der Tätigkeit von Erziehern (Erzieherinnen), Kindergärtnerinnen oder Hortnerinnen mit abgeschlossener mindestens gleichwertiger Fachausbildung.

werden nach diesem Tätigkeitsmerkmal eingruppiert, wenn sie am 1. April 1970 die in dem Tätigkeitsmerkmal geforderte Tätigkeit ausüben oder ihnen bis zum 31. Dezember 1990 diese Tätigkeit übertragen wird.”

Das Landesarbeitsgericht nimmt an, daß die Tätigkeit des Klägers das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. IV b BAT/VkA Fallgruppe 3 erfülle. Zwar sei der Kläger nicht Sozialarbeiter/Sozialpädagoge mit staatlicher Anerkennung, er sei aber nach der Protokollerklärung Nr. 3 einem solchen gleichzustellen, da er die staatliche Anerkennung als Erzieher habe und ihm die in Tätigkeitsmerkmal der VergGr. IV b BAT/VkA Fallgruppe 3 geforderte Tätigkeit im tariflich vorgesehenen Zeitraum übertragen worden sei. Der Kläger übe seine Tätigkeit länger als vier Jahre aus. Diese erfülle die Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals der VergGr. V b BAT/VkA Fallgruppe 1 k, da der Kläger in einer heilpädagogischen Gruppe im Tarifsinne tätig sei. Die heilpädagogische Ausrichtung der Betreuung der Kinder in der Tagesbildungsstätte durch den Kläger entspreche der Zielsetzung der Beklagten. Eine heilpädagogische Tätigkeit erfordere keine Heilung im Sinne der Linderung medizinischer Leiden, sondern die Einwirkung auf abnorme kindliche Persönlichkeiten mit den Mitteln der Erziehung und des Unterrichts. Sie umfasse die Förderung und Betreuung behinderter Menschen mit besonderen spezifischen Erziehungsformen. Eine solche Tätigkeit nehme der Kläger, der zudem über eine heil- und sonderpädagogische Zusatzausbildung verfüge, entsprechend dem besonderen Erziehungsauftrag der Tagesbildungsstätte war. Darauf, ob die dem Kläger anvertrauten Kinder möglicherweise sonderschulfähig seien, komme es nicht an.

Diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts ist zuzustimmen. In Übereinstimmung mit der Senatsrechtsprechung geht das Landesarbeitsgericht davon aus, daß der Kläger die subjektiven Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals der VergGr. IV b BAT/VkA Fallgruppe 3 erfüllt. Der Kläger ist zwar nicht „Sozialarbeiter/Sozialpädagoge mit staatlicher Anerkennung”, sondern Erzieher mit staatlicher Anerkennung. Als solcher ist er nach der in der VergGr. IV b BAT/VkA Fallgruppe 3 im Klammerzusatz in Bezug genommenen Protokollerklärung Nr. 3 in diese Vergütungsgruppe einzugruppieren, wenn ihm die in dem Tätigkeitsmerkmal geforderte Tätigkeit in dem tariflich vorgesehenen Zeitraum (bis 31. Dezember 1990) übertragen wurde. Eine ausdrückliche Übertragung der Tätigkeit eines Sozialarbeiters/Sozialpädagogen ist nach den tariflichen Bestimmungen nicht erforderlich (BAGE 50, 241 = AP Nr. 31 zu § 99 BetrVG 1972; BAG Urteil vom 2. Dezember 1987 – 4 AZR 474/87 – nicht zur Veröffentlichung vorgesehen). Entgegen der Auffassung des Beklagten bedarf es auch keiner derjenigen eines Sozialarbeiters/Sozialpädagogen mindestens gleichwertigen Fachausbildung. Eine solche wird tariflich in der Protokollerklärung Nr. 3 nur bei Angestellten in der Tätigkeit von Erziehern, nicht aber bei Erziehern mit staatlicher Anerkennung gefordert (vgl. BAG Urteil vom 14. Februar 1990 – 4 AZR 586/89 – nicht zur Veröffentlichung vorgesehen).

Der Kläger übte eine Tätigkeit der VergGr. V b BAT/VkA vor Beginn des Anspruchszeitraums auch länger als vier Jahre aus, so daß die tariflichen Anforderungen der VergGr. IV b BAT/VkA Fallgruppe 3 erfüllt sind. Zutreffend führt das Landesarbeitsgericht insoweit aus, daß der Kläger in einer heilpädagogischen Gruppe im Sinne der VergGr. V b BAT/VkA Fallgruppe 1 k tätig ist. Das Landesarbeitsgericht geht vom Begriff der Heilpädagogik aus, wie er in der Senatsrechtsprechung seit dem Beschluß vom 3. Dezember 1985 (– 4 ABR 80/83BAGE 50, 241 = AP Nr. 31 zu § 99 BetrVG 1972) interpretiert worden ist. Danach ist der Begriff der Heilpädagogik mangels anderweitiger Anhaltspunkte im Tarifvertrag so zu verstehen, wie er dem allgemeinen Sprachgebrauch und der Auffassung der beteiligten Fachkreise entspricht. Dabei ist entgegen der Auffassung des Beklagten das derzeitige Verständnis des Begriffs der Heilpädagogik maßgebend und nicht dasjenige, auf das die Tarifvertragsparteien möglicherweise bei der Abfassung des Tarifvertrages im Jahre 1970 Bezug nehmen wollten (vgl. BAG Urteil vom 27. April 1988 – 4 AZR 707/87 – AP Nr. 63 zu § 1 TVG Tarifverträge: Metallindustrie, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Dementsprechend ist unter einer heilpädagogischen Tätigkeit eine Tätigkeit zu verstehen, die mit besonderen, spezifischen Erziehungsformen die Förderung und Betreuung behinderter Menschen umfaßt. Kennzeichnend ist damit der Inhalt der Erziehungstätigkeit (BAGE 50, 241 = AP Nr. 31 zu § 99 BetrVG 1972; Urteil vom 2. Dezember 1987 – 4 AZR 474/87 – nicht zur Veröffentlichung vorgesehen; Urteil vom 6. Dezember 1989 – 4 AZR 450/89 – zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen). Die Anwendung spezifischer heilpädagogischer Erziehungsformen kommt demgemäß auch bei Gruppen von körperlich, seelisch oder geistig gestörten oder gefährdeten oder schwer erziehbaren Kindern oder Jugendlichen im Sinne der Vergütungsgruppen V c BAT/VkA Fallgruppe 1 e und VI b BAT/VkA Fallgruppe 2 e in Betracht und ist nicht auf Gruppen Schwerst- oder mehrfach Behinderter beschränkt (vgl. BAG Urteil vom 6. Dezember 1989 – 4 AZR 450/89 – zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen).

Entgegen der Auffassung des Beklagten ist, der Begriff der „heilpädagogischen Gruppe” ferner nicht nur auf Gruppen zu beschränken, die nach speziellen Merkmalen, wie der Art der Leiden und Gebrechen zusammengesetzt sind, welche einheitliche pädagogische Maßnahmen erfordern. Vielmehr geht es bei der Heilpädagogik um die individuelle Förderung eines jeden Behinderten nach seiner spezifischen Behinderung und Persönlichkeit (vgl. BAG Urteil vom 6. Dezember 1989 – 4 AZR 450/89 – zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen). Die individuelle Förderung eines Behinderten mit spezifischen Erziehungsformen soll gerade dazu führen, daß der Behinderte sein Leiden soweit als möglich überwindet. Mittel zur Beseitigung oder Linderung des Leidens ist die besondere Form der Erziehung. Erziehung steht damit – entgegen der Auffassung des Beklagten – nicht im Gegensatz zur Heilpädagogik. Bei der Anwendung spezifisch heilpädagogischer Erziehungsformen spielt es auch keine Rolle, wie das Landesarbeitsgericht mit Recht hervorhebt, ob die betreuten Kinder sonderschulfähig sind oder nicht. Vielmehr kann eine heilpädagogische Tätigkeit sogar an und mit behinderten oder beeinträchtigten Erwachsenen ausgeübt werden (vgl. BAG Urteil vom 6. Dezember 1989 – 4 AZR 450/89 – zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen), so daß es auf die Fähigkeit, am Schul- oder Sonderschulunterricht teilzunehmen, nicht ankommt.

Ausgehend vom zutreffenden Rechtsbegriff der Heilpädagogik stellt das Landesarbeitsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise fest, daß der Kläger in einer „heilpädagogischen Gruppe” im Tarifsinne tätig ist. Das Landesarbeitsgericht nimmt mit Recht darauf Bedacht, daß der Beklagte sich selbst als „Verein für heilpädagogische Hilfe” bezeichnet und die Tagesbildungsstätte, in der der Kläger eine Gruppe der Oberstufe leitet, zum „Heilpädagogischen Zentrum” des Beklagten gehört. Die heilpädagogische Zielsetzung des Beklagten wird ferner in der von ihm selbst formulierten Aufgabenstellung deutlich, die sich darauf erstreckt, geistig und mehrfach behinderte Kinder entsprechend den individuellen Fähigkeiten ihres jeweiligen Entwicklungsstandes umfassend, nämlich im Bereich der sozialen, lebenspraktischen, sachkundlichen, musisch-rhythmischen, motorischen und sprachlichen Erziehung und Bildung sowie der religiösen Erziehung zu fördern. Das Landesarbeitsgericht stellt insoweit, ohne daß dies vom Beklagten mit der Revision formell gerügt wird, fest, daß die Tätigkeit des Klägers in den von dem Beklagten gebildeten Gruppen in der Tagesbildungsstätte gerade dieser Zielsetzung des Beklagten entspricht. Dies rechtfertigt den Schluß, daß der Kläger in einer heilpädagogischen Gruppe im Tarifsinne tätig ist, so daß seine Tätigkeit die Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals der VergGr. V b BAT/VkA Fallgruppe 1 k erfüllt.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288, 291 BGB.

Der Beklagte hat die Kosten seiner erfolglosen Revision nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

 

Unterschriften

Dr. Neumann, Dr. Etzel, Dr. Freitag, Dr. Koffka, Koerner

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1073789

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