Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung Pflegehelferin. Eingruppierung einer Pflegehelferin. korrigierende Rückgruppierung. Abgrenzung zwischen Angestellten im Sozial- und Erziehungsdienst, die über 18jährige Personen betreuen (Anlage 1a Teil IV iVm. Protokollerklärung Nr. 3 BAT-LWL) und Pflegehelferinnen als Angestellte im Pflegedienst (Anlage 1b BAT-LWL)
Orientierungssatz
- Aus der Protokollerklärung Nr. 3 zu Teil IV der Anlage 1a zum BAT-LWL ergibt sich nicht, dass die Eingruppierung einer Pflegehelferin, die als solche in einer entsprechenden Einrichtung für über 18jährige Personen arbeitet, sich nach den für Erzieher/Erzieherinnen geltenden Tätigkeitsmerkmalen (hier VergGr. VII Fallgr. 3) richtet.
- Die Abgrenzung zwischen der Eingruppierung als Pflegekraft nach Anlage 1b zum BATLWL oder als Erzieher/Erzieherin nach Teil IV der Anlage 1a zum BAT-LWL richtet sich danach, ob die von dem/der Angestellten auszuübende Tätigkeit überwiegend eine Betreuung iSd. Protokollerklärung Nr. 3 zu Teil IV der Anlage 1a zum BAT-LWL oder pflegerische Tätigkeit iSd. einschlägigen Tätigkeitsmerkmale der Anlage 1b zum BAT-LWL ist.
- Die Abgrenzung zwischen Einrichtungen iSd. SR 2a und SR 2b BAT-LWL richtet sich nach der Zweckbestimmung der Einrichtung, dh. ob sie der Wiederherstellung der Gesundheit oder der Behandlung von Krankheiten dient oder nicht.
Normenkette
BAT-LWL (Landschaftsverband Westfalen-Lippe) Anlage 1a Teil IV (Sozial- und Erziehungsdienst) VergGr. VII Fallgr. 3 und Protokollerklärung Nr. 3, Anlage 1b (Vergütungsordnung für Angestellte im Pflegedienst) Teil B VergGr. Kr. II Fallgr. 2, Kr. III Fallgr. 1, Kr. IV Fallgr. 3, SR 2a und SR 2b
Verfahrensgang
Tenor
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die zutreffende Vergütung der Klägerin.
Der Beklagte ist ein gemeinnütziger Verein und als Mitglied im Caritas-Verband für die Stadt G… e.V. dem Deutschen Caritas-Verband e.V. angeschlossen. Er unterhält insbesondere Heime und Wohnstätten für behinderte Menschen und beschäftigt rund 1.300 Mitarbeiter/innen, die etwa 2.000 behinderte Menschen betreuen. Die Kosten werden fast vollständig als Eingliederungshilfe und Hilfe zur Pflege vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) refinanziert. Der Beklagte wendet auf die Arbeitsverhältnisse das Tarifrecht des LWL an.
Die am 30. September 1952 geborene Klägerin ist bei dem Beklagten seit dem 16. Juni 1980 beschäftigt, zunächst als Stationshilfe und nach einjähriger Qualifizierung und Ablegung des Hausexamens für Pflegehelfer am 18. März 1983 ab dem 1. Mai 1983 als Pflegehelferin. Mit Schreiben vom 25. März 1983 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass sie ab 1. April 1983 nach Kr. III vergütet und am 1. Mai 1983 ins Angestelltenverhältnis übernommen werde. In der Folgezeit stieg die Klägerin in VergGr. Kr. IV auf. In dem Anschluss-Arbeitsvertrag vom 29. Dezember 1992, der eine Arbeitszeitreduzierung auf 30 Stunden wöchentlich beinhaltete, ist ebenfalls die VergGr. Kr. IV ausgewiesen. § 2 des Vertrages lautet:
“Das Arbeitsverhältnis regelt sich in Anlehnung an die vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe für seine Angestellten abgeschlossenen Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung.”
Im Zusammenhang mit der Behandlung eines Umgruppierungsantrages einer Erzieherin im Betreuungsdienst kam der Beklagte zu der Einschätzung, seine Einrichtungen fielen entgegen seiner früheren Annahme nicht unter den Geltungsbereich der SR 2a BAT-LWL. Die sog. Pflegekräfte seien deshalb nicht den SR 2a BAT-LWL und damit der Anl. 1b (Angestellte im Pflegedienst), sondern der Anl. 1a Teil IV (Sozial- und Erziehungsdienst) zuzuordnen. Während dies für die überwiegende Zahl der Betroffenen eine Erhöhung ihres Einkommens bedeutete, hatte es insbesondere für die nicht examinierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Einkommenseinbußen zur Folge. Ein unter Beteiligung der bei dem Beklagten bestehenden Gesamtmitarbeitervertretung, der zuständigen Gewerkschaft und des Vorstands des Beklagten vorgeschlagener “Solidarpakt” zugunsten der benachteiligten Mitarbeiter scheiterte.
Nachdem die Mitarbeitervertretung die Zustimmung zur beabsichtigten Umgruppierung der Klägerin gegeben hatte, teilte der Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 8. November 2002 mit, dass sie ab dem 1. November 2002 nach Anl. 1a Teil IV BAT-LWL in VergGr. VII (Fallgr. 3) eingruppiert sei. Dem entsprechend wurde die Vergütung ab dem 1. November 2002 um 126,17 Euro monatlich reduziert.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Klage. Sie hat die Auffassung vertreten, dass sie auf Grund einer entsprechenden arbeitsvertraglichen Vereinbarung weiterhin Vergütung nach Kr. IV BAT-LWL verlangen könne. Im Übrigen stehe dem Beklagten, der nicht zum öffentlichen Dienst gehöre, das Instrument der korrigierenden Rückgruppierung nicht zu. Die Rückgruppierung sei dem Beklagten auch auf Grund der betrieblichen Übung und unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung verwehrt.
Die Klägerin hat beantragt,
1. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin Vergütung nach der VergGr. Kr. IV der Anl. 1b Abschn. A zum BAT-LWL zu zahlen,
2. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin den Differenzbetrag zwischen der VergGr. VII BAT und MT.An Kr. IV für die Zeit vom 1. November 2002 bis zum 28. Februar 2003 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz für den Zeitraum vom 1. November 2002 bis 28. Februar 2003 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, dass der Klägerin kein arbeitsvertraglicher Anspruch auf Vergütung nach Kr. IV BAT-LWL zustehe und dass die korrigierende Rückgruppierung zulässig und berechtigt sei.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann die Klage nicht abgewiesen werden. Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.
I. Die Klage ist zulässig.
Gegen die Zulässigkeit des Antrages zu 1) bestehen als Eingruppierungsfeststellungsklage keine grundsätzlichen Bedenken. Allerdings bedarf der Antrag der Auslegung dahin gehend, dass er entsprechend der Klagebegründung auf den Zeitraum nach der Umgruppierung am 1. November 2002 gerichtet ist und dass keine Beschränkung auf die Tätigkeitsmerkmale der Anlage 1b Abschn. A des BAT-LWL beabsichtigt ist. Auch der Leistungsantrag bedarf der Auslegung, nicht nur hinsichtlich des einschlägigen Tarifwerks (BAT-LWL statt BAT bzw. MT.An.), sondern auch hinsichtlich des nicht bezifferten monatlichen Differenzbetrages, der nach der Klagebegründung 126,17 Euro beträgt, und zwar nicht allein auf Grund der Differenz zwischen den VergGr. VII und Kr. IV, sondern auch unter Einbeziehung des Wegfalls der Geriatrie- und Pflegezulage, die nur teilweise durch die hinzugekommene Heimzulage kompensiert wird.
II. Der Senat kann noch nicht abschließend entscheiden, ob die Klage begründet ist. Der Klägerin steht zwar entsprechend der Auffassung des Landesarbeitsgerichts kein arbeitsvertraglicher Anspruch auf Vergütung nach VergGr. Kr. IV BAT-LWL zu. Ob diese Vergütung aber tariflich begründet ist, steht noch nicht fest, weil das Landesarbeitsgericht die dazu erforderlichen Feststellungen noch nicht getroffen hat.
1. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht darauf erkannt, dass der Anspruch der Klägerin auf Vergütung nach VergGr. Kr. IV BAT-LWL nicht auf Grund einer konstitutiven arbeitsvertraglichen Vereinbarung besteht.
Es ist dabei von der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ausgegangen, wonach die Bezeichnung der Vergütungsgruppe in dem Arbeitsvertrag oder in der Eingruppierungsmitteilung grundsätzlich nicht dahin gehend auszulegen ist, dass dem Angestellten ein eigenständiger, von den tariflichen Bestimmungen unabhängiger arbeitsvertraglicher Anspruch auf eine bestimmte Vergütung zustehen soll. Vielmehr wird damit nur wiedergegeben, welche Vergütungsgruppe der Arbeitgeber in Anwendung der maßgeblichen Eingruppierungsbestimmungen als zutreffend ansieht (ua. 16. Februar 2000 – 4 AZR 62/99 – BAGE 93, 340, 348, zu II 1a der Gründe). Das gilt ebenfalls für den Beklagten, auch wenn er bei der Eingruppierung keine kirchlichen Arbeitsvertragsrichtlinien, sondern ein Tarifwerk des öffentlichen Dienstes zugrunde gelegt hat. Weder das Schreiben des Beklagten an die Klägerin vom 25. März 1983, nach der diese ab dem 1. April 1983 Vergütung nach Kr. III erhalten sollte, noch der Anschluss-Arbeitsvertrag vom 29. Dezember 1992, der die zwischenzeitlich erreichte Vergütung nach Kr. IV auswies, enthalten Anhaltspunkte dafür, dass es dem Beklagten um eine eigenständige Vergütungsvereinbarung unabhängig von den tariflichen Voraussetzungen gegangen sein könnte. Das hat das Landesarbeitsgericht im Einzelnen begründet, ohne dass die Klägerin dem in der Revisionsbegründung konkret entgegengetreten ist.
Entgegen der auch noch mit der Revision vertretenen Auffassung der Klägerin kann der konstitutive Charakter der angegebenen Vergütung auch nicht damit begründet werden, es habe zum Zeitpunkt der Mitteilung vom 25. März 1983 eine Tariflücke bestanden; die Protokollerklärung Nr. 3 zum BAT-LWL, Anlage 1a Teil IV (Sozial- und Erziehungsdienst), nach der auch die Betreuung von über achtzehnjährigen Personen als entsprechende Tätigkeiten von Erziehern/Erzieherinnen gilt, sei noch nicht eingefügt gewesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Klägerin bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass als Grundlage der Eingruppierungsmitteilung des Beklagten vom 25. März 1983 auch Abschnitt B der Anlage 1b in Betracht kommt.
2. Ob der Klägerin nach dem auf Grund der arbeitsvertraglichen Bezugnahme anwendbaren BAT-LWL Vergütung nach VergGr. Kr. IV zusteht, kann auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts noch nicht abschließend entschieden werden.
a) Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass auf das Arbeitsverhältnis der BAT-LWL in der jeweiligen Fassung auch hinsichtlich der Vergütung Anwendung findet. Das ergibt sich auch aus dem Anschluss-Arbeitsvertrag vom 29. Dezember 1992, wonach sich das Arbeitsverhältnis in Anlehnung an die vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe für seine Angestellten abgeschlossenen Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung regelt. Die Formulierung in § 3 dieses Arbeitsvertrages, dass die Klägerin in die VergGr. Kr. IV “eingestuft” sei, zeigt, dass diese dynamische Bezugnahme auch für die Vergütung gelten soll.
b) Die Tätigkeitsmerkmale der Anl. 1b zum BAT-LWL, nach der der Beklagte die Klägerin bis zum Oktober 2002 eingruppiert hat, lauten, soweit sie die Tätigkeit als Pflegehelferin betreffen:
“Anlage 1b
Vergütungsordnung für Angestellte im Pflegedienst
…
A. Pflegepersonal, das unter die Sonderregelungen 2a fällt
…
Vergütungsgruppe Kr. II
1. Pflegehelfer/innen mit mindestens einjähriger Ausbildung und verwaltungseigener Abschlußprüfung mit entsprechender Tätigkeit
…
…
Vergütungsgruppe Kr. III
…
3. Pflegehelfer/innen mit mindestens einjähriger Ausbildung und verwaltungseigener Abschlußprüfung mit entsprechender Tätigkeit nach zweijähriger Tätigkeit in Vergütungsgruppe Kr. II Fallgruppe 1
…
…
Vergütungsgruppe Kr. IV
…
2. Pflegehelfer/innen mit mindestens einjähriger Ausbildung und verwaltungseigener Abschlußprüfung der Vergütungsgruppe Kr. III Fallgruppen 2 und 3 nach vierjähriger Bewährung in der jeweiligen Fallgruppe, frühestens jedoch nach sechsjähriger Berufstätigkeit nach Erlangung der staatlichen Erlaubnis bzw. Ablegung der verwaltungseigenen Abschlußprüfung
…
…
B. Pflegepersonal, das nicht unter die Sonderregelungen 2a fällt
…
Vergütungsgruppe Kr. II
…
2. Pflegehelferinnen mit mindestens einjähriger Ausbildung und verwaltungseigener Abschlußprüfung mit entsprechender Tätigkeit.
…
…
Vergütungsgruppe Kr. III
1. Krankenpflegehelferinnen mit entsprechender Tätigkeit
und
Pflegehelferinnen mit mindestens einjähriger Ausbildung und verwaltungseigener Abschlußprüfung mit entsprechender Tätigkeit
nach zweijähriger Tätigkeit in Vergütungsgruppe Kr. II Fallgruppe 1 oder 2.
…
…
Vergütungsgruppe Kr. IV
…
3. Krankenpflegehelferinnen
und
Pflegehelferinnen mit mindestens einjähriger Ausbildung und verwaltungseigener Abschlußprüfung der Vergütungsgruppe Kr. III Fallgruppe 1
nach vierjähriger Bewährung in dieser Fallgruppe.
…”
Die von dieser Vergütungsordnung für Angestellte im Pflegedienst für die Bestimmung des Geltungsbereichs in Bezug genommenen Regelungen der SR 2a und SR 2b BAT-LWL lauten:
“Anlage 2a
SONDERREGELUNGEN
für Angestellte in Kranken-, Heil-, Pflege- und Entbindungsanstalten sowie in sonstigen Anstalten und Heimen, in denen die betreuten Personen in ärztlicher Behandlung
stehen
(SR 2a BAT-LWL)
Nr. 1
Zu §§ 1 und 2 – Geltungsbereich –
Diese Sonderregelungen gelten für die im Kranken-, Heil-, Pflege- und Entbindungsanstalten sowie in sonstigen Anstalten und Heimen, in denen die betreuten Personen in ärztlicher Behandlung stehen, beschäftigten Angestellten. Dazu gehören auch die Angestellten, die in Anstalten beschäftigt sind, in denen eine ärztliche Eingangs-, Zwischen- und Schlußuntersuchung stattfindet (Kuranstalten und Kurheime), ferner die Angestellten in Krankenanstalten und Krankenabteilungen des Justizvollzugsdienstes, die nicht im Aufsichtsdienst tätig sind, die Angestellten in medizinischen Instituten von Kranken-, Heiloder Pflegeanstalten (z.B. pathologischen Instituten oder Röntgeninstituten) sowie die Angestellten in Alters- und Pflegeheimen mit überwiegend krankenpflegebedürftigen Insassen.
…
Anlage 2b
SONDERREGELUNGEN
für Angestellte in Anstalten und Heimen, die nicht unter die Sonderregelungen 2a fallen
(SR 2 B BAT-LWL)
Nr. 1
Zu §§ 1 und 2 – Geltungsbereich –
Diese Sonderregelungen gelten für Angestellte in Anstalten und Heimen, die nicht unter die Sonderregelungen 2a fallen, wenn sie
der Förderung der Gesundheit,
der Erziehung, Fürsorge oder Betreuung von Kindern und Jugendlichen,
der Fürsorge oder Betreuung von obdachlosen, alten, gebrechlichen, erwerbsbeschränkten oder sonstigen hilfsbedürftigen Personen
dienen.
Dazu gehören auch die Angestellten in Anstalten, in denen die betreuten Personen nicht regelmäßig ärztlich behandelt und beaufsichtigt werden (Erholungsheime).
…”
Die Tätigkeitsmerkmale der Anlage 1a Teil IV zum BAT-LWL, die nach der Auffassung des Beklagten für die Eingruppierung der Klägerin zutreffend sind, lauten:
“Teil IV
– Sozial- und Erziehungsdienst –
…
Vergütungsgruppe VII
…
3. Angestellte in der Tätigkeit von Erziehern/Erzieherinnen mit staatlicher Anerkennung.
(Hierzu Protokollerklärungen Nrn. 1 und 3)
…
Protokollerklärungen:
…
3. Als entsprechende Tätigkeiten von Erziehern/Erzieherinnen gilt auch die Betreuung von über 18jährigen Personen (z.B. in Einrichtungen für Behinderte im Sinne des § 39 BSHG oder für Obdachlose).
…”
c) Es steht noch nicht fest, ob die Klägerin weiterhin wie bis zum 31. Oktober 2002 Vergütung nach Kr. IV beanspruchen kann, oder der Beklagte sie zu Recht der VergGr. VII zugeordnet hat.
aa) Das Landesarbeitsgericht ist zu Recht von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ausgegangen, wonach der Arbeitgeber bei einer korrigierenden Rückgruppierung im Streitfall darlegen muss, inwieweit ihm bei der ursprünglich vorgenommenen Eingruppierung ein Fehler unterlaufen ist (11. Juni 1997 – 10 AZR 724/95 – AP BMT-G II § 20 Nr. 6 = EzA TVG § 4 Eingruppierung Nr. 7, zu II 2c der Gründe; Senat 18. Februar 1998 – 4 AZR 581/96 – BAGE 88, 69, 78, zu I 3b (1) der Gründe). Dazu muss der Arbeitgeber, wenn sich der Angestellte auf die ihm vom Arbeitgeber mitgeteilte Vergütungsgruppe beruft, die objektive Fehlerhaftigkeit der mitgeteilten Vergütungsgruppe darlegen und ggf. beweisen; diese Fehlerhaftigkeit ist bereits gegeben, wenn eine der tariflichen Voraussetzungen für die Eingruppierung in die dem Arbeitnehmer mitgeteilte Vergütungsgruppe fehlt (Senat 16. Februar 2000 – 4 AZR 62/99 – BAGE 93, 340, 352, zu II 2b aa (3) der Gründe; 17. Mai 2000 – 4 AZR 232/99 – AP BAT-O §§ 22, 23 Nr. 18 = EzA TVG § 4 Rückgruppierung Nr. 4, zu 2c aa der Gründe). Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass auch dem Beklagten als privatrechtlichem Arbeitgeber die Möglichkeit der korrigierenden Rückgruppierung offen steht, weil er das Tarifwerk des öffentlichen Dienstes anwendet und fast vollständig von der öffentlichen Hand refinanziert wird (vgl. dazu Senat 6. August 1997 – 4 AZR 195/96 – AP AVR Diakonisches Werk § 12 Nr. 7 = EzBAT BAT §§ 22, 23 F. 1 Sozialdienst VergGr. IVb Nr. 44, zu B II 4 der Gründe).
bb) Das Landesarbeitsgericht ist auch rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Einrichtungen des Beklagten entgegen dessen früheren Auffassung nicht unter die SR 2a BAT-LWL fallen.
Für die Anwendbarkeit der SR 2a BAT-LWL kommt es in Abgrenzung zu den SR 2b BAT-LWL auf die Zweckbestimmung der Heime und Anstalten an (vgl. BAG 20. Juni 1990 – 4 AZR 91/90 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 150 = EzBAT BAT §§ 22, 23 L. Pflegedienst VergGr. Kr. VII Nr. 1; 29. Januar 1992 – 4 AZR 259/91 – AP TVG § 1 Tarifverträge: DRK Nr. 2 = EzBAT BAT §§ 22, 23 L. Pflegedienst – Allgemein Nr. 1, zu I 2c der Gründe; 1. September 1993 – 10 AZR 259/92 – AP BAT § 33a Nr. 1 § EzBAT BAT § 33a Nr. 2, zu III 1a der Gründe; 8. März 1995 – 10 AZR 697/94 – AP BAT § 33a Nr. 6 = EzBAT BAT SR 2a Nr. 2). Für die Einrichtungen nach SR 2a BAT-LWL ist kennzeichnend, dass sie der Wiederherstellung der Gesundheit oder der Behandlung einer Krankheit der in ihnen untergebrachten Personen dienen. Einrichtungen fallen deshalb nur dann unter die SR 2a BAT-LWL, wenn die Insassen überwiegend krankenpflegebedürftig sind, so dass der Zweck der Einrichtung in der Behandlung von Krankheiten besteht. Fehlt diese Zweckbestimmung, sind für Einrichtungen, die Pflegepersonal beschäftigen, die SR 2b BAT-LWL anwendbar. Allein der Umstand, dass für die Bewohner solcher Einrichtungen ärztliche Behandlungen nötig sein können oder auch dass sie regelmäßig durchgeführt werden, reicht für eine dahin gehende Zweckbestimmung nicht aus.
Nach der für das Revisionsgericht bindenden Feststellung des Landesarbeitsgerichts ist der Zweck des Heimes, in dem die Klägerin beschäftigt ist, nicht die Behandlung der Krankheiten der Bewohner, sondern deren umfassende Betreuung. Die SR 2a und damit die Anl. 1b Teil A zum BAT-LWL sind auf das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht anwendbar.
cc) Daraus ergibt sich aber entgegen der stillschweigenden Annahme des Landesarbeitsgerichts noch nicht, dass die von der Klägerin ausgeübten Tätigkeiten unter Berücksichtigung der Protokollerklärung Nr. 3 dem Tätigkeitsmerkmal der VergGr. VII Fallgr. 3 der Anlage 1a Teil IV (Sozial- und Erziehungsdienst) BAT-LWL entsprechen. Denn für Einrichtungen, die nicht unter die SR 2a BAT-LWL fallen, gelten die SR 2b BAT-LWL, auf die die Anl. 1b Teil B (Pflegepersonal, das nicht unter die SR 2a fällt) Bezug nimmt. Die Vergütungsordnung in Teil B der Anl. 1b sieht – was das Landesarbeitsgericht übersehen hat – für Pflegehelferinnen ebenso wie in Teil A einen Aufstieg in VergGr. Kr. IV vor. Der Zeitaufstieg der Pflegehelferinnen nach Teil B von VergGr. Kr. II Fallgr. 2 über die VergGr. Kr. III Fallgr. 1 2. Alt. nach VergGr. Kr. IV Fallgr. 3 2. Alt. erfolgt unter den gleichen Voraussetzungen wie in Teil A. Die Eingruppierung der Klägerin in VergGr. Kr. IV ist also nur unrichtig, wenn sie keine Tätigkeiten als Pflegehelferin ausübt, sondern als Angestellte in der Tätigkeit von Erziehern/Erzieherinnen mit staatlicher Anerkennung (VergGr. VII Fallgr. 3 der Anlage 1a Teil IV) tätig ist. Ob das zutrifft, kann der Senat auf der Grundlage der von dem Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen nicht selbst entscheiden.
(1) Aus der Protokollerklärung Nr. 3 zu Teil IV (Sozial- und Erziehungsdienst) der Anlage 1a zu BAT-LWL ergibt sich nicht, dass die Eingruppierung der Klägerin, die als Pflegehelferin in einer Einrichtung für Erwachsene iSv. SR 2b arbeitet, sich ausschließlich nach den für Erzieher/Erzieherinnen geltenden Tätigkeitsmerkmalen richtet.
Nach dieser Protokollerklärung gilt zwar auch die Betreuung von über achtzehnjährigen Personen (zB in Einrichtungen für Behinderte iSd. § 39 BSHG oder für Obdachlose) als entsprechende Tätigkeit von Erziehern/Erzieherinnen. Damit haben die Tarifvertragsparteien die Betreuung dieser erwachsenen Personengruppen den erzieherischen Tätigkeiten gleichgestellt, nicht aber sie als solche eingestuft. Das wird durch die Formulierung, dass die Betreuung dieser Personen als entsprechende Tätigkeit “gilt”, klargestellt. Dem entspricht, dass unter dem Begriff des Erziehers/Erzieherin, der im Zusammenhang mit den Regelungen des BAT berufskundlich zu verstehen ist, solche Personen verstanden werden, die in der außerschulischen Arbeit sozialpädagogisch und fürsorgerisch-bewahrend Kinder oder Jugendliche betreuen (vgl. BAG 18. Mai 1983 – 4 AZR 539/80 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 74 = EzBAT BAT §§ 22, 23 F. 2 Erziehungsdienst VergGr. VII Nr. 1; 1. April 1987 – 4 AZR 397/86 – BAGE 55, 171; 29. Januar 1992 – 4 AZR 259/91 – AP TVG § 1 Tarifverträge: DRK Nr. 2 = EzBAT BAT §§ 22, 23 L. Pflegedienst – Allgemein Nr. 1, zu I 3c der Gründe). Dabei wird der Einsatz bei der Betreuung von Erwachsenen von dem Berufsbild des Erziehers nicht ausgeschlossen, wie einzelne Tätigkeitsmerkmale für Angestellte im Erziehungsdienst zeigen, zB die berufspädagogische Arbeit auch mit Erwachsenen in Berufsförderungswerkstätten oder beschützenden Werkstätten (vgl. BAG 6. Dezember 1989 – 4 AZR 450/89 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 148; 6. Februar 1991 – 4 AZR 372/90 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 155 = EzBAT BAT §§ 22, 23 F. 2 Erziehungsdienst VergGr. Vb Nr. 2).
Daraus folgt aber nicht, dass die Arbeit mit erwachsenen Personen in diesen Einrichtungen notwendigerweise dem Tätigkeitsmerkmal der VergGr. VII Fallgr. 3 der Anlage 1a Teil IV unterfällt. Die Anwendbarkeit der Tätigkeitsmerkmale der Anlage 1b Teil B für Angestellte in diesen Einrichtungen wird dadurch nicht ausgeschlossen. Eine Pflegekraft, die nach ihrer Ausbildung und den ausgeübten Tätigkeiten einem Tätigkeitsmerkmal der Anlage 1b Teil B unterfällt, wird dieser tariflichen Bewertung nicht durch die Protokollerklärung Nr. 3 zur Anlage 1a Teil IV entzogen.
(2) Damit kommt es darauf an, ob die Tätigkeit der Klägerin eine Betreuung iSd. Protokollerklärung Nr. 3 oder eine pflegerische Tätigkeit iSd. einschlägigen Tätigkeitsmerkmale der Anlage 1b ist.
Das Berufsbild der Pflegehelferin ist dadurch gekennzeichnet, dass sie examinierte Pflegefachkräfte bei der Versorgung und Pflege der betreuten Personen unterstützt. Pflegehelferinnen helfen bei Verrichtungen des täglichen Lebens, leisten Hilfestellung beim Aufstehen, bei der Nahrungsaufnahme, beim Toilettengang und bei der Körperpflege. Sie begleiten Patienten zu Untersuchungen und Behandlungen, teilen Essen und Getränke aus und messen Puls, Temperatur und Blutdruck. Auch für Sauberkeit und Hygiene sind sie zuständig. Außerdem führen sie einfache ärztliche Anweisungen und Verordnungen durch und helfen bei der Pflegedokumentation und -organisation (Infobub.arbeitsagentur.de “Gesundheits- und Krankenpflegehelfer/in” Aufgaben und Tätigkeiten). Dagegen umfasst die Betreuung von Personen nach dem allgemeinen Sprachgebrauch neben der Pflege die Sorge, Beschäftigung, Hilfe und Beaufsichtigung (Wahrig Deutsches Wörterbuch 7. Aufl.). Die Betreuung im tariflichen Sinne beinhaltet nicht nur Schutz und Pflege, sondern auch die Förderung von Anlagen und Fähigkeiten (vgl. Ihlenfeld Eingruppierungsrecht Sozial- und Erziehungsdienst 2. Aufl. S. 195). Insoweit gibt es trotz der Unterschiede zwischen pflegerischer und betreuender Tätigkeit auch Überschneidungen, die die Abgrenzung im Einzelfall schwierig machen können.
(3) Das Landesarbeitsgericht hat keine Feststellungen getroffen, auf deren Grundlage die tarifliche Bewertung der von der Klägerin auszuübenden Tätigkeit als Tätigkeit einer Pflegehelferin der Anlage 1b Teil B oder als Tätigkeit einer Angestellten in der Tätigkeit von Erziehern/Erzieherinnen mit staatlicher Anerkennung (VergGr. VII Fallgr. 3 Teil IV der Anlage 1a iVm. Protokollerklärung Nr. 3) vorgenommen werden kann. Weil diese Frage erkennbar weder von den Parteien noch von den Vorinstanzen thematisiert worden ist, muss zunächst dem Beklagten und dann der Klägerin Gelegenheit gegeben werden, dazu ergänzend vorzutragen. Bei der tariflichen Bewertung ist, sofern verschiedene Arbeitsvorgänge gegeben sind, darauf abzustellen, ob die zeitlich überwiegenden Arbeitsvorgänge auf pflegerische oder auf betreuende Tätigkeiten entfallen. Soweit keine verschiedenen Arbeitsvorgänge vorliegen, ist maßgeblich, ob die pflegerische oder die betreuende Tätigkeit den der Klägerin übertragenen Aufgaben das Gepräge gibt.
Unterschriften
Bepler, Bott, Wolter, Hardebusch, Ohnesorg
Fundstellen
ZTR 2006, 654 |
NZA-RR 2006, 448 |
PersV 2006, 474 |
RiA 2006, 211 |
PflR 2006, 358 |
NJOZ 2006, 2640 |