Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialplanabfindung. staatlicher Zuschuß

 

Normenkette

BetrVG § 112

 

Verfahrensgang

LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 24.08.1995; Aktenzeichen 8 Sa 42/95)

ArbG Stuttgart (Urteil vom 24.01.1995; Aktenzeichen 23 Ca 2144/94)

 

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 24. August 1995 – 8 Sa 42/95 – wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten der Revision.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Zahlung eines weiteren Abfindungsbetrags aus einem Sozialplan.

Der Kläger war seit dem 1. November 1971 bei der Beklagten als kaufmännischer Angestellter beschäftigt; er schied zum 30. September 1993 durch ordentliche betriebsbedingte Kündigung der Beklagten wegen Schließung bzw. Verlegung des Betriebes aus dem Arbeitsverhältnis aus.

Anläßlich dieser Betriebsänderung war zwischen der Beklagten und dem bei dieser gebildeten Betriebsrat am 16. Mai 1991 ein Interessenausgleich und Sozialplan vereinbart worden. Die Zahlung einer Abfindung ist wie folgt geregelt:

„5. Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung

5.1 Mitarbeiter in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis, denen aufgrund der Schließung bzw. Verlagerung des Betriebes Stuttgart, R., gekündigt wird, erhalten eine Sozialabfindung.

Die Abfindung setzt sich zusammen aus …

Das Unternehmen schuldet dem Mitarbeiter nur den um den staatlichen Zuschuß gekürzten Anteil der Gesamtabfindung (s. Pkt. 6.5).

6. Sonderregelungen zur Gewährung von Abfindungen

6.5 Der Betriebsrat nimmt zur Kenntnis, daß die Schließung nach den Richtlinien des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft, Umwelt und Forsten vom 20.5.1988 gefördert werden soll.

Die Förderung ist davon abhängig, daß bei dem Mitarbeiter die Förderungsvoraussetzungen der Anlage 1 der Richtlinien erfüllt sind. Der Mitarbeiter verpflichtet sich, bei der Stellung des Antrags mitzuwirken und die erforderlichen Erklärungen abzugeben.

Die Abfindung wird grundsätzlich zur Hälfte, jedoch um nicht mehr als DM 15.000,– gekürzt, bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der letzten Lohn- oder Gehaltsabrechnung ausbezahlt. Der von staatlicher Seite zu erwartende Zuschuß wird bei Erfüllung der Förderungsvoraussetzungen nach Auszahlung des Staatszuschusses fällig.

Wird der Zuschuß nicht innerhalb von zwei Monaten nach Erfüllung der Voraussetzungen und Abgabe der notwendigen Erklärungen ausbezahlt, verpflichtet sich die S./F. mit der Auszahlung in Vorlage zu treten. Der Mitarbeiter tritt insoweit seine Ansprüche gegen das Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Umwelt und Forsten an das Unternehmen ab.”

Die darin in Bezug genommene Richtlinie des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft, Umwelt und Forsten vom 20. Mai 1988 lautet u.a. wie folgt:

„1. Zuwendungszweck, Rechtsgrundlagen

1.2 Die Förderung erfolgt auf Grund des vom Planungsausschuß gemäß § 4 des Gesetzes über die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes” vom 3. September 1969 (BGBl. I S. 1573) aufgestellten gemeinsamen Rahmenplans sowie nach Maßgabe dieser Richtlinie, der §§ 23, 44, 44a LHO und der hierzu erlassenen Verwaltungsvorschriften.

Ein Anspruch des Antragstellers auf Gewährung der Zuwendung besteht nicht; vielmehr entscheidet die Bewilligungsbehörde im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel nach Ermessen.

2. Zuwendungsempfänger

2.1 Die Zuschüsse werden in der Regel den Unternehmen gewährt, die …

2.3 Zuschüsse für Arbeitnehmerabfindungen sind unverzüglich an die begünstigten Arbeitnehmer weiterzuleiten.

4. Art und Form der Zuwendung; zuwendungsfähige Aufwendungen

4.2 Zuwendungsfähig sind Aufwendungen für

4.2.3 Arbeitnehmerabfindungen im Rahmen der Stillegung von Molkereikapazitäten (vgl. Nr. 3.1.2).

5.2 Der Zuschuß zu Aufwendungen für Arbeitnehmerabfindungen nach Nr. 4.2.3 beträgt bis zu 50 v.H. der nach der Anlage 1 zu berechnenden Abfindung, jedoch nicht mehr als 15.000,00 DM im Einzelfall.

…”

Die Beklagte hat an den Kläger aus einer rechnerisch ermittelten Gesamtabfindung von 55.757,00 DM einen um 15.000,00 DM gekürzten Betrag von 40.757,00 DM ausgezahlt. Sie hat sich dabei darauf berufen, daß die Abfindung um den Zuschuß des Landes, jedoch um nicht mehr als 15.000,00 DM zu kürzen sei.

Der Kläger hat – wie die anderen betroffenen Mitarbeiter auch – das Formular für die Zuschüsse zu den Arbeitnehmerabfindungen ausgefüllt und an die Beklagte zurückgegeben; die Beklagte hat beim Regierungspräsidium Tübingen die Anträge auf Zuschüsse zu den Arbeitnehmerabfindungen für die ausgeschiedenen Mitarbeiter jedoch nicht eingereicht, da die Anträge für die Bezuschussung der Arbeitnehmerabfindungen von Arbeitnehmern der Fa. S. mit der Begründung abgelehnt worden waren, es hätten weder 1993 noch 1994 Haushaltsmittel für derartige Zuschüsse zur Verfügung gestanden.

Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte schulde ihm nach dem Sozialplan noch 15.000,00 DM Abfindung; hilfsweise könne er in dieser Höhe Schadensersatz von der Beklagten verlangen, da die Beklagte ihrer Verpflichtung zur Antragstellung bezüglich der Zuschüsse nicht nachgekommen sei.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 15.000,00 DM netto nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 10. März 1994 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie meint, dem Kläger stehe der geltend gemachte Anspruch weder auf der Grundlage des Sozialplans noch unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes zu. Es habe festgestanden, daß der Landeszuschuß nicht bewilligt werde, weil Mittel hierfür nicht zur Verfügung gestanden hätten.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers die Beklagte antragsgemäß verurteilt und die Revision zugelassen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger bittet, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist nicht begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung eines weiteren Abfindungsbetrages in Höhe von 15.000,00 DM aus dem Sozialplan vom 16. Mai 1991; eine Kürzung der geschuldeten Sozialplanabfindung kommt nicht in Betracht, weil feststeht, daß ein staatlicher Zuschuß zur Abfindungszahlung nicht geleistet werden wird. Zu Recht hat daher das Landesarbeitsgericht das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben.

I. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, der Einbehalt von der Abfindung nach Ziff. 5.2 und 5.3 des Sozialplans in Höhe von 15.000,00 DM entbehre eines rechtlichen Grundes. Die sich nach dem Sozialplan errechnende Gesamtabfindung könne nur dann um einen staatlichen Zuschuß bzw. um höchstens 15.000,00 DM gekürzt werden, wenn ein solcher staatlicher Zuschuß tatsächlich gezahlt werde. Da im vorliegenden Fall ein staatlicher Zuschuß jedoch nicht gewährt worden sei bzw. gewährt werden wird, komme eine Kürzung der Gesamtabfindung nicht in Frage. Der Sozialplanregelung lasse sich nicht entnehmen, daß die Kürzung auch um einen fiktiven, hypothetischen Zuschuß erfolgen solle.

Diese Ausführungen des Landesarbeitsgerichts sind revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden.

II. Der Kläger kann aus dem Sozialplan vom 16. Mai 1991 die Auszahlung des bisher einbehaltenen Abfindungsbetrages in Höhe von 15.000,00 DM verlangen. Die von der Beklagten vorgenommene Kürzung der Gesamtabfindung um 15.000,00 DM ist nicht gerechtfertigt, weil zu den Sozialplanabfindungen ein staatlicher Zuschuß nicht gewährt worden und auch nicht zu erwarten ist. Im Hinblick auf die Ablehnung der Zuschußzahlung an die Arbeitnehmer der Fa. S. wegen fehlender Mittel hat die Beklagte keinen Antrag auf Bezuschussung der Abfindungszahlungen bei dem zuständigen Regierungspräsidium Tübingen gestellt.

1. Entgegen der Auffassung der Revision konnte das Landesarbeitsgericht den Anspruch des Klägers aus dem Sozialplan herleiten, da der Kläger zum einen seinen Anspruch auch auf den Sozialplan gestützt hat und zum anderen auf das zulässige Rechtsmittel der Berufung die Klage nach allen rechtlichen Gesichtspunkten zu beurteilen war.

2. Das Berufungsgericht hat zu Recht erkannt, aus dem Sozialplan vom 16. Mai 1991 folge, daß die Abfindungszahlung durch die Beklagte lediglich bei tatsächlich gezahlten staatlichen Zuschüssen gekürzt werden kann, nicht aber, wenn die staatlichen Zuschüsse nicht fließen. Das ergibt die Auslegung des Sozialplans.

a) Sozialpläne sind als Betriebsvereinbarungen besonderer Art nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wie Tarifverträge auszulegen (BAG Urteil vom 4. Juni 1987 – 2 AZR 393/86 –, n.v.; BAG Urteil vom 27. August 1975 – 4 AZR 454/74 – AP Nr. 2 zu § 112 BetrVG 1972; BAG Urteil vom 15. November 1995 – 10 AZR 267/95 –, n.v.). Maßgeblich ist dabei auf den im Wortlaut der Betriebsvereinbarung über den Sozialplan zum Ausdruck kommende Willen der Betriebspartner abzustellen und auf den beabsichtigten Sinn und Zweck, soweit diese in den Regelungen der Betriebsvereinbarung ihren Niederschlag gefunden haben. Dabei ist auch der Gesamt Zusammenhang zu berücksichtigen. Verbleiben im Einzelfall noch Zweifel, kann auf die Entstehungsgeschichte der Betriebsvereinbarung zurückgegriffen werden. Die Auslegung der Betriebsvereinbarung durch das Landesarbeitsgericht unterliegt der vollen Überprüfung durch das Revisionsgericht (BAG Urteil vom 27. August 1975 – 4 AZR 454/74 –, a.a.O.; BAG Urteil vom 28. Oktober 1992 – 10 AZR 129/92BAGE 71, 280 = AP Nr. 66 zu § 112 BetrVG 1972; BAG Beschluß vom 28. April 1992 – 1 ABR 68/91 – AP Nr. 11 zu § 50 BetrVG 1972).

b) Die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Auslegung des Sozialplans vom 16. Mai 1991 hält der revisionsgerichtlichen Überprüfung stand.

aa) Bereits aus dem Wortlaut des Sozialplans folgt, daß die Sozialplanabfindung nur um einen tatsächlich gezahlten staatlichen Zuschuß gekürzt und nicht automatisch ein fiktiv zu errechnender staatlicher Zuschuß in Abzug gebracht werden kann.

Dies ergibt sich zum einen aus der Regelung im Sozialplan über die Errechnung der Abfindung. Danach spielt bei der Berechnung der Sozialplanabfindung nach Ziffern 5.1, 5.2 und 5.3 der staatliche Zuschuß keine Rolle. Entsprechend den §§ 112 und 112 a BetrVG ist aus der Regelung im Sozialplan über die Berechnung der Abfindung zu schließen, daß die Betriebspartner den auf diese Weise zustande gekommenen Abfindungsbetrag als erforderlich angesehen haben zum Ausgleich und zur Milderung der aufgrund der Betriebsänderung den Arbeitnehmern drohenden wirtschaftlichen Nachteile. In Ziff. 5.1 zweiter Absatz des Sozialplans ist festgelegt, wie sich die Abfindung zusammensetzt, nämlich aus einem Sockelbetrag und einer weiteren Komponente; von einem staatlichen Zuschuß ist insoweit nicht die Rede.

Aus der Regelung in Abs. 3 der Ziff. 5.1, wonach das Unternehmen dem Mitarbeiter nur den um den staatlichen Zuschuß gekürzten Anteil der Gesamtabfindung schuldet, läßt sich entnehmen, daß die Betriebspartner die nach dem Sozialplan zu berechnende Abfindung als Gesamtabfindung ansehen und daß diese Gesamtabfindung um einen staatlichen Zuschuß zu kürzen ist. Damit wollten die Betriebspartner sicherstellen, daß die Mitarbeiter nicht die nach dem Sozialplan errechnete Gesamtabfindung und einen staatlichen Zuschuß erhalten, sondern nur eine Zahlung in der Höhe der Gesamtabfindung nach dem Sozialplan. Jedenfalls die nach dem Sozialplan errechnete Gesamtabfindung sollte den Mitarbeitern zukommen, die die Betriebspartner als erforderlich für den Ausgleich bzw. die Milderung der Nachteile durch die Betriebsänderung angesehen haben; wird dem Unternehmen ein staatlicher Zuschuß zu den Arbeitnehmerabfindungen tatsächlich gezahlt, sieht die Sozialplanregelung eine Verrechnung dieses Zuschusses mit der Sozialplanabfindung vor, um eventuelle Doppelzahlungen an den Arbeitnehmer zu vermeiden. Dementsprechend sieht Abs. 3 in Ziff. 5.1 des Sozialplans ausdrücklich vor, daß das Unternehmen dem Mitarbeiter nur den um den staatlichen Zuschuß gekürzten Anteil der Gesamtabfindung schuldet. Wird ein staatlicher Zuschuß nicht gewährt, kommt eine Kürzung der Gesamtabfindung nicht in Betracht.

bb) Dieses Ergebnis wird durch den Sinn und Zweck sowie den Gesamt Zusammenhang der Regelung im Sozialplan bestätigt.

Nach Ziff. 6.5 erster Absatz sind die Betriebspartner zwar davon ausgegangen, die Schließung des Betriebes solle nach den Richtlinien des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft, Umwelt und Forsten vom 20. Mai 1988 gefördert werden. Diese Richtlinien bestimmen aber in Ziff. 1.2 zweiter Absatz ausdrücklich, daß ein Anspruch auf Gewährung dieser Zuwendung nicht besteht. Es kann nicht angenommen werden, daß die Betriebspartner im Sozialplan eine Regelung treffen wollten, wonach die von ihnen als erforderlich zum Ausgleich bzw. der Milderung der durch die Betriebsänderung entstehenden Nachteile angesehene Sozialplangesamtabfindung um den Betrag eines staatlichen Zuschusses gekürzt werden soll, auf dessen Gewährung ein Anspruch nicht besteht.

Haben die Betriebspartner die Zahlung von staatlichen Zuschüssen zu den Arbeitnehmerabfindungen zur Geschäftsgrundlage des Sozialplans gemacht und ist diese Geschäftsgrundlage mangels Zahlung der staatlichen Zuschüsse weggefallen, käme allenfalls eine Anpassung der Regelungen des Sozialplans an diese veränderten tatsächlichen Umstände in Betracht, wenn einem der Betriebspartner das Festhalten am Sozialplan mit dem bisherigen Inhalt nach Treu und Glauben nicht mehr zuzumuten ist (BAG Beschluß vom 10. August 1994 – 10 ABR 61/93 – AP Nr. 86 zu § 112 BetrVG 1972, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen); das ist jedoch nicht geschehen.

Auch die Absätze 3 und 4 der Ziff. 6.5 des Sozialplans sprechen dafür, daß die Betriebspartner eine Kürzung der Gesamtabfindung aus dem Sozialplan nur für den Fall vorsehen wollten, daß der staatliche Zuschuß tatsächlich gezahlt wird. Nach Abs. 3 der Ziff. 6.5 ist zwar grundsätzlich die Sozialplanabfindung zunächst gekürzt bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses auszuzahlen. Der staatliche Zuschuß soll danach erst bei Erfüllung der Förderungsvoraussetzungen nach der Auszahlung fällig werden. In Abs. 4 der Ziff. 6.5 haben die Betriebspartner sodann geregelt, wie zu verfahren ist, wenn der staatliche Zuschuß nicht innerhalb einer bestimmten Frist ausbezahlt wird. Für diesen Fall sieht der Sozialplan die Zahlung durch die Beklagte vor, wobei der Mitarbeiter seinen Anspruch gegen das Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Umwelt und Forsten an das Unternehmen abtritt. Unabhängig davon, daß nach den Richtlinien der Mitarbeiter überhaupt keinen Anspruch auf Zahlung eines Zuschusses gegenüber dem Land hat, wird daraus ersichtlich, daß der Mitarbeiter bei Erfüllung der Förderungsvoraussetzungen jedenfalls baldmöglichst die volle Gesamtabfindung aus dem Sozialplan zur Verfügung haben soll.

cc) Die Gesamtregelung der Abfindungszahlung im Sozialplan ist daher so zu verstehen, daß eine Verrechnung von staatlichem Zuschuß und Sozialplanabfindung nur erfolgen darf, wenn der staatliche Zuschuß tatsächlich gezahlt wird, nicht aber, wenn die staatlichen Zuschüsse endgültig ausbleiben. Zur Bestätigung dieses Auslegungsergebnisses können auch die Erwägungen des Berufungsgerichts herangezogen werden, daß die Betriebspartner keine Regelung getroffen haben, wie im Falle der Verweigerung der staatlichen Zuschüsse deren jeweilige Höhe zu ermitteln sei. Auch die Überlegung des Berufungsgerichts, daß durch die Sozialplanregelung nach dem Verständnis der Beklagten solche Arbeitnehmer begünstigt würden, für die die Richtlinien überhaupt keinen staatlichen Zuschuß vorsehen, weil diese Arbeitnehmer die volle Sozialplanabfindung bekämen, während bei den anderen Arbeitnehmern die Gesamtabfindung nach dem Sozialplan um einen fiktiven staatlichen Zuschuß zu kürzen wäre, spricht für das gefundene Auslegungsergebnis. Es widerspräche dem Sinn und Zweck der Sozialplanabfindung, zum Ausgleich bzw. zur Milderung der Nachteile aufgrund der Betriebsänderung beizutragen, wenn der hierfür als erforderlich angesehene Abfindungsbetrag zu Lasten der von der Betriebsänderung Betroffenen auch für den Fall gekürzt würde, daß staatliche Zuschüsse sich möglicherweise zwar errechnen lassen, jedoch nicht bezahlt werden.

dd) Der Umstand, daß andere Sozialpläne im Unternehmen der Beklagten die Eintrittspflicht der Beklagten bei Ausfall der staatlichen Zuschüsse ausdrücklich festschreiben (Sozialpläne K. und P.), spricht nicht gegen dieses Ergebnis. Ergibt die Auslegung des vorliegenden Sozialplans, daß eine Kürzung der Sozialplangesamtabfindung um staatliche Zuschüsse nur dann in Betracht kommt, wenn die staatlichen Zuschüsse tatsächlich gezahlt werden, so bedurfte es einer Festschreibung der Eintrittspflicht der Beklagten nicht.

3. Aus Wortlaut, Sinn und Zweck sowie Gesamt Zusammenhang der Abfindungsregelung im Sozialplan vom 16. Mai 1991 folgt somit, daß eine Kürzung der Sozialplanabfindung, wie sie die Beklagte hier in Höhe von 15.000,00 DM vorgenommen hat, jedenfalls dann nicht in Betracht kommt, wenn die Zahlung der staatlichen Zuschüsse endgültig ausbleibt.

Danach steht dem Kläger der mit der Klage geltend gemachte Anspruch auf Zahlung eines weiteren Abfindungsbetrags in Höhe von 15.000,00 DM aus dem Sozialplan zu. Die Entscheidung des Senats vom 11. August 1993 (– 10 AZR 485/92 – AP Nr. 70 zu § 112 BetrVG 1972) führt zu keinem anderen Ergebnis. In dieser Entscheidung hat es der Senat für zulässig gehalten, daß die Auszahlung einer im Sozialplan vorgesehenen Abfindung von einer Zweckzuwendung durch die Treuhandanstalt abhängig gemacht wird. Diese Entscheidung ist auf den vorliegenden Fall jedoch nicht übertragbar, da der Sozialplan vom 16. Mai 1991 die Abfindungszahlung gerade nicht von der Gewährung der staatlichen Zuschüsse abhängig gemacht hat, sondern lediglich die Anrechnung eines tatsächlich gezahlten staatlichen Zuschusses auf die Abfindung vorsieht.

4. Hat das Landesarbeitsgericht somit bereits dem Hauptantrag des Klägers zu Recht stattgegeben, war eine Entscheidung über den Hilfsantrag auf Schadensersatz nicht zu treffen. Darauf, ob die Beklagte Anträge auf Bezuschussung der Abfindungszahlungen gestellt bzw. aus welchen Gründen sie solche Anträge nicht gestellt hat, kommt es daher nicht an.

5. Die Verfahrensrüge der Beklagten, das Berufungsgericht habe gegen § 139 ZPO verstoßen, greift nicht durch, da die Beklagte nicht im einzelnen dargelegt hat, was sie auf entsprechende Hinweise des Gerichts dargelegt hätte.

Die Revision der Beklagten ist somit zurückzuweisen.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Matthes, Hauck, Richter Böck ist durch Urlaub an der Unterschrift verhindert. Matthes, Schaeff, Schlaefke

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1093133

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