Keine höhere Sozialplanabfindung für Gewerkschaftsmitglieder
Dass Gewerkschaftsmitglieder hin und wieder mehr Vorteile genießen als nicht gewerkschaftlich organisierte Arbeitnehmende, ist grundsätzlich zulässig. Auch eine höhere Abfindung im Sozialplan für Gewerkschaftsmitglieder kann der Betriebsrat mit dem Arbeitgeber vereinbaren. Im konkreten Fall sei es aber zu einer solchen Vereinbarung über höhere Abfindungszahlungen für Gewerkschaftsmitglieder gar nicht gekommen, entschied das LAG Düsseldorf. Damit wies es die Klage einer Arbeitnehmerin sowie sieben weitere Klagen von Mitgliedern der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) ab.
Der Fall: Streit um höhere Sozialplanabfindung für Gewerkschaftsmitglieder
Die Arbeitnehmerin war seit dem Jahr 2000 bei einer Servicegesellschaft im Bereich der Luftfahrt beschäftigt. Betriebsbedingt kündigte der Arbeitgeber ihr Arbeitsverhältnis zu Ende Juni 2020. Bereits 2017 hatte es betriebsbedingt Entlassungen gegeben, bei denen im Dezember ein Sozialplan vereinbart wurde.
Danach berechnete sich die Abfindung für die gekündigten Beschäftigten wie folgt: Betriebszugehörigkeit x Monatsbrutto x 0,9. Mündlich wurde zudem vereinbart, dass Mitglieder der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten einen erhöhten Abfindungsfaktor von 1,0 erhalten, wenn sie keine Kündigungsschutzklage erheben.
Arbeitnehmerin verlangt eine höhere Abfindung
Bei der nun zweiten größeren Personalanpassungsmaßnahme vereinbarte der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat die erneute Anwendung des Sozialplans von 2017. Zusätzlich wurde eine Betriebsvereinbarung zur Kündigungsabwicklung abgeschlossen. Nach dieser erhalten Beschäftigte zusätzlich zur Sozialplanabfindung 5.000 Euro, wenn sie keine Kündigungsschutzklage erheben. Die Arbeitnehmerin erhielt eine Abfindung auf der Basis eines Abfindungsfaktors von 0,9. Vor Gericht verlangte sie einen um den Faktor 0,1 erhöhten Abfindungsbetrag, da sie Mitglied der Gewerkschaft NGG sei.
Wirksame Zusage einer höheren Abfindung für Gewerkschaftsmitglieder?
Der Arbeitgeber bestritt nachdrücklich, eine höhere Sozialplanabfindung für Gewerkschaftsmitglieder zugesagt zu haben. Die Arbeitnehmerin gab an, dass der Geschäftsführer des Arbeitgebers bei einer Betriebsratssitzung im September 2019 die Zusage gemacht habe, dass Gewerkschaftsmitglieder wie im Jahre 2017 einen erhöhten Abfindungsbetrag erhalten würden. Kurz darauf habe auch die Geschäftsführerin der NGG die Belegschaft auf einer Betriebsversammlung über diese Vereinbarung informiert, wobei der anwesende Geschäftsführer dazu geschwiegen habe.
Keine höhere Sozialplanabfindung für Gewerkschaftsmitglieder
Das LAG Düsseldorf entschied, dass die Gewerkschaftsmitglieder keinen Anspruch auf eine um den Faktor 0,1 erhöhte Sozialplanabfindung haben. Dies gelte selbst, wenn man davon ausgehe, dass der Arbeitgeber in der Betriebsratssitzung vom 18. September 2019 über höhere Abfindungen gesprochen habe. Denn die - vom Arbeitgeber bestrittenen - Erklärungen hätten sich höchstens an den Betriebsrat gerichtet, aber nicht zu Rechtsansprüchen der Arbeitnehmenden aufgrund einer Betriebsvereinbarung geführt.
Keine Betriebsvereinbarung und keine Gesamtzusage
Für eine solche hätte die gemäß § 77 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 BetrVG erforderliche Schriftform eingehalten werden müssen, stellte das Gericht fest. Das Gericht machte zudem deutlich, dass auch die Äußerung der NGG-Geschäftsführerin auf der Betriebsversammlung keine die Belegschaft begünstigende Gesamtzusage darstelle. Eine solche sei eine ausdrückliche Erklärung des Arbeitgebers an alle Beschäftigten des Betriebs oder an einen bestimmten Teil, bestimmte Leistungen erbringen zu wollen. Dies sei vorliegend nicht der Fall gewesen.
LAG: Arbeitgeber hat keine rechtsverbindliche Zusage getätigt
Sowohl der Geschäftsführer des Unternehmens als auch die Geschäftsführerin der Gewerkschaft NGG konnten aus Sicht des Gerichts keine rechtsverbindlichen Erklärungen über eine höhere Abfindung abgeben, die dem Arbeitgeber zugerechnet werden könnten. In dem Schweigen des Geschäftsführers zu dem entscheidenden Punkt liege keine Willenserklärung, machte das LAG Düsseldorf deutlich. Auch die Geschäftsführerin der NGG habe in der Betriebsversammlung nur eigene Erklärungen abgegeben, aber nicht im Namen des Arbeitgebers gehandelt. Weder sei sie als Vertreterin des Arbeitgebers aufgetreten, noch habe sie rechtsverbindliche Erklärungen für diesen abgegeben. Auch die Voraussetzungen einer Vollmacht waren für das Gericht nicht ersichtlich.
Das LAG Düsseldorf hat in sieben weiteren, damit verbundenen Sachen die Klagen abgewiesen. Die Revision ist nicht zugelassen.
Hinweis: Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 29. Juni 2022, Az: 1 Sa 991/21; Vorinstanz: Arbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 30.09.2021, Az: 10 Ca 2167/21; u.a.
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