Gewerkschaft darf Durchführung des Tarifvertrags für Mitglieder verlangen

Freie Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen werden im Bereich Fernsehen und Rundfunk oft als sogenannte "Feste Freie" beschäftigt, die als arbeitnehmerähnliche Personen gelten. Vergütet werden ihre Leistungen zumeist nach sogenannten Honorarrahmen aufgrund entsprechender Tarifverträge.
Auch im konkreten Fall hatte eine Gewerkschaft mit einem Sender mehrere Haustarifverträge unter anderem über die Vergütung arbeitnehmerähnlicher Personen ("Feste Freie") nach so genannten Honorarrahmen im Bereich Fernsehen und Hörfunk geschlossen. Darin vorgesehen war grundsätzlich eine Honorierung entsprechend der Kennziffern zu einzelnen Tätigkeitspositionen. Die Gewerkschaft hielt es für tarifwidrig, dass der Arbeitgeber arbeitnehmerähnliche Mitarbeitende einer Redaktion stattdessen nach Tagespauschalen vergütete. Sie klagte und hatte vor dem Bundesarbeitsgericht nun teilweise Erfolg.
Tarifwidrige Vergütung für arbeitnehmerähnliche Reporter?
Seit Dezember 2016 vergütete der Arbeitgeber arbeitnehmerähnliche Personen, die als "pauschalierte Tagesreporter" für ihn tätig werden, nicht mehr nach den speziellen Honorarkennziffern für einzelne Tätigkeiten. Sie erhielten stattdessen - in der Regel geringer ausfallende - Tagespauschalen. Diese sind im Honorarrahmen unter der Überschrift "sonstige Mitarbeit" vorgesehen.
Nach Auffassung der Gewerkschaft war dies tarifwidrig. Zutreffenderweise müssten alle arbeitnehmerähnlichen Personen aufgrund des Tarifvertrags über die Honorarkennziffern abgerechnet werden. Mit ihrer Klage verlangte sie die Durchführung der Tarifverträge gegenüber allen arbeitnehmerähnlichen Personen, hilfsweise gegenüber seinen Mitgliedern.
BAG: Arbeitgeber hat gegen tarifliche Durchführungspflicht verstoßen
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage insgesamt als unzulässig angesehen. Die aufgrund einer Nichtzulassungsbeschwerde zugelassene Revision hatte vor dem Vierten Senat des Bundesarbeitsgerichts teilweise Erfolg.
Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass der Arbeitgeber gegenüber der klagenden Gewerkschaft gegen seine tarifliche Durchführungspflicht verstoßen hat. Die Vergütung der Tagesreporter müsse vorrangig nach den speziellen Honorarkennziffern erfolgen. Die Durchführung des Tarifvertrags könne die Gewerkschaft jedoch nur für ihre Mitglieder verlangen.
Gewerkschaft darf Durchführung des Tarifvertrags für Mitglieder verlangen
Anders als das vorinstanzliche Gericht, das LAG München, das bereits den Klageantrag für zu unbestimmt und damit unzulässig hielt, entsprach die Gewerkschaftsklage aus Sicht der obersten Arbeitsrichter den prozessualen Anforderungen. Für die Zulässigkeit des auf die Gewerkschaftsmitglieder begrenzten Klageantrags komme es nicht darauf an, dass diese darin bereits namentlich benannt würden.
Das BAG urteilte, dass der Gewerkschaft auch ein schuldrechtlicher Anspruch auf Durchführung des Tarifvertrags zusteht. Dieser sei jedoch auf die tarifgebundenen Beschäftigten beschränkt. Damit war die Klage der Gewerkschaft in Bezug auf die Durchführung gegenüber den nicht tarifgebundenen arbeitnehmerähnlichen Personen unbegründet.
Hinweis: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13. Oktober 2021, Az: 4 AZR 403/20; Vorinstanz: Landesarbeitsgericht München, Urteil vom 18. Februar 2020, Az: 6 Sa 355/19
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