Verfahrensgang

LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 24.07.1991; Aktenzeichen L 10 V 162/88)

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 24. Juli 1991 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch für das Revisionsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Streitig ist die Berechtigung des Klägers, über den 31. Dezember 1988 hinaus bei der Beklagten mit einem erhöhten Krankengeldanspruch versichert zu sein.

Der 1938 geborene Kläger ist als Angestellter wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht krankenversicherungspflichtig und deshalb freiwilliges Mitglied der beklagten Ersatzkasse. Er war bis Ende 1988 in der Beitragsklasse 521 mit einem Anspruch auf Krankengeld von zuletzt 142,– DM kalendertäglich versichert. Im Dezember 1988 teilte die Beklagte dem Kläger mit, daß das am 1. Januar 1989 in Kraft tretende Gesundheits-Reformgesetz (GRG) das Krankengeld für nicht krankenversicherungspflichtige Angestellte auf 80 % des höchsten Regelentgelts begrenze, so daß sich für das Jahr 1989 ein Höchstkrankengeld von kalendertäglich 122,– DM ergebe. Den Widerspruch des Klägers gegen die Änderung der Beitragsklasse wies die Beklagte zurück.

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen, das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil des SG Köln vom 8. September 1989; Urteil des LSG für das Land Nordrhein-Westfalen vom 24. Juli 1991). Zur Begründung ist im wesentlichen ausgeführt, der Kläger könne nach den ab 1. Januar 1989 geltenden Vorschriften des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) eine Versicherung in der bisherigen Beitragsklasse nicht mehr verlangen. Diese Beitragsklasse, die ein höheres Krankengeld vorsehe, als es nach § 47 SGB V zulässig sei, habe mit der Aufhebung der 12. Verordnung zum Aufbau der Sozialversicherung (12. AufbauV) durch Art 79 Abs 6 Nr 7 GRG ihre Rechtsgrundlage verloren. Diese Änderung des Krankengeldanspruchs freiwillig Versicherter sei nicht verfassungswidrig. Insbesondere sei Art 14 des Grundgesetzes (GG) nicht verletzt. Denn das – ohne das SGB V gegebene – Recht des Klägers, in der Beitragsklasse 521 versichert zu bleiben, beruhe nicht auf Eigenleistungen des Klägers, weil die Wahl dieser Beitragsklasse von vorausgegangenen Beitragsleistungen unabhängig gewesen sei. Auch unter dem Gesichtspunkt unechter Rückwirkung sei die Auflösung der bisherigen Beitragsklasse 521 durch Art 79 Abs 6 Nr 7 GRG nicht zu beanstanden. Gesetzgeberisches Anliegen sei die weitgehende Gleichstellung aller Krankenkassen im Bereich des Leistungs-, Beitrags- und Mitgliedschaftsrechts gewesen, weil die unterschiedlichen Regelungen zu unterschiedlichen Wettbewerbsbedingungen zwischen den Krankenkassen geführt hätten. Dieses Anliegen überwiege das Ausmaß des Vertrauensschadens des Klägers. Auch wenn er sich für den verlorenen Versicherungsschutz einen Ausgleich nicht mehr außerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung beschaffen könne, erscheine der Eingriff nicht als so gravierend, daß das gesetzgeberische Anliegen gegenüber dem Vertrauensschutz des Klägers zurücktreten müsse. Denn ihm verbliebe auch weiterhin im Krankheitsfall eine Lohnersatzleistung, die geeignet sei, seinen eigenen und den notwendigen Lebensbedarf seiner Familie zu sichern.

Mit der – vom LSG zugelassenen – Revison macht der Kläger geltend, Art 79 Abs 6 Nr 7 GRG verstoße gegen Art 14 GG sowie Art 2 Abs 1 GG iVm dem Rechts- und Sozialstaatsprinzip und mit Art 3 Abs 1 GG. Sein Vertrauen auf den Fortbestand der bisherigen Beitragsklasse sei insbesondere deshalb zu schützen, weil er krank sei und die Privatversicherung es deshalb abgelehnt habe, ihm einen vergleichbaren Versicherungsschutz wie den bisherigen zu gewähren. Sein Anspruch auf Zusatzkrankengeld sei im übrigen sehr wohl durch Eigenleistungen erdient, denn er habe einen monatlichen Beitragszuschlag von 7,– DM bezahlt.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),

das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 24. Juli 1991 und das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 8. September 1989 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom Dezember 1988 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Februar 1989 zu verpflichten, den Kläger über den 31. Dezember 1988 hinaus in der Beitragsklasse 521 mit einem kalendertäglichen Anspruch auf Krankengeld in Höhe von 142,– DM zu versichern.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫).

 

Entscheidungsgründe

II

Die Revision des Klägers ist nicht begründet.

Der Kläger kann nicht verlangen, über den 31. Dezember 1988 hinaus in der bisherigen Beitragsklasse mit einem kalendertäglichen Krankengeld von zuletzt 142,– DM versichert zu bleiben. Denn seit 1. Januar 1989 erhalten Versicherte ein Krankengeld, das in diesem Jahr höchstens 122,– DM pro Tag beträgt (Höchstkrankengeld). Das ergibt sich aus § 47 SGB V, mit dem der Gesetzgeber den Anspruch auf Krankengeld für alle Kassenarten, also auch für die Ersatzkassen, einheitlich geregelt hat (§ 2, § 4 Abs 2 SGB V). Danach hat der Versicherte gegen die Beklagte im Krankheitsfall keinen höheren Anspruch auf Krankengeld als 80 % des erzielten regelmäßigen Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens, soweit es der Beitragsberechnung unterliegt. Der Beitragsberechnung unterliegen nach § 223 Abs 3 Satz 1 SGB V die beitragspflichtigen Einnahmen aber nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze, nämlich bis zu einem Betrag von 1/360 der Jahresarbeitsentgeltgrenze des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V für den Kalendertag. Einnahmen, die diesen Betrag übersteigen, bleiben außer Ansatz, soweit das SGB V nichts Abweichendes bestimmt (§ 223 Abs 3 Satz 2 SGB V). Für das Krankengeld ist im SGB V weder hinsichtlich der Beitragsbemessungsgrenze noch hinsichtlich der Höhe des Krankengeldes etwas anderes bestimmt. Nach § 194 Abs 2 Satz 2 SGB V darf die Satzung Leistungen nur vorsehen, soweit das SGB V sie zuläßt. Das SGB V sieht keine Möglichkeit vor, daß die Krankenkassen ihren freiwilligen Mitgliedern ein höheres Krankengeld als das Höchstkrankengeld gewähren. Vielmehr ergibt sich aus § 44 Abs 2 SGB V, wonach die Satzung für freiwillig Versicherte den Anspruch auf Krankengeld ausschließen oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen lassen kann, im Umkehrschluß, daß darüber hinausgehende Regelungen des Krankengeldes durch die Satzung nicht zulässig sind.

Für die Zulässigkeit von Versicherungsbedingungen, die ein erhöhtes Krankengeld nach einem den Betrag von 1/360 der Jahresarbeitsverdienstgrenze übersteigenden Arbeitseinkommen vorsahen, haben sich die Ersatzkassen vor dem 1. Januar 1989 auf die Regelung in Art 2 § 4 Abs 2 der Zwölften Verordnung zum Aufbau der Sozialversicherung (Ersatzkassen der Krankenversicherung) – 12. AufbauV – (in der im BGBl Teil III, Gliederungsnummer 8230/13 veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch § 51 des Gesetzes vom 27. Juli 1981, BGBl I, 705) gestützt. Danach haben für die Versicherung nach dem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht die Bestimmungen der Satzung der Ersatzkasse gegolten. Die 12. AufbauV ist indessen durch Art 79 Abs 6 Nr 7 GRG aufgehoben worden. Mit der Aufhebung der 12. AufbauV hat die in der Satzung der Beklagten geregelte Beitragsklasse 521, die ein höheres Krankengeld als das nach § 47 SGB V bemessene vorsah, ihre Rechtsgrundlage verloren (so bereits BSG, Urteil vom 26. Juni 1990 – 3 RK 22/89 – SozR 3-5405 Art 79 GRG Nr 1 und vom 21. November 1991 – 3 RK 38/89 –).

Der Kläger kann sich demgegenüber nicht auf einen „Versicherungsvertrag” mit der beklagten Ersatzkasse stützen, an den diese – ungeachtet der gesetzlichen Neuregelung – gebunden wäre. Zu Recht hat bereits der 3. Senat des BSG im Urteil vom 26. Juni 1990 (aaO) darauf hingewiesen, daß die Mitgliedschaft Versicherungsberechtigter auch bei Ersatzkassen öffentlich-rechtlich geregelt war und ist. Die Versicherung wird nicht durch Vertrag begründet. Eine Änderung des Mitgliedschaftsverhältnisses bestimmt sich allein nach den gesetzlichen Vorschriften und der ihnen entsprechenden Satzung.

Der 3. Senat des BSG (aaO) hat auch bereits dargelegt, daß die Aufhebung der Ermächtigung, die Versicherung der freiwilligen Ersatzkassenmitglieder durch die Satzung zu regeln, und die Begrenzung des Krankengeldanspruchs dieser Mitglieder gemäß § 47 SGB V nicht verfassungswidrig sind, soweit sie den dortigen Kläger betreffen. Dem schließt sich der erkennende Senat im Ergebnis auch für den hier zu entscheidenden Fall an.

Art 14 GG ist nicht verletzt. Es bedarf keiner abschließenden Entscheidung, ob allgemein Rechte aus der gesetzlichen Krankenversicherung dem Eigentumsschutz unterliegen (bejaht für eine Anwartschaft auf Krankengeld im Vorlagebeschluß des erkennenden Senats an das Bundesverfassungsgericht ≪BVerfG≫ vom 10. Dezember 1991 – 1/3 RK 9/90 –). Auch wenn davon ausgegangen wird, daß durch das hier streitige Versicherungsverhältnis in der Beitragsklasse 521 eine „Anwartschaft” auf Krankengeld begründet worden ist, weil für das Entstehen des satzungsmäßigen konkreten Leistungsanspruchs nur noch der Versicherungsfall eintreten mußte, und wenn unterstellt wird, daß diese Rechtsposition iS der Rechtsprechung des BVerfG der Eigentumsgarantie unterfällt, weil sie dem Versicherten zur ausschließlichen Nutzung zugeordnet ist, zudem auf nicht unerheblichen Eigenleistungen des Versicherten beruht und der Sicherung seiner Existenz dient (vgl BVerfGE 69, 272, 300; 72, 9, 18 f), ist Art 14 Abs 1 GG nicht verletzt.

Die konkrete Reichweite der Bestandsgarantie des Eigentums ergibt sich – wie das BVerfG in zahlreichen Entscheidungen dargelegt hat (BVerfGE 53, 257, 292; 58, 81, 109 f; 72, 9, 22; 74, 203, 214; 75, 78, 97) – erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums, die nach Art 14 Abs 1 Satz 2 GG Sache des Gesetzgebers ist. Hätte er die Beschränkung des Krankengeldanspruchs nur für künftig entstehende Versicherungsverhältnisse vorgesehen, so würden hiergegen keine verfassungsrechtlichen Bedenken entstehen. Soweit zugleich in schon bestehende Anwartschaften eingegriffen wird, ist zu berücksichtigen, daß in ihnen von vornherein die Möglichkeit von Änderungen in gewissen Grenzen angelegt ist. Eine Unabänderlichkeit der bei der Begründung bestehenden Bedingungen widerspräche dem Krankenversicherungsverhältnis, das im Unterschied zum Privatversicherungsverhältnis von Anfang an nicht auf dem reinen Versicherungsprinzip, sondern wesentlich auf dem Gedanken der Solidarität und des sozialen Ausgleichs beruht. Daher gebührt dem Gesetzgeber auch für Eingriffe in bestehende Anwartschaften Gestaltungsfreiheit. Insoweit kommt es indessen darauf an, daß gerade für diesen Eingriff legitimierende Gründe gegeben sind (vgl BVerfGE 31, 275, 290).

Das GRG zielt darauf ab, die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung im Interesse aller zu erhalten, insbesondere die seit langem steigenden Beitragssätze zu senken und zu stabilisieren. Im Zusammenhang damit ist ein erster Schritt der Organisationsreform eingeleitet worden, der ua Unterschiede im Beitrags- und Leistungsrecht zwischen den Kassenarten beseitigen soll (BR-Drucks 200/88 zur Zielsetzung des Gesetzentwurfs). In diesem Zusammenhang steht auch die Begrenzung des Krankengeldanspruchs durch Art 79 Abs 6 Nr 7 GRG. Wie der 3. Senat in seinem Urteil vom 26. Juni 1990 (aaO) im einzelnen dargelegt hat, ergibt sich insoweit aus der Begründung zum Regierungsentwurf des GRG, daß das neue Recht eine weitgehende Gleichstellung aller Krankenkassen im Bereich des Leistungs-, Beitrags- und Mitgliedschaftsrechts vorsieht, weil die unterschiedlichen Regelungen zu unterschiedlichen Wettbewerbsbedingungen zwischen den Krankenkassen geführt haben (BR-Drucks aaO, S 213 zu § 177 des Entwurfs). Es gehört zu den wesentlichen Aufgaben des Gesetzgebers, derartige Unterschiede insbesondere zwischen RVO-Kassen und Ersatzkassen abzubauen, weil ein fairer Wettbewerb nur bei angeglichenen Rahmenbedingungen möglich ist (BR-Drucks aaO S 152).

Gemessen an diesen Zielen erscheint der Eingriff in die Rechtsposition des Klägers, soweit sie hier zu beurteilen ist, gerechtfertigt und auch nicht unverhältnismäßig. Dabei ist zu berücksichtigen, daß der Gesetzgeber den Umfang des gesetzlichen (Höchst-) Krankengeldanspruchs nicht berührt, sondern lediglich die satzungsrechtliche Möglichkeit beseitigt hat, einen darüber hinausgehenden Leistungsanspruch einzuräumen. Es handelt sich insoweit lediglich um eine Inhalts- und Schrankenbestimmung iS des Art 14 Abs 1 Satz 2 GG, bei der dem Gesetzgeber grundsätzlich eine weite Gestaltungsfreiheit zukommt. Diese ist insbesondere nicht durch den personalen Bezug des Anteils eigener Leistung des Versicherten eingeschränkt (vgl BVerfGE 53, 257, 293); denn die durch die Wahl der Beitragsklasse 521 erworbene Rechtsposition war von vorausgegangenen Beitragsleistungen unabhängig; auch ist durch die erhöhten Beitragsleistungen in der Zeit vor dem 1. Januar 1989 die Rechtsposition des Klägers nicht in dem Sinne verstärkt worden, daß er für den Krankengeldanspruch nach einem die Jahresarbeitsverdienstgrenze übersteigenden Betrag eine bestimmte Anwartschaftszeit hätte zurückgelegt haben müssen. Die Versicherten haben im übrigen für die von ihnen bis zum 31. Dezember 1988 entrichteten Beitragszuschläge eine Gegenleistung bereits in der Form erhalten, daß ihnen bis zu diesem Stichtag für den Fall krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit ein entsprechender Anspruch auf höheres Krankengeld eingeräumt war, die Ersatzkasse also das Risiko einer jederzeit möglichen Zahlung getragen hat.

Der Senat verkennt nicht, daß die Beschränkung des Krankengeldanspruchs aufgrund des Art 79 Abs 6 Nr 7 GRG und des § 47 SGB V ein bei Inkrafttreten des GRG häufig bereits langjährig bestehendes (Zusatz-) Krankenversicherungsverhältnis beendet und daß der Wegfall des Teils des Krankengeldes, durch den ein Teil des Ausfalls des Arbeitsentgelts ausgeglichen wird, der wegen des über der Jahresarbeitsverdienstgrenze liegenden Arbeitsentgelts entsteht, für die Betroffenen nicht unerheblich ist. Versicherte wie der Kläger fühlen sich in ihrem Vertrauen auf den Fortbestand der für sie günstigen Beitragsklasse mit Anspruch auf erhöhtes Krankengeld besonders betroffen, weil ihnen infolge Alters oder Krankheit die Möglichkeit erschwert oder genommen sei, in der privaten Krankenversicherung einen entsprechenden Schutz zu erlangen.

Inwieweit das für den von der Neuregelung betroffenen Personenkreis zutrifft, läßt sich nicht generell beurteilen. Der 3. Senat des BSG hat in seinem Urteil vom 21. November 1991 (3 RK 38/89) auf den Einwand des dortigen Klägers, daß ihm die Möglichkeit einer privaten Krankengeldversicherung versperrt sei, ausgeführt, daß der Betroffene auf einen derartigen Versicherungsschutz nicht angewiesen sei, vielmehr für ihn ein Krankentagegeld in Höhe der Differenz zwischen dem bisherigen höheren und dem gesetzlichen Höchstkrankengeld für die Dauer der Erkrankung nach Ablauf der Gehaltsfortzahlung ausreichend sei. Deshalb werde ein privater Versicherer die Gewährung des Versicherungsschutzes in aller Regel nur dann ablehnen, wenn wegen bestehender Vorerkrankungen anzunehmen sei, daß monatelange Zeiten der Arbeitsunfähigkeit häufiger eintreten werden. Ob solche Bedingungen beim Kläger vorlagen, insbesondere, ob und ggf wie lange er in letzter Zeit arbeitsunfähig erkrankt war, ist vom LSG nicht festgestellt. Darauf kommt es nach Auffassung des erkennenden Senats aber auch nicht an. Denn unabhängig davon, ob der Kläger die Einschränkung seines Versicherungsschutzes durch den Abschluß eines entsprechenden privaten Versicherungsvertrages ausgleichen kann, es ist jedenfalls nicht auszuschließen, daß Ersatzkassen-Versicherten über ihre Kasse aufgrund von Gruppenversicherungsverträgen die Möglichkeit zum Abschluß einer privaten Zusatz-Krankengeldversicherung geboten wird, sieht der Senat den Eingriff in seine Rechtsposition nicht als so gravierend an, daß das genannte gesetzgeberische Anliegen gegenüber dem Vertrauensschutz des Klägers zurücktreten müßte. Wie das LSG zu Recht ausgeführt hat, wäre ein eingeschränkter „Bestandsschutz” für solche Versicherte, die sich einen anderen Versicherungsschutz nicht mehr oder nicht mehr zu zumutbaren Bedingungen beschaffen können, im Hinblick auf die Vielzahl der Gestaltungsmöglichkeiten privater Versicherungsverhältnisse kaum hinreichend bestimmbar und hinsichtlich des Personenkreises schwer abgrenzbar gewesen. Deshalb muß es hier bei dem Grundsatz verbleiben, daß wegen der notwendigen Pauschalierungen gesetzliche Neuregelungen auch dann verfassungsrechtlich hingenommen werden müssen, wenn sie im Einzelfall zu gewissen Härten führen. Davon abgesehen ist schon zweifelhaft, ob vorliegend ein Vertrauenstatbestand iS der Rechtsprechung des BVerfG vorliegt, dh ob die Betroffenen mit dem entwertenden Eingriff des Gesetzgebers nicht zu rechnen brauchten und sich darauf verlassen durften, daß das erhöhte Krankengeld aus ihrer freiwilligen Versicherung auf Dauer mindestens konstant bleiben werde. Vorliegend haben die betroffenen Versicherten schon nicht auf eine gesetzliche Regelung vertraut, sondern auf Satzungsbestimmungen ihrer Krankenkasse, die auch von dieser selbst hätten geändert werden können, weil die Einräumung eines Anspruchs auf „erhöhtes Krankengeld” nicht gesetzlich vorgeschrieben war. Diese Versicherten hätten also auch bei der Fortgeltung der alten Rechtslage mit einer Änderung der Satzung rechnen müssen, zumal es sich bei dem erhöhten Krankengeld um eine Leistung handelt, die den Umfang der für die Pflichtversicherten gesetzlich vorgesehenen Leistung (Höchstkrankengeld) überschritt. Die Möglichkeit, sich mit einem Anspruch auf erhöhtes Krankengeld zu versichern, bestand ausschließlich für die freiwillig Versicherten der Ersatzkassen und war insofern günstig ausgestaltet, als der Aufwand, der im Falle des Klägers für einen monatlichen Erhöhungsbetrag von ca 600 DM zu leisten war, nach seinen Angaben monatlich 7,– DM betrug. Auch im Hinblick darauf ist die Annahme gerechtfertigt, daß der Vertrauensschutz des Klägers hinter dem gesetzgeberischen Ziel, entsprechende Vorteile zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Kassenarten abzubauen, zurücktreten muß.

Auch eine Verletzung des Sozialstaatsprinzips des Art 20 GG iVm Art 3 Abs 1 GG liegt nicht vor. Aus Art 20 GG können unmittelbare Ansprüche nur hergeleitet werden, soweit das Existenzminimum nicht mehr gewährleistet ist. Ansonsten obliegt die Ausgestaltung des Sozialstaatsprinzips im wesentlichen dem Gesetzgeber (BVerfGE 1, 97, 107; 8, 274, 329). Wenn er sich – wie hier – darauf beschränkt hat, den Umfang der Leistungen von Ersatzkassen auf denjenigen der übrigen gesetzlichen Krankenkassen zurückzuführen, um einheitliche Rahmenbedingungen zu schaffen, kann aus dem Sozialstaatsprinzip oder aus Art 3 GG nicht hergeleitet werden, der Gesetzgeber habe auch den anderen Kassen erlauben müssen, freiwillige Zusatzkrankengeldversicherungen anzubieten.

Nach allem konnte die Revision des Klägers keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1173371

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