Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosenhilfe – Bedürftigkeitsprüfung – Anrechnung von Ehegatteneinkommen – Erhöhung des Freibetrags – Unterhaltspflicht – Stiefkind – rechtliche Pflicht – sittliche Pflicht – Berechnung – hypothetische Arbeitslosenhilfe – Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Unterhaltsleistungen eines Stiefelternteils für Kinder des Ehegatten aus einer früheren Ehe können den Einkommensfreibetrag bei der Einkommensanrechnung im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung bei der Arbeitslosenhilfe erhöhen, wenn sich der Stiefelternteil gegenüber den Stiefkindern oder deren Mutter rechtlich bindend zur Unterhaltsleistung vertraglich verpflichtet hat.
2. Bei der Berechnung der dem Ehegatten hypothetisch zustehenden Arbeitslosenhilfe ist das jeweils aktuell erzielte Einkommen des Ehegatten zugrunde zu legen und auf Wochenbeträge umzurechnen.
Stand: 23. Juli 2001
Normenkette
AFG § 138 Abs. 1 S. 2 Fassung: 1993-12-21, S. 3 Fassung: 1993-12-21; BSHG § 16; BGB §§ 1601, 1360a, 1590 Abs. 1; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1
Beteiligte
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 15. Februar 2000 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob und in welcher Höhe der Klägerin für die Zeit vom 9. November 1996 bis 17. Februar 1997 ein Anspruch auf Arbeitslosenhilfe (Alhi) zusteht.
Die im Jahre 1959 geborene Klägerin war bis 1992 als Facharbeiterin für Agrotechnik beschäftigt. Ab Mai 1994 nahm sie an einer von der Beklagten durch Zahlung von Unterhaltsgeld (Uhg) geförderten beruflichen Bildungsmaßnahme zur Werbekauffrau teil, die sie im Januar 1996 mit einer Prüfung vor der Industrie- und Handelskammer erfolgreich abschloß. Im Anschluß an diese Maßnahme bezog die Klägerin ab 11. Januar 1996 bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 8. November 1996 Arbeitslosengeld (Alg). Dieser Alg-Bewilligung lag zuletzt ein (dynamisiertes) wöchentliches Bemessungsentgelt von 640,00 DM zugrunde, das auf das Bemessungsentgelt zurückging, das der Uhg-Bewilligung zugrunde lag. Auf der Lohnsteuerkarte der Klägerin war für die Jahre 1996 und 1997 die Lohnsteuerklasse V eingetragen. Die Klägerin ist seit 1993 in zweiter Ehe verheiratet und führt mit ihrem (zweiten) Ehemann einen gemeinsamen Haushalt. In diesem Haushalt werden auch die beiden 1981 und 1984 geborenen Kinder der Klägerin aus erster Ehe versorgt. Der geschiedene Mann der Klägerin und Vater dieser beiden Kinder ist aufgrund eines Unterhaltsvergleichs zur Zahlung von Unterhalt in Höhe von 125,00 DM pro Kind monatlich verpflichtet, worauf er regelmäßig nur Zahlungen in Höhe von 100,00 DM monatlich leistet. Nach Auskunft des Jugendamtes sind höhere Unterhaltszahlungen bei dem ersten Ehemann nicht durchsetzbar. Der zweite Ehemann der Klägerin hat sich nach ihren Angaben anläßlich der Heirat ihr gegenüber mündlich bereit erklärt, für die Kinder aufzukommen, sofern und soweit sie nicht selbst für diese sorgen könne. Eine schriftliche Verpflichtung des jetzigen Ehemannes der Klägerin zur Zahlung von Unterhalt für seine Stiefkinder existiert nicht.
Die Klägerin beantragte am 6. November 1996 die Bewilligung von Alhi ab 9. November 1996. Die Beklagte lehnte durch Bescheid vom 29. November 1996 die Bewilligung von Alhi ab, weil die Klägerin aufgrund des Einkommens ihres zweiten Ehegatten nicht bedürftig sei. Mit einem weiteren Schreiben vom 29. November 1996 teilte die Beklagte der Klägerin zudem mit, daß das der Berechnung der Alhi zugrundeliegende Bemessungsentgelt neu festgesetzt worden sei, weil die Klägerin aus gesundheitlichen Gründen die Tätigkeit, nach der die Leistung zuletzt bemessen worden sei, nicht mehr verrichten könne. Die Klägerin könne als Werbekauffrau lediglich ein monatliches Arbeitsentgelt von 2.359,00 DM erzielen, was zu einem Bemessungsentgelt von 540,00 DM wöchentlich führe. Widerspruch und Klage blieben erfolglos (Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 24. Januar 1997; Urteil des Sozialgerichts Halle vom 14. Mai 1997).
Ab dem 18. Februar 1997 nahm die Klägerin erneut an einer beruflichen Bildungsmaßnahme teil, für die ihr Uhg bewilligt wurde. Nach dem Ende der bis zum 3. Februar 1998 dauernden Maßnahme hat die Klägerin bei der Beklagten erneut die Zahlung von Alhi beantragt. Die Beklagte hat diesen Antrag mit Bescheid vom 10. März 1998 abgelehnt. Die Beteiligten haben sich in einem außergerichtlichen Vergleich geeinigt, daß die Beklagte über den Anspruch der Klägerin auf Alhi für den Zeitraum ab 4. Februar 1998 neu entscheiden wird, wenn die im vorliegenden Fall strittige Rechtsfrage zugunsten der Klägerin entschieden wird. Daraufhin hat die Klägerin ihre Klage, soweit sie die Zeit ab 4. Februar 1998 betrifft, zurückgenommen. Durch Bescheid vom 19. Oktober 1998/15. Februar 2000 hat die Beklagte der Klägerin sodann für den Zeitraum vom 1. Dezember 1996 bis 31. Dezember 1996 Alhi in Höhe von 43,98 DM und für den Zeitraum vom 1. Januar 1997 bis 31. Januar 1997 Alhi in Höhe von 32,18 DM wöchentlich bewilligt. Die Beklagte hat ihren Berechnungen dabei nunmehr ein wöchentliches Bemessungsentgelt von 650 DM zugrunde gelegt.
Durch Urteil vom 15. Februar 2000 hat das Landessozialgericht (LSG) die (weitergehende) Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, Gegenstand des Rechtsstreits sei nur der Zeitraum vom 9. November 1996 bis zum 17. Februar 1997. Die Klägerin erfülle für diesen Zeitraum die in § 134 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) genannten Voraussetzungen für die Gewährung von Alhi insoweit, als sie arbeitslos gewesen sei, der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden habe, sich arbeitslos gemeldet und Alhi beantragt sowie bis zum 8. November 1996 Alg bezogen habe. Einem über den anerkannten Umfang hinausgehenden Anspruch auf Alhi stehe das Fehlen von Bedürftigkeit iS von § 134 Abs 1 Satz 1 Nr 3 AFG entgegen. Auf der Grundlage eines gemäß § 136 Abs 2 Satz 2 AFG iVm § 112 Abs 7 AFG neu festzustellenden Bemessungsentgelts sei von einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 650,00 DM auszugehen, was bei der Klägerin im Jahre 1996 zu einem wöchentlichen Leistungssatz von 178,80 DM und im Jahre 1997 zu einem wöchentlichen Leistungssatz von 175,20 DM (Leistungsgruppe D/erhöhter Leistungssatz) führe. Für den Monat November 1996 sei bei dem Ehegatten der Klägerin von einem zu berücksichtigenden Einkommen in Höhe von 862,91 DM wöchentlich auszugehen. Der Freibetrag gemäß § 138 Abs 1 Satz 2 AFG betrage 507,60 DM, wobei jeweils von der Leistungsgruppe C/erhöhter Leistungssatz auszugehen sei. Das den Freibetrag des Ehegatten der Klägerin übersteigende berücksichtigungsfähige Einkommen habe wöchentlich 355,31 DM betragen. Dieser Betrag sei höher als der Anspruch der Klägerin auf Alhi für November 1996 (178,80 DM), weshalb kein Anspruch auf Alhi für diesen Monat resultiere. Für den Monat Dezember 1996 seien folgende Werte zu berücksichtigen: berücksichtigungsfähiges wöchentliches Einkommen des Ehegatten in Höhe von 530,82 DM; Freibetrag in Höhe der Alhi des Ehegatten = 396,00 DM; Differenzbetrag zwischen berücksichtigungsfähigem Einkommen und Freibetrag n Höhe von 134,82 DM; („ungekürzter”) Alhi-Anspruch der Klägerin in Höhe von 178,80 DM. Hieraus resultiere ein Alhi-Anspruch der Klägerin in Höhe von 43,98 DM (178,80 DM - 134,82 DM), der dem von der Beklagten gewährten Betrag entspreche. Für den Monat Januar 1997 sei von folgenden Werten auszugehen: berücksichtigungsfähiges Einkommen des Ehegatten in Höhe von 518,02 DM; Freibetrag in Höhe der dem Ehegatten der Klägerin zustehenden Alhi = 371,40 DM; Differenzbetrag zwischen dem berücksichtigungsfähigem Einkommen und Freibetrag in Höhe von 146,62 DM; („ungekürzter”) Alhi-Anspruch der Klägerin in Höhe von 175,20 DM. Hieraus resultiere ein Anspruch auf Alhi in Höhe von 25,58 DM (175,20 DM – 146,62 DM), der niedriger sei als der von der Beklagten bereits anerkannte wöchentliche Leistungssatz in Höhe von 32,18 DM, so daß die Klägerin insoweit nicht beschwert sei. Für den Zeitraum vom 1. bis zum 17. Februar 1997 seien folgende Werte zu berücksichtigen gewesen: berücksichtigungsfähiges Einkommen des Ehegatten pro Woche in Höhe von 927,27 DM; Freibetrag in Höhe der Alhi des Ehegatten = 608,40 DM; Differenzbetrag zwischen Freibetrag und berücksichtigungsfähigem wöchentlichen Einkommen in Höhe von 318,87 DM; („ungekürzter”) Alhi-Anspruch der Klägerin in Höhe von 175,20 DM. Da das berücksichtigungsfähige Einkommen des Ehegatten der Klägerin höher liege als ihr („ungekürzter”) Alhi-Anspruch, sei sie im Februar 1997 nicht bedürftig gewesen.
Der Freibetrag nach § 138 Abs 1 Satz 2 AFG sei auch nicht deshalb weiter zu erhöhen, weil der Ehemann der Klägerin Unterhaltsleistungen für die Kinder aus der früheren Ehe der Klägerin erbringe. Nach § 138 Abs 1 Satz 3 AFG erhöhe sich der Freibetrag nur um Unterhaltsleistungen, die der Ehegatte aufgrund einer rechtlichen Pflicht zu erbringen habe. Der Ehegatte der Klägerin sei aber im streitigen Zeitraum zur Zahlung von Unterhalt für seine Stiefkinder rechtlich nicht verpflichtet gewesen. Es bestehe lediglich eine sittliche Pflicht, als Stiefvater für den Unterhalt der gemeinsam mit ihm in einem Haushalt lebenden Kinder zu sorgen. Diese sittliche Pflicht sei auch nicht aufgrund einer Verpflichtungserklärung zur Rechtspflicht erstarkt. Der Ehemann der Klägerin habe lediglich die allgemeine Absicht bekundet, für die Stiefkinder sorgen zu wollen, wenn die Klägerin ausfalle. Hierin sei keine Erklärung zu sehen, der ein erkennbarer Wille zugrunde liege, sich rechtlich so zu binden, daß ein Unterhaltsanspruch der Kinder ggf auch gerichtlich durchgesetzt werden könne, etwa dann, wenn die Ehe und Beziehung zur Klägerin nicht mehr bestehen sollte. § 138 Abs 1 Satz 3 AFG sei auch nicht verfassungswidrig. Weder sei ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) noch gegen das Sozialstaatsprinzip des Art 20 Abs 1 GG zu bejahen. Ebenfalls sei ein verfassungswidriger Eingriff in den Schutzbereich des Art 6 GG nicht zu erkennen.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Revision. Sie rügt eine Verletzung des § 138 Abs 1 Satz 3 AFG. Diese Vorschrift sei nicht mit dem allgemeinen Gleichbehandlungsgebot des Art 3 Abs 1 GG in Einklang zu bringen. Ehegatten von Arbeitslosen, die Unterhalt aufgrund einer rechtlichen Pflicht leisteten, würden ungleich behandelt gegenüber denjenigen, die Unterhalt aufgrund einer sittlichen Pflicht erbrächten. Werde der Unterhalt aufgrund einer rechtlichen Pflicht geleistet, so werde durch die Freibetragsregelung im Rahmen der Vorschrift über die Anrechnung des Ehegatteneinkommens eine quasi unausweichliche Minderung der Leistungskraft berücksichtigt. Bei der Unterhaltszahlung aufgrund einer sittlichen Pflicht werde eine Minderung der Leistungskraft trotz tatsächlicher Unterhaltsleistung jedoch nicht berücksichtigt. Auch stünden Ehe und Familie gemäß Art 6 GG unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 15. Februar 2000 und des Sozialgerichts Halle vom 14. Mai 1997 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 29. November 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Januar 1997 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 19. Oktober 1998/15. Februar 2000 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr für den Zeitraum vom 9. November 1996 bis 17. Februar 1997 Arbeitslosenhilfe bzw höhere Arbeitslosenhilfe zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Nach § 138 Abs 1 Satz 3 AFG erhöhe sich der bei der Berücksichtigung des Einkommens des Ehegatten des Arbeitslosen für dessen Bedarf eingeräumte Freibetrag um Unterhaltsleistungen, die dieser Ehegatte Dritten aufgrund einer rechtlichen Pflicht zu erbringen habe. Die Erhöhung des Freibetrags setze hiernach eine rechtliche Pflicht des Ehegatten zu Unterhaltsleistungen voraus. Sittliche Verpflichtungen würden nicht genügen. Einen Ehegatten treffe gegenüber den leiblichen Kindern des Ehepartnern keine gesetzliche Unterhaltsverpflichtung. Die Verpflichtung des Ehegatten, die Familie angemessen zu unterhalten, beschränke sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf die persönlichen Bedürfnisse des Ehepartners und auf den Lebensbedarf der gemeinsamen unterhaltsberechtigten Kinder. Die Unterhaltspflicht eines Ehegatten gegenüber nicht gemeinsamen Kindern verpflichte den anderen nicht zu Mehrleistungen für die persönlichen Bedürfnisse des unterhaltsberechtigten Ehegatten. Daß ein Stiefvater Stiefkinder unmittelbar oder mittelbar tatsächlich unterhalte, sei nach § 138 Abs 1 Satz 3 AFG unerheblich. Die Neufassung dieser Norm stelle anders als § 138 Abs 1 AFG in der bis zum 31. Dezember 1993 geltenden Fassung nicht auf die Unterhaltsleistung, sondern allein auf die rechtliche Unterhaltsverpflichtung ab und berücksichtige entgegen dem bisherigen Recht sittliche Verpflichtungen gerade nicht mehr. Auch im Schrifttum werde nicht bezweifelt, daß durch die Neufassung des § 138 Abs 1 Satz 3 AFG bezweckt gewesen sei, nur noch Unterhaltsleistungen aufgrund einer Rechtspflicht zu berücksichtigen.
II
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Zu Recht hat das LSG entschieden, daß der Klägerin für den Zeitraum vom 1. Dezember 1996 bis 31. Dezember 1996 keine höhere Alhi als 43,98 DM wöchentlich und für den Zeitraum vom 1. Januar 1997 bis 31. Januar 1997 keine höhere Alhi als 32,18 DM wöchentlich zusteht. Für die Zeiträume vom 9. November 1996 bis 30. November 1996 und vom 1. Februar bis 17. Februar 1997 hat das LSG zu Recht einen Anspruch auf Alhi verneint (im folgenden 1). Ebenso zutreffend hat das LSG entschieden, daß die behaupteten Unterhaltsleistungen des zweiten Ehegatten der Klägerin für seine Stiefkinder (die Kinder der Klägerin aus erster Ehe) den Freibetrag gemäß § 138 Abs 1 Satz 3 AFG (idF, die Satz 3 durch das 1. Gesetz zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms ≪1. SKWPG≫ vom 21. Dezember 1993, BGBl I 2353, erhalten hat) nicht erhöhen, weil sie nicht auf einer rechtlichen Verpflichtung beruhen (hierzu unter 2).
1) Gegenstand des Rechtsstreits ist lediglich der Leistungszeitraum vom 9. November 1996 bis 17. Februar 1997. Für diesen Zeitraum hat die Beklagte durch ihre Bescheide vom 29. November 1996 (Widerspruchsbescheid vom 24. Januar 1997) idF der Änderungsbescheide vom 19. Oktober 1998 und 15. Februar 2000 die der Klägerin zustehende Alhi in der Höhe nicht zu niedrig berechnet bzw zu Recht festgestellt, daß für einzelne Leistungszeiträume überhaupt kein Anspruch auf Alhi besteht.
Die Klägerin hat nach den Feststellungen des LSG die Anspruchsvoraussetzungen des § 134 Abs 1 Satz 1 Nrn 1, 2 und 4 AFG (§ 134 idF des Gesetzes zur Reform des Rechts der Alhi ≪AlhiRG≫ vom 24. Juni 1996, BGBl I 878) erfüllt. Danach hat Anspruch auf Alhi, wer arbeitslos ist, der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht, sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und Alhi beantragt hat (§ 134 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AFG), keinen Anspruch auf Alg hat, weil er die Anwartschaftszeit (§ 104 AFG) nicht erfüllt (§ 134 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AFG) und innerhalb der einjährigen Vorfrist Alg bezogen hat (§ 134 Abs 1 Satz 1 Nr 4a AFG). Die Klägerin war allerdings im streitigen Zeitraum nicht bzw nur in geringfügigem Maße bedürftig iS des § 134 Abs 1 Satz 1 Nr 3 AFG iVm §§ 137, 138 AFG.
Der Arbeitslose ist bedürftig iS des § 134 Abs 1 Satz 1 Nr 3 AFG, soweit er seinen Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Alhi bestreitet oder bestreiten kann und das Einkommen, das nach § 138 AFG zu berücksichtigen ist, die Alhi nach § 136 AFG nicht erreicht (§ 137 Abs 1 AFG idF des AlhiRG). Insoweit sind die Ausführungen des LSG nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat am 15. Februar 2000 das Bemessungsentgelt für die Alhi der Klägerin im streitigen Zeitraum mit 650 DM wöchentlich angesetzt. Da dieser Betrag höher ist als das aus dem Vorbezug von Uhg resultierende Bemessungsentgelt des Alg (zuletzt bis 8. November 1996 640 DM), kommt es nicht mehr darauf an, ob die Beklagte die Neubemessung im Rahmen des § 136 Abs 2 Satz 2 iVm § 112 Abs 7 AFG (idF des AlhiRG) richtig vorgenommen hat. Bei Zugrundelegung dieses wöchentlichen Bemessungsentgelts von 650,00 DM ergäbe sich für die Klägerin nach der AFG-Leistungsverordnung 1996 (vom 19. Dezember 1995, BGBl I 2068) unter Berücksichtigung der Leistungsgruppe D (§ 113 Abs 1 Satz 1 AFG iVm § 111 Abs 2 Satz 1 Nr 1 Buchst d AFG) ein erhöhter Leistungssatz von 178,80 DM Alhi wöchentlich und ab 1. Januar 1997 nach der AFG-Leistungsverordnung 1997 (vom 20. Dezember 1996, BGBl I 2161) von 175,20 DM wöchentlich. Eigenes Einkommen gemäß § 138 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AFG bezog die Klägerin im streitigen Zeitraum nicht.
Nach § 138 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AFG (idF des AlhiRG) ist im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung als Einkommen auch das Einkommen des vom Arbeitslosen nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten zu berücksichtigen, soweit es den Freibetrag übersteigt. Gemäß § 138 Abs 1 Satz 2 AFG ist Freibetrag ein Betrag in Höhe der Alhi nach § 136 Abs 1 AFG, die dem Einkommen des vom Arbeitslosen nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten entspricht, mindestens aber in Höhe des Betrags, bis zu dem auch für Erwerbsbezüge eines Alleinstehenden eine Einkommenssteuer festzusetzen wäre (§ 32a Abs 1 Satz 2 Nr 1 des Einkommensteuergesetzes). Hiervon ausgehend hat das LSG den Freibetrag gemäß § 138 Abs 1 Satz 2 AFG zutreffend in Höhe der dem Ehegatten der Klägerin (fiktiv) zustehenden Alhi berechnet.
Dabei ist bei der Bedürftigkeitsprüfung grundsätzlich das Einkommen des Ehegatten anzurechnen, das in dem jeweilig konkreten Zahlungszeitraum angefallen ist. Der Senat hat bereits entschieden, daß die Anspruchsvoraussetzung der Bedürftigkeit während der Dauer der Arbeitslosigkeit wegfallen oder neu eintreten kann, jeweils mit der Folge, daß die Änderung vom Zeitpunkt ihres Eintritts an zu berücksichtigen ist. Entscheidend ist jeweils, ob der Lebensunterhalt während des Zeitraums gesichert ist, für den Alhi beansprucht wird (vgl grundlegend BSGE 84, 48, 50 = SozR 3-4220 § 6 Nr 7, S 22). Der 11. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) ist hierbei zu Recht davon ausgegangen, daß die Bedürftigkeit iS des § 134 Abs 1 Satz 1 Nr 3 AFG jeweils „wochenweise” festzustellen ist (vgl BSG SozR 3-4100 § 138 Nr 5, S 26). Insofern ist es nicht zu beanstanden, daß das LSG das jeweilige Monatseinkommen des Ehegatten der Klägerin auf Wochen umgerechnet hat und das auf die Woche entfallende Einkommen dem wöchentlichen Leistungssatz der Alhi (Freibetrag iS des § 138 Abs 1 Satz 2 AFG) gegenübergestellt hat. Ebensowenig ist zu beanstanden, daß das LSG bei der Berechnung dieses Freibetrags in Höhe der dem Ehemann der Klägerin zustehenden Alhi von dem aktuellen Einkommen des Ehemanns ausgegangen ist und die Höhe der Alhi nicht auf der Grundlage des von diesem in einem (vorhergehenden) Bemessungszeitraum erzielten Einkommens bestimmt hat. Von einer solchen Umrechnung des aktuellen Einkommens in eine (hypothetisch) wöchentlich zustehende Alhi gemäß § 138 Abs 1 Satz 2 AFG geht auch die Beklagte in ihren Dienstanweisungen aus (Sammelerlaß Alg/Alhi, 27. Ergänzungslieferung, Stand Januar 1997, RdNr 13 zu § 138 AFG).
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das LSG im einzelnen rechnerisch richtig über die Höhe der der Klägerin im streitigen Zeitraum zustehenden (bzw nicht zustehenden) Alhi entschieden.
2) Der Klägerin steht auch kein (höherer) Anspruch auf Alhi für den streitigen Zeitraum deshalb zu, weil ihr zweiter Ehegatte sich anläßlich der Eheschließung ihr gegenüber bereit erklärt hat, für ihre Kinder aus erster Ehe aufzukommen, sofern und soweit sie – die Klägerin – nicht selbst für diese Kinder sorgen könne. Nach § 138 Abs 1 Satz 3 AFG erhöht sich der Freibetrag um Unterhaltsleistungen, die der Ehegatte Dritten aufgrund einer rechtlichen Pflicht zu erbringen hat. Im vorliegenden Fall fehlt es an einer „rechtlichen Pflicht” des Ehegatten zur Unterhaltsleistung iS des § 138 Abs 1 Satz 3 AFG. Darunter kann allerdings nicht nur eine gesetzliche Pflicht verstanden werden, obwohl die Entstehungsgeschichte der Norm dafür gewisse Anhaltspunkte aufweist. § 138 Abs 1 Satz 3 AFG wurde mit Wirkung zum 1. Januar 1994 durch das 1. SKWPG in das AFG eingefügt. Zuvor hatte § 138 Abs 1 Nr 2 AFG (idF des 7. Gesetzes zur Änderung des AFG vom 20. Dezember 1985, BGBl I 2484) bestimmt, daß das Einkommen des vom Arbeitslosen nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten zu berücksichtigen sei, soweit es den Freibetrag von 150,00 DM in der Woche übersteige. Dieser Betrag erhöhte sich „um 70,00 DM für jede Person, der der Angehörige aufgrund einer rechtlichen oder sittlichen Pflicht nicht nur geringfügig Unterhalt gewährt” (§ 138 Abs 1 Nr 2 2. Halbsatz AFG aF). Der Gesetzgeber des 1. SKWPG hat die Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen aufgrund einer „sittlichen Pflicht” in § 138 Abs 1 Nr 2 2. Halbsatz AFG ersatzlos gestrichen und hierfür zur Begründung ausgeführt: „Einkommen des vom Arbeitslosen nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten soll künftig im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung auch nicht berücksichtigt werden, soweit der Ehegatte Dritten rechtlich zum Unterhalt verpflichtet ist” (Gesetzentwurf der Bundesregierung zum 1. SKWPG vom 4. September 1993, BT-Drucks 12/5502, S 36).
Hierbei ist zu berücksichtigen, daß die Neufassung des § 138 AFG durch das 1. SKWPG im wesentlichen durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 17. November 1992 (BVerfGE 87, 234) veranlaßt war (so auch BT-Drucks 12/5502, S 35). In dieser Entscheidung hatte das BVerfG ua auch den pauschalen Freibetrag von 70,00 DM wöchentlich je unterhaltsberechtigter Person beanstandet, weil die tatsächlich zu leistenden Unterhaltsbeträge diese Pauschalbeträge bei weitem überstiegen (BVerfGE 87, 234, 260 f). Hierzu führt das BVerfG aus: „Die Rechtsordnung darf jedoch einer Person nicht einerseits Unterhaltspflichten gegenüber Dritten auferlegen und deren Einhaltung sogar strafrechtlich sanktionieren (vgl § 170b StGB), andererseits aber die von dieser Person hierfür aufzuwendenden Teile ihres Einkommens als solche betrachten, die sie ihrem Ehegatten zukommen lassen könnte. Auch unter Berücksichtigung des Typisierungsinteresses ist es daher mit Art 3 Abs 1 GG unvereinbar, für die Berücksichtigung zwingender Unterhaltspflichten realitätsfremde Grenzen zu ziehen” (BVerfGE 87, 234, 261). Hieraus wird deutlich, daß das BVerfG insbesondere gesetzliche – „zwingende” – Unterhaltspflichten im Auge hatte, deren Verletzung auch strafrechtlich sanktioniert ist. Nach § 170 Abs 1 Strafgesetzbuch macht sich aber nur der strafbar, der sich einer „gesetzlichen Unterhaltspflicht” entzieht. Von daher könnte es naheliegen, § 138 Abs 1 Satz 3 AFG im Kontext seiner Entstehungsgeschichte so auszulegen, daß nur Unterhaltsleistungen aufgrund gesetzlicher Unterhaltspflichten zu einer Erhöhung des Freibetrags führen.
Eine gesetzliche Pflicht des Stiefelternteils, den Kindern seines Ehepartners aus früherer Ehe Unterhalt zu leisten, besteht nicht. Nach § 1601 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sind nur Verwandte in gerader Linie verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren. Auch die Verpflichtung des Ehegatten, die Familie angemessen zu unterhalten (§ 1360a BGB), beschränkt sich auf die persönlichen Bedürfnisse des Ehepartners und auf den Lebensbedarf der gemeinsamen unterhaltsberechtigten Kinder (vgl BGH NJW 1969, 2007 = JZ 1969, 704; BGH FamRZ 1984, 462; vgl auch den Beschluß des 11. Senats des BSG vom 29. Juni 1998 – B 11 AL 257/97 B).
Hieran ändert auch die Vermutungsregel des § 16 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) nichts. Lebt ein Hilfesuchender in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten, so wird vermutet, daß er von ihnen Leistungen zum Lebensunterhalt erhält, soweit dies nach ihrem Einkommen und Vermögen erwartet werden kann. Zwar sind die Kinder der Klägerin aus erster Ehe mit dem zweiten Ehemann der Klägerin verschwägert iS des § 1590 Abs 1 BGB und leben auch mit ihm in Haushaltsgemeinschaft. Hieraus und aus § 16 BSHG folgt jedoch keine gesetzliche Pflicht, Unterhalt für Stiefkinder zu leisten. Vielmehr können die Kinder der Klägerin bzw die Klägerin als deren Prozeßbevollmächtigte gegenüber dem Sozialhilfeträger den Gegenbeweis antreten, daß sie nicht von dem im gemeinsamen Haushalt lebenden Stiefvater unterhalten werden (hierzu BVerwGE 23, 255). In diesem Sinne sind auch die insbesondere verwaltungsgerichtlichen Urteile zu verstehen, die von einer „stillschweigenden Vereinbarung” zwischen Stiefvater und Mutter der Stiefkinder über den zu leistenden Unterhalt ausgehen (vgl die Nachweise bei Palandt/Diederichsen, RdNr 2b zu § 1360a BGB). Gegen die Vermutung des § 16 BSHG kann von den Stiefkindern der Beweis angetreten werden, daß sie vom Stiefvater gerade nicht unterhalten werden, mit dem Ziel, trotz der Vermutungsregel des § 16 BSHG Sozialhilfe erhalten zu können.
Allerdings können – trotz Fehlens einer gesetzlichen Unterhaltspflicht – auch Unterhaltsleistungen des Stiefvaters für seine Stiefkinder, die er aufgrund vertraglicher Verpflichtung zu erbringen hat, im Rahmen des § 138 Abs 1 Satz 3 AFG freibetragserhöhend wirken. Hierbei ist zu beachten, daß der Wortlaut des § 138 Abs 1 Satz 3 AFG auch in der Neufassung durch das 1. SKWPG weiterhin ausdrücklich von Unterhaltsleistungen aufgrund einer „rechtlichen Pflicht” und gerade nicht aufgrund einer „gesetzlichen Pflicht” spricht. Bei der Neufassung des § 138 Abs 1 Satz 3 AFG durch das 1. SKWPG hätte es nahegelegen, neben der erfolgten Streichung von Unterhaltsleistungen aufgrund einer sittlichen Pflicht in dem früheren § 138 Abs 1 Nr 2 AFG (idF des 7. AFGÄndG) auch den Wortlaut des § 138 Abs 1 Satz 3 AFG insgesamt neu zu fassen und den Begriff rechtlich durch den Begriff gesetzlich zu ersetzen, wenn der Gesetzgeber beabsichtigt gehabt hätte, die freibetragserhöhenden Unterhaltsleistungen insgesamt nur auf Unterhaltsleistungen aufgrund einer gesetzlichen Pflicht zu beschränken.
Neben der gesetzlichen Unterhaltspflicht gibt es außergesetzliche Unterhaltspflichten, die von dem Oberbegriff der rechtlichen Unterhaltspflicht mit umfaßt werden und die – insbesondere auch gegenüber Stiefkindern – durch Rechtsgeschäft entweder gegenüber der Mutter oder den Stiefkindern selbst begründet werden können (vgl dazu Göppinger/Wax ua, Unterhaltsrecht, 6. Aufl 1994, RdNr 682 ff; BGH NJW 1986, 374; OLG Hamm, NJW 1988, 830). Der im Schrifttum geäußerten Ansicht, daß eine sittliche Pflicht in keinem Fall durch Vertrag in eine rechtliche Pflicht umgewandelt werden könnte (so aber Ebsen in Gagel, SGB III, RdNr 168 zu § 194 SGB III), kann der Senat daher in dieser Allgemeinheit nicht beitreten. In welcher Rechtsform Unterhaltspflichten begründet werden müssen, um als rechtliche Unterhaltspflichten iS des § 138 Abs 1 Satz 3 AFG gelten zu können, richtet sich im einzelnen nach den Bestimmungen des Zivilrechts, das hierfür eine Reihe von Vertragsarten zur Verfügung stellt (zB Schuldversprechen, Schenkung etc; vgl etwa das Muster einer solchen Unterhaltsvereinbarung bei Langenfeld in Heiß/Born, Unterhaltsrecht, Stand Dezember 1990, I, 15, RdNr 90). Darauf und auf die weiteren Voraussetzungen, unter denen eine durch Rechtsgeschäft begründete Unterhaltspflicht eine rechtliche Unterhaltspflicht iS des § 138 Abs 1 Satz 3 AFG darstellen kann, ist hier nicht näher einzugehen. Denn nach den Feststellungen des LSG hat es bei der Absichtserklärung des Ehemanns der Klägerin, für deren Kinder sorgen zu wollen, nach außen erkennbar schon an einem rechtlichen Bindungswillen gefehlt. Diese Feststellungen sind von der Klägerin nicht mit Verfahrensrügen angefochten worden und daher für den Senat bindend (§ 163 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫); im übrigen hat das LSG die Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB) beachtet, nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen und die von ihm festgestellten tatsächlichen Umstände vollständig verwertet (vgl BSGE 75, 92, 96 f = SozR 3-4100 § 141b Nr 10).
Der Senat hat bei der hier vorgenommenen Auslegung keine Zweifel daran, daß § 138 Abs 1 Satz 3 AFG mit höherrangigem Recht vereinbar ist. Der Ausschluß sittlicher Unterhaltspflichten und rechtlich unverbindlicher Unterhaltsversprechen aus dem Anwendungsbereich des § 138 Abs 1 Satz 3 AFG verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1 GG. Der Gleichheitsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG ist nur dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie eine Ungleichbehandlung rechtfertigen können (vgl BVerfGE 55, 72, 88; 71, 146, 154 ff; 87, 1, 36). Zwischen den beiden Gruppen von Normadressaten bestehen hier hingegen solche wesensmäßigen Unterschiede, daß eine ungleiche Behandlung gerechtfertigt ist. Der Gesetzgeber durfte im Rahmen des § 138 Abs 1 Satz 3 AFG an das Unterscheidungsmerkmal „der rechtlichen Pflicht” zur Unterhaltsleistung anknüpfen. Insoweit bestehen zwischen einer rein freiwilligen Unterhaltsleistung aufgrund ausschließlich sittlicher Pflicht und einer Unterhaltsleistung aufgrund einer rechtlichen Pflicht (gerade im Sinne der hier vertretenen Auslegung) so wesensmäßige Unterschiede, daß sich diese Unterhaltsleistungen auch unterschiedlich auf die Höhe des Alhi-Anspruchs auswirken dürfen.
Die Klägerin kann auch keine Rechtsansprüche auf höhere Alhi aus dem Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs 1 GG) ableiten. Das Sozialstaatsprinzip gewährt als solches keinen Anspruch auf eine bestimmte soziale Regelung oder einen Mindestbetrag an Alhi (vgl hierzu BSGE 55, 115, 120 = SozR 1500 § 162 Nr 17; BSGE 72, 10, 18 = SozR 3-4100 § 118 Nr 4; BSGE 82, 198, 208). Zudem steht dem Gesetzgeber im Rahmen des Sozialstaatsprinzips ein weiter Gestaltungsspielraum zu, wie er Sozialleistungen gewähren und ausgestalten will (vgl nur BSG aaO). Hierbei ist insbesondere auch zu berücksichtigen, daß im Falle der finanziellen Leistungsunfähigkeit des Stiefvaters die Sozialhilfe für den Lebensunterhalt der Kinder eintreten müßte.
Auch ist Art 6 Abs 1 GG, nach dem Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stehen, nicht verletzt. Der Gesetzgeber muß, wenn er dem Gebot des Art 6 Abs 1 GG gerecht werden will, Regelungen vermeiden, die geeignet sind, in die freie Entscheidung der Ehegatten über ihre Aufgabenverteilung in der Ehe einzugreifen (vgl BVerfGE 66, 84, 94). Das BVerfG hat bereits mehrfach entschieden, daß durch die Freibetragsregelung des § 138 AFG verheiratete Arbeitslose nicht schlechter gestellt werden dürfen als Alleinstehende (vgl insbesondere BVerfGE 87, 234, 259). Ferner gebietet Art 6 Abs 1 GG, daß den Eheleuten nach der Einkommensanrechnung das Existenzminimum verbleiben muß (vgl BVerfGE 75, 382, 391 f). Es ist hier nicht erkennbar, daß sich die Klägerin besser stünde, wenn sie die Eheschließung mit ihrem zweiten Ehegatten unterlassen hätte. Würde sie mit diesem eine nichteheliche Lebensgemeinschaft führen, so würden gemäß § 137 Abs 2a AFG hinsichtlich der Einkommensanrechnung dieselben Rechtsfolgen gelten wie bei dem Bestehen einer Ehe. Im übrigen ist nicht zu erkennen, daß den Eheleuten nach der Einkommensanrechnung das Existenzminimum nicht verbliebe.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 613654 |
FA 2001, 349 |
NZS 2001, 607 |
SozR 3-4100 § 138, Nr. 17 |
SozSi 2002, 213 |
SozSi 2003, 57 |
info-also 2001, 151 |