Entscheidungsstichwort (Thema)

Asbestsanierung von Schulräumen. Mitbestimmung der Personalvertretung, keine – bei Asbestsanierung von Schulräumen. Personalvertretung, keine Mitbestimmung der – bei Asbestsanierung von Schulräumen

 

Leitsatz (amtlich)

Maßnahmen zur Asbestsanierung von Schulräumen unterliegen wegen ihrer erheblichen organisatorischen Bedeutung nicht der Mitbestimmung der Personalvertretung.

 

Normenkette

BPersVG § 75 Abs. 3 Nr. 11, § 81 Abs. 1, § 104; BlnPersVG § 59 Abs. 1, § 77 Abs. 1, § 81 Abs. 2, § 85 Abs. 1 Nr. 7, § 91 Abs. 2; BlnSchulG § 20 Abs. 1; ArbGG § 83 Abs. 3, § 94 Abs. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

OVG Berlin (Beschluss vom 24.05.1993; Aktenzeichen PV Bln 23.90)

VG Berlin (Entscheidung vom 24.08.1990; Aktenzeichen FK (Bin) -C- 34.88)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers zu 3 gegen den Beschluß des Fachsenats für Personalvertretungssachen Berlin des Oberverwaltungsgerichts Berlin vom 21. Juni 1993 wird zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 6.000 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Verfahrensbeteiligten streiten über die Mitbestimmung der zuständigen Personalvertretung bei der Asbestsanierung von Schulgebäuden. Eine solche Sanierung erwies sich auch bei der Carl-von-Ossietzky-Oberschule, einer Gesamtschule im Bezirk Kreuzberg von Berlin, als notwendig. Über die Art und Weise der notwendigen Maßnahmen kam es zu Meinungsverschiedenenheiten zwischen dem Bezirksamt Kreuzberg von Berlin einerseits und den Senatsverwaltungen für Bau- und Wohnungswesen sowie für Schulwesen, Berufsbildung und Sport andererseits. Während das Bezirksamt eine Totalsanierung des Gebäudes für erforderlich hielt, waren die beiden Senatsverwaltungen der Auffassung, zunächst sei eine Teilsanierung durchzuführen. Mit Schreiben vom 2. September 1988 wies der Senator für Bau- und Wohnungswesen im Wege der Fachaufsicht den Stadtrat der Abt. Bau- und Wohnungswesen des Bezirksamts an, gegenüber dem für das Betreiben des Schulgebäudes zuständigen Mitglied des Bezirksamts unverzüglich die Teilsanierung anzuordnen, die spätestens am 28. Oktober 1988 abgeschlossen sein müsse. Der Senat von Berlin nahm am 6. September 1988 von dieser Maßnahme zustimmend Kenntnis. Das Bezirksamt Kreuzberg weigerte sich mit Schreiben vom 6. September 1988, der Anweisung Folge zu leisten. Daraufhin teilte der Senator für Bau- und Wohnungswesen dem Bezirksamt mit, er mache von seinem Eintrittsrecht Gebrauch und ziehe die Angelegenheit an sich. Er forderte die Abt. Volksbildung des Bezirksamts auf, unverzüglich die Teilsanierung in Angriff zu nehmen und innerhalb von sechs bis acht Wochen durchzuführen. Dies lehnte die Abt. Volksbildung ab. Hierauf begann der Senator für Bau- und Wohnungswesen im September und November 1988 mit den vorläufigen Sanierungsmaßnahmen. Er erklärte sich aber im Januar 1989 damit einverstanden, daß die Arbeiten zugunsten der endgültigen Sanierung, d.h. der Entfernung der asbesthaltigen Materialien, eingestellt wurden.

Der Personalrat beim Bezirksamt Kreuzberg sowie der Personalrat der Lehrer und Erzieher bei dem Bezirksamt haben zur Klärung ihrer Beteiligungsrechte an derartigen Sanierungsmaßnahmen das personalvertretungsrechtliche Beschlußverfahren eingeleitet. Sie haben die Ansicht vertreten, derartige Maßnahmen unterlägen der Mitbestimmung, da es sich um Maßnahmen zur Verhütung von Gesundheitsgefahren handele. Wegen der Beschäftigung sowohl von Lehrern und Erziehern als auch anderer Dienstkräfte stehe ihnen ein Mitbestimmungsrecht gemeinschaftlich zu. Auf den Hinweis des Verwaltungsgerichts, nur der Hauptpersonalrat für die Behörden, Gerichte, nichtrechtsfähigen Anstalten und Eigenbetriebe des Landes Berlin, der Antragsteller zu 3, sei hier aktiv legitimiert, die Beteiligungsrechte geltend zu machen, hat sich dieser dem Antrag angeschlossen.

Auf den Antrag des Antragstellers zu 3 hat das Verwaltungsgericht mit Beschluß vom 24. August 1990 festgestellt, daß die in der Zeit von September bis November 1988 an der genannten Schule durchgeführten Arbeiten zur Verhinderung überhöhter Asbeststaubkonzentrationen der Mitbestimmung des Antragstellers zu 3 bedurft hätten; die Anträge der Antragsteller zu 1 und 2 hat das Verwaltungsgericht zurückgewiesen.

Das Oberverwaltungsgericht hat die Beschwerde des Beteiligten zu 1, des Senators für Schule, Berufsbildung und Sport, gegen diesen Beschluß zurückgewiesen. Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2, des Senators für Bau- und Wohnungswesen, hat es den Beschluß des Verwaltungsgerichts geändert und den Antrag des Antragstellers zu 3 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Der Beteiligte zu 1 sei nicht beschwerdebefugt; seine Rechte oder Pflichten würden durch die gerichtliche Entscheidung nicht unmittelbar betroffen. Die Entscheidung über die Durchführung der Teilsanierung sei vom Beteiligten zu 2 getroffen worden. Daran sei anzuknüpfen, wenn es um das Beteiligungsrecht der zuständigen Personalvertretung gehe. Der Beteiligte zu 1 sei daher zu Unrecht am Verfahren beteiligt worden. Der Beteiligte zu 2 sei beschwerdebefugt, obwohl er in der ersten Rechtsstufe irrtümlich nicht am Verfahren beteiligt worden sei, und er habe rechtzeitig Beschwerde eingelegt.

Die Beschwerde habe auch Erfolg. Der nunmehr auf die Klärung der hinter dem konkreten Streitfall stehenden abstrakten Rechtsfrage gerichtete Antrag sei zulässig. Die fraglichen Sanierungsarbeiten seien schon seit langem eingestellt worden. Für die jetzt vom Antragsteller zu 3 beantragte Feststellung, daß die Beteiligten verpflichtet seien, ihn im Wege der Mitbestimmung zu beteiligen, wenn sie in einem Schulgebäude Maßnahmen zur Asbestsanierung durchführten, bestehe ein Feststellungsinteresse, da die Frage, ob an der Asbestsanierung von Schulen und anderen öffentlichen Einrichtungen ein Mitbestimmungsrecht des Personalrats bestehe, sich zwischen den Beteiligten jederzeit erneut stellen könne.

Der Antrag sei jedoch in der Sache unbegründet. Der Antragsteller zu 3 sei zwar zur Geltendmachung des Mitbestimmungsrechts befugt, da die beiden örtlichen Personalräte nicht zur gemeinsamen Vertretung berechtigt seien und ein Gesamtpersonalrat für den Geschäftsbereich eines Bezirksamts nicht vorgesehen sei. In der Sache sei aber ein Mitbestimmungsrecht des Antragstellers zu 3 an Maßnahmen der fraglichen Art nicht gegeben. Nach § 85 Abs. 1 Nr. 7 BlnPersVG bestimme die Personalvertretung mit bei „Maßnahmen zur Verhütung von … Gesundheitsschädigungen”. Die Teilsanierungsmaßnahmen seien aber mitbestimmungsfrei, denn sie hätten in erster Linie dem Schutz der die Schule besuchenden Kinder gedient. Das ergebe sich ohne weiteres aus dem Unterrichts- und Erziehungsauftrag der Berliner Schule, der auch die Pflicht der öffentlichen Schule beinhalte, den Schülern Schulgebäude zur Verfügung zu stellen, die den an den Gesundheitsschutz der Schüler zu stellenden Anforderungen entsprächen. Dieser Verpflichtung habe der Beteiligte zu 2 nachkommen wollen. Im Vordergrund habe eindeutig seine Absicht gestanden, die der Schule nach außen obliegende Aufgabe der ordnungsgemäßen Unterrichtung der die Schule besuchenden Schüler sicherzustellen. Daß die Sanierungsmaßnahme zugleich dem Schutz der an der Schule tätigen Lehrkräfte und sonstigen Mitarbeitern diene, reiche nicht aus. Wegen der nicht unerheblichen Auswirkungen auf die Aufgabenerfüllung der Schule seien die Maßnahmen dem Mitbestimmungsrecht der Personalvertretung nicht nur hinsichtlich der Sanierung der für die Schüler bestimmten Schulräume, sondern auch für die Verwaltungsräume und sonstige Nebenräume entzogen. Nach den objektiven Gegebenheiten könne zwischen beiden Bereichen nicht unterschieden werden. Die Lehrkräfte und sonstige Mitarbeiter der Schule könnten ihre Belange von den Personalvertretungen durch deren Mitarbeit an der Gestaltung des Arbeitsschutzes in Schulgebäuden wahrnehmen lassen.

Hiergegen richtet sich die vom Oberverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassene Rechtsbeschwerde des Antragstellers zu 3. Er macht im wesentlichen geltend, das Bestimmungsrecht aus § 85 Abs. 1 Nr. 7 BlnPersVG scheitere nicht an § 104 Satz 3 BPersVG. Mit dieser Vorschrift sei lediglich eine Einschränkung der Letztentscheidungsbefugnis der Einigungsstelle gewollt, nicht aber der komplette Wegfall des Mitbestimmungsrechts. Da die beabsichtigte Maßnahme einer Teilsanierung sich sowohl innerdienstlich auch als außerdienstlich auswirke, sei das Mitbestimmungsverfahren durchzuführen; in analoger Anwendung des § 81 Abs. 2 BlnPersVG sei jedoch die Letztentscheidung auf Antrag dem Senat von Berlin zugewiesen.

Der Antragsteller zu 3 beantragt sinngemäß,

unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses festzustellen, daß die Beteiligten verpflichtet seien, ihn im Wege der Mitbestimmung zu beteiligen, wenn sie in einem Schulgebäude Maßnahmen zur Asbestsanierung durchführten.

Der Beteiligte beantragt,

die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

Er verteidigt den angefochtenen Beschluß und macht unter anderem geltend, es handele sich hier um eine schwerpunktmäßig außerdienstliche Maßnahme, was sich schon aus der Anzahl der begünstigten Schüler ergebe.

Der Oberbundesanwalt beteiligt sich am Verfahren. Er führt aus, die Asbestsanierung habe den Zweck, drohende Gesundheitsgefahren für alle Nutzer des Gebäudes abzuwenden. Ein Mitbestimmungsrecht des Antragstellers zu 3 müsse jedoch im Hinblick auf § 104 Satz 3 BPersVG entfallen, da die Entscheidung über die Sanierungsmaßnahmen wegen ihrer Auswirkungen auf das Gemeinwesen wesentlicher Bestandteil der Regierungsgewalt seien und nicht Dienststellen entzogen werden dürften, die der Volksvertretung verantwortlich seien. Sie seien vor dem Hintergrund der schulgesetzlichen Regelungen der Schulpflicht der Schüler und der Verpflichtung der Schulverwaltung zu sehen, Schulräume zur Verfügung zu stellen. Dabei müsse bestimmt werden, ob, in welcher Reihenfolge und nach welchem Verfahren Schulen zu sanieren und ob Schließungen angezeigt seien.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Rechtsbeschwerde des Antragstellers zu 3 ist unbegründet. Mit Recht ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, daß Maßnahmen zur Asbestsanierung von Schulgebäuden nicht der Mitbestimmung der Personalvertretung unterliegen.

1. Rechtlich unbedenklich hat das Beschwerdegericht angenommen, der bisher als Antragsteller zu 3 bezeichnete Hauptpersonalrat für die Behörden, Gerichte, nichtrechtsfähige Anstalten und Eigenbetriebe des Landes Berlin einerseits und die bisher als Beteiligte zu 2 geführte Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen seien gemäß § 83 Abs. 3 ArbGG allein an dem vorliegenden personalvertretungsrechtlichen Verfahren beteiligt. Nach § 59 Abs. 1 BlnPersVG ist der Hauptpersonalrat für die Beteiligung an Angelegenheiten zuständig, die über den Geschäftsbereich eines Personalrats hinausgehen. Das ist hier der Fall, weil keiner der beiden ursprünglich auch als Antragsteller tätig gewordenen örtlichen Personalräte sowohl für die Lehrer als auch für die sonstigen Dienstkräfte der Schule zuständig ist. Die Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen ist Verfahrensbeteiligte und daher auch zur Einlegung von Rechtsmitteln befugt, weil sie von ihrem Eintrittsrecht Gebrauch gemacht und die Angelegenheit an sich gezogen hat. Dafür kommt es nicht wesentlich darauf an, ob sie allein über die Sanierungsmaßnahmen entschieden hat. Es genügt, daß sie jedenfalls in die Entscheidung eingebunden war und damit durch die gerichtliche Entscheidung in eigenen personalvertretungsrechtlichen Rechten betroffen wird.

2. Bedenken gegen die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde ergeben sich nicht daraus, daß inzwischen eine vollständige Sanierung der Carl-von-Ossietzky-Oberschule stattgefunden hat. Damit hat sich zwar der konkrete Streitfall erledigt, der Anlaß für das vorliegende Verfahren gegeben hat. Das Oberverwaltungsgericht hat aber rechtlich unbedenklich darauf abgestellt, daß der Antragsteller im Beschwerdeverfahren zu einem auf die Klärung der hinter dem konkreten Streitfall stehenden abstrakten Rechtsfrage gerichteten Antrag übergegangen ist. Gegen die Annahme des Beschwerdegerichts, die damit zur Entscheidung gestellte Frage, ob an der Asbestsanierung von Schulen und anderen öffentlichen Einrichtungen ein Mitbestimmungsrecht des Personalrats bestehe, könne sich zwischen denselben Beteiligten jederzeit erneut stellen, bestehen keine durchgreifenden Bedenken. Allerdings bezieht sich dieser Antrag allein auf eine Verpflichtung der jetzt nur noch am Verfahren beteiligten Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen. Auch wenn es sich bei dem Eingriff dieser Senatsverwaltung in die Befugnisse des Bezirksamts um einen bisher außergewöhnlichen Einzelfall gehandelt haben mag, ist es dennoch nicht unwahrscheinlich, daß der Beteiligte bei den noch anstehenden Fällen von Asbestsanierungen an Schulen auch in Zukunft von seinem Eintrittsrecht Gebrauch machen wird.

Soweit sich der im Rechtsbeschwerdeverfahren gestellte Antrag des Antragstellers zu 3 jedoch auch auf die Senatsverwaltung für Schule, Berufsbildung und Sport bezieht, hat der Beteiligte (bisher: zu 2) allerdings zutreffend in seinem Schriftsatz vom 8. November 1993 darauf hingewiesen, daß die Beschwerde dieses Beteiligten vom Oberverwaltungsgericht wegen fehlender materieller Beteiligung zurückgewiesen worden ist und das Oberverwaltungsgericht die Rechtsbeschwerde nur für den Antragsteller zugelassen hat.

3. In der Sache selbst hat das Oberverwaltungsgericht rechtlich bedenkenfrei angenommen, daß es sich bei der hier zunächst vorgesehen gewesenen Teilsanierung der Schule um eine Maßnahme zur Verhütung von Gesundheitsschädigungen im Sinne des § 85 Abs. 1 Nr. 7 BlnPersVG gehandelt hat. Entscheidend dafür, daß eine solche Maßnahme nicht der Mitbestimmung unterliegt, ist ihre erhebliche organisatorische Bedeutung.

a) Durch die Teilsanierung sollte nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts verhindert werden, daß Asbestfasern in zu hoher Konzentration in die Atemluft gelangen. Die Sanierungsarbeiten zielten damit darauf ab, konkreten Gesundheitsschädigungen entgegenzuwirken. Darauf, ob es auch eine Maßnahme zur „Bekämpfung von … Gesundheitsgefahren” im Sinne des § 77 Abs. 1 BlnPersVG (= § 81 Abs. 1 BPersVG) war, kommt es nicht an.

Es spricht vieles dafür, daß hier jedenfalls eine Maßnahme im Sinne des § 85 Abs. 1 Nr. 7 BlnPersVG vorlag. Dennoch war der Antragsteller daran nicht zu beteiligen. Seine gegen diese zutreffende Auffassung des Beschwerdegerichts mit der Rechtsbeschwerdebegründung gerichteten Angriffe haben keinen Erfolg. Der Mitbestimmung der Personalvertretung standen zwar weder bestimmte Rechtsvorschriften über Asbestsanierungsmaßnahmen noch die Geltendmachung ordnungsrechtlicher Befugnisse durch den Beteiligten bei der Anordnung dieser Maßnahmen entgegen. Die Mitbestimmung der Personalvertretung an derartigen Sanierungsmaßnahmen ist aber deshalb ausgeschlossen, weil sie nicht nur und auch nicht in erster Linie zum Schutz der Dienstkräfte vorgenommen werden. Vielmehr dienen sie der Aufrechterhaltung des Schulbetriebes in der trotz der notwendigen Sanierung bestmöglichen Weise.

Eine derartige Maßnahme verläßt den der Personalvertretung zugewiesenen innerdienstlichen Bereich. Die Mitbestimmung würde auf die nach außen gerichtete Aufgabenerfüllung der Dienststelle erheblichen Einfluß nehmen. Daher ist die Mitbestimmung bei Sanierungsmaßnahmen dieser Art ausgeschlossen (so auch Grabendorff/Windscheid/Ilbertz/Widmaier, BPersVG, 8. Aufl., § 75 Rn. 156; VG Hamburg, PersR 1991, 67). Mit Recht hat sich das Beschwerdegericht für diese Beschränkung der Mitbestimmungsbefugnisse der Personalvertretung auf die verbindliche rahmenrechtliche Vorschrift des § 104 Satz 3 BPersVG berufen, wonach Entscheidungen, die wegen ihrer Auswirkungen auf das Gemeinwesen wesentlicher Bestandteil der Regierungsgewalt sind, den verantwortlichen Stellen nicht entzogen werden dürfen. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach die Personalvertretung auf den innerdienstlichen Bereich, d.h. auf die Beteiligung an den sie betreffenden Angelegenheiten, beschränkt ist und keinesfalls in nicht unerheblicher Weise auf die Erfüllung der der Dienststelle nach außen obliegenden Aufgaben einwirken darf. Dies hat der Senat u.a. in seinen Beschlüssen vom 23. Dezember 1982 – BVerwG 6 P 36.79 – (ZBR 1983, 307) zur Aufstellung der Lehrerstundenpläne, vom 7. März 1983 – BVerwG 6 P 27.80 – (DVBl 1983, 808) zur Einführung eines schulfreien Samstages und vom 24. September 1991 – BVerwG 6 P 6.90 – (BVerwGE 89, 65, 67) zur Einführung eines neuen Verfahrens gegenüber den „Kunden” einer Dienststelle näher ausgeführt.

Maßgebend für diese Begrenzung der Mitbestimmung ist, daß die Aufgaben der Dienststelle durch den Gesetzgeber und den von diesem ermächtigten Verordnungsgeber festgelegt sind und auch hinsichtlich ihrer Art und Erledigung nicht zur Disposition von Stellen stehen, die nicht der Volksvertretung verantwortlich sind (so insbesondere Beschlüsse vom 11. März 1983 – BVerwG 6 P 25.80 – BVerwGE 67, 61, 63 sowie vom 18. März 1981 – BVerwG 6 P 27.79 – BVerwGE 62, 55, 61, 63). Mit dieser Zweckbestimmung mag zwar im Einzelfall die vom Rechtsbeschwerdeführer für richtig gehaltene und durch den Wortlaut des § 104 Satz 3 BPersVG nicht ausgeschlossene eingeschränkte Mitwirkung der Personalvertretung ohne Letztentscheidungsrecht der Einigungsstelle in organisatorischen Angelegenheiten vereinbar sein. In Fällen, in denen – wie hier – eine Trennung der Maßnahme in bezug auf ihren innerdienstlichen Wirkungsbereich gegenüber den Dienstkräften und ihren Wirkungsbereich nach außen gegenüber den „Kunden” und für die Erfüllung der Aufgaben der Dienststelle nicht möglich ist und die Aufgabenerfüllung durch die Maßnahme nicht nur unerheblich beeinflußt wird, muß aber eine Mitbestimmung der Personalvertretung gänzlich entfallen.

b) Die Bedenken der Rechtsbeschwerde gegen den völligen Ausschluß der Mitbestimmung in Fällen der vorliegenden Art beruhen möglicherweise darauf, daß sich das Oberverwaltungsgericht zur Begründung seiner Entscheidung wesentlich auf die verfassungsrechtliche Bindung des Berliner Gesetzgebers an die verbindliche rahmenrechtliche Vorschrift des § 104 Satz 3 BPersVG berufen hat und daß diese Bestimmung lediglich das Letztentscheidungsrecht von Stellen ausschließt, die der Volksvertretung nicht verantwortlich sind. Davon ist jedoch zunächst die Frage zu trennen, ob eine Maßnahme ihrem Zweck nach über das Innenverhältnis der Dienststelle hinausgeht und erheblichen Einfluß auf deren Aufgabenerfüllung hat. Der Ausschluß der Personalvertretung von Entscheidungen mit Außenwirkung läßt sich zwar wie der Ausschluß von Entscheidungen im Sinne des § 104 Satz 3 BPersVG darauf zurückführen, daß das Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip verlangen, daß Entscheidungen, die letztlich die Bürger in ihrer Gesamtheit betreffen, auch von Stellen getroffen werden, die den Bürgern in ihrer Gesamtheit verantwortlich sind. Die Regelung des § 104 Satz 3 BPersVG betrifft jedoch nicht nur Entscheidungen mit erheblicher Außenwirkung, sondern alle staatlichen Entscheidungen, die wesentlicher Bestandteil der Regierungsgewalt sind und deshalb nicht generell der Regierungsverantwortung entzogen werden dürfen. Dabei kann es sich auch um innerdienstliche Maßnahmen handeln, die nur die Beschäftigten betreffen, wenn sie große Auswirkungen auf das Gemeinwesen haben oder haben können. Ein Beispiel hierfür sind die Personalangelegenheiten der Beamten.

Zu den Entscheidungen, die wegen ihrer Auswirkungen auf das Gemeinwesen wesentlicher Bestandteil der Regierungsgewalt sind, gehören nach § 104 Satz 3 BPersVG insbesondere Entscheidungen „in organisatorischen Angelegenheiten”. Hierunter sind nicht nur Angelegenheiten zu verstehen, die sich auf die Errichtung oder Gliederung von Dienststellen beziehen, sondern auch arbeitsorganisatorische Maßnahmen, die für den Ablauf des Dienstbetriebs und für die Art und Weise der Erledigung der der Dienststelle übertragenen Aufgaben von erheblicher Bedeutung sind und über den innerdienstlichen Bereich hinaus Außenwirkung haben (vgl. Beschlüsse vom 17. Juli 1987 – BVerwG 6 P 3.84 – Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 51 und vom 8. Mai 1992 – BVerwG 6 P 22.91 – Buchholz 251.4 § 86 HmbPersVG Nr. 4; Grabendorff u.a., a.a.O., § 104 Rn. 2; Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 104 Rn. 21). Die Vorschrift bezieht sich also nicht nur auf echte Regierungsentscheidungen auf höchster Ebene, sondern auch auf Maßnahmen in bezug auf einzelne Dienststellen. Bei einer Schule ist wesentlich, inwieweit eine Maßnahme auch durch ihre mittelbaren Auswirkungen die Aufgabenerfüllung der Schule nach außen, vor allem das Verhältnis zu ihren Schülern, beeinflußt. Dabei kommt es auch auf die Wertung aller ihrer möglichen Konsequenzen an.

Die hier angeordneten Maßnahmen der Asbestsanierung sind sowohl für die Gesundheit der in der Dienststelle Beschäftigten als auch für die Gesundheit der Außenstehenden, nämlich der Schüler, der Eltern und der sonstigen Nutzer der Schule von großer Bedeutung. Sie sind unmittelbar auf den Schutz der Gesundheit aller gerichtet. Es ist nicht zu verkennen, daß die Beschäftigten verständlicherweise an der Beteiligung bei solchen Maßnahmen interessiert sind. Die Art und Weise der Asbestsanierung muß jedoch wegen ihrer Folgewirkungen (z.B. Schließung oder Teilschließung der Schule) vordringlich als eine Maßnahme angesehen werden, die zur nach außen gerichteten Aufgabenerfüllung der Schule gehört. Die Schule hat gegenüber den Schülern die Aufgabe zur sach- und fachgerechten Unterrichtung. Diese Aufgabe obliegt ihr nach außen (vgl. Beschluß vom 23. Dezember 1982 – BVerwG 6 P 36.79 – Buchholz 238.31 § 79 BaWüPersVG Nr. 2). Teil dieser Aufgabe ist die Verpflichtung, Gesundheitsschädigungen der Schüler während des Schulbesuchs zu verhindern. Dabei handelt es sich um eine Amtspflicht. Sie ergibt sich u.a. daraus, daß gemäß § 20 Abs. 1 BlnSchulG die Schule für eine gesunde körperliche Entwicklung der Kinder zu sorgen hat.

Für den Ausschluß des Mitbestimmungsrechts der Personalvertretung ist allerdings nicht entscheidend, ob – wie das Oberverwaltungsgericht meint – die Asbestsanierung in erster Linie den Schülern dient. Wesentlich ist vielmehr, daß die Frage, ob und wie saniert wird, für den Unterrichtsbetrieb von großer Bedeutung ist; eine Mitbestimmung der Personalvertretung hätte zur Folge, daß sie die Aufgabenerfüllung der Schule nach außen in nicht unerheblicher Weise beeinflussen könnte. In einem solchen Falle muß sowohl die Frage, ob eine Maßnahme durchgeführt wird, als auch die Frage, wie dies geschehen soll, – anders als etwa im Falle der Anordnung von Überstunden (vgl. dazu Beschluß vom 8. Mai 1992 – BVerwG 6 P 22.91 –, a.a.O.) – von der Beeinflussung durch die Personalvertretung ausgeschlossen werden.

Dies ergibt sich auch aus den Besonderheiten des Schulwesens. Die Schüler unterliegen der gesetzlichen Schulpflicht und haben in der Regel keine Alternative zum Besuch der Schule. Dieses gesetzliche Band zwischen Schule und Schülern beinhaltet zwingend, daß Dritte nicht in dieses Verhältnis eingreifen dürfen. Maßnahmen, die unmittelbar die Schüler und den ihnen dienenden Schulbetrieb betreffen, dürfen nur allein von dem jeweiligen Schulträger bzw. den Schulbehörden getroffen werden. Nur deshalb läßt sich eine bestimmte Amtspflicht mit Entschädigungspflichten bei Verstößen erklären. Jede Maßnahme, die die Schüler unmittelbar betrifft und nicht unerhebliche Bedeutung für sie hat, geht deshalb über den innerdienstlichen Bereich der Dienststelle hinaus.

c) Die Anordnung der Sanierungsarbeiten ist auch wegen ihrer mittelbaren Auswirkungen als organisatorische Angelegenheit im Sinne des § 104 Satz 3 BPersVG anzusehen. Von der Entscheidung über die Sanierung oder Teilsanierung hängt ab, ob, wie lange und wann eine Schule geschlossen werden muß. Im vorliegenden Fall handelte es sich um eine Entscheidung, die schon nach dem Vorschlag der Dienststelle eine Schließung der Schule für einen Zeitraum von sechs bis acht Wochen zur Folge hatte. Einigen sich Dienststelle und Personalrat im Rahmen der Mitbestimmung nicht, so kann dieser Zeitraum durch eine Zustimmungsverweigerung noch verlängert werden. Eine derartige Schließung der Schule hat aber zur Folge, daß die Schüler auf verschiedene Schulstandorte verteilt werden müssen. Bei einer Ganztagsschule wären die Folgen wegen der Betreuungsprobleme noch schwerwiegender. Daher ist die Entscheidung über die Sanierung in ihren Folgen durchaus mit denen einer institutionellen Organisationsentscheidung vergleichbar. Die Funktionsfähigkeit der Schule und die Verpflichtung der Schule zur sach- und fachgerechten Unterrichtung der Schüler wird durch jede Entscheidung über eine Asbestsanierung, die die Möglichkeit der Schulschließung beinhaltet, in erheblicher Weise betroffen und ist von erheblichen politischem Gewicht. Sie ist deshalb eine organisatorische Angelegenheit im Sinne des § 104 Satz 3 BPersVG.

Diese Vorschrift läßt allerdings Raum für eine eingeschränkte Mitbestimmung. § 81 Abs. 2 BlnBPersVG sieht ein solches Verfahren mit Letztentscheidung des Senats von Berlin zum Beispiel in den Fällen des § 85 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 vor, nicht aber in den Fällen des § 85 Abs. 1 Nr. 7 BlnPersVG. Die vom Antragsteller gewünschte Reduzierung dieses eine volle Mitbestimmung vorsehenden Tatbestandes im Wege der analogen Anwendung der Regelung über das eingeschränkte Mitbestimmungsrecht ist nicht möglich (vgl. dazu Beschluß vom 8. Mai 1992 – BVerwG 6 P 22.91 –, a.a.O.).

d) Der Senat verkennt nicht, daß die Asbestsanierung für die Beschäftigten der Schule erhebliche Bedeutung hat. Trotz der fehlenden Mitbestimmung der Personalvertretung sind sie jedoch nicht rechtlos. Wie das Oberverwaltungsgericht hervorgehoben hat, können sie ihre Auffassung auf anderen Wegen vertreten. Insbesondere können die Lehrer – neben den nach § 77 Abs. 1 BlnPersVG bestehenden Befugnissen der Personalvertretung bei der Bekämpfung von Gesundheitsgefahren – über die schulverfassungsrechtliche Beteiligung in der Schulkonferenz, im Bezirksschulbeirat und im Landesschulbeirat ihre Vorstellungen einbringen. Die Tatsache, daß es um Gesundheitsfragen der Beschäftigten geht, kann den auf Verfassungsgrundsätzen beruhenden Ausschluß der Personalvertretung von der Entscheidung der Dienststelle bezüglich der Aufgabenerfüllung nicht aufheben. Unerheblich ist auch, daß hier anscheinend ein weitergehender und damit „besserer” Gesundheitsschutz gefordert worden ist. Die Frage der Zubilligung eines Mitbestimmungsrechts ist nicht danach zu beantworten, wie der Inhalt der Alternativvorschläge der Personalvertretung beschaffen ist. Insgesamt ergibt sich aus dem angefochtenen Beschluß, daß eine Mitbestimmung des Antragstellers, selbst in der von ihm für zulässig gehaltenen eingeschränkten Form, wegen des außerdienstlichen Charakters der Asbestsanierung nicht möglich ist.

Nach alledem war die Rechtsbeschwerde des Antragstellers zurückzuweisen, wobei davon ausgegangen wird, daß sie sich nur auf das Verhalten des Senators für Bau- und Wohnungswesen bezieht.

Die Festsetzung des Gegenstandswerts für das Rechtsbeschwerdeverfahren beruht auf § 10 Abs. 1 BRAGO i.V.m. § 8 Abs. 2 BRAGO.

 

Unterschriften

Ernst, Seibert, Albers, Vogelgesang, Eckertz-Höfer

 

Fundstellen

BVerwGE, 295

DVBl. 1996, 511

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