Entscheidungsstichwort (Thema)
Schulungskosten für Seminarteilnehmer, Erstattungspflicht der Verwaltung, Mitgliedschaft im Personalrat, – als Voraussetzung für die Erstattung von Schulungskosten
Leitsatz (amtlich)
Die Dienststelle ist nicht verpflichtet, die durch die Teilnahme eines vom Personalrat entsandten Beschäftigten an einer Schulungsveranstaltung entstandenen Kosten zu erstatten, wenn der Teilnehmer während der Dauer der Schulungsveranstaltung nicht dem Personalrat der Dienststelle angehörte.
Das gilt auch für Beschäftigte, die sich bei der letzten Personalratswahl der Dienststelle erfolglos um die Mitgliedschaft im Personalrat beworben haben, selbst wenn ihr Nachrücken in den Personalrat wahrscheinlich ist.
Normenkette
BlnPersVG § 40 Abs. 1, § 42 Abs. 3
Verfahrensgang
Tenor
Der Beschluß des Oberverwaltungsgerichts Berlin – Fachsenat für Personalvertretungssachen Berlin – vom 15. November 1990 wird aufgehoben. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Berlin – Fachkammer für Personalvertretungssachen Berlin – vom 17. Juli 1989 wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 190 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Verfahrensbeteiligten streiten um die Erstattungsfähigkeit von Kosten, die dadurch entstanden sind, daß eine Bewerberin um ein Personalratsamt vor ihrem dauerhaften Nachrücken in den Personalrat an einer Schulungsveranstaltung teilgenommen hat.
Die antragstellende Gewerkschaft führte vom 19. bis 23. Oktober 1987 in Berlin das Seminar „Landespersonalvertretungsgesetz – Grundschulung für Mitglieder in den Personalvertretungen –” durch. Hierfür erhob sie von den Teilnehmern Referenten-, Material- und Verpflegungskosten (sog. Schulungskosten) in Höhe von insgesamt 190 DM.
Am 13. Oktober 1987 beschloß der Personalrat des Finanzamts S., der Beteiligte zu 2, die Verwaltungsangestellte E. zu dem Seminar der Antragstellerin zu entsenden. Diese Beschäftigte, die zuvor nicht Mitglied des Personalrats gewesen war, hatte sich bei den Ende 1986 durchgeführten Personalratswahlen des Finanzamts S. auf dem dritten Listenplatz des Wahlvorschlags der Antragstellerin für die Gruppe der Angestellten erfolglos um ein Personalratsamt beworben. Auf diesen Wahlvorschlag waren nur zwei Personalratssitze entfallen. Es war allerdings abzusehen, daß einer der beiden gewählten Bewerber zum 1. Juli 1988, d.h. mehr als ein Jahr vor Ende der Amtszeit des Personalrats, wegen altersbedingten Eintritts in den Ruhestand aus dem Personalrat ausscheiden und somit die Verwaltungsangestellte E. für den Rest der Amtszeit nachrücken würde. Bis Oktober 1987 hatte Frau E. außerdem an sieben von insgesamt fünfundzwanzig abgehaltenen Sitzungen des Personalrats als Sitzungsvertreterin teilgenommen.
Die von der Antragstellerin beantragte Freistellung der Beschäftigten E. vom Dienst zum Zweck der Teilnahme an der genannten Schulungsveranstaltung wurde von der Verwaltung abgelehnt. Statt dessen wurde zur Ermöglichung der Teilnahme Sonderurlaub gewährt. Am 23. Oktober 1987 trat Frau E. einen ihr aufgrund der Teilnahme vermeintlich erwachsenen Kostenerstattungsanspruch gegen ihre Dienststelle an die Antragstellerin ab. Am 1. Juli 1988 rückte sie für die restliche Amtszeit in den Personalrat nach.
Nachdem die Antragstellerin den Vorsteher des Finanzamts S., den Beteiligten zu 1, erfolglos zur Erstattung der Schulungskosten in Höhe von 190 DM aufgefordert hatte, hat sie am 14. September 1988 das personalvertretungsrechtliche Beschlußverfahren eingeleitet.
Mit Beschluß vom 17. Juli 1989 hat das Verwaltungsgericht Berlin – Fachkammer für Personalvertretungssachen Berlin – den Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Gericht darauf abgestellt, die geltend gemachte Verpflichtung der Dienststelle zur Kostentragung gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1, § 42 Abs. 3 BlnPersVG scheitere am Wortlaut des § 42 Abs. 3 BlnPersVG. Danach sei für eine Freistellung vom Dienst zu Schulungszwecken mit der Folge der Einstandspflicht der Dienststelle für die Schulungskosten die Mitgliedschaft im Personalrat notwendig. Frau E. sei aber weder zum Zeitpunkt der Fassung des Entsendungsbeschlusses des Beteiligten zu 2 noch während der Schulungsveranstaltung Personalratsmitglied gewesen.
Auf die hiergegen eingelegte Beschwerde der Antragstellerin hat das Oberverwaltungsgericht Berlin die erstinstanzliche Entscheidung abgeändert und antragsgemäß festgestellt, daß der Beteiligte zu 1 der Antragstellerin die Kosten der Teilnahme der Verwaltungsangestellten E. an dem Seminar der Antragstellerin vom 19. bis 23. Oktober 1987 in Höhe von 190 DM zu erstatten habe. Diese Entscheidung hat das Oberverwaltungsgericht im wesentlichen wie folgt begründet:
Der Kostenerstattungsanspruch der Antragstellerin ergebe sich aus § 40 Abs. 1 Satz 1, § 42 Abs. 3 BlnPersVG i.V.m. § 398 BGB. Zwar habe die zur Schulung entsandte Beschäftigte während der Schulung nicht dem Personalrat ihrer Dienststelle angehört. Sie habe lediglich den Status einer auf einer Vorschlagsliste aufgeführten, aber nicht gewählten Beschäftigten innegehabt. Für diesen Personenkreis könne im allgemeinen keine Freistellung zu Schulungszwecken gemäß § 42 Abs. 3 BlnPersVG mit der Folge der Erstattung der Schulungskosten durch die Dienststelle gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 BlnPersVG erfolgen. Der vorliegende Sachverhalt weise aber die Besonderheit auf, daß bereits zur Zeit der Fassung des Entsendungsbeschlusses und der Durchführung der Schulungsveranstaltung mit Sicherheit zu erwarten gewesen sei, daß die entsandte Wahlbewerberin etwa achteinhalb Monate später endgültig in den Personalrat nachrücken würde. Diese Aussicht sei geeignet gewesen, frühzeitig ein Schulungsbedürfnis zu begründen. Denn die Teilnahme an der Schulungsveranstaltung habe lediglich eine Schulung vorweggenommen, die nach Eintritt von Frau E. in den Personalrat mit Rücksicht auf die dann noch verbleibende Amtszeit von mehr als einem Jahr erforderlich gewesen wäre. Es sei für eine sachgemäße Wahrnehmung der Aufgaben des Personalrats nur von Vorteil, wenn ein endgültig nachrückendes Ersatzmitglied bereits von Beginn seiner Mitgliedschaft an über die notwendigen Kenntnisse verfüge und diese bis dahin gegebenenfalls als Verhinderungsvertreter nutzbar machen könne. Diese Rechtsauffassung lasse sich durchaus mit dem Wortlaut des § 42 Abs. 3 BlnPersVG vereinbaren. Jedenfalls sei eine analoge Anwendung dieser Vorschrift geboten. Das objektive und subjektive Bedürfnis einer Schulung im Personalvertretungsrecht habe bei Frau E. außer Frage gestanden.
Mit der vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde rügt der Beteiligte zu 1 die Verletzung von § 40 Abs. 1 Satz 1, § 42 Abs. 3 BlnPersVG durch die Beschwerdeentscheidung und trägt zur Begründung im wesentlichen vor:
Frau E. habe durch ihre Teilnahme an der Veranstaltung der Antragstellerin einen an diese abtretbaren Kostenerstattungsanspruch nicht erwerben können, weil sie zur Zeit der Durchführung der Veranstaltung nicht Mitglied des Personalrats gewesen sei. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 42 Abs. 3 BlnPersVG komme eine Freistellung zu Schulungszwecken nur für Mitglieder des Personalrats in Betracht. Wie sich § 28 Abs. 1 BlnPersVG entnehmen lasse, seien erfolglose Wahlbewerber – wie Frau E. zur Zeit ihrer Schulung – vor einem endgültigen Nachrücken in den Personalrat und außerhalb des Zeitraums einer Verhinderungsvertretung gerade nicht Mitglieder des Personalrats. Der Gesetzgeber habe sich die Erwägungen, mit denen das Oberverwaltungsgericht die Freistellungs- und Kostentragungspflicht der Dienststelle bejaht habe, nicht zu eigen gemacht.
Der Beteiligte zu 1 beantragt,
den Beschluß des Oberverwaltungsgerichts Berlin – Fachsenat für Personalvertretungssachen Berlin – vom 15. November 1990 aufzuheben und die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Berlin – Fachkammer für Personalvertretungssachen Berlin – vom 17. Juli 1989 zurückzuweisen.
Die Antragstellerin beantragt, die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1 zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angegriffene Beschwerdeentscheidung.
Der Oberbundesanwalt beim Bundesverwaltungsgericht hat sich am Rechtsbeschwerdeverfahren beteiligt. Er vertritt die Auffassung, daß eine Kostentragungspflicht der Dienststelle für die Schulung der Verwaltungsangestellten E. jedenfalls deshalb nicht bestehe, weil diese Schulung zur Zeit ihrer Vornahme im Oktober 1987 nicht als erforderlich im Sinne von § 42 Abs. 3 BlnPersVG habe angesehen werden können. Denn aufgrund der damals noch zu überbrückenden Zeitspanne von ca. achteinhalb Monaten bis zu einem dauerhaften Nachrücken von Frau E. in den Personalrat habe keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür vorgelegen, daß es am 1. Juli 1988 tatsächlich zum endgültigen Erwerb der Mitgliedschaft habe kommen müssen.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1 ist begründet.
Auf die Rechtsbeschwerde ist der Beschluß des Verwaltungsgerichts vom 17. Juli 1989 wiederherzustellen, da der angegriffene Beschluß des Oberverwaltungsgerichts vom 15. November 1990 auf der unrichtigen Anwendung der maßgeblichen Vorschriften der §§ 40 Abs. 1 Satz 1, 42 Abs. 3 BlnPersVG beruht (§ 91 Abs. 1, 2 BlnPersVG, § 93 Abs. 1 ArbGG). Entgegen der Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts wird durch diese Vorschriften eine Verpflichtung der Dienststelle zur Tragung derjenigen Kosten, die durch die Teilnahme eines vom Personalrat entsandten Beschäftigten an einer Schulungsveranstaltung entstehen, jedenfalls dann nicht begründet, wenn der Teilnehmer während der Dauer der Schulungsveranstaltung nicht dem Personalrat der Dienststelle angehört. Dies gilt auch für solche Beschäftigte, die sich bei der letzten Personalratswahl der Dienststelle erfolglos um die Mitgliedschaft im Personalrat beworben haben, selbst wenn ihr Nachrücken in den Personalrat wahrscheinlich ist.
Gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 BlnPersVG, der inhaltlich mit § 44 Abs. 1 Satz 1 BPersVG übereinstimmt, trägt die Verwaltung die durch die Tätigkeit des Personalrats entstehenden Kosten. Nach der Rechtsprechung des Senats umfaßt diese Kostentragungspflicht der Dienststelle die Kosten der Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung (sog. Schulungskosten), wenn die Teilnahme aufgrund eines Entsendungsbeschlusses des Personalrats erfolgt und die gesetzlichen Anforderungen des § 42 Abs. 3 BlnPersVG an eine Freistellung vom Dienst zur Ermöglichung der Teilnahme erfüllt sind. Unter diesen Voraussetzungen erwirbt der Teilnehmer, der sich gegenüber dem Veranstalter persönlich zur Bezahlung der Schulungskosten verpflichtet hat, einen Anspruch gegen seine Dienststelle auf Erstattung dieser Kosten. Dieser Anspruch kann an den Veranstalter abgetreten werden, sofern dieser die Schulungskosten verauslagt hat (BVerwG, Beschluß vom 27. April 1979 – BVerwG 6 P 45.78 – BVerwGE 58, 54, 56; Beschluß vom 22. März 1984 – BVerwG 6 P 5.82 – BVerwGE 69, 100, 102; Beschluß vom 23. April 1991 – BVerwG 6 P 19.89 – BVerwGE 88, 137, 139).
Nach dem – auch für die Kostentragung maßgeblichen – § 42 Abs. 3 BlnPersVG, der wörtlich mit § 46 Abs. 6 BPersVG übereinstimmt, sind die Mitglieder des Personalrats unter Fortzahlung der Bezüge für die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen vom Dienst freizustellen, soweit diese Kenntnisse vermitteln, die für die Tätigkeit im Personalrat erforderlich sind. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, steht danach bei Beschäftigten, die sich bei der letzten Personalratswahl der Dienststelle erfolglos um die Mitgliedschaft im Personalrat beworben haben und daher allenfalls als Vertreter oder Nachrücker von Mitgliedern des Personalrats in Betracht kommen, der Freistellung vom Dienst zu Schulungszwecken – und somit auch der Erstattung der durch ihre Schulung entstandenen Kosten – bereits der eindeutige Wortlaut des § 42 Abs. 3 BlnPersVG entgegen. Wenn diese Vorschrift eine Freistellung vom Dienst für „Mitglieder” des Personalrats vorsieht, so läßt diese unmißverständliche Wortwahl des Gesetzgebers nur den Schluß zu, daß eine Freistellung von Beschäftigten, die zur Zeit der Schulung nicht Mitglied des Personalrats sind, ausgeschlossen ist.
Erfolglose Wahlbewerber sind vor einem dauerhaften oder vorübergehenden Nachrücken in den Personalrat als „Ersatzmitglieder” gemäß § 28 Abs. 1 Sätze 1, 2 BlnPersVG keine Mitglieder des Personalrats, sondern stehen außerhalb dieses Organs. Insofern macht es keinen Unterschied, ob sie als „Nachrücker” (Satz 1) oder als „Verhinderungsvertreter” (Satz 2) eintreten werden. Sie sind deshalb nicht den Mitgliedern des Personalrats, sondern den übrigen Beschäftigten der Dienststelle gleichgestellt. Denn an die von § 28 Abs. 1, 2 BlnPersVG vermittelte Anwartschaft auf Erwerb der Mitgliedschaft sind im Berliner Personalvertretungsgesetz – ebenso wie im BPersVG – für sich genommen keine Rechtsfolgen geknüpft (BVerwG, Beschluß vom 24. Oktober 1975 – BVerwG 7 P 14.73 – BVerwGE 49, 271; Beschluß vom 27. September 1984 – BVerwG 6 P 38.83 – NJW 1985, 2842).
Dem Oberverwaltungsgericht ist auch nicht darin zuzustimmen, daß das Bestehen – einer Freistellungs- und Kostentragungspflicht der Dienststelle für die Schulung eines Wahlbewerbers, dessen dauerhaftes Nachrücken in den Personalrat nach Abschluß der Schulungsveranstaltung zu erwarten ist, auf eine analoge Anwendung des § 42 Abs. 3 BlnPersVG gestützt werden kann. Eine Analogie d.h. eine Übertragung der durch eine Norm angeordneten Rechtsfolge auf einen ihr nicht unterfallenden Sachverhalt, kann nur vorgenommen werden, um eine echte Gesetzeslücke auszufüllen.
Darunter ist eine Unvollständigkeit des Gesetzes wegen eines versehentlichen, dem Gesetzeszweck zuwiderlaufenden Regelungsversäumnisses des Gesetzgebers zu verstehen. Eine solche Lücke darf von den Gerichten im Wege der Analogie geschlossen werden, wenn sich aufgrund der gesamten Umstände feststellen läßt, daß der Gesetzgeber die von ihm angeordnete Rechtsfolge auch auf den nicht erfaßten Sachverhalt erstreckt hätte, wenn er diesen bedacht hätte (BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1978 – BVerwG 6 C 46.78 – BVerwGE 57, 183, 186; Beschluß vom 10. März 1982 – BVerwG 6 P 36.80 – Buchholz 238.3 A § 6 BPersVG Nr. 5; Beschluß vom 24. September 1985 – BVerwG 6 P 21.83 –, Buchholz 238.3 A § 92 BPersVG Nr. 4).
Eine solche Lücke liegt hier nicht vor, denn es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß es sich bei der Nichteinbeziehung von erfolglosen Wahlbewerbern in den für eine Freistellung vorgesehenen Personenkreis um eine echte Gesetzeslücke handelt. Vielmehr ist davon auszugehen, daß der Beschränkung der Freistellung auf Mitglieder des Personalrats eine bewußte gesetzgeberische Entscheidung zugrunde liegt. Jedenfalls deutet nichts darauf hin, daß die Gleichstellung von erfolglosen Wahlbewerbern mit Personalratsmitgliedern hinsichtlich der Schulungsteilnahme bei Vorliegen der vom Oberverwaltungsgericht aufgestellten Voraussetzung dem Willen des Berliner Gesetzgebers entspricht. Gegen ein unbeabsichtigtes Regelungsversäumnis spricht zum einen der eindeutige Wortlaut des § 42 Abs. 3 BlnPersVG. Es ist anzunehmen, daß sich der Gesetzgeber über die Bedeutung des Begriffs „Mitglieder des Personalrats” im klaren war. Zum anderen hat der Gesetzgeber im Berliner Personalvertretungsgesetz auch ansonsten keine Gleichstellung von erfolglosen Wahlbewerbern mit Personalratsmitgliedern vorgenommen, wie bereits dargelegt worden ist.
Die Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts läßt sich auch mit der gesetzlichen Zielsetzung nicht vereinbaren. Denn im Berliner Personalvertretungsgesetz kommt – ebenso wie im Bundespersonalvertretungsgesetz – zum Ausdruck, daß sich der Gesetzgeber gegen eine vorsorgliche Schulung, d.h. gegen eine Schulung zur Vorbereitung auf eine erst danach einsetzende Mitgliedschaft im Personalrat zu Lasten der Dienststelle, entschieden hat. Der Berliner Gesetzgeber hat – wie der Bundesgesetzgeber – erkennbar vorgesehen, daß Beschäftigten, die erstmals ein Personalratsamt erlangen, die zur sachgerechten Aufgabenwahrnehmung erforderlichen Kenntnisse während der Dienstzeit und auf Kosten der Dienststelle erst nach Amtsantritt vermittelt werden. Er hat es als zumutbar erachtet, daß Neulinge im Personalrat – sei es unmittelbar nach der Wahl, sei es im Falle des Nachrückens – ihre Tätigkeit gegebenenfalls ohne die notwendigen Kenntnisse aufnehmen, wenn sie sich vorher nicht außerhalb des Dienstes um deren Erwerb bemüht haben.
Nach alledem kann eine Freistellungs- und Kostentragungspflicht der Dienststelle gemäß §§ 40 Abs. 1 Satz 1, 42 Abs. 3 BlnPersVG entgegen der Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts nicht durch die Erwartung begründet werden, daß der – vom Personalrat zur Schulung bestimmte – Wahlbewerber gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BlnPersVG nach Durchführung der Schulungsveranstaltung in den Personalrat nachrücken wird. Ebensowenig besteht eine Freistellungs- und Kostentragungspflicht der Dienststelle zur Ermöglichung einer Schulung im Vorgriff auf mögliche Vertretungsfälle gemäß § 28 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 BlnPersVG, sei es auch als Verhinderungsvertreter für einen länger andauernden Zeitraum oder – mit einer gewissen Häufigkeit – für einzelne Sitzungen des Personalrats. Davon ausgehend gibt der vorliegend zu beurteilende Sachverhalt keinen Anlaß, sich erneut mit der Rechtsprechung des Senats auseinanderzusetzen, wonach Freistellung und Kostentragung auch für die Schulung eines vom Personalrat entstandten „Ersatzmitglieds” nicht in Betracht kommen, das während der Dauer der Schulungsveranstaltung dem Personalrat nur vorübergehend angehört (BVerwG, Beschluß vom 27. April 1979 – BVerwG 6 P 4.78 – Buchholz 238.3 A § 46 BPersVG Nr. 3 = ZBR 1980, 153).
Die vorstehend dargelegte Rechtsauffassung des Senats steht auch nicht in Widerspruch zur Rechtsauffassung, die das Bundesarbeitsgericht im Beschluß vom 15. Mai 1986 – 6 ABR 64/83 – BAGE 52, 73 zur Freistellung eines Mitglieds des Betriebsrats zu Schulungszwecken gemäß § 37 Abs. 6, 2 BetrVG 1972 vertreten hat. Das Bundesarbeitsgericht hat aus diesen Vorschriften eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Freistellung eines Ersatzmitglieds während der Dauer einer zehnmonatigen Verhinderungsvertretung hergeleitet. Im Gegensatz zu dem Sachverhalt, der dem vorliegenden Rechtsbeschwerdeverfahren zugrunde liegt, ging es somit nicht um eine Freistellung in Erwartung einer künftigen Mitgliedschaft, sondern um eine Freistellung während einer aktuellen, längerfristigen Mitarbeit im Betriebsrat. An diesen Sachverhalt anknüpfend, hat sich das Bundesarbeitsgericht in den Gründen seines Beschlusses vom 15. Mai 1986 nicht mit der gesetzlichen Freistellungsvoraussetzung der Mitgliedschaft im Betriebsrat zum Zeitpunkt der Freistellung, sondern ausschließlich mit der weiteren gesetzlichen Freistellungsvoraussetzung der Erforderlichkeit der Schulung befaßt.
Die Festsetzung des Gegenstandswerts für das Rechtsbeschwerdeverfahren beruht auf § 10 Abs. 1 BRAGO i.V.m. § 8 Abs. 2 BRAGO.
Unterschriften
Niehues, Ernst, Seibert, Albers, Vogelgesang
Fundstellen
Haufe-Index 1214290 |
DVBl. 1994, 125 |