Entscheidungsstichwort (Thema)
Hebung der Arbeitsleistung, Anhebung der Schülerzahl keine mitbestimmungspflichtige Maßnahme zur –. Schülerzahl, Anhebung der–pro Klasse keine mitbestimmungspflichtige Maßnahme zur Hebung der Arbeitsleistung
Leitsatz (amtlich)
Wird in Ausnahmefällen von der nach schulorganisatorischen Richtlinien bestehenden Möglichkeit Gebrauch gemacht, an Grundschulen die Schülerzahl pro Klasse geringfügig über die vorgegebene Frequenzbandbreite hinaus zu erhöhen, so liegt darin keine mitbestimmungspflichtige Maßnahme zur Hebung der Arbeitsleistung im Sinne von § 85 Abs. 2 Nr. 2 BlnPersVG (= § 76 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 BPersVG).
Normenkette
BlnPersVG § 85 Abs. 2 Nr. 2; BPersVG § 76 Abs. 2 S. 1 Nr. 5
Verfahrensgang
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Oberverwaltungsgerichts Berlin – Fachsenat für Personalvertretungssachen Berlin – vom 12. August 1993 wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 6 000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Verfahrensbeteiligten streiten darüber, ob der zuständigen Personalvertretung an Entscheidungen über die vorübergehende Erhöhung der in Organisationsrichtlinien vorgesehenen Bandbreite für Klassenfrequenzen (Schülerzahlen je Klasse) ein Mitbestimmungsrecht zusteht.
Nachdem früher für die Einrichtung von Schulklassen in Berlin nur Durchschnittsfrequenzen festgelegt worden waren, führte die Senatsverwaltung für Schule, Berufsbildung und Sport zu Beginn des Schuljahres 1986/87 mit den Richtlinien für pädagogische Verbesserungen vom 12. Juni 1986 für die ersten drei Schulklassen das sogenannte Bandbreitenmodell ein, das in den darauffolgenden Jahren auf alle sechs Grundschulklassen ausgedehnt wurde. Damit sollte es den Bezirken ermöglicht werden, innerhalb des festgelegten Rahmens von Mindest- und Höchstzahlen und nach Maßgabe der vorhandenen Kapazitäten selbst über die schulische Organisation, die Einrichtung und die Größe von Klassen zu entscheiden. Unter anderem sahen die Richtlinien vor, daß bei einem Ausländeranteil bis zu 25 % Klassen mit 20 bis 28 Schülern gebildet werden können. 1990 wurde diese Frequenzbandbreite um einen Frequenzpunkt auf 21 bis 29 Schüler je Klasse angehoben.
Von Anbeginn an war auch eine Regelung über eine Ausweitung der Frequenzbandbreite in Ausnahmefällen vorgesehen. Danach bedurften Unterschreitungen der Zustimmung der Senatsverwaltung für Schule, Berufsbildung und Sport; über Ausnahmen in der Form von Überschreitungen hingegen war im Bezirk zu entscheiden.
Im Jahre 1989 gab es einen erheblichen Zustrom von Aussiedlern nach Berlin. Wegen der daraus im Bezirk Schöneberg anstehenden Probleme fand am 22. Juni 1989 eine dienstliche Besprechung statt, an der neben den Schulleitern und zwei Schulräten des Bezirks ein Oberschulrat der Senatsverwaltung für Schule, Berufsbildung und Sport teilnahmen. Im Rahmen der Besprechung erklärten einige Schulleiter, daß es notwendig sein werde, die Obergrenze der Frequenzbandbreite teilweise zu überschreiten. Der Oberschulrat erklärte daraufhin, daß dies nur im Benehmen mit dem Schulamt des Bezirks geschehen dürfe. So wurde im Schuljahr 1989/90 in einer nicht unerheblichen Zahl von Fällen verfahren.
Als der antragstellende Personalrat der Lehrer und Erzieher bei dem Bezirksamt Schöneberg davon erfuhr, verlangte er von dem Leiter der Abteilung Volksbildung bei dem Bezirksamt eine Beteiligung an der diesen Maßnahmen zugrundeliegenden Entscheidung in der Form der Mitbestimmung. Er machte geltend, bei der Erhöhung der Bandbreiten für die Klassenfrequenzen handele es sich um eine Maßnahme zur Hebung der Arbeitsleistung. Demgegenüber vertrat der Beteiligte die Ansicht, daß es sich nur um eine organisatorische Angelegenheit handele, an der ein Mitbestimmungsrecht nicht bestehe.
Der Antragsteller hat daraufhin das personalvertretungsrechtliche Beschlußverfahren eingeleitet. Seinem Antrag entsprechend hat das Verwaltungsgericht durch Beschluß vom 3. Mai 1991 festgestellt, daß durch eine in der Schulleiterkonferenz vom 22. Juni 1989 in der Form einer Ermächtigung der Schulleiter ausgesprochene Genehmigung, die Bandbreiten zu überschreiten, das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers verletzt worden sei. Die Maßnahme sei dem Schulamt zuzurechnen, weil den Schulleitern keine Personalvertretung gegenüberstehe. Da sie zu einer gesteigerten Inanspruchnahme der betroffenen Lehrkräfte führe, handele es sich um eine Maßnahme zur Hebung der Arbeitsleistung.
Hiergegen hat der seinerzeit beteiligte Abteilungsleiter des Bezirksamts Beschwerde eingelegt. Im zweiten Rechtszug sind zusätzlich noch – auf der Antragstellerseite – der Hauptpersonalrat und – als weitere Beteiligte – die Senatsverwaltung für Schule, Berufsbildung und Sport am Verfahren beteiligt gewesen. Die beiden Beteiligten haben die Aufhebung des erstinstanzlichen Beschlusses und die Zurückweisung des Antrages beantragt. Die Antragsteller wiederum haben ihren Antrag im Hinblick auf den Ablauf des Schuljahres 1989/1990 dahin abgeändert, daß sie nunmehr eine Feststellung zu der hinter dem anlaßgebenden Streitfall stehenden Rechtsfrage beantragt haben, daß nämlich die Beteiligten verpflichtet seien, die Antragsteller im Wege der Mitbestimmung zu beteiligen, wenn sie es Grundschulleitern gestatteten, bei der Einrichtung von Klassen die Frequenzbandbreite zu überschreiten, hilfsweise, wenn nach Gestattung der Überschreitung die Grundschulleiter von dieser Ermächtigung Gebrauch machten.
Das Oberverwaltungsgericht hat die erstinstanzliche Entscheidung aufgehoben und den Antrag des Antragstellers durch Beschluß vom 12. August 1993 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Bei Entscheidungen, die zur Überschreitung der Frequenzbandbreite führten, handele es sich nicht um Maßnahmen zur Hebung der Arbeitsleistung. Das Bandbreitenmodell habe eine variable Schulorganisation mit erweiterten Entscheidungsspielräumen bei der Bildung von Klassen ermöglichen sollen. Im Vordergrund hätten bei der Verkleinerung der Grundschulklassen pädagogische Zwecke gestanden. Es sei nicht um die Belastung der Lehrkräfte gegangen, sondern um eine intensivere Betreuung der Schüler im Grundschulbereich. Durch die von vornherein vorgesehene Möglichkeit der Überschreitung habe für den Fall eines vermehrten Schülerandrangs die Aufgabenerfüllung der Schulverwaltung sichergestellt werden sollen. Dementsprechend bestehe auch der Zweck dieser Ermächtigung nicht darin, die Arbeitsleistung der betroffenen Lehrer zu steigern. Es könne auch nicht die Rede davon sein, daß derartige Maßnahmen in jedem Falle, also auch bei nur geringfügigen Überschreitungen, zwangsläufig und unausweichlich zu einer Mehrbelastung der betroffenen Dienstkräfte führten. Der Arbeitsaufwand der Grundschullehrer sei nur hinsichtlich der eigentlichen Unterrichtsstunden, im übrigen aber, was Unterrichtsvorbereitungen, Korrekturen, Elternbesprechungen usw. angehe, weder im einzelnen vorherbestimmt noch sonst meßbar. Welche Klassengröße angemessen sei, um Lehrer im Rahmen ihrer Arbeitszeit auszulasten, lasse sich nicht eindeutig ermitteln. Für diese Bewertung sei daher der Unterrichtsverwaltung ein Beurteilungsspielraum zuzubilligen. Davon habe sie mit Einführung des Bandbreitenmodells in der Weise Gebrauch gemacht, daß sie Überschreitungen im Rahmen vertretbarer Grenzen den Lehrern zugemutet habe. In diesem vertretbaren Rahmen werde ihnen lediglich anheimgestellt, ihren pädagogischen Betreuungsaufwand den steigenden Schülerzahlen anzupassen. Wo die Grenzen des Vertretbaren lägen, brauche dabei nicht entschieden zu werden. Denn die Anträge des Antragstellers bezögen sich auf jedwede Form der Überschreitung, mithin auch auf solche nur geringfügigen Ausmaßes.
Gegen diesen Beschluß richtet sich die Rechtsbeschwerde. Mit ihr rügt der Antragsteller eine unrichtige Anwendung des § 85 Abs. 2 Nr. 2 BlnPersVG und beantragt, unter Abänderung des Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts Berlin vom 12. August 1993 die Beschwerde des Beteiligten gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Berlin vom 3. Mai 1991 zurückzuweisen und festzustellen, daß der Beteiligte verpflichtet ist, ihn im Wege der Mitbestimmung zu beteiligen, wenn nach der Gestattung durch den Beteiligten von der Möglichkeit der Frequenz-Bandbreitenüberschreitung Gebrauch gemacht werde.
Zur Begründung macht der Antragsteller geltend: Der Unterricht in größeren Klassen stelle erhöhte Anforderungen an die geistig/psychische Leistungsfähigkeit des Lehrers. Nicht nur die Zahl der zu korrigierenden Arbeiten erhöhe sich. Jedes zusätzliche Kind, das zu unterrichten und zu erziehen sei, verlange dem Lehrer auch mehr Aufmerksamkeit und vermehrte Aufsicht ab. Bezogen auf die gesamte Klasse erhöhe sich daher die Betreuungsintensität, zumal größere Klassen naturgemäß unruhiger seien als kleine und daher psychisch in stärkerem Maße belasteten. All dies sei eine zwangsläufige und unmittelbare Folge der Frequenzerhöhung. Da auch eine Kompensation für die vermehrten Belastungen bei der Erfüllung der täglichen Unterrichtsverpflichtung sich nicht herbeiführen lasse, handele es sich um eine Maßnahme zur Hebung der Arbeitsleistung. Ein Ausgleich sei insbesondere nicht dadurch möglich, daß die Lehrkräfte ihren außerunterrichtlichen Verpflichtungen nicht mit der gleichen Intensität nachkämen. Abgesehen davon, daß die Zahl der Eltern entsprechend größer sei, könne etwa eine Verminderung von Elterngesprächen oder -besuchen die bereits unterrichtstäglich eingetretenen Mehrbelastungen nicht ungeschehen machen.
Der Leiter des Landesschulamtes als neuer Beteiligter verteidigt den angefochtenen Beschluß. Er meint, das Beschwerdegericht habe in seine Erwägungen zu Recht einbezogen, daß Lehrer aufgrund der ihnen eingeräumten pädagogischen Gestaltungsfreiheit in der Lage seien, die für den Unterricht zu erbringenden Leistungen und damit die eigene Belastung der Schülerzahl anzupassen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das Beschwerdegericht hat zu Recht entschieden, daß eine Erhöhung der Frequenzbandbreite jedenfalls dann, wenn es nur um Überschreitungen in der Größenordnung eines einzelnen Schülers je Klasse geht, keine Maßnahme zur Hebung der Arbeitsleistung darstellt und daher nicht der Mitbestimmung nach § 85 Abs. 2 Nr. 2 BlnPersVG unterliegt.
1. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Insbesondere bestehen auch gegen die in der letzten Tatsacheninstanz gestellten Sachanträge keine Bedenken. Insoweit fehlt es auch nach Ablauf des Schuljahres nicht am Rechtsschutzbedürfnis oder Feststellungsinteresse. Da der Antragsteller schon im Beschwerdeverfahren Haupt- und Hilfsantrag auf eine Feststellung zu verallgemeinerungsfähigen Rechtsfragen umgestellt hat, die durch den anlaßgebenden Streitfall aufgeworfen worden sind und sich zwischen denselben Verfahrensbeteiligten jederzeit, d.h. mit mehr als nur geringfügiger Wahrscheinlichkeit, als weiterhin strittig erneut stellen können, bestehen unter diesem Gesichtspunkt keine Zulässigkeitsbedenken.
2. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch nicht begründet. Das Tatbestandsmerkmal „Maßnahmen zur Hebung der Arbeitsleistung” in § 85 Abs. 2 Nr. 2 BlnPersVG ist mit demjenigen des § 76 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 BPersVG identisch. Das Beschwerdegericht hat es zutreffend und unter richtiger Wiedergabe der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 76 Abs. 2 Nr. 5 BPersVG und zu anderen gleichlautenden landesrechtlichen Regelungen ausgelegt.
a) Nach dieser Rechtsprechung fallen unter den Mitbestimmungstatbestand Maßnahmen, welche darauf abzielen, die Effektivität der Arbeit qualitativ und/oder quantitativ zu fördern, d.h. die Güte und/oder Menge der zu leistenden Arbeit zu steigern. Entscheidend ist, daß die beabsichtigte Maßnahme darauf angelegt ist, auf einem oder mehreren Arbeitsplätzen einen höheren mengenmäßigen Arbeitsertrag zu erzielen oder die Qualität des Arbeitsprodukts zu verbessern. Allerdings ist als Hebung der Arbeitsleistung nicht die Steigerung der Menge oder Qualität des Arbeitsertrages anzusehen, sondern die erhöhte Inanspruchnahme des oder der betroffenen Beschäftigten, zu der solche Maßnahmen typischerweise führen, mag sie in gesteigerten körperlichen Anforderungen oder in einer vermehrten geistig-psychischen Belastung als Folge eines schnelleren Arbeitstaktes oder eines geänderten Arbeitsablaufs bestehen. Denn der Begriff „Arbeitsleistung” bezeichnet weder die Menge der während der festgelegten Arbeitszeit geleisteten Arbeit noch deren sachlichen Ertrag, das Arbeitsprodukt, sondern den körperlichen Einsatz und geistigen Aufwand, den der Beschäftigte erbringen muß, um das ihm abverlangte Arbeitsergebnis in qualitativer und quantitativer Hinsicht zu erzielen. Nur dieses Verständnis wird dem Zweck des Mitbestimmungstatbestandes vollends gerecht, den oder die betroffenen Beschäftigten vor einer unnötigen oder unzumutbaren Belastung zu bewahren (vgl. zu allem Beschluß vom 30. August 1985 – BVerwG 6 P 20.83 – BVerwGE 72, 94, 102 f.; ferner Beschlüsse vom 30. Januar 1986 – BVerwG 6 P 19.84 – Buchholz 238.35 § 61 HePersVG Nr. 4, vom 2. Oktober 1990 – BVerwG 6 P 29.87 – Buchholz 251.2 § 85 BlnPersVG Nr. 3 und vom 10. März 1992 – BVerwG 6 P 13.91 – Buchholz 250 § 76 BPersVG Nr. 24).
Allerdings ist nicht jede Maßnahme, aus der sich für einen oder mehrere Beschäftigte eine Steigerung der so verstandenen Arbeitsleistung ergeben kann, von der Zustimmung des Personalrats abhängig. Sein Mitbestimmungsrecht beschränkt sich auf Maßnahmen „zur Hebung” der Arbeitsleistung, d.h. auf solche, die darauf abzielen, das Arbeitsergebnis zu erhöhen. Daran fehlt es hier nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Beschwerdegerichts: So wie der Zweck der verkleinerten Grundschulklassen ein rein pädagogischer ist, besteht auch der Zweck der als ein Bestandteil des Bandbreitenmodells von vornherein vorgesehenen Ermächtigung zur Überschreitung dieser Bandbreiten nicht darin, die Arbeitsleistung der betroffenen Lehrer zu steigern; vielmehr soll die Ermächtigung lediglich dazu dienen, die Aufgabenerfüllung der Schulverwaltung für den Fall eines vermehrten Schülerandrangs sicherzustellen.
b) Das Erfordernis, daß eine Maßnahme „zur Hebung” der Arbeitsleistung darauf abzielen muß, das Arbeitsergebnis einzelner oder mehrerer Beschäftigter zu erhöhen, hat der Senat allerdings nicht nur dann als erfüllt angesehen, wenn dies der unmittelbare und erklärte Zweck der Maßnahme ist, sondern unbeschadet sonstiger Absichten auch dann, wenn die Hebung zwangsläufig und für die Betroffenen unausweichlich (mittelbar) damit verbunden ist, etwa weil bestimmte Tätigkeiten in unverminderter Menge und Güte in verringerter, minutengenauer Zeit verrichtet werden müssen (Beschluß vom 10. März 1992 – BVerwG 6 P 13.91 – Buchholz 250 § 76 BPersVG Nr. 24). Das ist auch dann anzunehmen, wenn Tätigkeiten in größerer Zahl bei unverminderter Güte in gleichbleibender, exakt festgelegter Zeit verrichtet werden müssen. Die Zwangsläufigkeit allein reicht indessen in beiden Fällen für die Annahme einer Maßnahme „zur” Hebung der Arbeitsleistung nicht aus. Wesentlich für den Schluß von den objektiven Gegebenheiten auf den Zweck der Hebung ist die Unausweichlichkeit im Sinne einer – mit der zwangsläufigen Beschleunigung oder Vermehrung der zu verrichtenden Tätigkeiten verbundenen – erhöhten Arbeitsbelastung im Ganzen (Beschluß vom 11. November 1993 – BVerwG 6 PB 4.93 – Buchholz 251.3 § 63 BPersVG Nr. 1). Von einer solchen Unausweichlichkeit ist beispielsweise dann nicht auszugehen, wenn in einem Teilbereich der Beschäftigung zwar Mehrarbeit mit erhöhten Anforderungen an die Beschäftigten anfällt, gleichzeitig jedoch eine Entlastung von anderen Aufgaben erfolgt (vgl. Beschluß vom 30. Januar 1986 – BVerwG 6 P 19.84 – a.a.O.). Ähnliches muß jedoch auch dann gelten, wenn es den betroffenen Beschäftigten überlassen bleibt, bei eigenverantwortlicher Arbeitsgestaltung eine partielle Vermehrung oder Intensivierung der Beanspruchung in bestimmten Tätigkeitsbereichen quantitativ durch eine Verringerung oder qualitativ durch verminderte Intensität der Tätigkeiten in anderen Bereichen zu kompensieren. Wie das Beschwerdegericht zutreffend und in wörtlicher Anlehnung an den bereits genannten Beschluß des Senats vom 10. März 1992 – BVerwG 6 P 13.91 – ausgeführt hat, kann eine solche Kompensation etwa in der Weise in Betracht kommen, daß eine Verringerung anderer Tätigkeiten oder eine Verminderung der Arbeitsgüte anheimgestellt wird.
Demgegenüber greift der Einwand der Rechtsbeschwerde, eine Kompensation an anderer Stelle könne die einmal eingetretenen Mehrbelastungen nicht ungeschehen machen, nicht durch. Entscheidend ist allein die Gesamtbelastung durch Arbeitsmenge und Arbeitsintensität sämtlicher Tätigkeiten. Die Möglichkeit einer Kompensation ist daher anzuerkennen, wenn genügend Spielraum für einen eigenverantwortlich herbeizuführenden, sachlich und umfänglich angemessenen Ausgleich vorhanden ist.
Ob die Möglichkeit eines eigenverantwortlich herbeizuführenden Ausgleichs für eine teilweise vermehrte Arbeitsbelastung nach den Umständen des Einzelfalles wirklich vorliegt, ist in erster Linie eine Tatsachenfrage. Zu Unrecht beruft sich daher die Rechtsbeschwerde auf den Beschluß des Senats vom 2. Oktober 1990 – BVerwG 6 P 29.87 – Buchholz 251.2 § 85 BPersVG Nr. 3. Dort hat der Senat zwar entschieden, daß dann, wenn Ausbildern zwölf statt bisher zehn Jugendliche zur außerberuflichen berufspraktischen Ausbildung zugewiesen würden, eine Maßnahme zur Hebung der Arbeitsleistung vorliege. Der Senat hat dabei jedoch an die bindenden Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen angeknüpft und darauf abgestellt, daß die dort zu beurteilende Form der beruflichen Ausbildung in überbetrieblichen Ausbildungswerkstätten generell und zusätzlich noch aus Gründen der Arbeitssicherheit in besonderem Maße auf den einzelnen Auszubildenden bezogen sei. Es liegt auf der Hand, daß ein verstärkter Zwang zur Einzelbetreuung und die dadurch verursachte Betreuungsintensität den Möglichkeiten einer Kompensation der Mehrbelastung, die aus einer Erhöhung der Gruppengröße um 20 % resultiert, auch aus Gründen der Arbeitssicherheit deutliche Grenzen setzt. Der Senat hat seinerzeit aber ausdrücklich darauf hingewiesen, daß dies bei jener Ausbildung in stärkerem Maße der Fall sei als z.B. beim allgemeinbildenden Unterricht.
c) Die Anwendung dieser rechtlichen Maßstäbe auf den vorliegenden Fall läßt einen Rechtsfehler des Beschwerdegerichts nicht erkennen. Es hat festgestellt, daß den Lehrern lediglich zugemutet werde, die mit steigenden Schülerzahlen verbundene Mehrbelastung durch geeignete Dispositionen auszugleichen; dies sei jedenfalls in dem begrenzten Umfang eines einzelnen Schülers, wie er hier angesichts des insoweit undifferenzierten Antrages – zumindest auch – in Rede stehe, ohne weiteres möglich (S. 15 des Beschlusses). Für die Betreuung (der einzelnen Schüler) im Unterricht stehe dem Lehrer eine gewisse Bandbreite zur Verfügung; ähnliches gelte für die Kontrolle der Hausarbeiten und sonstigen schriftlichen Arbeiten (S. 16 f.). Selbst hinsichtlich seiner Aufsichtspflicht habe er die Möglichkeit, durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, daß die Schüler seiner Kontrolle hinreichend unterlägen; das gelte beispielsweise auch für Schulausflüge (S. 17).
aa) Diese Feststellungen rechtfertigen die Würdigung des Beschwerdegerichts, daß eine Mehrbelastung der Lehrer im Grundschulbereich durch eine geringfügige Überschreitung der Frequenzbandbreite im Ausnahmefall nicht unausweichlich sei. Es erscheint nachvollziehbar, daß eine gewisse Mehrbelastung, die ein zusätzlicher Schüler an pädagogischem Betreuungsaufwand auslöst, innerhalb gegebener Spielräume durch Maßnahmen, die sich im Rahmen des pädagogigschen Auftrags der Schule bewegen, ausgeglichen werden kann. Als solche kommen etwa in Betracht im mündlichen Unterricht die Verminderung des Betreuungsaufwandes bei anderen Schülern und im schriftlichen Bereich die Verringerung der Kontrollen bei Hausaufgaben sowie die Herabsetzung der Anzahl der zu korrigierenden Übungsarbeiten und Klassenarbeiten.
bb) Die Tatsachenfeststellungen des Beschwerdegerichts sind von der Rechtsbeschwerde auch nicht mit zulässigen Verfahrensrügen angegriffen worden. Die Rechtsbeschwerde beschränkt sich vielmehr darauf, die Mehrbelastungen zu verdeutlichen, die jedes zusätzliche Kind, das zu unterrichten ist, an Aufmerksamkeit, Aufsicht und pädagogischer Betreuung auslösen muß. Die Mehrbelastung wäre in der Tat unausweichlich, wenn jedem Kind die individuell absolut bestmögliche Betreuung geschuldet wäre. Das trifft so jedoch weder im Verhältnis zwischen Lehrer und Schulverwaltung noch im Verhältnis beider zu den Schulkindern und ihren Eltern zu und ist auch nicht möglich. Geschuldet ist die nach den Umständen – insbesondere nach dem vom Gesetzgeber vorgegebenen Rahmen – bestmögliche Betreuung. Nur so läßt sich überhaupt eine Frequenzbandbreite zwischen 21 und 29 Schülern vertreten. Das bedeutet, daß bei einer Erhöhung der Klassenfrequenz zwangsläufig gewisse Abstriche von der Intensität der Einzelbetreuung zu machen sind, auch wenn dies möglicherweise zu irgendwelchen Qualitätsverlusten im Unterricht führt. Diese sind jedoch sowohl von der Schulverwaltung als auch von den Schulkindern und ihren Eltern bis zu gewissen, in erster Linie vom Gesetzgeber – im Rahmen der Schulgesetzgebung oder der Haushaltsgesetzgebung – festzulegenden Grenzen hinzunehmen. Er hat die bildungspolitische Entscheidung darüber zu treffen, ob bei einer Zunahme der Schülerzahl das bisherige Niveau durch den Einsatz zusätzlicher personeller und sachlicher Mittel erhalten oder eine – nach seiner Meinung noch pädagogisch vertretbare – Senkung des Niveaus in Kauf genommen werden soll. Auf eine Mehrbelastung der Lehrer zielt keine der beiden Alternativen ab. Diese ist auch nicht unausweichlich, wenn die Entscheidung – wie hier – auf die zweitgenannte Alternative fällt.
Darüber, wie die Grenzen einer Kompensation von Mehrbelastungen durch Verminderung des Betreuungsaufwandes im einzelnen zu bestimmen sind, hatte der Senat nicht zu entscheiden. Denn einerseits erfaßt der Antrag des Antragstellers auch Erhöhungen um nur einen einzigen Schüler. Der Antrag könnte daher nur Erfolg haben, wenn auch in diesen Fällen eine Maßnahme zur Hebung der Arbeitsleistung vorläge. Andererseits erscheint es unbedenklich, wenn das Beschwerdegericht die Vertretbarkeit der Überschreitung um einen einzigen Schüler mit einem Umkehrschluß aus den bei der Verkleinerung der Klassenfrequenz angestrebten Zielen gerechtfertigt hat: So, wie die Verkleinerung nicht aus Gründen der Arbeitserleichterung für die Lehrer, d.h. nicht zur Verminderung der Gesamtbelastung, eingeführt worden ist, sondern allein, um eine Erhöhung der Betreuungsintensität für einzelne Kinder zu ermöglichen, muß umgekehrt eine geringfügige Anhebung – zumal wenn sie auf Ausnahmefälle beschränkt ist – auch nicht die Gesamtbelastung der Lehrer proportional erhöhen, an die Vertretbarkeitsgrenze heranführen oder gar über sie hinausgehen. Vielmehr erlaubt es diese Zielsetzung, wenn sie sich nach den äußeren Gegebenheiten so nicht aufrechterhalten läßt, die durchschnittliche Betreuungsintensität wieder zurückzufahren, wenn eine Erhöhung der Klassenfrequenz ansteht, sofern sie nur umfänglich entsprechend geringfügig ausfällt. Letzteres ist hier der Fall. Die rechnerische Erhöhung um etwa 4 % geht gleichsam in den Schwankungsbreiten zumutbarer Dauerbelastung auf, wie sie sich bei Schülerzahlen zwischen 21 und 29 je Klasse ergeben können. Daß entsprechende Kompensationsmaßnahmen auch im Einzelfall grundsätzlich möglich sind, sei es bei der mündlichen Unterweisung, sei es bei der schriftlichen Begleitung des Unterrichts, hat das Beschwerdegericht aufgezeigt. Dies erscheint auch nachvollziehbar. Es kann unter diesen – aus anderen Gründen gerechtfertigten – Umständen nicht jedes einzelne Kind im Mündlichen und Schriftlichen in dem Maße zum Zuge kommen, wie das vorher bei einem optimalen Unterricht der Fall war.
Die vom Beschwerdegericht angeführten Möglichkeiten werden mit der Rechtsbeschwerde auch nicht substantiiert in Abrede gestellt. Die Rechtsbeschwerde greift in diesem Zusammenhang nur die ergänzenden Ausführungen des Beschwerdegerichts zu weiteren Kompensationsmöglichkeiten in außerunterrichtlichen Bereichen auf. Diese Hinweise beziehen sich allein auf die Kompensation zusätzlicher außerunterrichtlicher Belastungen. Sie sind weder dafür gedacht noch dazu geeignet, die Möglichkeit eines Ausgleichs für die gesamten Mehrbelastungen einschließlich derjenigen der Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung des Unterrichts darzulegen.
3. Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 10 Abs. 1 BRAGO i.V.m. § 8 Abs. 2 BRAGO.
Unterschriften
Niehues, Ernst, Seibert, Albers, Vogelgesang
Fundstellen