Verfahrensgang
VGH Baden-Württemberg (Urteil vom 04.12.2008; Aktenzeichen 12 S 2549/06) |
Tenor
Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 4. Dezember 2008 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens; Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Rz. 1
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Revision ist nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) der Fragen zuzulassen,
“welcher Maßstab an die Sorgfaltspflicht eines Antragstellers, der Ausbildungsförderung nach dem BAföG begehrt, hinsichtlich der Angabe und des Nachweises von vorhandenem Vermögen in seinem Förderungsantrag angelegt wird”,
oder
“[ob] eine Auslegung des Begriffs grobe Fahrlässigkeit unter Heranziehung einer besonderen familiären Situation zulässig [ist]?”
bzw. um die “Statthaftigkeit der Berücksichtigung besonders für familiäre Situationen bei Auslegung des Begriffs grobe Fahrlässigkeit unter besonderer Berücksichtigung der Besonderheiten des Bundesausbildungsförderungsgesetzes” zu klären.
Rz. 2
Damit werden einer grundsätzlichen Klärung bedürftige und zugängliche Rechtsfragen fallübergreifender Bedeutung nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise dargelegt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (s. etwa Beschluss vom 11. Mai 2006 – BVerwG 5 B 23.06 – juris) genügt für die Darlegung nicht die bloße Benennung von Rechtsfragen in Verbindung mit der Behauptung, diese Rechtsfragen seien von grundsätzlicher Bedeutung, vielmehr bedeutet “darlegen” soviel wie “erläutern”, “erklären” oder “näher auf etwas eingehen” (vgl. Beschluss vom 2. Oktober 1961 – BVerwG 8 B 78.61 – BVerwGE 13, 90 ≪91≫). Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung erfordert, dass die Beschwerde konkret auf die Rechtsfrage, ihre Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit sowie ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingeht (vgl. etwa Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – NJW 1997, 3328). Vor allem erfordert die Darlegung der Klärungsfähigkeit konkrete Hinweise dazu, weshalb die Entscheidung über die Rechtssache von der Beantwortung der bezeichneten Rechtsfrage abhängt.
Rz. 3
Diesen Anforderungen genügt die Beschwerde nicht. Sie wendet sich im Gewande der Grundsatzrüge gegen die einzelfallbezogene Bewertung des Berufungsgerichts, der Klägerin sei hier in Bezug auf die Nichtangabe von auf ihren Namen angelegtem und ihr rechtlich zuzurechnendem Vermögen ein vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten nicht vorzuwerfen. Die Beschwerde stellt nicht in Abrede, dass die Frage, ob sich die Klägerin gegen die Rücknahme der Bewilligung gewährter Ausbildungsförderung auf Vertrauensschutz berufen kann, sich danach beurteilt, ob sie vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht hat, und geht im Einklang mit dem Berufungsgericht davon aus, dass dieser höchste Grad der Fahrlässigkeit dann gegeben sei, wenn schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt sind und das nicht beachtet worden ist, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (vgl. – zu § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 VwVfG – Urteil vom 17. Februar 1993 – BVerwG 11 C 47.92 – BVerwGE 92, 81; s.a. BSG, Urteil vom 12. Februar 1980 – 7 RAr 13/79 – SozR 4100 § 152 Nr. 10). In Bezug auf diese rechtsgrundsätzlich klärungsfähigen, indes bereits geklärten Maßstäbe macht die Beschwerde weiteren oder zusätzlichen Klärungsbedarf nicht geltend (s.a. Beschluss vom 28. Mai 2004 – BVerwG 5 B 52.04 – juris, Urteil vom 17. September 1987 – BVerwG 5 C 26.84 – BVerwGE 78, 101). Dass insoweit die Rückforderung wegen grob fahrlässig unrichtiger oder unvollständiger Angaben – ein vorsätzliches Handeln steht in Bezug auf die Klägerin nicht im Raum – erfordert, dass die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt worden ist, folgt unmittelbar aus der Legaldefinition des Gesetzes (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 HS 2 SGB X).
Rz. 4
Die weitergehende Frage, ob das Verhalten eines Leistungsempfängers als grob oder nur leicht fahrlässig einzustufen ist, betrifft auch hinsichtlich der Berücksichtigung von Umständen aus dem familiären Bereich die tatrichterliche Würdigung im konkreten Einzelfall, nicht die Anwendung eines klärungsbedürftigen allgemeinen Rechtssatzes (s.a. BSG, Beschluss vom 27. Februar 2001 – B 7 AL 184/00 B –). Dass auch bei den Anforderungen an die Sorgfaltspflichten einer Auszubildenden, die öffentliche Fördermittel begehrt, die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen sind, bedarf nicht der Klärung. Aufgrund der – nicht mit der Verfahrensrüge angegriffenen – tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht als abstrakt klärungsbedürftig die Frage, ob bei der “Auslegung” des Begriffs der “groben Fahrlässigkeit” eine besondere familiäre Situation berücksichtigungsfähig ist. Vielmehr ist allein die – nicht fallübergreifend, verallgemeinerungsfähig zu beantwortende – Frage zu beurteilen, ob die von dem Berufungsgericht dem Grunde nach angenommene Erkundigungs- und Klärungsobliegenheit einer Auszubildenden in Bezug auf etwa auf ihren Namen angelegtes Vermögen verletzt ist, wenn ein Elternteil auf Nachfrage eindeutig erklärt hat, dies gehe die Auszubildende nichts an, auch handle es sich nicht um ihr Geld, sie dann – auch wegen eines angespannten familiären Verhältnisses in der Vergangenheit – nach dem misslungenen Versuch nicht weiter nachforschte und es sich aufgrund der gesamten Umstände nicht aufdrängen musste, “dass es sich trotz der eindeutigen Aussage und des Gebaren ihres Vaters bei den angelegten Geldbeträgen nicht um dessen, sondern um ihr eigenes Vermögen handeln könnte”.
Rz. 5
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).
Rz. 6
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit aus § 188 Satz 2 VwGO.
Unterschriften
Hund, Prof. Dr. Berlit, Stengelhofen
Fundstellen