Entscheidungsstichwort (Thema)
Bauleitplanung, Erforderlichkeit. planerische Eigenverantwortung der Gemeinde. Zulässigkeit von Vorhaben. Einvernehmen der Gemeinde. widersprüchliches Verhalten. Spielhalle
Leitsatz (amtlich)
Die Gemeinde ist durch die Erteilung des Einvernehmens (§ 36 Abs. 1 Satz 2 BauGB) hinsichtlich eines bestimmten Vorhabens grundsätzlich nicht gehindert, eine die Zulässigkeit des Vorhabens ausschließende Bauleitplanung (hier: Ausschluß von Spielhallen) zu betreiben.
Normenkette
BauGB § 1 Abs. 3, § 2 Abs. 1 S. 1, § 36 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1; BauNVO § 1 Abs. 9
Verfahrensgang
Bayerischer VGH (Urteil vom 06.07.1998; Aktenzeichen 1 N 95.2013) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 6. Juli 1998 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 20 000 DM festgesetzt.
Gründe
Die auf die grundsätzliche Bedeutung der Sache gestützte Beschwerde der Antragstellerin ist – ihre Zulässigkeit unterstellt – jedenfalls unbegründet. Wegen der Fragen, ob eine unzulässige “Verhinderungsplanung” vorliegt, wenn die Gemeinde zu einem konkreten Vorhaben zunächst ihr Einvernehmen erteilt hat, dieses aber später ohne neu hinzukommende Umstände verweigert, oder ob das weite Planungsermessen hinsichtlich der Erforderlichkeit einer Bauleitplanung im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB auf Null reduziert ist, wenn die Gemeinde für ein konkretes Vorhaben bereits ihr Einvernehmen erteilt hat und keine anderen Umstände hinzutreten als diejenigen, die bereits bei Erteilen des Einvernehmens vorgelegen haben, kann die Revision nicht zugelassen werden.
Zum einen sind die Fragen auf der Grundlage der Feststellungen des Normenkontrollgerichts, von denen das Bundesverwaltungsgericht auszugehen hat, nicht entscheidungserheblich. Das Normenkontrollurteil enthält nämlich keine Feststellungen zur Frage, ob die Antragsgegnerin ihr Einvernehmen mit der von der Antragstellerin geplanten Spielhalle erteilt hat. Und auch die Bezugnahme auf den Inhalt der Akten am Ende des Tatbestandes führt hier nur zur Antragsschrift der Antragstellerin vom 7. Juni 1995, in der die Antragstellerin selbst mitteilt, die Antragsgegnerin habe im Jahre 1989 ihr Einvernehmen nur befristet auf ein Jahr erteilt; diese Jahresfrist war im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses im Jahre 1994 längst abgelaufen. An einer vorbehaltlosen und noch wirksamen Einvernehmenserklärung hat es also gerade gefehlt.
Zum andern bedarf es nicht erst der Klärung in einem Revisionsverfahren, daß die Gemeinde durch die Erteilung des Einvernehmens hinsichtlich eines bestimmten Vorhabens grundsätzlich nicht gehindert ist, eine ihm widersprechende Bauleitplanung zu betreiben. Die Gemeinde darf nämlich ihr Einvernehmen nur aus den sich aus den §§ 31, 33, 34 und 35 BauGB ergebenden Gründen versagen (§ 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB). Fehlt es an einem Grund, der zur Verweigerung des Einvernehmens berechtigt, so ist die Gemeinde verpflichtet, ihr Einvernehmen zu erteilen. Hiervon unberührt bleibt aber das Recht der Gemeinde, ihre Bauleitpläne in eigener Verantwortung aufzustellen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 BauGB). Im Rahmen der Bauleitplanung darf sich die Gemeinde von “politischen Motiven” leiten lassen. Gerade die gegenwärtige planungsrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens, das mit den planerischen Vorstellungen der Gemeinde nicht übereinstimmt, kann den Anstoß für die Aufstellung oder Änderung eines Bebauungsplans geben. Daß dabei auch der Ausschluß von Spielhallen gemäß § 1 Abs. 9 BauNVO zulässig sein kann, ist in der Rechtsprechung geklärt (vgl. z.B. BVerwG, Beschluß vom 21. Dezember 1992 – BVerwG 4 B 182.92 – Buchholz 406.12 § 1 BauNVO Nr. 15 – BRS 55 Nr. 42). Ob eine Planung wegen widersprüchlichen Verhaltens der Gemeinde im Einzelfall fehlerhaft sein kann, bedarf keiner Klärung, weil der Beschwerde keinerlei Anhaltspunkte hierfür entnommen werden können.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Den Wert des Streitgegenstandes setzt der Senat gemäß § 14 Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG fest.
Unterschriften
Gaentzsch, Lemmel, Rojahn
Fundstellen