Verfahrensgang

Hessischer VGH (Aktenzeichen 8 UE 3089/95)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 15. Juni 2000 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 32 406 DM festgesetzt.

 

Gründe

Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

1. Entgegen dem Vorbringen des Klägers kommt der von ihm aufgeworfenen Frage keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu.

Als klärungsbedürftig bezeichnet die Beschwerde (sinngemäß) die Frage, wer die Darlegungs- und Beweispflicht im Verfahren zur Erlangung einer Förderung im Rahmen des Hessischen Kulturlandschaftsprogramms zu tragen hat. Dieses Verfahren ist durch die vom Hessischen Ministerium für Landesentwicklung, Wohnen, Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz am 23. Juni 1993 erlassenen Richtlinien zur Förderung einer extensiven Landbewirtschaftung geregelt und unterfällt damit dem nichtrevisiblen Landesrecht. Inwiefern das angefochtene Urteil in Hinblick auf die zur Klärung gestellte Frage gleichwohl Bundesrecht oder eine Vorschrift des Hessischen Verwaltungsverfahrensgesetzes, die ihrem Wortlaut nach mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes übereinstimmt, verletzen könnte (§ 137 Abs. 1 VwGO), ist weder der Beschwerdebegründung zu entnehmen noch sonstwie ersichtlich. Insbesondere lässt sich diese Frage nicht nach dem Gemeinschaftsrecht – also Bundesrecht im Sinne der vorgenannten Bestimmung – beantworten. Das hessische Förderungsprogramm dient zwar der Umsetzung der Verordnung (EWG) Nr. 2078/92, diese überlässt aber in ihrem Art. 5 Abs. 1 Buchst. a) und d) die Festlegung der Bedingungen für die Gewährung der Beihilfe, insbesondere jener für die Überprüfung und Kontrolle der Einhaltung der eingegangenen Verpflichtungen, den Mitgliedstaaten.

2. Auch die Verfahrensrügen (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) sind unbegründet.

Zum einen stellt es keinen Verfahrensfehler dar, dass das angegriffene Urteil von dem Senatsvorsitzenden erlassen worden ist, obwohl der Kläger sein hierzu gemäß § 87 a Abs. 2 VwGO erteiltes Einverständnis zwei Wochen nach der mündlichen Verhandlung, aber noch vor Verkündung dieses Urteils „widerrufen” hat. Die Erklärung des Einverständnisses mit einer Entscheidung durch den Vorsitzenden (bzw. den Berichterstatter) ist grundsätzlich unwiderruflich. Dies ist durch den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Oktober 1996 (– BVerwG 11 B 73.96 – Buchholz 310 § 87 a Nr. 2) hinreichend geklärt. Auf diese Entscheidung hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof in seinem die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ablehnenden Beschluss vom 15. Juni 2000 ausdrücklich hingewiesen, so dass sich eine weitere Begründung erübrigt. Eines Eingehens auf die Frage, ob ein Widerruf ausnahmsweise dann zulässig ist, wenn sich die Prozesslage nach Abgabe der Erklärung wesentlich geändert hat, bedarf es nicht, weil für das Vorliegen dieser Voraussetzung nichts vorgetragen ist. Dabei versteht es sich von selbst, dass als wesentliche Änderung nicht schon eine sich in der mündlichen Verhandlung abzeichnende Verschlechterung der Erfolgsaussichten gewertet werden kann. Zu Unrecht wendet die Beschwerde ein, über den Widerruf habe nicht der Vertreter des Vorsitzenden, sondern der gesamte Senat zu befinden gehabt. Denn durch einen Widerruf der in Rede stehenden Art wäre eine Verfahrenssituation, die einer förmlichen Entscheidung in der Sache – sei es durch den Vorsitzenden oder seinen Vertreter, sei es durch den ganzen Spruchkörper – zugänglich ist, allenfalls entstanden, wenn sich die Prozesslage nach Abgabe der Erklärung nach § 87 a Abs. 2 VwGO wesentlich geändert hätte. Dafür ist indes – wie bereits gesagt – nichts vorgetragen.

Als weiteren Verfahrensfehler macht die Beschwerde eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend. Nach ihrer Ansicht hätte das Gericht dem Kläger in der mündlichen Verhandlung antragsgemäß einen Schriftsatzvorbehalt einräumen müssen. Auch diese Rüge entbehrt der Berechtigung.

Zum einen ist der Niederschrift über die mündliche Verhandlung nicht einmal zu entnehmen, dass ein entsprechender Schriftsatzvorbehalt erbeten worden ist. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, hat der Klägervertreter diesem Wunsch zumindest keinen Nachdruck dadurch verliehen, dass er auf einer Protokollierung bestanden hätte (§ 160 Abs. 4 ZPO i.V.m. § 105 VwGO). Von einer Verletzung des rechtlichen Gehörs kann aber vor allem deshalb keine Rede sein, weil die Beteiligten am Schluss der mündlichen Verhandlung auf Vorschlag des Gerichts einen – vom Kläger allerdings zwei Wochen später widerrufenen – Vergleich abgeschlossen und damit konkludent zum Ausdruck gebracht hatten, dass die Sache entscheidungsreif sei und weiterer Klärungsbedarf nicht bestehe. Angesichts der Bereitschaft auch des Klägers, den Rechtsstreit durch Vergleich zu beenden, bestand für das Gericht selbst bei unterstellter Antragstellung keine zwingende Veranlassung, einen Schriftsatz nachzulassen, zumal ein solcher auf den Inhalt des Vergleichs keinen Einfluss hätte haben können.

3. Die Divergenzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) hat ebenfalls keinen Erfolg. Sie richtet sich gegen die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Darlegungs- und Beweislast, ohne dass der vermeintliche Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in der durch § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO gebotenen Weise bezeichnet würde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, aufgrund der widersprüchlichen Angaben des Klägers habe sich nicht feststellen lassen, dass er die Voraussetzungen für die Beihilfegewährung erfüllt habe. Die Beschwerde hat demgegenüber keine höchstrichterliche Entscheidung aufzuzeigen vermocht, derzufolge eine Beihilfe auch dann zu leisten sei, wenn vom Vorliegen der anspruchsbegründenden Tatsachen nicht ausgegangen werden kann.

Verwaltungsbehörden und Verwaltungsgerichte müssen den entscheidungserheblichen Sachverhalt von Amts wegen ermitteln; sie haben die Beteiligten dabei heranzuziehen, sind aber an deren Vorbringen und Beweisanträge nicht gebunden (§ 24 Abs. 1 VwVfG, § 86 Abs. 1 VwGO). Sind alle in Betracht kommenden Aufklärungsmöglichkeiten ausgeschöpft, ohne dass bestimmte entscheidungserhebliche Tatsachen zur Überzeugung der Behörde oder des Gerichts feststehen, geht die Nichterweislichkeit der Tatsachen zu Lasten dessen, der daraus für sich günstige Rechtsfolgen herleitet, sofern nicht das materielle Recht eine andere Verteilung der Beweislast vorsieht (stRspr.; vgl. BVerwG, Urteil vom 20. April 1994 – BVerwG 11 C 60.92 – Buchholz 442.16 § 15 StVZO Nr. 4 m.w.N.). Das angegriffene Urteil steht im Einklang mit diesen Grundsätzen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.

 

Unterschriften

Prof. Dr. Driehaus, Dr. Borgs-Maciejewski, Kimmel

 

Fundstellen

Dokument-Index HI557925

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