Verfahrensgang
Bayerischer VGH (Beschluss vom 05.06.1991; Aktenzeichen 18 P 91. 00944) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem Beschluß des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 5. Juni 1991 wird zurückgewiesen.
Gründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des Beschwerdegerichts sind nicht gegeben. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts weicht nicht gemäß § 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. §§ 92 a Satz 1, 92 Abs. 1 Satz 2, 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG von einem der in der Beschwerdeschrift angeführten Beschlüsse des Bundesverwaltungsgerichts bzw. des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs ab.
Eine die Rechtsbeschwerde eröffnende Divergenz liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Senats nur vor, wenn das Beschwerdegericht seinem Beschluß einen abstrakten, die Entscheidung tragenden Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der im Widerspruch zu einem ebensolchen und von der Nichtzulassungsbeschwerde zu bezeichnenden Rechtssatz in einem Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts bzw. eines anderen mit Streitigkeiten aus dem Personalvertretungsrecht befaßten Gerichts steht, das mit den in § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG bezeichneten Gerichten vergleichbar ist. Diese Voraussetzungen sind nach dem Vorbringen der Nichtzulassungsbeschwerde nicht erfüllt.
Der angegriffene Beschluß beruht auf folgenden Erwägungen: Einem Personalrat, dessen Mitbestimmungsrecht mit der Durchführung einer Maßnahme verletzt worden sei, stehe auch dann, wenn dies rechtskräftig festgestellt sei, kein Anspruch darauf zu, „daß der Dienststellenleiter, nachdem er das Beteiligungsverfahren nicht nachgeholt hat, die Maßnahme rückgängig macht”. Zwar dürfe nach § 69 Abs. 1 BPersVG die der Mitbestimmung des Personalrats unterliegende Maßnahme nur mit dessen Zustimmung getroffen werden, die hier nicht erteilt worden sei; daraus ergebe sich aber kein Rechtsanspruch des Personalrats in bezug auf die Maßnahme selbst.
Mit diesen Rechtssätzen weicht der Beschluß des Beschwerdegerichts entgegen der Auffassung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht von einem Rechtssatz in dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. November 1986 – BVerwG 2 C 20.84 – (BVerwGE 75, 138) ab. In dem Urteil ist zwar ausgeführt, daß eine wegen fehlender Zustimmung des Personalrats rechtswidrige Maßnahme nur dadurch wirksam rückgängig gemacht werden kann, daß – jedenfalls zunächst – der ursprüngliche Zustand wiederhergestellt wird. Dabei geht es freilich nur darum, wie ein Anspruch auf Rückgängigmachung zu erfüllen ist. Daß ein solcher Anspruch überhaupt besteht, stand zwischen den Parteien jenes Verfahrens bereits rechtskräftig fest (a.a.O. S. 139). Einen diesen Anspruch betreffenden Rechtssatz hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts in dem genannten Urteil also nicht aufgestellt. Schon aus diesem Grunde kann daher die gerügte Divergenz nicht vorliegen. Der Beschluß des Beschwerdegerichts weicht aber auch der Sache nach nicht von der in dem Urteil genannten weiteren Rechtsprechung des 2. Senats zum Anspruch des Beamten auf Rückgängigmachung einer ihn betreffenden personellen Maßnahme ab, die wegen unterbliebener Mitbestimmung oder aus anderen Gründen rechtswidrig (und nicht, wie die Nichtzulasungsbeschwerde meint, unwirksam) ist und daher zunächst einmal Rechtsgeltung beansprucht. Bei dieser Rechtsprechung geht es immer nur um einen individuellen-subjektiven Anspruch, der dem von der Maßnahme Betroffenen zusteht. Zur Aktivlegitimation des Personalrats kann sie daher zwangsläufig keine entscheidungserheblichen Aussagen enthalten, besagt sie dazu auch rein tatsächlich nichts.
Soweit die Nichtzulassungsbeschwerde rügt, der Beschluß des Beschwerdegerichts weiche auch von der in ihm genannten Rechtsprechung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs ab, genügt die Nichtzulassungsbeschwerde bereits nicht den Anforderungen an die Bezeichnung einer Divergenz (§§ 92 a Satz 2, 72 a Abs. 3 Satz 2 ArbGG). Denn Rechtssätze aus den vermeintlichen Divergenzentscheidungen werden in ihr nicht genannt. Im übrigen weicht die Entscheidung des Beschwerdegerichts aber auch der Sache nach nicht von den Beschlüssen des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 28. März 1990 – BPV TK 3254/89 –, vom 8. August 1990 – BPV TK 3776/89 – und vom 27. Februar 1991 – BPV TK 2740/90 – ab. Wenn demgegenüber die Beschwerdeentscheidung selbst von einem solchen Gegensatz ausgeht, beruht dies auf einem Mißverständnis, das möglicherweise auf einem nichtamtlichen Leitsatz beruht, welcher der Veröffentlichung des genannten Beschlusses vom 8. August 1990 in einer Fachzeitschrift vorangestellt ist (PersR 1991, 142). Zwar ist in den Entscheidungen des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs jeweils ausgeführt, daß dann, wenn die Verletzung von Mitbestimmungsrechten gerichtlich festgestellt wird, der Dienststellenleiter verpflichtet ist, die Maßnahme rückgängig zu machen. Dabei ist aber zu berücksichtigen, daß die Entscheidungen sich jedenfalls nicht ausdrücklich dazu äußern, ob dieser Verpflichtung ein Anspruch des Personalrats gegenüberstehen soll. Die genannten Ausführungen müssen außerdem im (nicht veröffentlichten) Zusammenhang gesehen werden. Sie dienen nur der Begründung des für die Feststellung der Verletzung eines Mitbestimmungsrechts erforderlichen Rechtsschutzinteresses. Dieses hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof dem Personalrat beim Vollzug fortdauernder Maßnahmen eben mit Blick auf die genannte Verpflichtung zuerkannt. Es ist zumindest nicht auszuschließen, daß der Verwaltungsgerichtshof dabei von einer objektiv-rechtlichen Verpflichtung ausgegangen ist. Für eine dahin gehende Annahme sprechen darüber hinaus sogar gewichtige Gründe. Denn zunächst zitiert das Gericht jeweils den Beschluß des Senats vom 15. Dezember 1978 – BVerwG 6 P 13.78 – (Buchholz 238.3 A § 76 BPersVG Nr. 1), der seinerseits davon ausgeht, daß das Bundespersonalvertretungsgesetz den Personalvertretungen nicht das im Beschlußverfahren verfolgbare Recht einräume, den Dienststellen die Durchführung bestimmter, der Mitbestimmung unterliegender Maßnahmen zu untersagen. Sodann verweist der Hessische Verwaltungsgerichtshof – auch insoweit in Anlehnung an den genannten Beschluß des Senats – allein darauf, daß der Dienststellenleiter zur Erfüllung seiner Verpflichtung, die Maßnahme rückgängig zu machen, „notfalls im Rahmen der Dienstaufsicht gezwungen werden” könne. Diese Möglichkeit der Durchsetzung wäre weder als alleinige noch auch nur als vorrangige in Betracht zu ziehen, wenn der Anspruch auf Rückgängigmachung im Gerichtswege durchsetzbar wäre.
Zu der vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof entschiedenen Rechtsfrage nach dem fortbestehenden Rechtschutzinteresse hat sich hingegen der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in dem angefochtenen Beschluß nicht geäußert, hatte dazu nach der Umstellung des Antrages in der Beschwerdeinstanz auch keine Veranlassung mehr.
Unterschriften
Nettesheim, Ernst, Albers
Fundstellen