Entscheidungsstichwort (Thema)
Landesrechtliche Grundlage für die Genehmigung einer selbständigen Stiftung. ausschießliche Beurteilung des Stiftungszwecks anhand des Stifterwillens. Annahme einer Gemeinwohlgefährdung bei Gefährdung von Verfassungsrechtsgütern. Parteienprivileg erfaßt nicht Gründung einer Stiftung. kein Verstoß gegen den Grundsatz der Chancengleichheit politischer Parteien bei Versagung einer Stiftungsgenehmigung wegen Gemeinwohlgefährung
Leitsatz (amtlich)
Die Voraussetzungen für die Genehmigung einer selbständigen Stiftung ergeben sich auch aus dem Landesrecht.
Zur Klärung der Frage, ob die Stiftung das Gemeinwohl gefährden wird, ist der Stiftungszweck anhand des Stifterwillens zu beurteilen. Ist der Stifter eine politische Partei, können deren in die Stiftungssatzung übernommenen politischen Ziele anhand des Parteiprogramms und der Äußerungen von Parteifunktionären ermittelt werden.
Eine Gemeinwohlgefährdung besteht jedenfalls bei einer Gefährdung von Verfassungsrechtsgütern durch die geplante Stiftung.
Die Gründung einer parteinahen Stiftung durch eine politische Partei fällt nicht in den Schutzbereich des Parteienprivilegs nach Art. 21 Abs. 2 GG.
Die Gründung einer parteinahen Stiftung gehört nicht zur Mitwirkung an der politischen Willensbildung des Volkes gemäß Art. 21 Abs. 1 GG.
Der Grundsatz der Chancengleichheit politischer Parteien ist nicht verletzt, wenn eine Partei statt einer Stiftung im Rechtssinne einen Verein gründen kann, der als parteinahe Stiftung im Sinne des Parteiengesetzes gewertet werden kann.
Normenkette
GG Art. 21 Abs. 1-2, Art. 9; BGB §§ 80, 87, 43; StiftG NW § 4 Abs. 1 lit. a
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 8. Dezember 1995 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Klägerin.
Tatbestand
I.
Die Klägerin, eine politische Partei, begehrt die Genehmigung einer sog. parteinahen Stiftung.
Im Oktober 1989 ist der Bezirksregierung Köln der Entwurf einer entsprechenden Stiftungsurkunde und einer Stiftungssatzung mit der Bitte um Prüfung der Genehmigungsfähigkeit übersandt worden. Die Stiftung sollte ihren Sitz in Bonn haben und schließlich den Namen “Franz-Schönhuber-Stiftung” erhalten. Zum Stiftungszweck sagt die mit Schreiben vom 29. Juli 1992 vorlegte Stiftungsurkunde folgendes aus:
“Geleitet von dem Wunsch, die republikanischen Ideen im deutschen Volke zu stärken und einig in dem Bestreben, eine Politik zu fördern, die die staatliche Einheit des deutschen Volkes in Freiheit vollendet, errichten die Unterzeichneten hierdurch … die Franz-Schönhuber-Stiftung …. Zweck der Stiftung ist es, politisches Wissen zu vermitteln, die staatsbürgerliche Bildung des deutschen Volkes auf demokratischer und republikanischer Grundlage zu fördern und das Bewußtsein von der Einheit der Nation in allen ihren Teilen wachzuhalten.”
§ 2 der neugefaßten Stiftungssatzung vom 1. September 1992 lautet u.a.:
“Gemeinnütziger Zweck der Stiftung
1. Die Stiftung verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne des Abschnitts 'Steuerbegünstigte Zwecke' der Abgabenordnung.
2. Zweck der Stiftung ist es, politisches Wissen zu vermitteln, die staatsbürgerliche Bildung des deutschen Volkes auf demokratischer und republikanischer Grundlage zu fördern und das Bewußtsein von der Einheit der Nation in allen ihren Teilen wachzuhalten”.
Der Beklagte hat über den Antrag der Klägerin bisher nicht entschieden.
Am 17. Mai 1993 hat die Klägerin Klage auf Erteilung der Genehmigung erhoben und u.a. die Verletzung des Grundsatzes der Chancengleichheit der Parteien gerügt. Ihr müsse ebenso wie den anderen Parteien die organisatorische Ausgliederung ganzer Bereiche der Parteiarbeit in eine Stiftung ermöglicht werden. Die Finanzierung der Stiftungsarbeit durch Steuergelder sei heute eine unerläßliche Bedingung erfolgreichen politischen Handelns. Zudem sei eine Stiftung für die politische Bildungsarbeit einer Partei zwingend erforderlich.
Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat der Klage stattgegeben und den Beklagten verpflichtet, die Franz-Schönhuber-Stiftung zu genehmigen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt:
Der Klägerin stehe mangels Eingreifens von Versagungsgründen ein Rechtsanspruch auf die Erteilung der Genehmigung zu. Das Gemeinwohl werde durch die Stiftung nicht gefährdet. Eine solche Gefährdung setze voraus, daß der Stiftungszweck den Strafgesetzen im Sinne des Art. 9 Abs. 2 GG zuwiderlaufe oder sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richte. Beides sei zu verneinen.
Der Zweck der geplanten Stiftung verstoße nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung im Sinne des Art. 9 Abs. 2 GG. Es fehle das hierfür erforderliche aggressiv kämpferische Verhalten. Dem Parteiprogramm der Klägerin aus dem Jahr 1993 sei zu entnehmen, daß sie auf eine friedliche Änderung der Ostverträge hinsichtlich der von ihr nicht akzeptierten Grenzen Deutschlands hinwirken wolle.
Auf das tatsächliche Verhalten von Mitgliedern und Anhängern dürfe bei der Auslegung des Stiftungszwecks nicht abgestellt werden, da ein dem Stiftungszweck widersprechendes tatsächliches Verhalten selbst bei einer bestehenden Stiftung aus Verhältnismäßigkeitsgründen zunächst nur zu Aufsichtsmaßnahmen gegen die Organe der Stiftung führen dürfe.
Mit seiner Berufung hat der Beklagte u.a. geltend gemacht:
Eine Genehmigung der Stiftung komme nicht in Betracht, weil die Verfolgung des Stiftungszwecks zu einer Gemeinwohlgefährdung führen würde. Der Zweck der geplanten Stiftung sei auf die Förderung der politischen Ziele und Bestrebungen der Klägerin ausgerichtet. Für die Frage, welche Ziele und Bestrebungen sie verfolge, sei neben ihrem Parteiprogramm auf die Äußerungen von Mitgliedern und Anhängern und die daraus gewonnenen Erkenntnisse der Verfassungsschutzbehörden abzustellen. Die Bestrebungen der Klägerin seien gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet, weil sie das Gebot der Achtung der Menschenwürde und das Verbot der Diskriminierung wegen der Rasse, des Glaubens und der Nationalität mißachte.
Die Zwecksetzung der Stiftung stehe auch im Widerspruch zum Gedanken der Völkerverständigung und gefährde außenpolitische Belange der Bundesrepublik Deutschland, da eine Revision der Ostgrenze angestrebt werde.
Die Klägerin hat demgegenüber vorgetragen, der Beklagte sei ausschließlich zur Prüfung befugt, ob der abstrakte Stiftungszweck unter Berücksichtigung bestimmter Wertvorstellungen gemeinwohlbezogen sei. Hingegen dürfe er sich nicht mit der Frage befassen, ob die Stiftung das Gemeinwohl fördere. Die Ziele der Klägerin seien nicht verfassungswidrig. Dies gelte auch unter Berücksichtigung des Verhaltens ihrer Mitglieder und Anhänger. Soweit es Äußerungen gegeben habe, die mit der Verfassung nicht mehr in Einklang zu bringen seien, handele es sich um zu vernachlässigende, nicht für die Klägerin repräsentative Einzelfälle. Die Errichtung einer Stiftung sei ein wesentliches Instrument parteipolitischer Handlungsfähigkeit. Einer verdeckten staatlichen Parteienfinanzierung stehe die Klägerin zwar kritisch gegenüber, wolle aber über die Errichtung einer parteinahen Stiftung an ihr teilhaben.
Nach Beiziehung von Verfassungsschutzberichten des Bundes und von 13 Bundesländern aus dem Jahre 1993 und 1994 hat das Berufungsgericht mit Urteil vom 8. Dezember 1995 der Berufung stattgegeben und die Klage im wesentlichen mit der Begründung abgewiesen:
Der Klägerin stehe weder ein Anspruch auf die begehrte Genehmigung noch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über deren Erteilung zu. Die geplante Stiftung würde das Gemeinwohl nach § 4 Abs. 1 lit. a des Stiftungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 21. Juni 1977 (GV NW S. 274) – StiftG – gefährden. Der Begriff der Gefährdung ziele wie der polizeirechtliche Gefahrenbegriff auf die Abwendung von Schaden für die von der Norm erfaßten Schutzgüter, u.a. auch von Verfassungsrechtsgütern.
Die geplante Stiftung würde diese Verfassungsrechtsgüter gefährden. Insoweit sei nicht auf die Person des Stifters, sondern allein auf die Stiftung und den mit ihr verfolgten Zweck abzustellen. Im Falle der Genehmigung würde die Franz-Schönhuber-Stiftung das Gebot der Achtung der Menschenwürde, das Verbot der Diskriminierung wegen der Rasse, der Sprache, der Abstammung und des Glaubens sowie das Demokratieprinzip gefährden. Der Zweck der Stiftung sei anhand des Stifterwillens und damit unter Rückgriff auf die Ziele der Klägerin als Partei zu bestimmen. Diese seien nicht nur dem Parteiprogramm und sonstigen parteioffiziellen Erklärungen zu entnehmen, sondern unter Berücksichtigung der Äußerungen maßgeblicher Funktionäre und Leitbilder der Partei zu ermitteln. Die Zwecksetzung der geplanten Stiftung sei im Kern auf die Förderung der Klägerin und deren Zielvorstellungen als Partei gerichtet. Nach dem Stifterwillen mache sich die geplante Stiftung die Inhalte und Ziele der Klägerin zu eigen. Sowohl in der präambelartigen Formulierung der Stiftungsurkunde als auch in § 2 Nr. 2 der Stiftungssatzung werde für die Charakterisierung der Leitvorstellungen der Stiftung auf die Ziele der Klägerin zurückgegriffen.
Die Annahme einer Gemeinwohlgefährdung unter Heranziehung verfassungswidriger Inhalte der hinter der Stiftung stehenden Partei verstoße nicht gegen das Parteienprivileg des Art. 21 Abs. 2 GG, das nicht für eine Stiftung gelte. Bei der Klägerin und der zu errichtenden Stiftung handle es sich um rechtlich selbständige Zuordnungsobjekte. Gegenstand der Überprüfung im Rahmen des § 4 Abs. 1 lit. a StiftG sei nicht eine Partei, sondern die Stiftung als selbständige Rechtspersönlichkeit mit deren Zwecksetzung.
Im übrigen sei die Klägerin auch auf die Errichtung einer Stiftung nicht angewiesen, da es ihr unbenommen bleibe, eine parteinahe oder politische “Stiftung” in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins zu gründen, wie das bei den meisten bisher existierenden Parteistiftungen der Fall sei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision der Klägerin. Sie vertieft ihren bisherigen Rechtsstandpunkt und beantragt,
das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 8. Dezember 1995 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 25. März 1994 zurückzuweisen.
Der Beklagte und der Oberbundesanwalt beim Bundesverwaltungsgericht halten das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Revision ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat ohne Verstoß gegen Bundesrecht entschieden, der Versagungsgrund des § 4 Abs. 1 lit. a des Stiftungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 21. Juni 1977 (GVNW S. 274) – StiftG – greife ein und folglich müsse die Verpflichtungsklage der Klägerin, die auf die Erteilung einer Genehmigung für die Errichtung der beantragten Stiftung zielt, erfolglos bleiben.
1. Das Berufungsgericht hat in § 4 Abs. 1a StiftG eine wirksame Rechtsgrundlage für die Versagung der beantragten Genehmigung gesehen. Dagegen ist bundesrechtlich nichts zu erinnern. Die Vorschriften über Stiftungen sind nach der Rechtsprechung des 7. Senats des erkennenden Gerichts, der sich der erkennende Senat anschließt, teils bundesrechtlicher, teils landesrechtlicher Natur (Urteil vom 26. April 1968 – BVerwG VII C 103.66 – BVerwGE 29, 314 ≪315≫ und Beschluß vom 4. Mai 1970 – BVerwG VII B 85.69 – BayVBl 1970, 290). Es wäre bei Erlaß des Bürgerlichen Gesetzbuches zwar möglich gewesen, nur die privatrechtliche Seite zu regeln und alle öffentlich-rechtlichen Vorgänge dem Landesrecht vorzubehalten. Diesen Weg ist der Gesetzgeber jedoch nicht gegangen. Er hat öffentlich-rechtlich in § 80 BGB das staatliche Genehmigungsgebot und in § 87 BGB die Zweckänderung und die Aufhebung der Stiftung durch staatliche Behörden geregelt. Insoweit gehört das öffentlich-rechtliche Stiftungsrecht dem Bundesrecht an. Dieses ist aber bundesrechtlich nicht abschließend kodifiziert. Es steht daher dem Landesgesetzgeber frei, ergänzende (landesrechtliche) Bestimmungen zu treffen. Davon haben die Länder Gebrauch gemacht. So sieht das nordrhein-westfälische Landesrecht in § 4 Abs. 1 StiftG Gründe vor, bei deren Vorliegen eine Genehmigung der Stiftung zwingend zu versagen ist. Gemäß § 4 Abs. 1 lit. a StiftG ist das der Fall, “wenn die Stiftung das Gemeinwohl gefährden würde”.
2. Das Berufungsgericht hat in Anwendung und Auslegung des § 4 Abs. 1 lit. a StiftG entschieden, eine Gemeinwohlgefährdung liege jedenfalls vor, wenn es hinreichend wahrscheinlich sei, daß die Genehmigung der Stiftung und damit die Verfolgung des Stiftungszwecks zu einer Beeinträchtigung von Rechten oder Rechtsgütern führen würde, die unter dem Schutz der Verfassung stehen.
Zwar ist grundsätzlich das nichtrevisible Landesrecht ohne eigene Nachprüfungsmöglichkeit des Bundesverwaltungsgerichts in der Form und mit dem Inhalt als gegeben hinzunehmen, wie es das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat. Eine Prüfung ist indes dahin gehend geboten, ob der Inhalt der nichtrevisiblen Vorschriften mit Bundesrecht, insbesondere mit den Grundrechten und den verfassungsrechtlichen Grundsätzen, vereinbar ist. Diese Frage ist hier zu bejahen.
a) Das Berufungsgericht geht davon aus, vom Gemeinwohlbegriff des § 4 Abs. 1a StiftG erfaßt seien u.a. Verfassungsrechtsgüter. Das ist aus der Sicht des Bundesrechts nicht zu beanstanden. Diese Interpretation des Gemeinwohlbegriffs widerspricht nicht den §§ 43 und 87 BGB. Zutreffend weist das Berufungsgericht darauf hin, daß im Rahmen der Auslegung des § 87 BGB eine Gemeinwohlgefährdung schon bei einem Verstoß gegen einfaches Gesetzesrecht angenommen wird, so daß im Rahmen der präventiven Genehmigungserteilung erst recht eine Gemeinwohlgefährdung bei Gefahren für Rechtsgüter mit Verfassungsrang bejaht werden kann. Der Gedanke, daß verfassungsrechtliche Belange in den Gemeinwohlbegriff einbezogen werden dürfen, nicht nur weil das Genehmigungserfordernis des § 80 BGB eine Kontroll- und Schutzfunktion erfüllt, sondern auch weil mit der Entstehung der Stiftung die Stiftungsaufsicht eine besondere Mitverantwortung für die Verwirklichung der Stifterwillens übernimmt, entspricht bundesrechtlichen Grundsätzen. Das Bedürfnis des Schutzes der Stiftung vor ihren Organen befriedigt üblicherweise die allgemeine Stiftungsaufsicht (vgl. BGH, Urteile vom 22. Januar 1987 – III ZR 26/85 – NJW 1985, 2364, und vom 3. Mai 1977 – III ZR 10/74 – NJW 1977, 1148f., siehe ferner BVerwG, Urteil vom 22. September 1972 – BVerwG VII C 27.71 – BVerwGE 40, 347 ≪351≫).
b) Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts läßt sich gegen die Auslegung des Berufungsgerichts schon deshalb nichts aus dem Grundrecht der Vereinigungsfreiheit herleiten, weil im Zusammenhang mit der Genehmigung einer Stiftung der Schutzbereich des Art. 9 Abs. 1 GG nicht berüht wird. Denn anders als bei einer Vereinigung, bei der sich eine Mehrheit natürlicher oder juristischer Personen oder Personenvereinigungen für längere Zeit zur Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks auf freiwilliger Basis zusammenschließt und einer einheitlichen Willensbildung unterwirft, fehlt es bei einer Stiftung – wie auch vorliegend – an einer verbandsmäßigen Organisation. Sie weist keinen personellen Zusammenschluß auf, sondern ist eine auf Ausstattung mit einem Vermögen angelegte, nicht in einem Personenverband bestehende selbständige juristische Person zur Erreichung eines dauernden Zwecks, der nur durch den Willen des Errichters bestimmt wird. Schon wegen des bei einer Stiftung fehlenden personalen Bezugs, wie er für Vereinigungen prägend ist, erstreckt sich der Schutzbereich des Art. 9 GG nicht auf Stiftungen.
c) Die Auslegung des Landesrechts durch das Berufungsgericht ist auch nicht vor dem Hintergrund eines etwaigen Grundrechts auf Stiftung (vgl. hierzu Reuter in Münchner Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. I Allgemeiner Teil, Rn. 11 zu § 80 BGB m.w.N.) zu beanstanden. Ein solches würde jedenfalls den in Art. 14 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG enthaltenen Gestaltungsvorbehalten des Gesetzgebers unterliegen. Die Regelung des § 4 Abs. 1 lit. a StiftG würde in diesem Fall nur die Schranken dieser Grundrechte konkretisieren.
3. Frei von einem Bundesrechtsverstoß hat das Berufungsgericht auch angenommen, daß die geplante Stiftung Verfassungsrechtsgüter gefährden würde. Für die prognostische Feststellung der Gemeinwohlgefährdung hat das Berufungsgericht zutreffend auf die Stiftung und den von ihr selbst verfolgten Zweck abgestellt. Es kommt mithin darauf an, daß die Stiftung selbst das Gemeinwohl gefährdet und nicht etwa die Stifter oder die hinter ihnen stehenden Personen.
Gegen die Überlegung des Berufungsgerichts, daß der Zweck der Stiftung anhand des Stifterwillens unter Rückgriff auf die Ziele der Klägerin als politischer Partei zu bestimmen ist, gibt es ebenfalls keinen durchgreifenden bundesrechtlichen Einwand. Das Berufungsgericht hat zutreffenderweise die Satzung der geplanten Stiftung seiner Prüfung zugrunde gelegt und dabei festgestellt, daß die Stiftungssatzung eindeutig die politischen Zielsetzungen der Klägerin inkorporiert. Vor diesem Hintergrund hat das Berufungsgericht zur Ermittlung der Ziele der Klägerin als politischer Partei, ohne daß durchgreifende Verfahrensrügen erhoben worden sind, nicht nur die offiziellen Verlautbarungen und Parteiprogramme, sondern auch die Äußerungen der Funktionäre von Untergliederungen der Klägerin herangezogen. Um die wahren Absichten der Klägerin und damit den Inhalt des inkorporierten Stiftungszwecks zu ermitteln, ist diese Vorgehensweise nicht zu beanstanden. Wenn die geplante Stiftung die Inhalte und Ziele der Klägerin ausdrücklich zu ihren eigenen macht, ist es folgerichtig, daß das Berufungsgericht die Inhalte und Ziele der Klägerin nicht nur anhand der im Parteiprogramm “geschönten” Zielsetzung ermittelt, sondern anhand aller Erkenntnisquellen über die Klägerin.
Das Berufungsgericht ist bei seiner Tatsachenfeststellung zu dem Ergebnis gelangt, daß die geplante Stiftung im Falle ihrer Genehmigung das Gebot der Achtung der Menschenwürde, das Verbot der Diskriminierung wegen der Rasse, der Sprache der Abstammung und des Glaubens sowie das Demokratieprinzip als Verfassungsrechtsgüter gefährden würde. Hiergegen hat die Revision keine durchgreifenden Verfahrensrügen geltend gemacht. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang rügt, es seien seitens des Berufungsgerichts ungeprüft Meinungsäußerungen aus Verfassungsschutzberichten bei der Bewertung der Ziele der Klägerin zugrunde gelegt worden anstatt eigene Ermittlungen anzustellen, ist diese Rüge unbeachtlich. Sie erfüllt schon nicht die Anforderungen des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO. Wird eine Beschwerde auf die Verletzung der Pflicht zur Sachaufklärung gestützt, gehört es zur ordnungsgemäßen Bezeichnung dieses Verfahrensmangels, daß dargelegt wird, welche Beweise angetreten worden sind oder welche Ermittlungen sich dem Tatsachengericht hätten aufdrängen müssen, welche Beweismittel in Betracht gekommen wären, welches mutmaßliche Ergebnis die Beweisaufnahme gehabt hätte und inwiefern dieses Ergebnis zu einer dem Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung hätte führen können. Derartige Gesichtspunkte zeigt die Revision nicht auf.
4. Das Berufungsgericht verletzt mit seiner Interpretation des Landesrechts auch nicht das sog. Parteienprivileg des Art. 21 Abs. 2 GG. Die Annahme des Berufungsgerichts, die geplante Stiftung würde das Gemeinwohl gefährden, weil der Stiftungszweck Verfassungsrechtsgüter gefährde, beinhaltet keine Bewertung dahin gehend, daß die Klägerin als politische Partei verfassungswidrig ist. Die Vorinstanz beurteilt allein die Zwecke der geplanten Stiftung als selbständiger Rechtspersönlichkeit. Die Gründung und spätere Tätigkeit der Stiftung unterfällt hingegen nicht der den Parteien nach Art. 21 Abs. 1 GG aufgetragenen Mitwirkung an der politischen Willensbildung des Volkes.
a) Das Parteienprivileg des Art. 21 Abs. 2 GG, wonach die Verfassungswidrigkeit einer Partei ausschließlich durch das Bundesverfassungsgericht festgestellt werden darf und vor Ergehen einer solchen Entscheidung ein administratives Einschreiten gegen den Bestand einer politischen Partei ohne jede Einschränkung ausgeschlossen ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 17. August 1956 – 1 BvR 2/51 – BVerfGE 5, 85, 140, Urteil vom 21. März 1961 – 2 BvR 27/60 – BVerfGE 12, 296, 305, sowie zuletzt Beschluß vom 29. Oktober 1975 – 2 BvE 1/75 – BVerfGE 40, 287 (≪291≫), schützt nicht nur die Partei in ihrem Bestand und ihre Parteiorganisation. Das Parteienprivileg erstreckt sich zusätzlich auf die Funktionäre und Anhänger einer politischen Partei, soweit sie mit allgemein erlaubten Mitteln für die Partei tätig werden. Die Zugehörigkeit zu einer nicht für verfassungswidrig erklärten Partei ist damit keineswegs rechtswidrig (BVerfG, Beschluß vom 30. Oktober 1963 – 2 BvL 7/61, 2, 9/63 – BVerfGE 17, 155, 166).
b) An dem durch Art. 21 Abs. 2 GG begründeten Schutz der Gründer, Mitglieder und Förderer einer politischen Partei und damit auch der Gewährleistung des organisatorischen Zusammenschlusses, selbst wenn eine Partei “gegenüber der freiheitlichen demokratischen Grundordnung sich noch so feindlich verhalten” mag (BVerfG, Beschluß vom 29. Oktober 1975 – 2 BvE 1/75 – in BVerfGE 40, 287 ≪291≫), nimmt indes eine Stiftung als selbständige juristische Person des Privatrechts, wie sie hier die Klägerin gründen will, nicht teil. Das Parteienprivileg soll den Parteien die Erfüllung der ihnen in Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG übertragenen Aufgabe ermöglichen, an der politischen Willensbildung des Volkes mitzuwirken. Die Gründung und spätere Tätigkeit einer derartigen Stiftung stellt jedoch keine Mitwirkung an der politischen Willensbildung des Volkes durch eine politische Partei dar. Vielmehr begibt sich eine politische Partei auf das allgemeine Gebiet des Rechts, wenn sie eine Stiftung als eine selbständige juristische Person des öffentlichen Rechts ins Leben rufen will. Bei der Wahl der Rechtsform ist sie dabei an die Vorgaben des einfachen Rechts gebunden, es sei denn das Verfassungsrecht würde etwas anderes gebieten, was hier aber gerade nicht der Fall ist.
c) Schon die organisatorische und rechtliche Selbständigkeit einer Stiftung gegenüber einer politischen Partei, die ihrerseits die Rechtsnatur eines nicht eingetragenen Vereins aufweist, spricht dagegen, daß der Schutzbereich des Art. 21 GG sich auf Stiftungen erstrecken kann. Erst recht folgt dies aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den sog. “parteinahen Stiftungen” (vgl. zu diesem Begriff § 25 Abs. 1 Nr. 1 und § 11 Abs. 2 Satz 3 des Parteiengesetzes i.d.F. der Bekanntmachung vom 31. Januar 1994 – BGBl III/FNA 112/1.). Diese Stiftungen, zu denen auch die in Vereinsform gegründeten politischen “Stiftungen” wie etwa die Konrad-Adenauer-Stiftung oder die Friedrich-Ebert-Stiftung gehören, sind nach der verfassungsrechtlichen Rechtsprechung von den jeweiligen Parteien rechtlich und tatsächlich unabhängige Institutionen mit einer andersartigen Aufgabenstellung. Den Stiftungen ist es verwehrt, an der nach Art. 21 Abs. 1 GG gesicherten Mitwirkung der Parteien an der politischen Willensbildung des Volkes teilzunehmen. Sie dürfen nicht in den Wettbewerb der politischen Parteien eingreifen, indem sie etwa im Auftrag und zum Nutzen der ihnen nahestehenden Parteien geldwerte Leistungen oder Wahlkampfhilfe erbringen (BVerfG, Urteil vom 14. Juli 1986 – 2 BvE 5/83 – BVerfGE 73, 1 ≪32≫).
Aus der vom Bundesverfassungsgericht gezogenen Trennung zwischen Partei und politischer Stiftung folgt weiterhin, daß Stiftungen an nahestehende Parteien keine Kredite gewähren dürfen, keine Schriften als Werbematerial den Parteien überlassen dürfen, keine parteiergreifenden Anzeigen und Zeitungsbeilagen finanzieren dürfen und auch das Stiftungspersonal nicht als Wahlhelfer für eine bestimmte Partei einsetzen dürfen. Die Zwecksetzung einer politischen Stiftung hat sich deutlich von dem auf die Erringung politischer Macht und deren Ausübung gerichteten Wettbewerb der politischen Parteien abzuheben (BVerfGE 73, a.a.O. S. 33). Während Stiftungen lediglich die Beschäftigung der Bürger mit politischen Sachverhalten anregen und den Rahmen für eine – allen interessierten Bürgern zugängliche – offene Diskussion politischer Fragen bieten sollen, verfolgen politische Parteien anders geartete Ziele. Sie nehmen an der politischen Willensbildung vornehmlich durch und im Blick auf die Beteiligung an den Wahlen teil; sie beeinflussen die Bildung des Staatswillens, indem sie in das System der staatlichen Institutionen und Ämter hineinwirken, und zwar insbesondere durch Einflußnahme auf die Beschlüsse und Maßnahmen von Parlament und Regierung (BVerfGE 73, a.a.O., S. 33; vgl. zur fehlenden rechtlichen Identität von parteinahen Stiftungen und politischen Parteien auch BVerfG, Urteil vom 9. April 1992 – 2 BvE 2/89 – BVerfGE 85, 264 ≪289≫).
Mit dem Grundsatz der Unabhängigkeit der parteinahen Stiftung von der jeweiligen politischen Partei, die allein dem Schutzbereich des Art. 21 Abs. 1 und 2 GG unterfällt, ist erst recht die von der Klägerin angedeutete Vorstellung unvereinbar, die Stiftung sei “sozusagen das Instrument der Partei, Staatsfinanzen einzufangen, gewissermaßen das Netz, mit der ein Fischer seine Fische einfängt”. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Unabhängigkeit der parteinahen Stiftungen von der jeweiligen Partei verbietet auch, von einer bloßen “Nebenorganisation” einer Partei zu sprechen, auf die sich möglicherweise der Schutzbereich des Art. 21 Abs. 2 GG erstrecken könnte. Die von der Klägerin geplante Stiftung stellt vielmehr eine rechtlich völlig selbständige Rechtspersönlichkeit dar, die von dem anderen Rechtssubjekt “politische Partei” scharf zu trennen ist.
d) Zusätzlich ergibt sich aus den Vorschriften des einfachgesetzlichen Stiftungsrechts, daß die Stiftung nicht dem durch Art. 21 GG geschützten Tätigkeitsbereich der Parteien zugeordnet werden kann. Denn die Stiftung stellt im Gegensatz zu einer politischen Partei keinen personellen Zusammenschluß dar und weist keine verbandsmäßige Organisation auf, sondern ist eine auf Ausstattung mit einem Vermögen angelegte selbständige juristische Person zur Erreichung eines dauernden Zwecks, der gerade durch den Willen des Errichters festgesetzt wird. Die durch den Stifterwillen festgelegte Zielsetzung der Stiftung ist damit unabhängig von den Veränderungen der äußeren Umstände, vom Verhalten der Stifter und von den in ihr wirkenden Organen. Insofern ist die Stiftung sozusagen ein “Selbstläufer” nach der Art einer einmal ins Rollen gebrachten Kugel. Dementsprechend sichert mangels einer verbandsmäßigen Kontrolle durch die juristische Person allein die staatliche Stiftungsaufsicht die Einhaltung des Stiftungszwecks. Sie führt zu einem “Schutz der Stiftung” (BVerwG, Urteil vom 22. September 1972 – BVerwG VII C 27.71 – BVerwGE 40, 347 ≪351≫).
e) Dafür, daß durch die Gründung einer selbständigen Stiftung der vorliegenden Art nicht das Parteienprivileg berührt sein kann, streitet im übrigen eine weitere Überlegung. Würde die sog. parteinahe Stiftung trotz ihrer rechtlichen Selbständigkeit der jeweiligen politischen Partei zugeordnet, wäre der Grundsatz der Staatsfreiheit der Parteien verletzt. Er erfordert die Gewährleistung der Unabhängigkeit der Parteien vom Staat, auch in dem Sinne, daß die Parteien sich ihren Charakter als freigebildete, im gesellschaftlichpolitischen Bereich wurzelnde Gruppen bewahren (BVerfG, Urteil vom 9. April 1992 – 2 BvE 2/89 – BVerfGE 85, 264 ≪285 ff.≫). Die Unabhängigkeit vom Staat wäre aber gefährdet, wenn gerade der Staat im Wege der Stiftungsaufsicht, die dem Schutz der Stiftung vor ihren Organen dient (vgl. u.a. BVerwG, Urteil vom 22. September 1972 – BVerwG VII C 27.71 – a.a.O. S. 351), die Einhaltung der Stiftungszwecke durch die Stiftung und somit deren kontinuierliche Übereinstimmung mit den Zielen der ihr nahestehenden Partei überwachen müßte. Im Wege der Stiftungsaufsicht würde der Staat damit gewissermaßen die Einhaltung der politischen Ziel- und Zwecksetzung einer Partei kontrollieren, was mit dem Grundsatz der Staatsfreiheit der Parteien nicht vereinbar wäre.
5. Entgegen der Auffassung der Revision verletzt das Urteil des Berufungsgerichts auch nicht den Grundsatz der Chancengleichheit der politischen Parteien. Zutreffend hat nämlich bereits das Berufungsgericht darauf hingewiesen, daß der Klägerin der Weg einer Vereinsgründung offensteht, wenn sie eine “parteinahe Stiftung” ins Leben rufen will. Fast alle “parteinahen Stiftungen”, wie etwa die Konrad-Adenauer-Stiftung oder die Friedrich-Ebert-Stiftung, sind keine Stiftungen im Rechtssinne, sondern weisen die Rechtsform eines eingetragenen Vereins auf und unterliegen damit anderen Vorschriften. Im Gegensatz zur Gründung einer Stiftung bedarf es bei einer Vereinsgründung keiner staatlichen Genehmigung.
Die Revision hat nicht dartun können, weshalb ihr der Weg zu einer Vereinsgründung versperrt worden wäre.
Richtig ist allerdings, daß die Friedrich-Naumann-Stiftung als Stiftung im Rechtssinne gegründet worden ist. Doch steht schon die Gemeinwohlgefährdung der geplanten Stiftung einer Gleichstellung mit dieser bestehenden Stiftung entgegen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Unterschriften
Prof. Dr. Driehaus, van Schewick, Dr. Pagenkopf, Dr. Borgs-Maciejewski, Kimmel
Fundstellen
NJW 1998, 2545 |
BVerwGE, 177 |
NVwZ 1998, 950 |
JA 1999, 279 |
DVBl. 1998, 966 |
NWVBl. 1998, 317 |