Verfahrensgang
VG Köln (Urteil vom 29.05.1989; Aktenzeichen 5 K 705/88) |
Tenor
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 29. Mai 1989 wird aufgehoben. Der Bescheid des Beklagten vom 20. November 1987 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19. Januar 1988 wird insoweit aufgehoben, als der für das Jahr 1987 festgesetzte Beitrag 1.224.263,10 DM übersteigt.
Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt der Beklagte.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob die klagende Rundfunkanstalt zur Entrichtung von Beiträgen zur Insolvenzsicherung nach dem Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3610) – BetrAVG – für das gesamte Jahr 1987 verpflichtet ist oder nur bis zum 13. Oktober 1987, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Rechtsbereinigungsgesetzes 1987 für das Land Nordrhein-Westfalen vom 6. Oktober 1987 (GV. NW. S. 342), nach dessen Art. 6 Nr. 8 ein Konkursverfahren gegenüber juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die der Landesaufsicht unterstehen, nicht (mehr) stattfindet.
Der Kläger gewährt seinen Mitarbeitern eine betriebliche Altersversorgung durch unmittelbare Versorgungszusagen. Mit Bescheid vom 20. November 1987 setzte der Beklagte den Beitrag des Klägers für das gesamte Jahr 1987 in Höhe von 1.567.916,54 DM fest. Diesem Beitrag liegt eine Beitragsbemessungsgrundlage in Höhe von 871.064.747 DM zugrunde, die der Beklagte aufgrund der Angaben des Klägers im Erhebungsbogen 1987, bestätigt durch Kurztestat aus einem versicherungsmathematischen Gutachten, errechnete. Zur Begründung des Bescheides führte der Beklagte u.a. aus, daß aufgrund der landesrechtlichen Gesetzesänderung die Ausnahmeregelung des § 17 Abs. 2 BetrAVG eingreife, so daß die Beitragspflicht des Klägers mit Ablauf des Jahres 1987 ende. Es handele sich um einen Jahresbeitrag, der in voller Höhe zu zahlen sei.
Seinen Widerspruch begründete der Kläger im wesentlichen damit, daß der Jahresbeitrag für 1987 zu kürzen sei, da mit der erwähnten Gesetzesänderung für die Zeit ab 13. Oktober 1987 klargestellt worden sei, daß über den Kläger ein Konkursverfahren nicht mehr stattfinde. Der Widerspruch blieb erfolglos.
Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 29. Mai 1989 die Klage abgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, der angegriffene Bescheid sei rechtmäßig. Der Insolvenzsicherungsbeitrag sei nämlich als voller ungekürzter Jahresbeitrag entstanden. Das folge insbesondere aus der Auslegung des § 10 Abs. 2 Satz 3 BetrAVG. Hier stelle das Gesetz bezüglich der Beiträge ausdrücklich auf das Ende des Kalenderjahres ab. Aus § 17 Abs. 2 BetrAVG folge zudem, daß der Gesetzgeber trotz der Möglichkeit nachträglichen Ausscheidens aus der Versicherungspflicht die Teilbarkeit des Insolvenzsicherungsbeitrages bewußt nicht geregelt habe. Daraus sei zu schließen, daß eine Teilbarkeit nicht vorgesehen sei. Auch aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität komme eine Teilbarkeit nicht in Betracht. Wenn der Beklagte für jeden ausscheidenden einzelnen Versicherten den bis zum Zeitpunkt des Ausscheidens entstandenen Beitragsbedarf neu zu berechnen hätte, würde das einen erheblichen Verwaltungsaufwand mit sich bringen, der auch unter Einsatz moderner elektronischer Datenverarbeitung nicht ohne Kostensteigerung zu bewältigen wäre. Eine Anwendung des § 25 Versicherungsaufsichtsgesetzes – VAG – sei ausgeschlossen, da sich diese Bestimmung allein auf die privatrechtliche Mitgliedschaft in einem Versicherungsverein beziehe. Zudem greife die Verweisungsnorm des § 14 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG nicht, da bereits in § 10 BetrAVG eine eigenständige vorrangige Regelung getroffen sei.
Das Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil die Sprungrevision zugelassen. Der Beklagte hat zur Einlegung der Sprungrevision seitens des Klägers seine Zustimmung erklärt.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger Sprungrevision eingelegt, mit der er seinen bisherigen Standpunkt untermauert und ergänzend darauf hinweist, daß eine Beitragspflicht im Rahmen einer öffentlich-rechtlich begründeten Versicherungspflicht mit der Möglichkeit, Beiträge zu erzwingen, nur soweit reichen könne, wie der Gesetzgeber diese fest umrissen angeordnet habe. Wenn im Falle des § 17 Abs. 2 BetrAVG die Unzulässigkeit des Konkurses bei einer juristischen Person des öffentlichen Rechts durch den Landesgesetzgeber geregelt werde, so könne dies nur zur Folge haben, daß die Beitragspflicht für diese juristische Person von dem Zeitpunkt an entfalle, von dem ab der Konkurs rechtlich nicht mehr zulässig ist. Mit der gesetzlich eingetretenen Unzulässigkeit des Konkurses könnten die die Beitragspflicht begründenden Vorschriften der §§ 7 bis 15 BetrAVG nicht mehr für diese juristischen Personen gelten. Dieses Ergebnis werde durch § 25 Abs. 1 VAG bestätigt, wonach sich die Beitragspflicht von Mitgliedern eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit, die im Laufe eines Jahres ausscheiden oder eintreten, danach bemesse, wie lange sie in dem Geschäftsjahr dem Verein angehört haben. Die Verweisungsnorm des § 14 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG greife ein. Anderweitige Regelungen über die Festlegung der Beiträge im Falle des vorzeitigen Ausscheidens seien im BetrAVG nicht vorhanden. Im übrigen werde nur durch die entsprechende Anwendung des § 25 Abs. 1 Satz 2 VAG der Grundsatz der Beitragsgerechtigkeit gewahrt. Auch führe diese Anwendbarkeit zur Eindeutigkeit und Klarheit und entspreche der Verwaltungspraktikabilität, indem nämlich für die zeitanteilige Berechnung das Jahresergebnis zugrunde gelegt werde. Damit würden schwierige Aufschlüsselungen der Insolvenzfälle für die Zeit vor und nach dem Ausscheiden entfallen.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beitragsbescheid des Beklagten vom 20. November 1987 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19. Januar 1988 insoweit aufzuheben, als der Kläger durch den Jahresbeitrag 1987 auch für den Zeitraum nach dem 12. Oktober 1987 herangezogen wird und der Teilbetrag für 1987 nicht nach dem Grundsatz des § 25 Abs. 1 Satz 2 VAG berechnet worden ist.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Der Beklagte hält das ergangene Urteil für zutreffend und führt im wesentlichen aus:
Der Hinweis auf das VAG in § 14 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG diene nur dem Zweck, den Geschäftsbetrieb des Pensions-Sicherungs-Vereins in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht zu beurteilen und zu prüfen, ob durch die Satzung und das Betreiben der Geschäfte der dauernde Bestand des Unternehmens und seine Leistungsfähigkeit hinreichend gesichert seien. Die hilfsweise Verweisung auf das VAG diene aber nicht dazu, dem Versicherungsunternehmen vertraglich nicht vereinbarte und gesetzlich nicht vorgesehene Befugnisse gegenüber den Versicherten zu verschaffen. Ein gesetzgeberischer Wille, den Beklagten über § 14 Abs. 1 BetrAVG zu einer gesetzlich nicht vorgesehenen Konditionierung der Beitragserhebung zu ermächtigen, sei nicht ersichtlich. Die Regelungen des VAG bezögen sich allenfalls auf die privatrechtlichen Fragen der Mitgliedschaft im Pensions-Sicherungs-Verein, nicht hingegen auf die Beitragspflicht nach § 10 BetrAVG, die öffentlich-rechtlicher Natur sei. Im übrigen enthalte § 10 BetrAVG eine vom VAG abweichende und damit vorrangige Regelung. Entsprechend der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen Auslegung des § 10 BetrAVG sei nämlich auch dann ein voller Jahresbeitrag geschuldet, wenn die Sicherungspflicht eines Arbeitgebers inmitten des Beitragsjahres ende. Auch ergäbe sich aus § 10 Abs. 3 Satz 1 BetrAVG unmittelbar, daß der Grundsatz des § 25 Abs. 1 Satz 2 VAG nicht anwendbar sei. Wenn nämlich die Höhe der Beiträge für die Insolvenzsicherung auf den Schluß des Wirtschaftsjahres des Arbeitgebers festzustellen sei, das im abgelaufenen Kalenderjahr geendet habe, sei daraus zu schließen, daß Änderungen der Sach- und Rechtslage zwischen den einzelnen Bilanzstichtagen für das laufende Versicherungsjahr bei der Beitragsbemessung keine Berücksichtigung finden sollten. Auch folge aus § 4 der Satzung des Beklagten, daß Beiträge nach den Vorschriften des BetrAVG als Jahresbeiträge zu erheben seien. Wenn man daher schon § 25 VAG anwenden wolle, müsse man sich mit dessen Absatz 3 auseinandersetzen.
Schließlich folge aus dem Zusammenspiel der Absätze 2 und 3 in § 10 BetrAVG, daß die Versicherungsperiode für die Beiträge zur Insolvenzsicherung das laufende Kalenderjahr sei. Dem entspreche der in der Satzung und in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen festgelegte Jahresbeitrag. Anders als beispielsweise bei einer Lebensversicherung sei der Beitrag zur Insolvenzsicherung nämlich nicht im voraus, sondern nur nachträglich zu entrichten. Bei dem Rentenwert-Umlageverfahren nach § 10 Abs. 2 BetrAVG könnten Beiträge nur in Form der Umlage nach Bedarf nachträglich erhoben werden. Der Bedarf stehe damit aber erst am Ende des Jahres fest. Vor Ablauf des Kalenderjahres sei keine Kalkulationsgrundlage für den Beitrag vorhanden. Der jährlichen Versicherungsperiode und dem damit verbundenen Jahresbeitrag entspreche es dann aber, daß für die Höhe dieses Beitrages für das laufende Versicherungsjahr auf die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse bei dem beitragspflichtigen Arbeitgeber abzustellen sei, wie sie sich zum Bilanzstichtag des abgelaufenen Kalenderjahres dargestellt haben.
Entscheidungsgründe
II.
Die Sprungrevision hat Erfolg. Das Urteil des Verwaltungsgerichts verletzt Bundesrecht, da die §§ 10, 14 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG in Verbindung mit § 25 Abs. 1 Satz 2 VAG unrichtig angewandt worden sind.
Die Beitragspflicht des Klägers für das Jahr 1987 bemißt sich nach der Dauer seiner Zugehörigkeit zum Pensions-Sicherungs-Verein. Der Beitrag für den am 13. Oktober 1987 ausgeschiedenen Kläger ist zeitlich anteilmäßig zu berechnen. Daß der Kläger als eine juristische Person des öffentlichen Rechts, die der Landesaufsicht unterliegt, bis zum Inkrafttreten der gesetzlichen Bestimmung der Konkursunfähigkeit insolvenzsicherungspflichtig war, steht nach dem rechtskräftigen Urteil des Senats vom 15. Januar 1987 – BVerwG 3 C 3.81 – (BVerwGE 75, 318) zwischen den Beteiligten fest. Die Rechtskraft wird durch die seitens des Klägers eingelegte Verfassungsbeschwerde nicht berührt.
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts steht dem Beklagten keine Ermächtigungsgrundlage zur Heranziehung des Klägers zu einem vollen Jahresbeitrag für das Jahr 1987 zur Seite.
Nach § 10 Abs. 1 BetrAVG werden die Mittel für die Durchführung der Insolvenzsicherung aufgrund öffentlich-rechtlicher Verpflichtung durch Beiträge aller Arbeitgeber aufgebracht, die – wie im vorliegenden Fall – Leistungen der betrieblichen Altersversorgung unmittelbar zugesagt haben. Diese Regelung setzt voraus, daß der betroffene Arbeitgeber der gesetzlichen Insolvenzsicherungspflicht unterliegt. Das öffentlich-rechtliche Mitgliedschaftsverhältnis zwischen dem insolvenzsicherungspflichtigen Arbeitgeber und dem Beklagten muß begründet worden sein und fortbestehen. Endet das öffentlich-rechtliche Mitgliedschaftsverhältnis, so endet grundsätzlich auch die Beitragspflicht. Die Heranziehung solcher Unternehmen, die von vornherein nicht insolvenzsicherungspflichtig sind, zu Beitragszahlungen nach § 10 Abs. 1–3 BetrAVG ist ausgeschlossen.
Für solche Unternehmen, die ursprünglich konkurssicherungspflichtig waren, aber durch die Befreiungsvorschrift des § 17 Abs. 2 BetrAVG von der Beitragspflicht befreit worden sind, kann nichts anderes gelten. Nach § 17 Abs. 2 BetrAVG gelten die §§ 7 bis 15 des BetrAVG nicht für den Bund, die Länder, die Gemeinden sowie die Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechts, bei denen der Konkurs nicht zulässig ist, und für solche juristische Personen des öffentlichen Rechts, bei denen der Bund, ein Land oder eine Gemeinde kraft Gesetzes die Zahlungsfähigkeit sichert. Damit hat der Gesetzgeber vom persönlichen Geltungsbereich des BetrAVG von vornherein bestimmte Institutionen ausgenommen. Im vorliegenden Fall hat das Land Nordrhein-Westfalen für den Kläger die Konkursunfähigkeit kraft Gesetzes mit Wirkung vom 13. Oktober 1987 bestimmt.
Falls eine Beitragspflicht auch nach dem Ausscheiden des Klägers aus dem öffentlich-rechtlichen Mitgliedschaftsverhältnis fortbestehen sollte, so hätte dies der Gesetzgeber ausdrücklich regeln müssen. Eine derartige Regelung, die darauf hinausläuft, daß die Befreiungsvorschrift des § 17 Abs. 2 BetrAVG für den Fall der Unzulässigkeit des Konkurses oder der Übernahme der Gewährträgerschaft durch Bund, Land oder Gemeinde bei Ausscheiden inmitten des Beitragsjahres erst mit dessen Ablauf eingreifen könnte, gibt es nicht.
Aus § 10 Abs. 2 Satz 3 BetrAVG folgt dies entgegen der Auffassung des Beklagten nicht. Hierbei handelt es sich nur um eine Fälligkeitsregelung, die nichts über das Bestehen der Beitragspflicht besagt. Auch aus § 10 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 BetrAVG kann für etwaige Nachwirkungen eines aufgelösten öffentlich-rechtlichen Beitragsverhältnisses nichts gewonnen werden. Hier handelt es sich nur um eine Stichtagsregelung für die Bemessung der Beiträge, die ihrerseits wieder das Bestehen der öffentlich-rechtlichen Beitragspflicht voraussetzt. Auch aus § 7 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG läßt sich hierfür nichts herleiten, da dort nur der Anspruch des einzelnen Versorgungsempfängers gegen den Träger der Insolvenzsicherung im Insolvenzfalle seines Arbeitgebers geregelt ist. Es sind nur solche Arbeitgeber betroffen, die von vornherein der Konkurssicherungspflicht und damit der Beitragspflicht nach § 10 Abs. 1 BetrAVG unterliegen. Aus § 17 BetrAVG selbst folgt schließlich ebensowenig, daß nach Erlöschen des öffentlich-rechtlichen Beitragsverhältnisses eine Beitragspflicht fortbesteht.
Damit fehlt es aber an einer Norm, aus der hervorgehen könnte, daß Austritt und Erlöschen der Beitragspflicht erst später, etwa zum Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Austritt erfolgt, wirken.
Für einen ungeteilten Jahresbeitrag sprechen auch nicht § 4 der Satzung des Beklagten und § 6 Abs. 2 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen, wie der Beklagte meint. Denn der Beklagte kann als juristische Person des Privatrechts die öffentlich-rechtlichen Befugnisse nur nach Maßgabe der beitragsrechtlichen Regelungen des BetrAVG ausüben (vgl. hierzu das Urteil des erkennenden Senats vom 27. September 1990 – BVerwG 3 C 56.88 –). Ergeben die Bestimmungen des BetrAVG, daß die Beitragspflicht mit dem Ausscheiden aus dem öffentlich-rechtlichen Mitgliedschaftsverhältnis endet, so hat es dabei sein Bewenden.
Für die Berechnung des bis zum Ausscheiden des Klägers aus der Beitragspflicht entstandenen Teilbetrages sind § 14 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG und § 25 Abs. 1 Satz 2 VAG maßgebend.
Die Verweisung in § 14 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG auf die Bestimmungen des Versicherungsaufsichtsgesetzes ist umfassend und betrifft gerade das öffentlich-rechtliche Beitragsverhältnis. Für die privatrechtliche Mitgliedschaft in einem Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit hätte es keiner Verweisung bedurft, da der Gesetzgeber in § 14 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG ohnehin an die privatrechtliche Struktur des Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit angeknüpft hat, so daß die hierfür geltenden Bestimmungen des VAG auch ohne Verweisung heranzuziehen wären. Die Verweisungsnorm in § 14 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG ist nach ihrem klaren Wortlaut auch im umfassenden Sinne zu verstehen. Im Interesse der Praktikabilität des BetrAVG und zur Vermeidung eines größeren Regelungsaufwandes hat der Gesetzgeber auf die bewährten gesetzlichen Strukturen des Versicherungsaufsichtsrechts zurückgegriffen. Für die Frage der Berechnung des Beitrages bis zum Ausscheiden eines bisher konkurssicherungspflichtigen Unternehmens gilt daher § 25 Abs. 1 Satz 2 VAG. Die Beitragspflicht des im Laufe des Geschäftsjahres ausgeschiedenen Mitgliedes bemißt sich also danach, wie lange das Mitglied in dem Geschäftsjahr dem Verein angehört hat („pro rata temporis”).
In dieser Norm kommen sowohl die Grundsätze der Beitragsgerechtigkeit als auch des Äquivalenzprinzips zum Ausdruck. Die ratio legis ist dabei, daß Umlagen und Nachschüsse nur aufgrund der Ergebnisse eines vollen Jahres errechnet werden können und daß der zu deckende Bedarf sich erst aus der im folgenden Jahr aufzustellenden Bilanz ergibt. Für die ausgeschiedenen Mitglieder überlebt zwar die Beitragspflicht die Mitgliedschaft; allerdings wird der Umfang der Beiträge gemäß der Dauer der Zugehörigkeit zum Verein beschränkt. Im Ergebnis bedeutet dies für das öffentlich-rechtliche Versicherungsverhältnis, daß niemand mehr zu einem Beitrag herangezogen werden darf, wenn er am Versicherungsrisiko nicht mehr teilnimmt, der Beitragspflicht damit keinerlei Vorteil mehr entspricht.
Aus der Regelung des § 25 Abs. 3 VAG ergibt sich keine Befugnis für den Beklagten, die Beitragspflicht abweichend von der Grundregelung des BetrAVG durch Satzung zu regeln. Die Berechtigung zur öffentlich-rechtlichen Beitragserhebung folgt allein aus dem BetrAVG. Eine Beleihung des Beklagten zu einer eigenständigen Inanspruchnahme der konkurssicherungspflichtigen Unternehmen, etwa in der Form eines unteilbaren Jahresbeitrages, ist nicht erfolgt.
Die Grundregel des § 25 Abs. 1 Satz 2 VAG ermöglicht eine einfache und klare Berechnung. Eine tagemäßige Aufteilung des Jahresbeitrages ist ohne großen Verwaltungsaufwand möglich. Da im Gesetzgebungsverfahren der Gesichtspunkt der Praktikabilität und der einfachen Handhabbarkeit des BetrAVG eine wichtige Rolle gespielt hat (vgl. BT-Drucks. 7/2843 S. 10; vgl. auch Urteil des erkennenden Senats vom 10. Dezember 1981 – BVerwG 3 C 1.81 – in BVerwGE 64, 248 ≪259 ff.≫), ist eine Quotelung i.S. der zeitlich anteilmäßigen Berechnung des Jahresbeitrages nach Tagen zweckmäßig. Eine „spitze” Abrechnung würde demgegenüber dazu führen, daß auf den Stichtag des Ausscheidens seitens des Beklagten eine eigenständige Risikoverteilung als Grundlage für eine gesonderte Beitragsberechnung durchgeführt werden müßte. Eine derartige Sonderberechnung mit der Pflicht zur Feststellung aller Konkursfälle und sonstiger Insolvenzfälle i.S. des § 7 Abs. 1 Satz 3 Nrn. 1 bis 5 BetrAVG würde einen gewaltigen Verwaltungsaufwand mit sich bringen. Beispielsweise würde dies dem Beklagten dazu zwingen, sich in den Stand zu setzen, jederzeit festzustellen, wann ein gerichtliches Vergleichsverfahren zur Abwendung des Konkurses eröffnet worden ist, wann ein außergerichtlicher Vergleich i.S. des § 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 BetrAVG abgeschlossen wurde oder wann die vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit im Geltungsbereich dieses Gesetzes vorliegt, falls etwa ein Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens nicht gestellt worden ist und ein Konkursverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt (§ 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 BetrAVG). Ob darüber hinaus Versorgungsleistungen wegen wirtschaftlicher Notlage des Arbeitgebers gekürzt oder eingestellt worden sind, soweit dies durch rechtskräftiges Urteil eines Gerichts für zulässig erklärt worden ist, wird in aller Regel nur nach zeitlich und sachlich aufwendigen Ermittlungen im gesamten Bundesgebiet möglich sein.
Einer gesonderten spitzen Abrechnung steht zudem entgegen, daß die in § 10 Abs. 1 bis 3 BetrAVG vorgesehene Beitragsbemessung und Beitragserhebung sich wesentlich darauf gründen, daß der von den Beitragspflichtigen zu erhebende Jahresbeitrag aufgrund eines einmal im Jahr durchzuführenden Umlageverfahrens festgesetzt wird. Die hierfür maßgebenden Gründe der Praktikabilität und Handhabbarkeit der Insolvenzsicherung schließen einen Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip aus.
In Anwendung der vorstehenden Grundsätze ergibt sich für die Berechnung des vom Kläger geschuldeten Beitrages unter Zugrundelegung des vom Beklagten ermittelten ungeteilten Jahresbeitrages in Höhe von 1.567.916,54 DM und der 285 Tage dauernden Zugehörigkeit des Klägers zum Beklagten folgendes:
Die tageweise Quotelung des ungeteilten Jahresbeitrages beträgt 4.295,66 DM (= 1.567.916,54 DM: 365).
Der anteilige Jahresbeitrag beläuft sich auf 4.295,66 DM × 285 Tage und damit 1.224.263,10 DM.
Nur in Höhe dieses Betrages durfte der Beklagte daher den Insolvenzsicherungsbeitrag für das Jahr 1987 festsetzen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Unterschriften
Dr. Dickersbach, Schmidt, Sommer, van Schewick, Dr. Pagenkopf
Fundstellen