Entscheidungsstichwort (Thema)
Unternehmensrückgabe. Erfüllung des Quorums durch Einbeziehung eines Umwandlungsantrags nach dem Unternehmensgesetz der DDR;. Auslegung. Umdeutung
Leitsatz (amtlich)
Der Antrag auf Umwandlung eines enteigneten Betriebs nach dem Unternehmensgesetz der DDR vom 7. März 1990 ist bei der Ermittlung des Quorums gemäß § 6 Abs. 1 a Sätze 2 und 3 VermG für einen Restitutionsantrag nach dem Vermögensgesetz nicht zu berücksichtigen, wenn derjenige, der die Umwandlung nach dem Unternehmensgesetz der DDR beantragt hatte, sich ausdrücklich gegen eine Rückübertragung auf der Grundlage des Vermögensgesetzes ausgesprochen hat.
Normenkette
VermG § 6 Abs. 1, 1a, 8, § 30 Abs. 1; Gesetz über die Gründung und die Tätigkeit privater Unternehmen und über Unternehmensbeteiligungen vom 7. März 1990 (GBl DDR I S. 141) § 17 ff.
Verfahrensgang
VG Gera (Entscheidung vom 19.08.1998; Aktenzeichen 6 K 285/94 GE) |
Tenor
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Gera vom 19. August 1998 wird aufgehoben, soweit es der Klage stattgegeben hat.
Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen, soweit der Rechtsstreit nicht erledigt ist.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1, soweit der Rechtsstreit nicht erledigt ist; die Beigeladene zu 2 trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Tatbestand
I.
Die Kläger begehren die Rückübertragung eines Unternehmens. Sie und der Beigeladene zu 1 sind Erbeserben der Gesellschafter der 1935 gegründeten Firma G. Oswald K. OHG mit Betriebsteilen in S. und Z. Ursprüngliche Gesellschafter waren Herr Georg Oswald K. und seine Söhne Helmut – der Rechtsvorgänger der Kläger – und Rudolf K. – der Rechtsvorgänger des Beigeladenen zu 1 –. Das Kapital der Gesellschaft betrug ausweislich der Eröffnungsbilanz 132 495,21 RM. Hiervon standen Georg Oswald K. 72 495,21 RM, seinen Söhnen jeweils 30 000.– RM zu.
Am 17. Juli 1952 verließ Helmut K. die DDR ohne Beachtung der seinerzeit geltenden polizeilichen Meldevorschriften. Sein Anteil an dem Unternehmen wurde auf der Grundlage der Verordnung zur Sicherung von Vermögenswerten vom 17. Juli 1952 (GBl I S. 615) in Volkseigentum überführt, als Rechtsträger wurde die Deutsche Investitionsbank (Staatsbank) eingesetzt; im Mai 1953 wurde sein 27%iger Anteil im Handelsregister gelöscht.
Nach dem Tod ihres Vaters im Jahr 1953 vereinbarten Helmut und Rudolf K. – der testamentarisch als Erbe eingesetzt war – sowie ihre Mutter Anna K. während eines Besuchs bei Helmut K. in der Bundesrepublik im Jahr 1955 in notariell beurkundeter Form, den beiderseitigen Nachlaß der Eltern untereinander so zu teilen, „wie wenn jeder von ihnen (scil. Helmut und Rudolf K.) Miterbe zu 1/2 geworden wäre”. Anna K. errichtete 1963 ein weiteres Testament, in dem sie ihren Sohn Rudolf K. als Erben zur Hälfte und dessen Kinder Georg und Anita K. als Erben zu je einem Viertel einsetzte. Sie verstarb 1964. Rudolf K. verstarb am 20. September 1968 und wurde von seiner Ehefrau Getrud K. sowie von seinen Kindern Anita K. und Georg K. – dem Beigeladenen zu 1 – beerbt. Helmut K. verstarb 1997, die jetzigen Kläger sind seine Erben.
In den Jahren 1969 und 1971 wurden die Betriebsgrundstücke des Betriebsteils S. auf der Grundlage des Aufbaugesetzes an das Volkseigentum veräußert. Mit Wirkung zum 1. Juni 1972 wurde auch der verbliebene Betriebsteil Z., die Bautischlerei, an das Volkseigentum verkauft und mit drei weiteren Betrieben zum VEB (K) Kreisbau S.-Land zusammengeschlossen.
Mit Schreiben vom 2. Februar 1990 an den Rat des Bezirkes S. stellte der Beigeladene zu 1 einen „Antrag auf Rückkauf unserer ehemaligen Bautischlerei in Z.”, die als „Privatbetrieb ohne staatliche Beteiligung” 1972 in Volkseigentum überführt worden sei. Nachdem am 16. März 1990 das Unternehmensgesetz der DDR vom 7. März 1990 (GBl I S. 141) in Kraft getreten war, erklärten am 28. Mai 1990 der VEB (K) Kreisbau S.-Land, vertreten durch den Betriebsdirektor, und die Firma G. Oswald K. OHG, vertreten durch den Beigeladenen zu 1, die Umwandlung des Betriebsteils Fensterbau in eine OHG mit dem Beigeladenen zu 1 als Geschäftsführer und der Staatsbank als stillem Gesellschafter. Diese Erklärung lag dem Rat des Bezirks S. vor und wurde dort am 5. Juni 1990 mit Siegel und Unterschrift versehen. Am 6. Juni 1990 erfolgte die notarielle Beurkundung der Umwandlung in einen „Privatbetrieb nach einzelkaufmännischen Gesichtspunkten” unter der Firma G. Oswald K. OHG Bautischlerei. Auf der Urkunde befinden sich Änderungsvermerke der amtierenden Notarin, die jeweils die Rechtsformbezeichnung „OHG” in der Firma strich. Die ehemaligen Gesellschafter Gertrud und Anita K. verzichteten notariell auf den Rückkauf (vgl. Erklärung vom 4. Juli 1991). Daraufhin wurde am 26. Juni 1990 eine einzelkaufmännische Firma G. Oswald K. im Handelsregister eingetragen.
Mit Schreiben vom 1. Juli 1990 – und später wiederholt – beantragte Helmut K., der Rechtsvorgänger der Kläger, beim Rat der Stadt S. „die Rückgabe (seines) Vermögens, insbesondere des Anteils, den die Investitionsbank jahrzehntelang kassiert hat, zuzüglich Zinsen”; zugleich wandte er sich gegen die Art und Weise der Reprivatisierung der Firma. Nachdem vielfältige Bemühungen um eine vergleichsweise Beilegung des Streits erfolglos geblieben waren, stellte der Beklagte mit Bescheid vom 20. Dezember 1991 u.a. fest, daß die Firma G. Oswald K. OHG, Säge- und Hobelwerk, Z., in Liquidation, vertreten durch die Gesellschafter, den Beigeladenen zu 1 und Helmut K., hinsichtlich des Unternehmens G. Oswald K. OHG, Säge- und Hobelwerk, Z., fortgeführt als VEB Kreisbau S.-Land, … Berechtigte im vermögensrechtlichen Sinne sei und übertrug ihr das Betriebsvermögen. Gegen diesen Bescheid hatte der Beigeladene zu 1 zunächst Klage erhoben, u.a. mit dem – schon zuvor mit Schriftsatz vom 7. Oktober 1991 geltend gemachten – Einwand, mangels eigener Antragstellung sei das erforderliche Quorum durch die Kläger nicht erfüllt. Dieser Rechtsstreit wurde übereinstimmend für erledigt erklärt, nachdem der Beklagte mit dem im vorliegenden Verfahren streitbefangenen Bescheid vom 5. April 1994 seinen ursprünglichen Bescheid im wesentlichen aufhob und nunmehr die Rückübertragung des Unternehmens der G. Oswald K. OHG i.L. ablehnte. Zur Begründung führte das Landesamt aus, der anderslautende Bescheid vom 20. Dezember 1991 sei rechtswidrig, weil die Rückgabe des Unternehmens und damit auch die Rückgabe von Unternehmensanteilen wegen dessen Veräußerung auf der Grundlage des Unternehmensgesetzes ausgeschlossen sei. Helmut K. sei zwar hinsichtlich seines 1952 in Volkseigentum überführten Anteils in Höhe von 27 % an dem Unternehmen Berechtigter im Sinne des § 2 Abs. 1 VermG, er könne wegen des Restitutionsauschlusses aber nur Auskehr des anteiligen Veräußerungserlöses verlangen.
Hiergegen richtet sich die Klage, mit der unter Aufhebung des Bescheids vom 5. April 1994 die Verpflichtung des Beklagten begehrt worden ist, die Rückgabeberechtigung der Firma G. Oswald K. OHG, Säge- und Hobelwerk Z., i.L. hinsichtlich des jetzt als Einzelfirma bestehenden Unternehmens festzustellen, den 1952 enteigneten Gesellschaftsanteil wiederherzustellen und den Wiederherstellungsanspruch in einer bestimmten – näher dargelegten Weise – zu erfüllen, hilfsweise die Nichtigkeit der Umwandlung vom 6. Juni 1990 festzustellen und den Beklagten zur Neubescheidung zu verpflichten. Zur Begründung haben die Kläger vorgetragen, der Betrieb habe nach der Enteignung des Anteils von Helmut K. als privater Betrieb mit staatlicher Beteiligung fortbestanden. In seinem Rückkaufantrag vom 2. Februar 1990 habe der Beigeladene zu 1 diese staatliche Beteiligung verschwiegen und versuche nun, vereinbarungswidrig sie aus der Gesellschaft „auszubooten”. Der angefochtene Bescheid des Beklagten sei rechtswidrig, weil eine die Rückgabe hindernde „Veräußerung” im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 3 VermG nicht vorliege. Die Umwandlung sei eine hoheitlich verfügte Rückgabe und damit eine Frühform der Reprivatisierung durch Verwaltungsakt, nicht aber ein Verkauf. Schließlich sei die Umwandlung angesichts der Diskrepanz zwischen Umwandlungserklärung und notarieller Beurkundung nichtig oder zumindest der Erwerb unredlich im Sinne des § 4 Abs. 3 VermG. Demgegenüber haben der Beklagte und der Beigeladene zu 1 den angefochtenen Bescheid verteidigt. Der Beigeladene zu 1 hat überdies die Auffassung vertreten, daß ein Unternehmensrückgabeanspruch bereits daran scheitere, daß das nach § 6 Abs. 1 a Satz 2 VermG erforderliche Quorum nicht erfüllt sei.
Mit Urteil vom 19. August 1998 hat das Verwaltungsgericht Gera das Verfahren im Umfang einer zuvor übereinstimmend erklärten Erledigung eingestellt, den Bescheid des Beklagten vom 5. April 1994 aufgehoben und ausgesprochen, daß die Firma G. Oswald K. OHG, Säge- und Hobelwerk Z., in Liquidation hinsichtlich des als VEB Kreisbau, Betriebsteil Fensterbau, fortgeführten und heute als Einzelunternehmen G. Oswald K., Bautischlerei, Z., firmierenden Unternehmens Berechtigte im Sinne der §§ 2 Abs. 1, 6 Abs. 1 a VermG ist; ferner hat es das Eigentum am Betriebsvermögen der Einzelfirma G. Oswald K. gemäß § 2 Abs. 3 VermG auf die Berechtigte übertragen und den mit Wirkung vom 18. Juli 1952 enteigneten Anteil von Helmut K. an der Berechtigten zugunsten der Kläger als dessen Rechtsnachfolger wiederhergestellt. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt: Die Rückübertragung der Firma G. Oswald K. OHG i.L. gemäß § 6 Abs. 1 VermG sei nicht durch § 4 Abs. 1 Satz 3 Buchst. d VermG ausgeschlossen. Voraussetzung für den Restitutionsauschluß sei die Rechtmäßigkeit der Veräußerung bzw. Umwandlung nach dem Unternehmensgesetz. Diese sei jedoch nichtig, weil der Rat des Bezirkes S. auf den Rückkaufantrag des Beigeladenen zu 1 durch Siegelung der Umwandlungserklärung vom 28. Mai 1990 die Umwandlung in eine OHG genehmigt habe, die Umwandlungserklärung aber bei der notariellen Beurkundung durch Streichung der Rechtsformbezeichnung „OHG” seitens der Notarin geändert worden sei. Dieser besonders schwerwiegende Mangel sei auch offenkundig und nicht gemäß Art. 31 § 7 EGBGB geheilt. Ferner liege ein wirksamer Antrag auf Rückgabe des Unternehmens vor. Das erforderliche Quorum von mehr als 50 % der Anteile sei erfüllt, obwohl die Kläger als Rechtsnachfolger des verstorbenen Helmut K. nur dessen Anteil an der ursprünglichen Firma in Höhe von 27 % auf sich vereinten. Denn der Rückkaufantrag des Beigeladenen zu 1 vom 2. Februar 1990 nach dem Unternehmensgesetz der DDR sei gleichzeitig auch als ein Antrag auf Rückgabe des Unternehmens nach dem Vermögensgesetz zu werten, der „im Falle des Scheiterns des Unternehmensrückkaufs gestellt worden wäre”. Der Wiederherstellungsanspruch hinsichtlich des 1952 enteigneten Gesellschaftsanteils ergebe sich aus § 6 Abs. 5 b Satz 1 VermG, die Übertragung des Eigentums am Betriebsvermögen aus § 6 Abs. 5 a Satz 1 Buchst. b VermG.
Gegen das Urteil hat der Beigeladene zu 1 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Revision eingelegt, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Er macht u.a. geltend, das Verwaltungsgericht habe mit der Annahme der Nichtigkeit der Umwandlung Art. 19 EV und § 4 Abs. 1 Satz 3 Buchst. d VermG verkannt. Er selbst habe keinen vermögensrechtlichen Antrag gestellt, so daß das erforderliche Quorum nicht erfüllt sei.
Der Beigeladene zu 1 beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Gera vom 19. August 1998 aufzuheben, soweit es der Klage stattgegeben hat, und – soweit der Rechtsstreit nicht erledigt ist – die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Sie verteidigen das angefochtene Urteil und meinen, die Umwandlung sei nicht durch Art. 19 EV in ihrem Bestand geschützt, weil diese Vorschrift nur wirksame Verwaltungsakte habe überleiten wollen und können; die Umwandlung sei aber unwirksam. Bei der Berechnung des Quorums müsse der auf das Unternehmensgesetz der DDR bezogene Rückkaufantrag des Beigeladenen zu 1 als eine der vermögensrechtlichen Restitution gleichartige Privatisierungsmaßnahme von Gesetzes wegen einbezogen werden; eine derartige – verfassungskonforme – Auslegung gebiete Art. 14 GG.
Der Beklagte und die Beigeladene zu 2 treten – jeweils ohne Antragstellung – mit unterschiedlicher Begründung dem Beigeladenen bei. Der Oberbundesanwalt beteiligt sich nicht am Verfahren.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichts beruht – soweit es der Klage stattgegeben hat und mit der Revision angegriffen worden ist – auf einer Verletzung materiellen revisiblen Rechts. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, den Klägern stehe ein Anspruch auf Unternehmensrestitution mit bestimmten daran anknüpfenden Folgen zu, verstößt gegen § 6 Abs. 1 und 1 a, § 30 Abs. 1 VermG.
Gegenstand des Revisionsverfahrens sind nur die geltend gemachten erstinstanzlich unter entsprechender Aufhebung des Bescheids vom 5. April 1994 erfolgreichen Anträge der Kläger auf Feststellung der Rückgabeberechtigung der Fa. G. Oswald K. i.L. gemäß § 6 Abs. 1 a VermG, auf Wiederherstellung des enteigneten Gesellschaftsanteils der Kläger gemäß § 6 Abs. 5 b Satz 1 VermG und auf die – von den Klägern nicht ausdrücklich eingeklagte – Übertragung des Eigentums am Betriebsvermögen auf die Fa. G. Oswald K. OHG i.L. Da die Kläger infolge der rechtzeitigen Anfechtung des sie begünstigenden ursprünglichen Bescheids noch keine der Rücknahme entgegenstehende Rechtsposition erlangt hatten und dieser Bescheid deshalb im Wege der Abhilfe nach Maßgabe des materiellen Rechts durch den Bescheid vom 5. April 1994 aufgehoben werden konnte (§ 50 Abs. 1 VwVfG), setzen diese vom Verwaltungsgericht bejahten Ansprüche neben einem Schädigungstatbestand im Sinne des Vermögensgesetzes (§ 1 VermG), der Vergleichbarkeit des entzogenen mit dem zurückzugebenden Unternehmen (§ 6 Abs. 1 Satz 1 VermG) und dem Fehlen von Ausschlußgründen (§ 4 Abs. 1 Sätze 2 und 3 VermG) zunächst die Erfüllung des Quorums von mehr als 50 % der Gesellschaftsanteile oder Mitgliedschaftsrechte (§ 6 Abs. 1 a Sätze 2 und 3 VermG) voraus. Von der letztgenannten Voraussetzung ist das Verwaltungsgericht zu Unrecht ausgegangen.
1. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, bei der Berechnung des Quorums sei der Antrag des Beigeladenen auf Rückkauf des Unternehmens nach dem Gesetz über die Gründung und Tätigkeit privater Unternehmen und über Unternehmensbeteiligungen vom 7. März 1990 (GBl ≪DDR≫ I S. 141; im folgenden: UntG-DDR)) mitzuberücksichtigen, verstößt gegen § 30 Abs. 1 und § 6 Abs. 1 a Sätze 2 und 3 VermG.
a) Das Verwaltungsgericht verkennt damit den bundesrechtlichen Begriff des Antrags und des Quorums im Sinne des Vermögensgesetzes. Beide setzen voraus, daß das Begehren des vermeintlich Berechtigten – schriftlich, mündlich oder in sonstiger Weise (vgl. Urteil vom 5. März 1998 – BVerwG 7 C 21.97 – Buchholz 428 § 30 VermG Nr. 8 S. 12) – unmißverständlich auf die Restitution des entzogenen Vermögensgegenstandes nach den Regeln des Vermögensgesetzes gerichtet ist und bei der zuständigen Stelle geltend gemacht wird (vgl. zu den Anforderungen an die nötige Individualisierung: Beschlüsse vom 10. März 1997 – BVerwG 7 B 39.97 – Buchholz 428 § 30 a VermG Nr. 3 S. 9 und vom 22. April 1999 – BVerwG 8 B 81.99 – Buchholz 428 § 30 a VermG Nr. 8 sowie Urteil vom 26. Mai 1999 – BVerwG 8 C 20.98 – VIZ 1999, 664 ≪667 f.≫ – zur Veröffentlichung in Buchholz unter 428 § 30 a VermG vorgesehen). Maßgeblich ist dabei nach ständiger Rechtsprechung der objektive Erklärungswert aus der Sicht des Erklärungsempfängers. Voraussetzung ist auf jeden Fall, daß dem Erklärungsempfänger – also der zuständigen Behörde – überhaupt eine entsprechende Erklärung des Berechtigten zugegangen ist. Daran fehlt es hier, soweit es um den für die Erreichung des Quorums erforderlichen Antrag des Beigeladenen geht. Dieser hat sich unstreitig niemals an die Vermögensämter mit der Bitte um Rückübertragung des früheren privaten Unternehmens gewandt; er hat lediglich zu DDR-Zeiten (mit Schriftsatz vom 2. Februar 1990) unter Bezugnahme auf das seinerzeit im Gesetzgebungsverfahren befindliche Unternehmensgesetz vom 7. März 1990 (GBl ≪DDR≫ I, S. 141) den „Rückkauf” des 1972 enteigneten Unternehmens und dessen Umwandlung gemäß § 17 UntG-DDR beantragt. Zwar kann einer solchen zunächst ausdrücklich nicht auf das Vermögensgesetz – das erst später verabschiedet wurde und in Kraft trat – bezogenen Erklärung dann im Rahmen des Quorums Bedeutung zukommen, wenn der entsprechende Gesellschafter innerhalb der Frist des § 30 a VermG unmißverständlich zu erkennen gibt, daß er mit seinen Gesellschaftsanteilen hinter dem Begehren des Restitutionsantragstellers steht, sich diesem Begehren also anschließt. Unverzichtbar ist ferner nach Sinn und Zweck des Erfordernisses eines Quorums, daß im Zeitpunkt der Entscheidung des Tatsachengerichts (noch) mehr als 50 % der Gesellschaftsanteile das Restitutionsbegehren „tragen”. Davon kann nicht ausgegangen werden, wenn sich der maßgebliche Gesellschafter – wie hier der Beigeladene – während des gesamten Verwaltungs- und Gerichtsverfahrens eindeutig gegen den Restitutionsantrag der Kläger gestellt hat und durchweg verlauten ließ, er habe keinen Restitutionsantrag gestellt, das Quorum sei deshalb nicht erfüllt (vgl. Schriftsätze vom 16. Mai 1995, vom 29. August 1991, vom 7. Oktober 1991, vom 3. Juni 1992 und vom 23. Februar 1999) und das zuständige Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen dies genauso gesehen hat (vgl. Schriftsatz vom 12. Oktober 1993).
Der Umstand, daß für den Beigeladenen aus der damaligen Sicht (Februar 1990) weder die Möglichkeit noch die Notwendigkeit bestand, einen Antrag nach der Anmeldeverordnung oder nach dem Vermögensgesetz zu stellen, spricht ebenfalls gegen die Auslegung oder (Um–)Deutung seines Begehrens als Restitutionsantrag. Aus der damaligen maßgeblichen Sicht des Erklärungsempfängers konnte dieser Antrag nicht auf Restitution nach dem Vermögensgesetz gerichtet sein. Er hätte diesen Inhalt vielmehr erst aus dem nachträglichen – ggf. konkludenten – Verhalten des Antragstellers gewinnen können. Das ist aber ausgeschlossen, wenn dieses Verhalten nach dem Inkrafttreten des Vermögensgesetzes eine solche Erstreckung nicht als von dem Willen des Antragstellers gedeckt erscheinen läßt, weil dieser – wie hier – sich ausdrücklich gegen eine solche Bedeutung seines Antrags ausgesprochen hat. Die gegenteilige Bewertung durch das Verwaltungsgericht verstößt gegen allgemeine Grundsätze der Auslegung (§ 133 BGB) und der Umdeutung (vgl. § 47 Abs. 2 VwVfG), die es nicht gestatten, einer Willenserklärung einen eindeutige Bekundungen des Erklärenden mißachtenden Inhalt zu geben.
b) Die Auffassung des Verwaltungsgerichts zur Erfüllung des Quorums ist auch nicht aus anderen Gründen im Ergebnis richtig. Denn die Ansicht der Kläger, der Umwandlungsantrag nach dem Unternehmensgesetz der DDR vom 7. März 1990 sei dem Quorum unabhängig von dem Willen und der Erklärung des Beigeladenen zu 1 kraft Gesetzes zuzurechnen, weil es sich dabei um eine „Frühform der Reprivatisierung” handele und ein solcher Antrag sachlich den Regelungen des Vermögensgesetzes entspreche, trifft nicht zu. Dem Vermögensgesetz ist eine derartige Zurechnung von Gesetzes wegen nicht zu entnehmen; daß die Interessen desjenigen, der nach dem Unternehmensgesetz der DDR zurückgekauft hat, nicht zwingend zugleich die Restitution nach dem Vermögensgesetz umfassen müssen, sondern sogar gegenläufig sein können, belegt der vorliegende Fall. Dementsprechend wurden Rückumwandlungsanträge nach dem Unternehmensgesetz der DDR von der Anmeldeverordnung nicht erfaßt (Neuhaus in Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, VermG, § 1 Rn. 82); deshalb greift auch § 30 Abs. 1 Satz 5 VermG, wonach eine Anmeldung nach der Anmeldeverordnung als Antrag auf Rückübertragung gilt, nicht zugunsten der Kläger ein. Da das Vermögensgesetz an anderer Stelle (vgl. § 1 Abs. 1 Buchst. d, § 6 Abs. 8 VermG) das Unternehmensgesetz der DDR und die von ihm erfaßten Sachverhalte in gewissem Umfang aufgreift, hätte es nahegelegen, bei der Regelung des Quorums die Einbeziehung derartiger „Rückkaufanträge” aus DDR-Zeiten ausdrücklich anzusprechen, wenn der Gesetzgeber des Vermögensgesetzes deren Einbeziehung in das Quorum gewollt hätte. Läge in jedem Rückkaufantrag nach dem Unternehmensgesetz der DDR von Gesetzes wegen zugleich auch ein vermögensrechtlicher Restitutionsantrag, so wäre insbesondere die Anpassungsvorschrift des § 6 Abs. 8 VermG entbehrlich gewesen. Im übrigen würde die Auffassung der Kläger zu dem zumindest ungewöhnlichen Ergebnis führen, daß auch Umwandlungen nach dem Unternehmensgesetz der DDR, bei denen alle früheren Gesellschafter beteiligt wurden und es keinerlei neuen Regelungsbedarf gibt, kraft Gesetzes ohne weiteres als Restitutionsverfahren anhängig geworden wären.
c) Verfassungsrecht gebietet entgegen der Ansicht der Kläger keine andere Auslegung. Das Quorum als besondere Voraussetzung einer Unternehmensrückgabe ist mit höherrangigem Recht vereinbar; das ziehen auch die Kläger nicht in Zweifel. Für diese Anspruchsvoraussetzung sprechen sachgerechte, die Besonderheiten rückzuübertragender Unternehmen berücksichtigende Erwägungen, die sie – soweit der Restitutionsanspruch entsprechend dem Klägervortrag der Eigentumsgewährleistung des Art. 14 Abs. 1 GG unterstellt wird (vgl. BVerfGE 95, 48 ≪58≫; BVerfG, Beschlüsse der 1. Kammer des Ersten Senats vom 21. Oktober 1998 – 1 BvR 179/94 – EuGRZ 1998, 689 ≪690 f.≫ und vom 7. Dezember 1999 – 1 BvR 1281/95 – Umdruck S. 8; vgl. dagegen Urteil vom 6. April 1995 – BVerwG 7 C 10.94 – BVerwGE 98, 147 ≪150 f.≫, Beschlüsse vom 16. Februar 1998 – BVerwG 7 B 239.97 – Buchholz 428 § 3 VermG Nr. 23 S. 33 und vom 30. Juli 1998 – BVerwG 8 B 31.98 – Buchholz 428 § 30 a VermG Nr. 7 S. 13) – als zulässige, verhältnismäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung i.S.v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG erscheinen lassen; es geht dabei nicht um den gezielten Entzug von Rechtspositionen. Das gilt auch mit Blick auf den Umstand, daß die Quorumsregelung erst durch das Hemmnisbeseitigungsgesetz vom 22. März 1991 (BGBl I S. 766) in das Vermögensgesetz eingefügt worden ist (vgl. hierzu BVerfG, Kammerbeschluß vom 21. Oktober 1998, a.a.O.); die hierdurch bewirkte Änderung des Vermögensgesetzes findet auch auf solche Restitutionsverfahren Anwendung, die beim Inkrafttreten des Änderungsgesetzes bereits anhängig waren (Urteil vom 24. Februar 1994 – BVerwG 7 C 20.93 – Buchholz 428 § 6 VermG Nr. 5 S. 1). Mit dem Quorum hat der Gesetzgeber dem Umstand willkürfrei Rechnung getragen, daß Unternehmen nur bei einem mehrheitlichen Willen der früheren Gesellschafter restituiert und am Wirtschaftsleben beteiligt werden sollen; insbesondere sollen nicht Mehrheitsgesellschafter gegen ihren Willen mit Minderheitsgesellschaftern zusammengebunden werden. Ferner dient das Quorum in sachgerechter Weise dem Anliegen der Verwaltungspraktikabilität und der Verfahrensbeschleunigung, sich nicht unnötigerweise mit divergierenden Anträgen einzelner Gesellschafter befassen zu müssen (vgl. Urteile vom 28. August 1997 – BVerwG 7 C 64.96 – Buchholz 428 § 30 VermG Nr. 5 S. 3 ≪6≫ und vom 29. September 1993 – BVerwG 7 C 39.92 – Buchholz 428 § 6 VermG Nr. 3 S. 3 ≪8≫; BTDrucks 12/449, S. 10; Messerschmidt in Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, VermG, § 6 Rn. 158). Dementsprechend ist das Bundesverwaltungsgericht bisher ohne weiteres von der Verfassungsmäßigkeit der Quorumsregelung ausgegangen (vgl. Urteile vom 28. August 1997 und vom 29. September 1993, jeweils a.a.O.; Beschluß vom 5. März 1996 – BVerwG 7 B 412.95 – Buchholz 428 § 6 VermG Nr. 20 S. 37). Das Vorbringen der Kläger nötigt insoweit zu keiner weitergehenden Vertiefung.
Die danach mit höherrangigem Recht vereinbare Quorumsregelung gilt – wie dargelegt – auch für Unternehmen, die schon zu DDR-Zeiten von einem Teil der früheren Gesellschafter „zurückgekauft” worden sind, ohne daß derartige Rückkaufanträge kraft Gesetzes bei der Berechnung des Quorums einzubeziehen wären. Art. 14 Abs. 1 GG gebietet eine solche Auslegung nicht. Sie würde sogar – wie bereits erörtert – zu wenig einleuchtenden Ergebnissen und zu gesetzessystematischen Brüchen führen. Auch in derartigen Fällen setzen sich vielmehr die sachgerechten Erwägungen, die das Quorum als solches rechtfertigen, durch.
2. Zugunsten des Anspruchs der Kläger auf Unternehmensrestitution ergibt sich auch nichts aus § 6 Abs. 8 VermG. Der Hinweis der Kläger im gerichtlichen Verfahren auf einen etwaigen, daraus resultierenden Anspruch auf „Anpassung” der auf der Grundlage des Unternehmensgesetzes der DDR erfolgten Umwandlung und Rückgabe des Unternehmens greift nicht durch. Der Anspruch steht nämlich gemäß § 14 URüV nur demjenigen zu, der das Unternehmen als Berechtigter bereits zurückerhalten hat (Messerschmidt, a.a.O., § 6 Rn. 678); daran fehlt es bei den Klägern nach den Darlegungen zu § 6 Abs. 1 und Abs. 1 a VermG.
3. Das Verwaltungsgericht hat auch zu Unrecht den 1952 enteigneten Gesellschaftsanteil zugunsten der Kläger gemäß § 6 Abs. 5 b Satz 1 VermG wiederhergestellt. Da der entsprechende Klageantrag nur in Zusammenhang mit einem Rückgabeverfahren nach § 6 VermG verfolgt werden kann (vgl. Messerschmidt, a.a.O., § 6 Rn. 518) und eine isolierte Rückübertragung der enteigneten Gesellschafts- oder Mitgliedschaftsrechte ohne eine gleichzeitig zu vollziehende Rückübertragung des Unternehmens vermieden werden soll (vgl. Messerschmidt, a.a.O.), ein solcher Rückübertragungsanspruch aber bezüglich des Unternehmens – wie dargelegt – nicht besteht, erweist sich das angefochtene Urteil in diesem Punkt schon deshalb aus den oben dargelegten Gründen als bundesrechtswidrig.
Das gleiche gilt für die vom Verwaltungsgericht zugesprochene Übertragung des Eigentums am Betriebsvermögen der Einzelfirma des Beigeladenen zu 1 auf die Firma Oswald Karl OHG i.L. als „Folge der Feststellung der Berechtigung der Firma Oswald Karl OHG i.L.” gemäß § 6 Abs. 5 a Satz 1 Buchst. b VermG. Auch dieser Ausspruch setzt den – hier nicht gegebenen – Rückübertragungsanspruch voraus.
4. Der Hilfsantrag greift ebenfalls nicht durch. Dabei kann offenbleiben, ob die damit begehrte Feststellung der Nichtigkeit der Umwandlung ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis i.S.v. § 43 Abs. 1 VwGO, an dem der Beklagte beteiligt ist, zum Gegenstand hat. Jedenfalls steht den Klägern kein schutzwürdiges Interesse an der Klärung bloßer Vorfragen für andere zivil- oder verwaltungsrechtliche Streitigkeiten zu.
5. Auf die von dem Revisionskläger erhobenen Verfahrensrügen kommt es unter diesen Umständen nicht mehr an. Ob den Klägern zivilrechtliche Ansprüche gegen den Beigeladenen zu 1 zustehen, war nicht Gegenstand dieses Verfahrens.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO.
Unterschriften
Dr. Müller, Sailer, Krauß, Golze, Postier
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 15.12.1999 durch Grosser Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
VIZ 2000, 211 |
ZAP-Ost 2000, 132 |
OVS 2000, 128 |
ThürVBl. 2000, 202 |
www.judicialis.de 1999 |