Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergnügungssteuer. Spielautomatensteuer. Spielgeräte mit Gewinnmöglichkeit in Spielhallen. Steuermaßstab der Stückzahl. verfassungsmäßige Aufwandsteuer. Steuergerechtigkeit. Vereinbarkeit mit europäischem Recht
Leitsatz (amtlich)
Die Erhebung der Spielautomatensteuer nach dem Steuermaßstab einer Stückzahl an Automaten entspricht auch in Ansehung heute bestehender Möglichkeiten zur exakten elektronischen Erfassung der Einspielergebnisse nach wie vor dem Prinzip der Steuergerechtigkeit.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2a, Art. 106-107; EWGRL 388/77 Art. 33
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches OVG (Entscheidung vom 22.04.1998; Aktenzeichen 2 K 3/95) |
Tenor
Auf die Revision der Antragsgegnerin wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 22. April 1998 geändert, soweit darin § 4 Abs. 1 Nr. 1 1. Alt. der Vergnügungssteuersatzung der Antragsgegnerin in der Fassung der 6. Nachtragssatzung vom 23. Dezember 1994 mit Wirkung zum 1. Januar 1997 für nichtig erklärt worden ist und soweit die nach der teilweisen Antragsrücknahme entstandenen Kosten der Antragstellerin und der Antragsgegnerin je zur Hälfte auferlegt worden sind.
Der Normenkontrollantrag der Antragstellerin wird insgesamt abgelehnt.
Die nach der teilweisen Rücknahme des Antrages entstandenen Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.
Tatbestand
I.
Die Antragstellerin betreibt einen Automatenspielsalon im Gebiet der Antragsgegnerin. Sie begehrt die Feststellung der Nichtigkeit der Regelung über den Steuersatz für das Halten von Automaten mit Gewinnmöglichkeit in Spielhallen und ähnlichen Unternehmen in der Vergnügungssteuersatzung der Antragsgegnerin. Ihre Mitgesellschafter, die ursprünglich gleichfalls entsprechende Normenkontrollanträge gestellt hatten, haben diese nach dem Ausscheiden aus der BGB-Gesellschaft zurückgezogen.
In der Spielhalle der Antragstellerin befinden sich neun Spielautomaten mit Gewinnmöglichkeit und ein Billardtisch.
§ 4 Abs. 1 der Vergnügungssteuersatzung der Antragsgegnerin in der maßgeblichen Fassung der 6. Nachtragssatzung vom 23. Dezember 1994 lautet:
„(1) Die Steuer beträgt je angefangenen Kalendermonat für jeden Automaten für das Halten
in Spielhallen und ähnlichen Unternehmen im Sinne des § 33 i der Gewerbeordnung
mit Gewinnmöglichkeit |
600,00 DM |
ohne Gewinnmöglichkeit |
200,00 DM |
an den übrigen in § 1 Abs. 1 genannten Orten
mit Gewinnmöglichkeit |
150,00 DM |
ohne Gewinnmöglichkeit |
70,00 DM |
anallen in § 1 Abs. 1 genannten Orten für Geräte, mit
- Darstellung von Gewalttätigkeiten und/oder
- Darstellung sexueller Handlungen und/oder
- Kriegsspiel
im Spielprogramm (Gewaltspiel) 600,00 DM.”
Die Antragstellerin wendet sich gegen die Festlegung einer Steuer von 600 DM für das Halten eines Automaten mit Gewinnmöglichkeit in Spielhallen und ähnlichen Unternehmen. Sie hat im Mai 1995 Normenkontrollklage erhoben und geltend gemacht, die Erhebung der Automatensteuer beim Aufsteller sei verfassungsrechtlich nur zulässig, wenn sie auf den Spieler kalkulatorisch abwälzbar sei. Die Steuer verstoße gegen Art. 33 der 6. Umsatzsteuerrichtlinie der Europäischen Gemeinschaft. Insoweit seien Abgaben, die den Charakter von Umsatzsteuern hätten, verboten. Um eine solche umsatzsteuergleiche Abgabe handele es sich hier. Die Antragsgegnerin habe durch die Erhöhung der Vergnügungssteuer auf 600 DM die vom Europäischen Gerichtshof 1994 gewährte Mehrwertsteuererleichterung faktisch wieder rückgängig gemacht und damit eine rechtlich gebotene Entlastung beseitigt.
Diese Steuer verstoße auch gegen das von Art. 105 ff. GG vorgesehene Modell der Verteilung des Steueraufkommens zwischen Bund/Ländern und kommunalen Körperschaften, indem das Mehrwertsteueraufkommen für Bund und Länder gemindert werde. Außerdem sei ohne Übergangsregelung eine Erhöhung der Steuer wie im vorliegenden Fall unverhältnismäßig. Ohne Vorwarnung sei die Steuer um 50 % heraufgesetzt worden. Die Antragsgegnerin erhebe die höchsten Steuersätze in Schleswig-Holstein. In allen anderen Gemeinden beliefen sich die Sätze auf 200 DM bis 250 DM, höchstens aber 400 DM für Automaten in Spielhallen. Eine Erziehungsaufgabe könne mit der Vergnügungssteuer nicht zulässigerweise verfolgt werden. Eine derartige Lenkung habe mit den Mitteln des Ordnungsrechts oder des Strafrechts zu geschehen. Eine hierfür erforderliche Ermächtigung sei in § 3 Abs. 3 KAG nicht zu erblicken. Der von der Antragsgegnerin verfolgte Zweck könne außerdem nicht durch die Vergnügungssteuer erreicht werden, weil die Erhöhung der Steuer letztlich dazu führe, daß der Unternehmer immer mehr Automaten aufstellen müsse, um noch Gewinn zu erzielen. Im Jahre 1995 habe die Steuer dazu geführt, daß bei einem Bruttoerlös von 71 160,08 DM ein Nettogewinn von nur 11 129,08 DM erzielt worden sei. Die Steuer habe erdrosselnde Wirkung. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei die Vergnügungssteuer zudem eine Bagatellsteuer mit begrenzter Belastungsintensität. Eine übermäßig belastende Wirkung sei danach rechtswidrig. Zur Vermögenssteuer habe das Bundesverfassungsgericht ausgeführt, daß die Besteuerung des Ertrages 50 % nicht überschreiten dürfe.
Schließlich sei die Erhebung der Vergnügungssteuer als Pauschalsteuer mittlerweile nicht mehr zulässig. Die Bemessungsgrundlage der Steuer sei der von den Spielern getätigte Aufwand. Die Pauschalierung der Steuersätze erfolge im Wege der Schätzung dieses Aufwandes. Diese Form der Steuerbemessung sei solange gerechtfertigt gewesen, als es nicht oder nur unter unverhältnismäßig großem Aufwand möglich gewesen sei, den tatsächlichen Aufwand zu ermitteln. Mittlerweile seien in allen Automaten manipulationssichere Zählwerke eingebaut, die es erlaubten, den konkreten Umsatz ohne Schwierigkeiten zu ermitteln.
Die Antragstellerin hat im erstinstanzlichen Normenkontrollverfahren beantragt,
- Abs. 1 Nr. 1 1. Alternative der Vergnügungssteuersatzung der Landeshauptstadt Kiel vom 24. April 1989 i.d.F. der letzten Nachtragssatzung vom 23. Dezember 1994 für nichtig zu erklären,
- hilfsweise festzustellen, daß diese Satzungsbestimmung am 01. Januar 1997 nichtig geworden ist,
- weiter hilfsweise festzustellen, daß diese Satzungsbestimmung zum 01. Januar 1999 nichtig wird.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie hat die Auffassung vertreten, die Automatensteuer sei keine umsatzsteuergleiche Abgabe im Sinne des Europarechts. Sie sei nicht allgemein, werde nicht auf jeder Produktionsstufe erhoben und beziehe sich als Pauschalsteuer nicht auf den beim Umsatz erzielten Mehrwert. Die Steuer habe auch keine erdrosselnde Wirkung und verstoße deswegen nicht gegen Art. 12 und 14 GG. Eine solche Wirkung könne nur angenommen werden, wenn Angehörige des Berufsbildes in aller Regel infolge der Steuer nicht mehr in der Lage wären, den Beruf mit Gewinnerzielung auszuüben. Ob im konkreten Fall die Antragstellerin nicht mehr rentabel arbeiten könne, sei unerheblich. Entscheidend sei vielmehr, daß die Zahl der im Stadtgebiet aufgestellten Automaten sich zwischen Dezember 1994 und Dezember 1995 kaum verändert habe. Auch die Zahl der Automatenaufsteller sei in dieser Zeit praktisch konstant geblieben. Die von der Antragstellerin zur Unterstützung ihres Vortrags angeführten Grundsätze der Vermögenssteuerentscheidung des Bundesverfassungsgerichts seien auf diesen Fall nicht übertragbar. In der angeführten Entscheidung sei es um die Besteuerung der Vermögenssubstanz gegangen, während vorliegend die Abgabe ein durchlaufender Posten sei. Letztlich werde nicht der Automatenaufsteller, sondern der Spieler belastet. Die Erhebung der Automatensteuer als Pauschsteuer sei nach wie vor zulässig. Zum einen seien die Zählwerke nicht manipulationssicher, und zum anderen sei die Erhebung der Automatensteuer bemessen nach dem Spieleinsatz verwaltungsaufwendig.
Mit Urteil vom 22. April 1998 hat das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht dem Normenkontrollantrag teilweise stattgegeben und entschieden, § 4 Abs. 1 Nr. 1 1. Alternative der Vergnügungssteuersatzung der Antragsgegnerin sei mit Wirkung zum 1. Januar 1997 nichtig. Im übrigen wurde der Normenkontrollantrag zurückgewiesen.
Zur Begründung ist in dem Urteil ausgeführt, ab dem 1. Januar 1997 sei die Erhebung einer Automatensteuer auf der Grundlage eines pauschalen Steuersatzes pro Spielgerät mit Gewinnmöglichkeit wegen Verletzung des Grundsatzes der Steuergerechtigkeit nicht mehr zulässig.
Obwohl es zulässig sei, die Automatensteuer von den Aufstellern zu erheben, gebiete es die Rechtsnatur der Steuer als Aufwandsteuer grundsätzlich, die Steuerbemessung an dem konkreten Vergnügungsaufwand je Gerät, der durch die Zahl und den Wert der eingeworfenen Münzen ausgedrückt werde, auszurichten. Als Ersatzmaßstab dürfe nur ein solcher gewählt werden, der einen bestimmten Vergnügungsaufwand wenigstens wahrscheinlich mache. Neuere Erkenntnisse zeigten, daß die Einspielergebnisse pro Gerät auch in Spielhallen durchaus unterschiedlich seien. Angesichts solcher erheblichen tatsächlichen Unterschiede bei den Einspielergebnissen (bis zu 25 %) bedürfe die offensichtliche Ungleichbehandlung der Aufsteller infolge der Anwendung des Stückzahlmaßstabes einer besonderen Rechtfertigung. Diese könne vorliegend nicht darin gesehen werden, daß die Härten der Stückzahlsteuer sich beim einzelnen Aufstellunternehmer weitgehend ausgleichen könnten. Im Gebiet der Antragsgegnerin sei es nämlich so, daß die Anzahl der aufgestellten Spielgeräte mit Gewinnmöglichkeit pro Aufsteller sich im wesentlichen zwischen drei und fünfzig Geräten bewege. Ein „interner” Ausgleich von Härten könne deshalb nicht bei jedem Aufsteller angenommen werden.
Als einzig denkbare Rechtfertigung für die Bemessung der Automatensteuer nach dem Stückzahlmaßstab verbleibe deshalb seine Praktikabilität. Nach dem 1. Januar 1997 sei dieser Maßstab allerdings nicht länger geeignet, die pauschale Steuererhebung zu decken. Aufgrund der im Jahr 1990 getroffenen selbstverpflichtenden Vereinbarung über den Einbau von manipulationssicheren Zählwerken zwischen den Herstellern von Unterhaltungsautomaten mit Gewinnmöglichkeit und den Verbänden der Unterhaltungsautomatenwirtschaft einerseits und den Bundesministerien für Wirtschaft sowie für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit andererseits dürften nach dem 1. Januar 1997 Spielgeräte ohne manipulationssichere Zählwerke nicht mehr gewerblich aufgestellt werden. Deshalb könnten für sämtliche Geldspielgeräte mit Gewinnmöglichkeiten die jeweiligen Spielaufwendungen anhand der Zählwerkausdrucke ab dem 1. Januar 1997 ermittelt werden. Dieser für die Antragsgegnerin vorhersehbare Termin hätte ihr Veranlassung geben müssen, die Maßstabregelung den technischen Möglichkeiten der Aufwandsermittlung rechtzeitig anzupassen. Die sogenannte elektronische Kasse, die auf dem Zählwerkausdruck verzeichnet sei, gebe hinreichend sicher das Einspielergebnis, d.h. den für die Bemessung der Steuer maßgeblichen Wert der eingeworfenen Münzen, wieder. Der dabei entstehende Verwaltungsaufwand für die Erfassung und Überprüfung stehe zum Steueraufkommen nicht außer Verhältnis. Die Überprüfung der Korrektheit der Angaben des Steuerpflichtigen sei anhand der von ihm einzureichenden Zählwerkausdrucke ohne weiteres möglich. Die Zählwerke als solche seien nahezu manipulationssicher. Daß eine Manipulation der Ausdrucke nicht gänzlich auszuschließen sei, könne der Anwendung des umsatzorientierten Maßstabes nicht durchgreifend entgegengehalten werden. Die Angabe falscher Besteuerungsgrundlagen sei nämlich kein Phänomen, das sich allein auf die Erhebung der Automatensteuer beschränke. Seien die Angaben eines Aufstellers in der Steueranmeldung lückenhaft oder unrichtig oder lasse sich die Bemessungsgrundlage nicht mehr ermitteln, sei die Steuer gemäß § 162 AO zu schätzen.
Im übrigen sei der Antrag allerdings unbegründet.
Die Vergnügungssteuersatzung sei durch § 3 Abs. 2 des Kommunalabgabengesetzes gedeckt; diese Vorschrift sei ihrerseits hinreichend bestimmt und verfassungsgemäß. Auch ein Verstoß gegen das System der Art. 105 ff. GG sei nicht feststellbar. Es sei geklärt, daß die durch Landesrecht auf die Gemeinden übertragene Steuerkompetenz einer der Aufkommenserzielung dienenden Abgabe auch die Lenkungswirkung – einen Erziehungszweck – der Satzung bei der Auswahl des Steuergegenstandes decke. Ein Verstoß gegen die Grundrechte aus Art. 14 und Art. 12 liege nicht vor. Die Steuer habe auch in ihrer beanstandeten Höhe noch keine erdrosselnde Wirkung. Weiter könne die Antragstellerin sich nicht mit Erfolg auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Vermögenssteuer berufen. Auch der Grundsatz des Vertrauensschutzes habe einer Erhöhung der Spielautomatensteuer nicht entgegengestanden.
Schließlich verstoße die Automatensteuer auch nicht wegen Gleichartigkeit der Umsatzsteuer gegen Art. 33 der Richtlinie 77/388/EWG. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH lasse diese Vorschrift den Mitgliedstaaten die Befugnis zur Beibehaltung oder Einführung bestimmter indirekter Abgaben, sofern es sich dabei nicht um Abgaben handele, die den Charakter von Umsatzsteuern hätten. Die Vorschrift solle verhindern, daß das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems durch staatliche Maßnahmen eines Mitgliedstaats beeinträchtigt werde, die den Waren- und Dienstleistungsverkehr in einer der Mehrwertsteuer vergleichbaren Weise belasteten. Als eine solche Maßnahme sei eine Steuer anzusehen, die wesentliche Merkmale der Mehrwertsteuer aufweise, selbst wenn sie ihr nicht in allen Einzelheiten gleiche. Die Automatensteuer weise diese wesentlichen Merkmale nicht auf, sie unterfalle deshalb dem Art. 33 der Richtlinie nicht.
Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Bundesverwaltungsgericht zugelassene Revision der Antragsgegnerin. Zur Begründung macht die Antragsgegnerin geltend, die Verwendung des Ersatzmaßstabes der Stückzahl sei auch weiterhin sachlich begründet und nicht willkürlich.
Bereits die Ausgangspunkte der angefochtenen Entscheidung seien unzutreffend. In erheblicher Weise unterschiedliche Einspielergebnisse der Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit lägen entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht vor. Es könne auch keine Rede davon sein, daß sich verbleibende Ungleichheiten bei den Einspielergebnissen nicht in ausreichender Weise für die einzelnen Automatenaufsteller ausglichen. Darüber hinaus sei die Verwendung eines Ersatzmaßstabes der Stückzahl sachlich aus dem Gesichtspunkt der Praktikabilität und wegen des mit der Steuer verfolgten Lenkungszweckes gerechtfertigt. Die Praktikabilität ergebe sich aus der mangelnden Möglichkeit, von den Steuerschuldnern abgegebene Erklärungen nachzuprüfen. Die Zählwerkausdrucke seien in hohem Maße manipulationsanfällig. Folglich würde die Besteuerung nach einem Wirklichkeitsmaßstab zu einem Verwaltungsmehraufwand führen, der in keinem rechten Verhältnis zu dem Steueraufkommen stehe. Schließlich sei die Verwendung des Stückzahlmaßstabes auch aufgrund des damit verfolgten Lenkungszweckes sachlich begründet und nicht willkürlich. Art. 105 Abs. 2 a GG enthalte keine verfassungsrechtliche Vorentscheidung darüber, welchen Steuermaßstab der Satzungsgeber auswählen müsse. Ein umsatzbezogener Wirklichkeitsmaßstab könne die Lenkungswirkung nicht, jedenfalls nicht in so geeigneter Form entfalten wie der Ersatzmaßstab der Stückzahl. Wäre nämlich als Besteuerungsgrundlage bei einem umsatzbezogenen Wirklichkeitsmaßstab der sich aus den Zählwerksausdrucken ergebende Umsatz maßgeblich, käme als Steuersatz nur ein bestimmter Prozentsatz des Umsatzes bzw. Spieleinsatzes in Betracht. Bei geringen Umsätzen bzw. Spieleinsätzen wäre die Steuer dementsprechend niedrig und könne keine fühlbare Wirkung entfalten.
Die Antragsgegnerin beantragt,
das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 22. April 1998 zu ändern, soweit das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht die Nichtigkeit von § 4 Abs. 1 Nr. 1 1. Alternative der Vergnügungssteuersatzung vom 24. April 1989 i.d.F. der 6. Nachtragssatzung vom 23. Dezember 1994 festgestellt hat, und den Normenkontrollantrag insgesamt abzulehnen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und meint insbesondere, daß die Revisionsbegründung, ohne Sachverhaltsrügen zu formulieren, mit dem von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt nicht zu vereinbaren sei. Auf der Grundlage des festgestellten Sachverhaltes könne die frühere Rechtsprechung zur Zulässigkeit des Ersatzmaßstabes der Stückzahl nicht aufrechterhalten werden. Das Stückzahlprinzip entferne die Steuer in zu weit gehendem Umfang von dem tatsächlichen Spielaufwand an den einzelnen Geräten und sei auch aus Gründen der Praktikabilität jedenfalls von dem Zeitpunkt ab nicht mehr hinnehmbar, in dem die Praktikabilitätsbedenken wegen lückenlos eingebauter Zählwerkeinrichtungen nur noch in ganz abgeschwächter Form geltend gemacht werden könnten.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Revision ist begründet. Die maßgebliche Erwägung des angefochtenen Urteils, ab dem 1. Januar 1997 führe die Verwendung des Steuermaßstabes der Stückzahl zu gleichheitswidrigen und damit verfassungswidrigen Ergebnissen, verstößt gegen Bundesrecht.
A. In dem genannten Zusammenhang hat das Oberverwaltungsgericht als entscheidungserheblichen Sachverhalt festgestellt, daß die Einspielergebnisse pro Gerät mit Gewinnmöglichkeit auch in Spielhallen durchaus unterschiedlich seien. Die Unterschiede betrügen bis zu 25 %. Dagegen sind von den Prozeßbeteiligten Sachverhaltsrügen nicht erhoben worden, so daß der Senat seiner Überzeugungsbildung die genannten tatsächlichen Umstände zugrunde zu legen hat (§ 137 Abs. 2 VwGO). Diese tragen die vom Oberverwaltungsgericht daran geknüpften rechtlichen Schlußfolgerungen nicht.
1. Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bedeutet für den Gesetzgeber die allgemeine Weisung, Gleiches gleich und Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln. Dies gilt nicht ausnahmslos, sondern nur, wenn die Gleichheit oder Ungleichheit der Sachverhalte so bedeutsam sind, daß ihre Beachtung unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten geboten erscheint. Dabei ist dem Gesetzgeber weitgehende Gestaltungsfreiheit zuzugestehen. Dies gilt auch für die das Steuerrecht beherrschende Ausprägung des Art. 3 Abs. 1 GG als Grundsatz der Steuergerechtigkeit. Durchbrechungen des Gleichheitssatzes durch Typisierungen und Pauschalierungen können – insbesondere bei der Regelung von Massenerscheinungen – durch Erwägungen der Verwaltungsvereinfachung und -praktikabilität gerechtfertigt sein, solange die durch jede typisierende Regelung entstehende Ungerechtigkeit noch in einem angemessenen Verhältnis zu den steuerlichen Vorteilen der Typisierung steht. Praktikabilitätserwägungen können aber nur bei der Prüfung am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG von rechtfertigender Bedeutung sein, nicht hingegen, wenn es um verfassungsrechtliche Wertentscheidungen geht, die den gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum des Art. 3 Abs. 1 GG einschränken (BVerwG, Beschluß vom 25. Januar 1995 – BVerwG 8 N 2.93 – ≪Buchholz 401.68 Vergnügungssteuer Nr. 28≫ mit zahlreichen weiteren Nachweisen).
2. Unter Anlegung dieses verfassungsrechtlichen Maßstabs erweist sich die Verwendung des Steuermaßstabs der Stückzahl bei der Besteuerung von Spielautomaten mit Gewinnmöglichkeit in Spielhallen als nach wie vor verfassungsgemäß (ebenso Urteil des Senats vom heutigen Tage in der Sache BVerwG 11 CN 3.99).
Die Vergnügungssteuer in der Form der Spielautomatensteuer ist eine indirekte örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2 a GG. Sie besteuert die gewerbliche Veranstaltung von Vergnügungen im Zusammenhang mit Geld- und Unterhaltungsspielen an Automaten. Steuerschuldner ist der Veranstalter des Vergnügens. Er wird zur Vergnügungssteuer herangezogen, obwohl eigentliches Steuergut das Vergnügen des einzelnen bzw. dessen dafür erbrachter Aufwand als Indiz seiner wirtschaftlichen Leistungskraft ist. Die Vergnügungssteuer zielt also darauf ab, die mit der Einkommensverwendung für ein Vergnügen zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu belasten. Der Steuermaßstab ist demgemäß am Vergnügungsaufwand auszurichten. Speziell bei der Spielautomatensteuer gilt herkömmlicherweise auch ein pauschaler Maßstab als sachgerecht, solange die Erfassung des Vergnügungsaufwands wenigstens wahrscheinlich bleibt. Die für eine Pauschalierung sprechenden Praktikabilitätserwägungen sind durch den technologischen Fortschritt, der inzwischen die Erfassung der Einspielergebnisse der einzelnen Geräte erleichtert, nicht insgesamt unbeachtlich geworden. Im übrigen läßt sich auch gegenwärtig der Vergnügungsaufwand der einzelnen Spieler nicht erfassen. Die Anknüpfung der Spielautomatensteuer an den Vergnügungsaufwand des Spielers bliebe damit auch dann pauschal, wenn das Einspielergebnis der Geräte als Bemessungsgrundlage der Steuer gewählt würde. Schon die indirekte Erhebung dieser Vergnügungssteuer rechtfertigt somit unverändert ihre Pauschalierung nach herkömmlicher Art.
a) In seinem Teilurteil vom 10. Mai 1962 (BVerfGE 14, 76 ff.) hat das Bundesverfassungsgericht die Verwendung des Steuermaßstabes der Stückzahl mit der Erwägung begründet, die Anschaffungspreise für die Spielautomaten schwankten im allgemeinen zwischen 600 und 800 DM oder nach den Angaben der damaligen Kläger zwischen 560 und 805 DM; diese geringen Unterschiede der Erstanschaffungspreise deuteten darauf hin, daß an den Apparaten der verschiedenen Bauarten im Durchschnitt etwa gleich häufig gespielt werde. Mithin könne der herkömmliche lockere Bezug zwischen dem Steuermaßstab der Stückzahl und dem Vergnügungsaufwand noch als gewahrt angesehen werden (a.a.O. S. 95). Sei die Wertverschiedenheit der Apparate relativ gering, so könne auch die besondere Bemessung der Steuer gerade nach der Stückzahl nicht als willkürlich bezeichnet werden (a.a.O. S. 103). Zusätzlich hat das Bundesverfassungsgericht in der genannten Entscheidung (S. 103) den pauschalierenden Stückzahlmaßstab noch mit der Erwägung gerechtfertigt, die weitaus meisten Spielapparate befänden sich in den Händen verhältnismäßig weniger Aufsteller und seien über ein großes Gebiet verteilt, so daß Härten der Stückzahlsteuer sich beim einzelnen Unternehmen weitgehend ausgleichen könnten.
Die Zulässigkeit des Ersatzmaßstabes der Stückzahl hat das Bundesverfassungsgericht seit der genannten Entscheidung auch in der Folgezeit weiter betont, allerdings ohne auf die konkreten Sachumstände wie die Vergleichbarkeit der Einspielergebnisse oder die Zahl der Automatenaufsteller nochmals einzugehen (BVerfGE 31, 8 ff.; BVerfG, Beschluß vom 1. März 1997 – 2 BvR 1599/89 u.a. – NVwZ 1997, 573 ff.). Vielmehr wird in diesen Entscheidungen die Zulässigkeit der Spielautomatensteuer als einer Pauschalsteuer ohne weitere Diskussion angenommen.
b) Diese Argumentation macht deutlich, daß die Spielautomatensteuer historisch als eine am Maßstab der Apparatestückzahl orientierte Pauschalsteuer entstanden ist, wobei von jeher ein gelockerter Bezug zwischen dem Steuermaßstab und dem Vergnügungsaufwand, wie er sich in den konkreten Einspielergebnissen der einzelnen Automaten ausdrückt, als ausreichend und der Steuergerechtigkeit entsprechend angesehen wurde. Dieser traditionelle Charakter der Spielautomatensteuer verändert sich nach Auffassung des Senats nicht zwangsläufig allein dadurch, daß unter den jetzigen technischen Bedingungen mit Hilfe elektronischer Datenerfassung die Feststellung der exakten Einspielergebnisse der Spielautomaten, die früher nur durch Auszählung der Münzen möglich gewesen wäre, erleichtert ist. Vielmehr kann der dem Steuergesetzgeber im Grundsatz zustehende Gestaltungsspielraum hinsichtlich der Auswahl des Steuermaßstabes nur dann als überschritten angesehen werden, wenn der Normgeber sich für seine Entscheidung, als Steuermaßstab nach wie vor die Stückzahl der Geräte zu wählen, nicht länger auf eine wenigstens lockere Beziehung zwischen diesem Maßstab und den konkreten Einspielergebnissen berufen könnte. Dies ist indessen nicht der Fall, so daß die von der Antragstellerin gerügte Wahrnehmung des Gestaltungsspielraumes der Antragsgegnerin nicht mit Erfolg beanstandet werden kann. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Antragsgegnerin in ihrer Vergnügungssteuersatzung mit der Differenzierung nach Aufstellorten für Spielautomaten mit Gewinnmöglichkeit bereits den Anforderungen entsprochen hat, die das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluß vom 25. Januar 1995 (BVerwG 8 N 2.93, a.a.O.) formuliert hat.
c) Wenn für Geräte mit Gewinnmöglichkeit in Spielhallen Einspielergebnisse zwischen 2 000 und 2 500 DM monatlich zu verzeichnen sind, so ist der für die Rechtfertigung der Spielautomatensteuer als Pauschalsteuer erforderliche lockere Bezug zwischen dem Stückzahlmaßstab und dem Vergnügungsaufwand jedenfalls gewahrt. Wird bedacht, daß die Spielautomatensteuer im Rahmen des Gestaltungsspielraumes der Steuergesetzgeber als Pauschalsteuer entstanden ist, so gewährleisten Einspielergebnisse mit der angegebenen Schwankungsbreite zwar keinen wirklichkeitsgenauen, wohl aber in jedem Fall einen lockeren Bezug zwischen Maßstab und Aufwand. Hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil aus dem Jahre 1962 den erforderlichen Bezug zwischen den beiden genannten Größen wegen einer gewissen Vergleichbarkeit in den Anschaffungspreisen (zwischen 600 und 800 DM) für die Automaten bejaht, so kann er nicht heute in Frage gestellt werden, weil die gegenüber den Anschaffungspreisen wirklichkeitsnäheren Einspielergebnisse nicht stärker, sondern schwächer schwanken als die seinerzeitigen Anschaffungspreise. Auf die Frage der Zahl der Automatenaufsteller und der von ihnen jeweils betriebenen Geräte kommt es dann nicht mehr an.
d) Praktikabilitätserwägungen stützen unverändert die Verwendung des Stückzahlmaßstabes.
Die Spielautomatensteuer wird als kommunale Aufwandsteuer regelmäßig nicht durch die Finanzverwaltung, sondern durch die kommunalen Verwaltungen erhoben. Anders als die Finanzverwaltungen verfügen die Kommunen jedenfalls in aller Regel nicht über Einrichtungen und Personal, das in bezug auf die Steuererhebung vor allem im Hinblick auf die Überprüfung von Erklärungen der Steuerpflichtigen besonders geschult wäre. Um so mehr erscheint es angemessen, die „Einfachheit” der Steuererhebung mittels des Maßstabes der Stückzahl als besonderen Praktikabilitätsgewinn für die Kommunen anzusehen. Insofern gewinnt Bedeutung, daß nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz – die für den Senat bindend sind (§ 137 Abs. 2 VwGO) – die bislang eingebauten Zählwerke zwar „nahezu manipulationssicher” sind, dies aber nicht für die Ausdrucke gilt (UA S. 10). Bei einer Besteuerung auf der Grundlage der Einspielergebnisse würde hieraus die Notwendigkeit resultieren, verwaltungsseitig Kontrollmechanismen einzuführen, um einer Steuerhinterziehung entgegenzuwirken. Zwar werden die Kommunen auch für die Verwendung des Stückzahlmaßstabes kaum ohne Kontrollen (etwa stichprobenartig durchgeführte Besichtigungen der Spielhallen) auskommen. Es liegt aber auf der Hand, daß die Abwicklung dieser Kontrollen nach Lage der Dinge einen geringen Aufwand erfordert. Kontrollen gegenüber Manipulationen der Zählwerke oder der Ausdrucke würden demgegenüber die kommunalen Verwaltungen schon mangels entsprechend geschulten Personals weitgehend überfordern.
Hinzu kommt, daß der Einbau von Zählwerken in die Geldautomaten mit Gewinnmöglichkeit aufgrund der Vereinbarung der beteiligten Verbände mit den zuständigen Ministerien des Bundes nicht die Spielautomaten ohne Gewinnmöglichkeit betrifft. Bei Aufgabe des Stückzahlmaßstabes müßten die kommunalen Satzungsgeber folglich in ihren Vergnügungssteuersatzungen für die Erhebung der Spielautomatensteuer unterschiedliche Steuermaßstäbe vorsehen. Für Geräte mit Gewinnmöglichkeit müßte ein am konkreten Umsatz orientierter Maßstab gewählt werden, für die Geräte ohne Gewinnmöglichkeit könnte es bei dem bisherigen Stückzahlmaßstab verbleiben. Unzweifelhaft wäre auch damit ein gewisser zusätzlicher Verwaltungsaufwand verbunden.
B. Das Urteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als zutreffend. Es kann nicht festgestellt werden, daß die Vergnügungssteuersatzung der Antragsgegnerin mit ihrer Steuererhebung für Spielgeräte mit Gewinnmöglichkeit in Spielhallen gegen sonstiges nationales Verfassungsrecht oder gegen europäisches Gemeinschaftsrecht verstößt.
1. Daß § 3 Abs. 3 des Kommunalabgabengesetzes des Landes Schleswig-Holstein eine hinreichend bestimmte Ermächtigungsgrundlage für den Erlaß der Vergnügungssteuersatzung der Antragsgegnerin darstellt, hat bereits das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluß vom 1. März 1997 (a.a.O. S. 574 rechte Spalte unten) ausgeführt. Ebenso ist seit langem anerkannt, daß die Erhebung von Vergnügungssteuern auch dann, wenn sie im Einzelfall nicht nur der Einnahmeerzielung, sondern auch erzieherischen Lenkungszwecken dient, mit der Kompetenzordnung des Grundgesetzes nicht in Kollision steht. Für derartige außerfiskalische Nebenzwecke von Steuergesetzen bedarf es nach der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung keiner den Bereich des Nebenzwecks erfassenden Sachregelungskompetenz. Vielmehr ist die Steuerkompetenz ausreichend (BVerfG, Beschluß vom 1. März 1997 a.a.O.; BFHE 160, 61 ff.). Allerdings darf der außerfiskalische Nebenzweck wegen des im Rechtsstaatsprinzip verankerten Gebots wechselseitiger bundesstaatlicher Rücksichtnahme nicht in Widerspruch zu einer in Ausübung einer Sachregelungskompetenz ergangenen bundesgesetzlichen Bestimmung stehen (vgl. BVerfGE 98, 106 ≪130/131≫). Ein Widerspruch zu einer gegenläufigen bundesgesetzlichen Regelung ist hier nicht ersichtlich. Allein das Schweigen des Bundesgesetzgebers zu bestimmten Erscheinungen des Glücksspiels ist nicht geeignet, einen Widerspruch zu den erzieherischen Nebenzwecken der Vergnügungssteuer herzustellen (vgl. Senatsurteil vom heutigen Tage – BVerwG 11 C 9.99). Daß die Spielautomatensteuer als Vergnügungssteuer den Vorgaben von Art. 105 Abs. 2 a GG entspricht, hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluß vom 1. März 1997 gleichfalls klargestellt. Dem ist nichts hinzuzufügen.
Ohne Verstoß gegen Bundesrecht hat die Vorinstanz festgestellt, daß die Vergnügungssteuersatzung der Antragsgegnerin nicht gegen die Art. 106, 107 GG verstößt. Gemäß Art. 106 Abs. 6 Satz 1 GG steht das Aufkommen der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern den Gemeinden oder nach Maßgabe der Landesgesetzgebung den Gemeindeverbänden zu. Im System des horizontalen Finanzausgleichs unter den einzelnen Ländern nach Art. 107 GG bleibt diese Zuweisung bisher unberücksichtigt. Dies beruht auf der Einschätzung, das Aufkommen der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern erreiche insgesamt nicht ein Volumen, welches als ausgleichsrelevant anzusehen sei (vgl. dazu noch: BVerfGE 86, 148 ≪225≫). Es mag sein, daß diese Einschätzung überprüfungsbedürftig ist, nachdem das Aufkommen – wie die Antragstellerin unwidersprochen vortragen läßt – in den letzten Jahren stark gestiegen ist. Doch steht dem Gesetzgeber zur Neuregelung des Finanzausgleichssystems ein Anpassungsspielraum zu, der zum Erlaß eines Maßstäbegesetzes bis zum 31. Dezember 2002 und zum Erlaß einer Neufassung des Finanzausgleichsgesetzes auf der Grundlage des Maßstäbegesetzes bis zum 31. Dezember 2004 zu nutzen ist (BVerfG, Urteil vom 11. November 1999 – BVerfG 2 BvF 2/98 u.a. –). Daraus folgt, daß das bisherige Finanzausgleichsgesetz jedenfalls bis Ende 2002 als Übergangsrecht weiter anwendbar ist.
Würde im übrigen die Nichtberücksichtigung des Aufwandes bei den örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern als Verstoß gegen Art. 106, 107 GG qualifiziert, so hätte dies die Verfassungswidrigkeit der bisherigen Regeln über den Finanzausgleich, nicht aber zur Folge, daß die Vergnügungssteuersatzung der Antragsgegnerin in den beanstandeten Punkten ungültig wäre.
Die von der Antragsgegnerin erhobene Spielautomatensteuer überschreitet auch nicht die nach Art. 12 Abs. 1 GG zulässige Grenze eines Eingriffs in die Berufsfreiheit. Ein solcher Eingriff wäre nur dann anzunehmen, wenn die Besteuerung es unmöglich werden ließe, den gewählten Beruf ganz oder teilweise zur wirtschaftlichen Grundlage der Lebensführung zu machen. Eine in diesem Sinne erdrosselnde Wirkung hat die Antragstellerin selbst nicht geltend gemacht. Als mittelbare Regelung der Berufsausübung ist die Steuererhebung durch gewichtige Interessen der Allgemeinheit gerechtfertigt. Es erscheint angemessen und verhältnismäßig, wenn die Allgemeinheit durch eine Steuer an dem Aufwand für das Vergnügen des Spielens beteiligt wird, auch wenn dadurch die Rentabilitätsgrenze der Gewinnspielapparate herabgesetzt werden sollte. Insbesondere durch die erhöhte Steuererhebung für Spielautomaten mit Gewinnmöglichkeiten in Spielhallen kann der Verursachung von Allgemeinlasten vorgebeugt werden. Daß die erhöhte Steuererhebung wegen der Festschreibung der Höhe der Spieleinsätze in der Spiel-Verordnung nicht auf die einzelnen Spielteilnehmer abgewälzt werden kann, ändert nichts daran, daß schon nach dem eigenen Vortrag der Antragstellerin die zuvor beschriebene Grenze einer verfassungsmäßigen Berufsausübungsregelung nicht erreicht oder überschritten ist.
Schließlich steht der Grundsatz des Vertrauensschutzes der Erhöhung der Spielautomatensteuer für Geräte mit Gewinnmöglichkeit in Spielhallen nicht entgegen. Der Gesetzgeber hat einen weitgehenden Gestaltungsspielraum, bestehende Gesetze zu ändern und neue Pflichten zu begründen; dies gilt auch für die Schaffung einer zusätzlichen Steuer (vgl. BVerfGE 30, 250 ≪269≫; 38, 61 ≪83≫) und die Änderung eines Steuertarifs (vgl. BVerfGE 13, 274 ≪278≫). Besondere Umstände, die im vorliegenden Fall zu einer anderen Beurteilung führen könnten, sind nicht ersichtlich.
2. Ebenso wie mit dem nationalen höherrangigen Recht steht die Vergnügungssteuersatzung der Antragsgegnerin mit ihren beanstandeten Regelungen auch mit dem europäischen Recht im Einklang.
Die Erhebung der Spielautomatensteuer verstößt insbesondere nicht gegen Art. 33 der Richtlinie 77/388/EWG i.d.F. der Richtlinie 91/680/EWG vom 16. Dezember 1991 (ABl EG Nr. L 376 S. 1). Das hat das Bundesverwaltungsgericht bereits in seinem Beschluß vom 21. März 1997 (BVerwG 8 B 51.97 – Buchholz 401.68 Vergnügungssteuer Nr. 30 – mit zahlreichen weiteren Nachweisen) entschieden. In seinem Urteil vom heutigen Tage in der Sache BVerwG 11 CN 3.99 hat der Senat daran ausdrücklich festgehalten.
Nach der genannten Vorschrift des Gemeinschaftsrechts hindern die Bestimmungen der Richtlinie einen Mitgliedstaat nicht daran, Abgaben auf Spiele und Wetten, Verbrauchsteuern, Grunderwerbsteuern sowie ganz allgemein alle Steuern, Abgaben und Gebühren, die nicht den Charakter von Umsatzsteuern haben, beizubehalten oder einzuführen, sofern diese Steuern, Abgaben und Gebühren im Verkehr zwischen den Mitgliedstaaten nicht mit Formalitäten beim Grenzübergang verbunden sind.
In Würdigung der dazu vorliegenden, bereits im Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. März 1997 (a.a.O.) berücksichtigten Rechtsprechung hängt die Frage, ob eine Steuer, Abgabe oder Gebühr den Charakter einer Umsatzsteuer im Sinne von Art. 33 der Richtlinie 77/388/EWG hat, vor allem davon ab, ob sie das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems beeinträchtigt, indem sie den Waren- und Dienstleistungsverkehr sowie kommerzielle Umsätze so belastet, wie es für die Mehrwertsteuer kennzeichnend ist. Der Europäische Gerichtshof hat hierzu ausgeführt, daß Steuern, Abgaben und Gebühren, die die wesentlichen Merkmale der Mehrwertsteuer aufweisen, auf jeden Fall als Maßnahmen anzusehen sind, die den Waren- und Dienstleistungsverkehr in einer der Mehrwertsteuer vergleichbaren Art und Weise belasten (Slg. 1992 I – 2217 = EuZW 1992, 420 – Dansk Denkavit und Poulsen Trading). Wesentliche Merkmale der Mehrwertsteuer sind danach: Allgemeine Geltung der Steuer für alle sich auf Gegenstände und Dienstleistungen beziehenden Geschäfte; Festsetzung ihrer Höhe proportional zum Preis, den der Steuerpflichtige als Gegenleistung für die Gegenstände und Dienstleistungen erhält; Erhebung der Steuer auf jeder Produktions- und Vertriebsstufe einschließlich der Einzelhandelsstufe, ungeachtet der Zahl der vorher bewirkten Umsätze; Abzug der auf den vorhergehenden Stufen bereits entrichteten Beträge von der vom Steuerpflichtigen geschuldeten Steuer, so daß sich die Steuer auf einer bestimmten Stufe nur auf den auf dieser Stufe vorhandenen Mehrwert bezieht und die Belastung letztlich vom Verbraucher getragen wird (vgl. EuGH, Urteil vom 8. Juni 1999 – Rs. C – 338/97 u.a. – EuZW 1999, 692 – Pelzl u.a.). Es mag Streit darüber möglich sein, ob von den genannten Merkmalen dasjenige der Proportionalität, jedenfalls dann, wenn als Steuermaßstab ein Prozentsatz des Einspielergebnisses gewählt wird, erfüllt ist; doch besteht kein Zweifel daran, daß die in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs als wesentliche Merkmale einer Mehrwertsteuer angesprochenen Gesichtspunkte für die nach Stückzahl der Automaten erhobene Spielautomatensteuer sämtlich nicht vorliegen.
Angesichts dessen besteht für den Senat keine Verpflichtung und auch keine Veranlassung, die Rechtssache dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorzulegen. Der Senat teilt die Auslegung, die der Europäische Gerichtshof Art. 33 der Richtlinie 77/388/EWG gegeben hat. Diese spiegelt den Zustand wieder, den die Harmonisierung des europäischen Steuerrechts in bezug auf die Umsatzsteuern erreicht hat. In bezug auf die Einordnung einer Spielautomatensteuer in dem hier fraglichen Sinne ermöglicht die bisherige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs auch nach Auffassung der Prozeßbeteiligten eine eindeutige, wenngleich für die Antragstellerin negative Antwort. Ist der Fragenkomplex somit in bezug auf das Problem des vorliegenden Verfahrens eindeutig und unmißverständlich geklärt, so entfällt die im Grundsatz nach Art. 234 EGV bestehende Vorlagepflicht (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 – Rs 283/81 – ≪Slg. IV 1982 S. 3415≫ – Cilfit).
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Unterschriften
Hien, Dr. Storost, Kipp, Vallendar, Prof. Dr. Rubel
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 22.12.1999 durch Kettlitz Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
BVerwGE, 237 |
NVwZ 2000, 936 |
ZKF 2000, 133 |
DÖV 2000, 550 |
DVBl. 2000, 910 |
KomVerw 2001, 70 |
FuBW 2001, 53 |
FuHe 2001, 172 |
VA 2000, 114 |