Entscheidungsstichwort (Thema)
Angemessenheit. Beihilfe. Berücksichtigung vorhandener Implantate. Eigenversorgung. Einzelzahnlücke, Erforderlichkeit. ergänzende Beihilfe. Freiendlücken. Fürsorge. Höchstzahl pro Kiefer. Implantat. implantologische Leistungen. Leistungsausschluss. Obergrenze. Sparsamkeit. Überversorgung. Willkür. zahnärztliche Behandlung. Zahnimplantat
Leitsatz (amtlich)
§ 90 Abs. 1 LBG Rheinland-Pfalz stellt keine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für den Erlass einer Beihilfenverordnung dar. Die Beihilfenverordnung Rheinland-Pfalz ist jedoch für eine Übergangszeit weiterhin anzuwenden (wie Urteil vom heutigen Tag – BVerwG 2 C 1.07).
Die Beschränkung der Beihilfefähigkeit implantologischer Zahnarztleistungen auf vier Implantate pro Kiefer “einschließlich vorhandener Implantate” ist unwirksam, soweit bei der Zählung Implantate mitgerechnet werden, deren Kosten nicht aus öffentlichen Mitteln mitgetragen worden sind.
Normenkette
GG Art. 33 Abs. 5; LBG RP § 90; BVO RP §§ 3, 5 Abs. 4
Verfahrensgang
OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 25.10.2006; Aktenzeichen 2 A 11102/06) |
VG Neustadt a.d. Weinstraße (Entscheidung vom 24.01.2006; Aktenzeichen 6 K 1843/05.NW) |
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 25. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I
Der Kläger ist Versorgungsempfänger und stand bis zu seiner Pensionierung im Dienst des beklagten Landes. Er begehrt die Zahlung einer Beihilfe für eine “Zahnimplantatfreilegung” in regio 43, für die ihm sein behandelnder Zahnarzt am 1. April 2005 einen Betrag von 122,66 € in Rechnung gestellt hatte.
Der Beklagte lehnte die Zahlung einer Beihilfe mit der Begründung ab, gemäß § 5 Abs. 4 der Beihilfenverordnung seien Aufwendungen für mehr als zwei Implantate pro Kiefer, einschließlich vorhandener Implantate, nur bei Einzelzahnlücken oder mit besonderer Begründung zur Fixierung von Totalprothesen beihilfefähig; Aufwendungen für mehr als vier Implantate pro Kiefer, einschließlich vorhandener Implantate, seien von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen.
Unstreitig waren dem Kläger bereits im Jahre 2004 vier Implantate im Unterkiefer eingesetzt worden; für zwei dieser Implantate hatte er Beihilfe erhalten.
Nach erfolglosem Vorverfahren hat der Kläger Klage erhoben und die Verpflichtung des Beklagten beantragt, ihm eine weitere Beihilfe zu bewilligen. Unter anderem machte er geltend, bei der Prüfung, ob die Obergrenze von vier Implantaten pro Kiefer überschritten sei, dürften die Implantate nicht mitgerechnet werden, deren Kosten er selbst getragen habe. Hätte er das jetzt abgerechnete Implantat nicht nach, sondern vor den anderen Implantaten einsetzen lassen, wäre diese Versorgung ohne weiteres beihilfefähig gewesen.
Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung des beklagten Landes blieb erfolglos, im Wesentlichen aus folgenden Gründen:
Die streitigen Aufwendungen seien zahnmedizinisch notwendig und vom Umfang her angemessen. Die implantologischen Leistungen seien beihilfefähig gewesen, weil sie eine Einzelzahnlücke betroffen hätten. Dem Beihilfeanspruch des Klägers stehe nicht entgegen, dass nach § 5 Abs. 4 Satz 2 BVO derartige Leistungen beihilferechtlich auf vier Implantate pro Kiefer einschließlich bereits vorhandener Implantate begrenzt seien und diese Grenze beim Kläger überschritten sei. Zwar sei der reine Wortlaut der Vorschrift eindeutig und spreche für die Auffassung des Beklagten. Auch Beihilfevorschriften hätten sich aber an höherrangigem Recht – hier am Fürsorgeprinzip – zu orientieren. Die Begrenzung diene nicht der Verhinderung einer zahnmedizinischen Überversorgung, sondern ausschließlich dem Gebot der Sparsamkeit im öffentlichen Haushalt. Deshalb sei eine Begrenzung auf vier Implantate zwar tragbar und mit der Fürsorgepflicht des Dienstherrn vereinbar. Es sei jedoch nicht zulässig, dabei die Eigenvorsorge des Beamten zu dessen Lasten zu berücksichtigen. Hier sei der Dienstherr als Folge der Eigenvorsorge des Klägers, der zwei der vorhandenen Implantate selbst bezahlt habe, von der Beihilfe freigestellt. Ein sachlicher Grund für diese Bevorzugung des Dienstherrn sei nicht erkennbar. Die maßgebliche Vorschrift sei deshalb im Wege der teleologischen Reduktion dahingehend auszulegen, dass bei der Feststellung der beihilferechtlichen Höchstgrenze nur diejenigen Implantate mitgerechnet werden, für die der Dienstherr zuvor Beihilfe geleistet habe. Das sei beim Kläger nur bei zwei Implantaten der Fall, so dass ihm eine weitere Beihilfe für die Implantatversorgung in regio 43 zustehe.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Beklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt.
Der Beklagte beantragt,
die Urteile des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 24. Januar 2006 und des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 25. Oktober 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der anwaltlich nicht vertretene Kläger stellt keinen Antrag.
Der Vertreter des Bundesinteresses trägt vor, die angegriffene Bestimmung des Landesrechts sei im Wesentlichen inhaltsgleich mit den Beihilfevorschriften des Bundes und der übrigen Länder. Auch der Entwurf der Bundesbeihilfenverordnung sehe vor, in diesem Punkt das gegenwärtige Recht unverändert zu übernehmen. Die Begrenzung auf vier Implantate pro Kiefer trage dem Umstand Rechnung, dass regelmäßig zwei Implantate pro Kieferhälfte ausreichten, um daran eine Brücke zu befestigen. In der Mehrzahl der Fälle könne so eine ausreichende Kaufähigkeit erreicht werden. Eine darüber hinausgehende Versorgung möge im Einzelfall wünschenswert sein, sei jedoch regelmäßig medizinisch nicht erforderlich. Die Beschränkung sei daher sachlich gerechtfertigt. Sie sei wegen der hohen Kosten auch im Interesse der Sparsamkeit geboten. Außerdem bestehe die vom Beklagten geschilderte Schwierigkeit, von Amts wegen zu ermitteln, wer frühere Implantate finanziert habe. Aus Anlass dieses Rechtsstreits habe sich der Ausschuss für Gebühren- und Leistungsrecht der Bund-Länder-Kommission für das Beihilferecht 2006 mit der Frage befasst und sei übereinstimmend zu dem Ergebnis gelangt, am bisherigen Recht festzuhalten.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision, über die der Senat mit Zustimmung aller Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2, § 141 Satz 1, 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat zu Recht entschieden, dass dem Kläger der geltend gemachte Beihilfeanspruch zusteht.
1. Rechtsgrundlage der Gewährung von Beihilfe in Krankheitsfällen sind die Vorschriften der Beihilfenverordnung des Landes Rheinland-Pfalz (BVO) in der Fassung der 14. Landesverordnung zur Änderung der Beihilfenverordnung vom 10. Dezember 2002 (GVBl. S. 510). Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 BVO sind beihilfefähig die notwendigen Aufwendungen in angemessenem Umfange, soweit sie dem Beihilfeberechtigten in Krankheitsfällen zur Wiedererlangung der Gesundheit, zur Besserung oder Linderung von Leiden, für die Beseitigung oder zum Ausgleich angeborener oder erworbener körperlicher Beeinträchtigungen entstanden sind. Für zahnärztliche und kieferorthopädische Leistungen gilt § 5 BVO. Diese Vorschrift ist durch die 13. Landesverordnung zur Änderung der Beihilfenverordnung vom 23. Juni 1997 (GVBl. S. 190) neu gefasst und in den Jahren 2005 und 2006 geändert worden, ohne dass die hier streitige Begrenzung der Beihilfefähigkeit geändert worden ist. § 5 Abs. 4 BVO hat folgenden Wortlaut:
Aufwendungen für implantologische Leistungen (Abschnitt K des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Zahnärzte), einschließlich aller damit verbundenen weiteren zahnärztlichen Leistungen sind nur bei Vorliegen einer der folgenden Indikationen beihilfefähig:
Einzelzahnlücke, wenn beide benachbarten Zähne intakt und nicht überkronungsbedürftig sind,
Freiendlücke, wenn mindestens die Zähne sieben und acht fehlen,
Fixierung einer Totalprothese.
Aufwendungen für mehr als zwei Implantate pro Kiefer, einschließlich vorhandener Implantate, sind nur bei Einzelzahnlücken oder mit besonderer Begründung zur Fixierung von Totalprothesen beihilfefähig; Aufwendungen für mehr als vier Implantate pro Kiefer, einschließlich vorhandener Implantate, sind von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen.
Die Beihilfenverordnung hat ihre Rechtsgrundlage in § 90 Abs. 1 des Landesbeamtengesetzes Rheinland-Pfalz (LBG RP). Nach dieser Vorschrift richtet sich die Gewährung von Beihilfen zu den Aufwendungen u.a. in Krankheits-, Pflege-, Geburts- und Todesfällen nach Grundsätzen, die das für das finanzielle öffentliche Dienstrecht zuständige Ministerium im Einvernehmen mit dem für das allgemeine öffentliche Dienstrecht zuständigen Ministerium durch Rechtsverordnung erlässt.
Soweit diese Vorschrift nicht als bloße Regelung der Zuständigkeit zu verstehen ist, ermächtigt sie ihrem Wortlaut nach das zuständige Ministerium, Grundsätze für die Gewährung von Beihilfen in den in Absatz 1 genannten Fällen zu erlassen, ohne dem Verordnungsgeber hierfür irgendwelche inhaltlichen Maßstäbe vorzugeben. Mit diesem Inhalt wird die Vorschrift nicht den rechtstaatlichen Anforderungen gerecht, die an eine Ermächtigungsgrundlage zu stellen sind; vielmehr verstößt die gesetzliche Verordnungsermächtigung des § 90 Abs. 1 LBG RP gegen den Vorbehalt des Gesetzes. Nach diesem bundesverfassungsrechtlichen Grundsatz, der sich aus dem rechtsstaatlichen und demokratischen System des Grundgesetzes (Art. 20 Abs. 1 und 3, Art. 80 Abs. 1) ergibt, sind die grundlegenden Entscheidungen in wesentlichen Regelungsbereichen durch Parlamentsgesetz zu treffen. Dies gilt aufgrund des Homogenitätsgebots auch für die Landesgesetzgebung, für die Art. 80 Abs. 1 GG nicht unmittelbar anwendbar ist (vgl. Urteil vom 20. März 2008 – BVerwG 2 C 49.07 – juris Rn. 10, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen, m.w.N.).
Der Vorbehalt des Gesetzes gilt auch für das Beihilferecht. Dies folgt aus der außergewöhnlichen Bedeutung der Beihilfe und ihres Wechselbezugs zu den Besoldungs- und Versorgungsbezügen, wobei jedenfalls die Gesetzesbindung der Besoldung zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums im Sinne von Art. 33 Abs. 5 GG gehört (vgl. Urteil vom 28. April 2005 – BVerwG 2 C 1.04 – BVerwGE 123, 308 ≪310≫). Daher müssen zum einen die tragenden Strukturprinzipien des Beihilfensystems gesetzlich festgelegt werden. Zum anderen muss der parlamentarische Gesetzgeber die Verantwortung für wesentliche Einschränkungen des Beihilfestandards übernehmen (vgl. Urteil vom 20. März 2008 a.a.O. Rn. 11).
Diesen Anforderungen genügt § 90 Abs. 1 LBG RP offensichtlich nicht.
Obwohl der Senat § 90 Abs. 1 LBG RP wegen Verstoßes gegen den bundesverfassungsrechtlichen Vorbehalt des Parlamentsgesetzes für nichtig hält, bedarf es keiner Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG. Denn auf die Gültigkeit der Norm kommt es im hier zu entscheidenden Fall nicht an. Ist § 90 Abs. 1 LBG RP gültig und die darauf gestützte Beihilfenverordnung wirksam, so ist diese ohne Weiteres anzuwenden. Ist § 90 Abs. 1 LBG RP nichtig, so erfasst diese Nichtigkeit auch die Beihilfenverordnung. Diese ist dann aber entsprechend den im Urteil vom 17. Juni 2004 – BVerwG 2 C 50.02 – (BVerwGE 121, 103 ≪111≫) entwickelten Grundsätzen weiterhin für eine Übergangszeit anzuwenden, weil andernfalls der noch verfassungsfernere und schlechthin unerträgliche Zustand einträte, dass der Beamte und seine Familie ohne jeden Anspruch auf Beihilfe in Krankheitsfällen bliebe. Erst wenn der parlamentarische Gesetzgeber seiner Verpflichtung, eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage zu schaffen, in angemessener Zeit nicht nachkommen sollte, käme es auf die Gültigkeit der Beihilfenverordnung an; im Falle ihrer Nichtigkeit wäre dann über Beihilfeansprüche allein nach dem Grundsatz zu entscheiden, dass Beihilfe zu gewähren ist, soweit die Aufwendungen nach medizinischer Beurteilung erforderlich und der Höhe nach angemessen sind (vgl. Urteil vom 28. Mai 2008 – BVerwG 2 C 24.07 – zur Veröffentlichung in der Entscheidungssammlung des Bundesverwaltungsgerichts vorgesehen).
2. Daraus folgt, dass § 5 Abs. 4 Satz 2 BVO auf den streitigen Anspruch des Klägers anzuwenden ist.
Die weitere Anwendbarkeit der nichtigen Beihilfevorschriften, insbesondere der Leistungsausschlüsse und -einschränkungen trotz Notwendigkeit der Aufwendungen, setzt allerdings voraus, dass die jeweilige Regelung nicht aus anderen Gründen gegen höherrangiges Recht verstößt und deshalb unwirksam ist.
Nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift hat der Dienstherr zu den Kosten von Zahnimplantaten nur dann ohne Weiteres Beihilfe zu leisten, solange die Zahl der Implantate pro Kiefer zwei nicht übersteigt. Bei mehr als zwei bis zu vier Implantaten bedarf es einer besonderen Indikation. Aufwendungen für mehr als vier Implantate pro Kiefer sind von der Beihilfefähigkeit generell und ausnahmslos ausgeschlossen. In allen Fällen ist die maßgebliche Zahl der Implantate “einschließlich vorhandener Implantate” zu ermitteln. Wer die Kosten bereits vorhandener Implantate getragen hat, ist unerheblich.
Das Berufungsgericht hält es für gleichheitswidrig, die Eigenvorsorge des Klägers, der die Kosten für zwei der vier bereits vorhandenen Implantate selbst getragen hat, zu dessen Lasten zu berücksichtigen.
Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Da die Beihilfe ihre Grundlage in der Fürsorgepflicht des Dienstherrn hat, ist diese bei der Prüfung eines Verstoßes gegen den Gleichheitssatz in ihrem verfassungsrechtlich geschützten Kernbereich einzubeziehen. Die vom Normgeber für eine Differenzierung im Beihilfensystem angeführten Gründe müssen hiervor Bestand haben. Solange der Gesetzgeber am gegenwärtig praktizierten “Mischsystem” aus privat finanzierter Vorsorge und ergänzender Beihilfe festhält, ist der allgemeine Gleichheitssatz dann verletzt, wenn eine bestimmte Regelung im beihilferechtlichen Sinne notwendige und angemessene Aufwendungen von der Beihilfe ausschließt und dabei die im Beihilfensystem angelegte Sachgesetzlichkeit ohne zureichenden Grund verlässt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Februar 1992 – 1 BvL 29/87 – BVerfGE 85, 238 ≪247≫; BVerwG, Urteil vom 28. April 2005 – BVerwG 2 C 1.04 – BVerwGE 123, 308 ≪313 f.≫).
Für die Auslegung des § 5 Abs. 4 Satz 2 BVO, wonach bei der Ermittlung der Obergrenze auch solche Implantate mitzuzählen sind, für die der Dienstherr keine Beihilfe geleistet hat, fehlt ein zureichender Grund.
Es ist sachlich nicht gerechtfertigt, die Beihilfefähigkeit bei Implantatleistungen von der rein zufälligen Reihenfolge abhängig zu machen, in der “Freiendlücken” und “Einzelzahnlücken” durch Implantate geschlossen werden. Sind bei einem Patienten Freiendlücken mit zwei Implantaten und zwei Einzelzahnlücken mit je einem Implantat zu versorgen, so hängt die (volle) Beihilfefähigkeit allein von der Reihenfolge der Behandlungen ab: Die Behandlung mit den insgesamt vier benötigten Implantaten ist in vollem Umfang beihilfefähig, wenn zunächst die Freiendlücken versorgt werden (Höchstzahl: zwei) und dann die beiden Einzelzahnlücken (Höchstzahl: vier). Bei umgekehrter Behandlungsreihenfolge wäre die Freiendlückenversorgung nicht mehr beihilfefähig, weil die Höchstzahl zwei bereits erreicht ist.
Ebenso wenig ist es gerechtfertigt, bei der Feststellung der Höchstzahl auch solche Implantate zu berücksichtigen, die der Beamte selbst bezahlt hat. Die gegenteilige Auslegung der Vorschrift lässt sich weder mit dem Gesichtspunkt der Notwendigkeit noch mit dem der Angemessenheit rechtfertigen. Ob ein Implantat aus medizinischer Sicht notwendig ist, hängt nicht von der absoluten Zahl bereits vorhandener Implantate ab, sondern unter Umständen von deren relativer Lage; hier kann sich allenfalls im Einzelfall ergeben, dass die in der Beihilfenverordnung vorgegebenen Höchstgrenzen auch medizinisch ausreichend sind und weitere Implantate zu einer medizinisch nicht gebotenen Überversorgung führen. Maßgebend für eine generelle zahlenmäßige Begrenzung kann nur der Gesichtspunkt der Angemessenheit sein; er rechtfertigt es, in bestimmten, vom Gesetzgeber festzulegenden Fällen Aufwendungen des Dienstherrn für Beihilfeleistungen zu begrenzen. Mit diesem Gesichtspunkt unvereinbar ist es jedoch, Aufwendungen, die der Beamte selbst getragen hat, zu seinen Lasten zu berücksichtigen. Eine solche Auslegung würde ohne beihilferechtlich tragfähigen Grund Beamte, die Eigenvorsorge betrieben haben oder Aufwendungen hatten, bevor sie beihilfeberechtigt wurden, gegenüber solchen Beamten benachteiligen, die in vollem Umfang staatliche Zuschüsse in Anspruch genommen haben.
Zu Unrecht beruft sich der Beklagte für seine gegenteilige Auffassung auf Gründe der Praktikabilität, weil sich nicht feststellen lasse, wer bereits vorhandene Implantate bezahlt habe. Diese Schwierigkeit lässt sich mit vertretbaren Mitteln überwinden. Zum einen kann der Dienstherr Beihilfeunterlagen, in denen es um Implantate geht, länger als fünf Jahre aufbewahren, ohne dabei mit datenschutzrechtlichen Bestimmungen in Konflikt zu geraten. Zum zweiten ist der Beamte, der eine Beihilfe beantragt, verpflichtet, wahrheitsgemäße Angaben zu machen; bei unwahren Angaben macht er sich des (versuchten) Betruges schuldig, was nicht nur strafrechtlich, sondern auch disziplinarisch geahndet werden kann. Drittens trifft den Beamten die Darlegungs- und Beweislast in solchen Fällen, weil es sich um Vorgänge aus seinem privaten Lebensbereich handelt. Er muss substanziiert vortragen und – etwa durch Rechnungen und frühere Beihilfebescheide – nachweisen, dass er für bereits vorhandene Implantate keine Beihilfe oder ihr gleichstehende Zuschüsse aus öffentlichen Kassen erhalten hat. Andernfalls darf die Beihilfestelle vom Gegenteil ausgehen.
Der Verstoß der Regelung gegen Art. 3 Abs. 1 GG führt zur Nichtigkeit der Begrenzungsregelung, soweit bei der Zählung Implantate mitgerechnet werden, deren Kosten nicht aus öffentlichen Mitteln mitgetragen worden sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Unterschriften
VRiBVerwG Albers ist wegen Eintritts in den Ruhestand gehindert zu unterschreiben.
Groepper
Prof. Dr. Kugele, Groepper, Dr. Heitz, Thomsen
Fundstellen
ZBR 2009, 47 |
DÖV 2008, 961 |