Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Entsendung von Arbeitnehmern. Freier Dienstleistungsverkehr. Richtlinie 96/71/EG. Vorschriften im Bereich der öffentlichen Ordnung. Wöchentliche Ruhezeit. Pflicht zur Vorlage von Entsendungsunterlagen auf formlose Anfrage der nationalen Behörden. Pflicht zur Benennung eines in Luxemburg ansässigen Ad-hoc-Vertreters, der alle für Kontrollzwecke notwendigen Unterlagen aufbewahrt

 

Beteiligte

Kommission / Luxemburg

Kommission der Europäischen Gemeinschaften

Großherzogtum Luxemburg

 

Tenor

1. Das Großherzogtum Luxemburg hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen in Verbindung mit Art. 3 Abs. 10 dieser Richtlinie und aus den Art. 49 EG und 50 EG verstoßen, dass es

  • die Bestimmungen im Sinne des Art. 1 Abs. 1 Nrn. 1, 2, 8 und 11 des Gesetzes vom 20. Dezember 2002 zur Umsetzung der Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen und zur Regelung der Kontrolle der Anwendung des Arbeitsrechts zu zwingenden Vorschriften im Bereich der nationalen öffentlichen Ordnung erklärt hat,
  • Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. a der Richtlinie 96/71 nicht vollständig umgesetzt hat,
  • in Art. 7 Abs. 1 des genannten Gesetzes vom 20. Dezember 2002 die Voraussetzungen in Bezug auf den Zugang der zuständigen nationalen Behörden zu den für eine Kontrolle unbedingt notwendigen Angaben nicht bestimmt genug formuliert hat, um Unternehmen, die Arbeitnehmer nach Luxemburg entsenden möchten, Rechtssicherheit zu gewährleisten, und
  • in Art. 8 dieses Gesetzes die Hinterlegung der für die Kontrolle notwendigen Unterlagen in Luxemburg bei einem dort ansässigen Ad-hoc-Vertreter vorgeschrieben hat.

2. Das Großherzogtum Luxemburg trägt die Kosten.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 226 EG, eingereicht am 20. Juli 2006,

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch J. Enegren und G. Rozet als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Großherzogtum Luxemburg, vertreten durch C. Schiltz als Bevollmächtigten,

Beklagter,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann sowie der Richter A. Tizzano, A. Borg Barthet, M. Ilešič und E. Levits (Berichterstatter),

Generalanwältin: V. Trstenjak,

Kanzler: R. Grass,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 13. September 2007

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

1 Mit ihrer Klage beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften die Feststellung, dass das Großherzogtum Luxemburg dadurch gegen seine Verpflichtungen aus den Art. 3 Abs. 1 und 10 der Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen (ABl. 1997, L 18, S. 1) und aus den Art. 49 EG und 50 EG verstoßen hat, dass es

  • die Bestimmungen im Sinne des Art. 1 Abs. 1 Nrn. 1, 2, 8 und 11 des Gesetzes vom 20. Dezember 2002 zur Umsetzung der Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen und zur Regelung der Kontrolle der Anwendung des Arbeitsrechts (Mémorial A 2002, S. 3722, im Folgenden: Gesetz vom 20. Dezember 2002) zu zwingenden Vorschriften im Bereich der nationalen öffentlichen Ordnung erklärt hat,
  • Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 96/71 nicht vollständig umgesetzt hat,
  • in Art. 7 Abs. 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 2002 die Voraussetzungen in Bezug auf den Zugang der zuständigen nationalen Behörden zu den für eine Kontrolle unbedingt notwendigen Angaben nicht bestimmt genug formuliert hat, um Unternehmen, die Arbeitnehmer nach Luxemburg entsenden möchten, Rechtssicherheit zu gewährleisten, und
  • in Art. 8 dieses Gesetzes die Hinterlegung der für die Kontrolle notwendigen Unterlagen in Luxemburg bei einem dort ansässigen Ad-hoc-Vertreter vorgeschrieben hat.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

2 In Art. 3 der Richtlinie 96/71 heißt es unter der Überschrift „Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen”:

„(1) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass unabhängig von dem auf das jeweilige Arbeitsverhältnis anwendbaren Recht die in Artikel 1 Absatz 1 genannten Unternehmen den in ihr Hoheitsgebiet entsandten Arbeitnehmern bezüglich der nachstehenden Aspekte die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen garantieren, die in dem Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet die Arbeitsleistung erbracht wird,

  • durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften

    und/oder

  • durch für allgemeinverbindlich erklärte Tarifverträge oder Schiedssprüche im Sinne des Absatzes 8, sofern sie die im Anhang genannten Tätigkeiten betreffen, ...

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