Entscheidungsstichwort (Thema)

Personalrat. Rücktritt des Personalrats. Umfang gerichtlicher Nachprüfung

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Rücktrittsbeschluß des Personalrats kann inhaltlich, insbesondere im Hinblick auf die Gründe, nicht gerichtlich überprüft werden.

 

Normenkette

PersVG Bln § 24 Abs. 1 Nr. 3

 

Verfahrensgang

VG Berlin (Beschluss vom 27.06.1990; Aktenzeichen FK (Bln)-C-9.90)

 

Nachgehend

BVerwG (Beschluss vom 26.11.1992; Aktenzeichen 6 P 14.91)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten wird der Beschluß des Verwaltungsgerichts Berlin vom 27. Juni 1990 geändert.

Der Antrag der Antragsteller wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Antragsteller wurden im Dezember 1989 in den aus elf Mitgliedern bestehenden Personalrat bei der Senatsverwaltung für …, den Beteiligten zu 1), gewählt. Dieser beschloß am 25. April 1990 mit 6:5 Stimmen seiner Mitglieder seinen Rücktritt. Das geschah, um den Weg zu einer Neuwahl zu eröffnen, an der erstmals auch die rund 800 Auszubildenden bei dem der Senatsverwaltung für … zugeordneten Berufsamt Berlin sollten teilnehmen können. Die Grundlage hierfür hatte der Berliner Gesetzgeber durch Gesetze vom 23. Oktober 1989 (GVBl. S. 1845) und 2. April 1990 (GVBl. S. 721) zur Änderung des Personalvertretungsgesetzes für das Land Berlin geschaffen. Durch das erste Änderungsgesetz waren zu Dienstkräften im Sinne des Personalvertretungsgesetzes auch Personen erklärt worden, die sich, wie das bei den Auszubildenden beim Berufsamt der Fall ist, ausschließlich zum Zwecke einer über- oder außerbetrieblichen Ausbildung im Sinne des § 1 Abs. 5 des Berufsbildungsgesetzes in einer Einrichtung des öffentlichen Dienstes befinden. Gleichzeitig war gesetzlich bestimmt worden, daß die Gesamtheit der Auszubildenden beim Berufsamt Berlin als Dienststelle im Sinne des PersVG gelte. Die zuletzt genannte Regelung wurde durch das Änderungsgesetz vom 2. April 1990 aufgehoben, mit der Folge, daß die Auszubildenden vom Beteiligten zu 1) vertreten werden, an dessen Wahl im Dezember 1989 sie indes wegen der damals bestehenden Gesetzeslage nicht teilgenommen hatten.

Die Neuwahl fand in der Zeit vom 4. bis 6. Juli 1990 statt. Sie wird von den Antragstellern in dem noch beim Verwaltungsgericht Berlin anhängigen Verfahren – VG FK (Bln) – B– 20.90 – angefochten.

Im vorliegenden Beschlußverfahren greifen die Antragsteller den Rücktrittsbeschluß des Beteiligten zu 1) vom 25. April 1990 an. Sie haben die Auffassung vertreten, die Änderungsgesetze vom 23. Oktober 1989 und vom 2. April 1990 verstießen gegen zwingendes Bundesrecht und seien daher nichtig. Da der Rücktrittsbeschluß des Beteiligten zu 1) von der Gültigkeit dieser Änderungsgesetze ausgehe, sei er ebenfalls nichtig, jedenfalls aber rechtswidrig.

Das Verwaltungsgericht hat durch Beschluß vom 27. Juni 1990 antragsgemäß den Rücktrittsbeschluß des Beteiligten zu 1) vom 25. April 1990 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Antrag sei zulässig. Insbesondere seien die Antragsteller antragsbefugt, weil sie als Mitglieder des Beteiligten zu 1) dessen Beschlüsse auch dann mitzuverantworten hätten, wenn sie bei der Beschlußfassung überstimmt worden sein sollten. Der Antrag sei auch begründet. Die von den Antragstellern beanstandeten Gesetzesänderungen verstießen gegen Bundesrecht und seien nichtig, weil durch sie der Dienstkräftebegriff nach § 3 PersVG auf einen Personenkreis ausgeweitet werde, der nach § 4 BPersVG nicht zu den „Beschäftigten im öffentlichen Dienst” gehören und damit auch nicht in den personellen Geltungsbereich des BPersVG einschließlich seiner Rahmenvorschriften fallen könne. Da der angegriffene Rücktrittsbeschluß des Beteiligten zu 1) demgegenüber von der Gültigkeit der Gesetzesänderungen ausgehe, sei er durch rechtsgestaltende Entscheidung aufzuheben. Im Grundsatz sei der Rücktritt des Personalrats aus jedem sachlichen Grund möglich. Als Teil der öffentlichen Verwaltung sei der Personalrat jedoch an das (gültige) Gesetz gebunden. Gehe man davon aus, daß der Rücktritt des Personalrats in seinem Ermessen liege, so bedeute dies kein freies Ermessen; vielmehr unterliege das ausgeübte Ermessen der gerichtlichen Rechtmäßigkeitskontrolle. Als Prüfungsmaßstab böten sich die allgemein für die Überprüfung behördlicher Ermessensentscheidungen entwickelten Rechtsgrundsätze an. Danach sei eine Ermessensentscheidung u.a. dann fehlerhaft, wenn ihr rechtsfehlerhafte Erwägungen zugrunde lägen. Das sei hier der Fall.

Gegen diesen dem Beteiligten zu 1) am 19. Juli 1990 und der Beteiligten zu 2) am 20. Juli 1990 zugestellten Beschluß haben der Beteiligte zu 1) am 11. August 1990 und die Beteiligte zu 2) am 16. August 1990 Beschwerde eingelegt. Die Begründung der Beschwerde der Beteiligten zu 2) ist am 12. September 1990, die des Beteiligten zu 1) nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 1. Oktober 1990 am 20. September 1990 bei Gericht eingegangen. Die Beteiligten machen geltend, ein Beschluß des Personalrats über seinen Rücktritt...

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