Leitsatz (amtlich)
1. Die Voraussetzungen der zur Entstehung einer rechtsfähigen Stiftung des privaten Rechts erforderlichen Genehmigung ergeben sich aus dem Landesrecht.
2. Eine Gemeinwohlgefährdung im Sinn des § 4 Abs. 1 Buchst. a) StiftG NW liegt jedenfalls vor, wenn es hinreichend wahrscheinlich ist, daß die Genehmigung der Stiftung und damit die Verfolgung des Stiftungszwecks zu einer Beeinträchtigung von Rechten oder Rechtsgütern führt, die unter dem Schutz der Verfassung stehen. Das ist dann der Fall, wenn eine auf Tatsachen gestützte, nicht bloß entfernte Möglichkeit der Rechtsgutbeeinträchtigung besteht.
3. Die Versagung der zur Entstehung einer parteinahen Stiftung erforderlichen Genehmigung verstoßt weder gegen das Parteienprivileg noch gegen den Grundsatz der Chancengleichheit.
Normenkette
GG Art. 2 Abs. 1, Art. 9 Abs. 1-2, Art. 14 Abs. 1, 3, Art. 21 Abs. 2, Art. 70 Abs. 1, Art. 74 Abs. 1 Nr. 1; BGB §§ 43, 80, 85, 87; ParteiG § 25 Abs. 1 S. 2 Nr. 1; StiftG NW § 4 Abs. 1 Buchst. a, § 6
Verfahrensgang
Nachgehend
Tatbestand
Die klag. Partei „Die Republikaner” begehrt die Genehmigung zur Entstehung der parteinahen „Franz – Schönhuber – Stiftung”. Das VG hat den bekl. Innenminister des Landes NW, der den entsprechenden Antrag der Klägerin nicht beschieden hat, zur Erteilung der Genehmigung verpflichtet (NVwZ 1994, 811 mit eingehender Sachdarstellung). Die Berufung hatte Erfolg.
Entscheidungsgründe
Die Unterlassung des begehrten Verwaltungsaktes ist nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Ihr steht weder ein Anspruch auf Erlaß einer Genehmigung der beabsichtigen Stiftung noch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über deren Erlaß zu.
A. Der Erteilung der begehrten Genehmigung nach § 80 Satz 1 BGB in Verbindung mit §§ 3, 4 StiftG NW steht entgegen, daß der obligatorische Versagungsgrund des § 4 Abs. 1 Buchst. a StiftG NW eingreift.
Danach ist die Genehmigung zu versagen, wenn die Stiftung das Gemeinwohl gefährden würde.
I. § 4 Abs. 1 Buchst. a StiftG NW ist eine wirksame Rechtsgrundlage für die Versagung der stiftungsrechtlichen Genehmigung. Insbesondere verstößt die Vorschrift nicht wegen eines Kompetenzmangels des Landesgesetzgebers gegen höherrangiges Recht. Gemäß Art. 70 Abs. 1 GG sind die Länder befugt, die materiellen Voraussetzungen für die Genehmigung einer privatrechtlichen Stiftung gesetzlich zu regeln. Es bedarf insoweit keiner Entscheidung, ob der Bundesgesetzgeber die materiell-rechtlichen Voraussetzungen der Stiftungsgenehmigung überhaupt umfassend hätte regeln dürfen. Einschlägig ist insoweit nämlich allenfalls eine konkurrierende Gesetzgebungskompetenz gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG. Unabhängig von deren Reichweite hat aber der Bund von einer ihm möglicherweise zukommenden Gesetzgebungskompetenz hinsichtlich des Stiftungsrechts bezüglich der materiell-rechtlichen Voraussetzungen der Genehmigungserteilung keinen Gebrauch gemacht.
Pohley, Kommentar zum Stiftungsgesetz Bayern (Sonderdruck aus Praxis der Gemeindeverwaltung), 1993, Art. 4 Anm. 4.1; Gebel/Hinrichsen, Schleswig-Holsteinisches Stiftungsgesetz, Kommentar (Sonderdruck aus Praxis der Gemeindeverwaltung), 1994, Einführung, Anm. 5.
Daß die §§ 80 ff. BGB das Stiftungsrecht nicht umfassend und abschließend regeln,
vgl. BVerwG, Urteil vom 4.5.1970,– VII B 85.69 –, BayVBl. 1970, 290 = Stiftungen in der Rechtsprechung-Nr. 51, Band II, 1982, S. 29 (30); Coing, in: Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, 12. Auflage, Allgemeiner Teil – §§ 1-89; Verschollenheitsgesetz, 1980, Vorbemerkungen zu §§ 80-88, Rdnr. 3; Jauernig, in: ders. (Hrsg.), Bürgerliches Gesetzbuch, 7. Auflage, 1994, Vor § 80 Anm. 1 a; H.P. Westermann, in: Erman, Handkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 9. Auflage, 1993, Vor § 80 Rdnr. 11,
ergibt sich zwingend aus Wortlaut, Systematik und Entstehungsgeschichte der Vorschriften (wird ausgeführt).
II. Die Voraussetzungen des zwingenden Versagungsgrundes nach § 4 Abs. 1 Buchst. a StiftG NW liegen vor.
Die Franz-Schönhuber-Stiftung würde das Gemeinwohl gefährden.
Der Begriff der Gefährdung zielt wie der im allgemeinen Polizeirecht entwickelte Gefahrbegriff auf die Abwendung von Schaden für die von der Norm erfaßten Schutzgüter. Eine Gemeinwohlgefährdung liegt danach jedenfalls dann vor, wenn es hinreichend wahrscheinlich ist, daß die Genehmigung der Stiftung und damit die Verfolgung des Stiftungszwecks zu einer Beeinträchtigung von Rechten oder Rechtsgütern führt, die unter dem Schutz der Verfassung stehen. Das ist der Fall, wenn eine auf Tatsachen gestützte, nicht bloß entfernte Möglichkeit der Rechtsgutbeeinträchtigung besteht.
1. Dabei folgt die Auslegung des Begriffs der Gemeinwohlgefährdung entgegen der Rechtsauffassung des VG nicht, aus Art. 9 GG mit der Konsequenz, daß der Versagungstatbestand der Gemeinwohlgefährdung nicht auf die in Art. 9 Abs...