Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückforderung von Lastenausgleich

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Verfassungswidrigkeit des § 349 IV LAG bzgl Rückforderung des Zinszuschlages (zum Urteil des BVerwG vom 19.06.191997 – 3 C 10.97 – ≪VIZ 1997, 638≫; Bestätigung des Beschlusses der VG Osnabrück – 6. Kammer – vom 26.06.1996 – 6 A 173/95 – ≪VIZ 1996, 529≫).

 

Tenor

Die Vorlagebeschlüsse vom 26.06.1996 werden aufrechterhalten.

 

Gründe

1.

Die Kammer sieht keine Veranlassung, ihren in den o.a. Beschlüssen vertretenen Rechtsstandpunkt bzgl. der Verfassungswidrigkeit des § 349 Abs. 4 LAG, soweit dieser die Rückforderung des Zinszuschlages als Bestandteil der Hauptentschädigung bei nachträglichem Schadensausgleich durch Rückübertragung nach dem Vermögensgesetz zwingend vorschreibt, in Ansehung der abweichenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 19.06.1997 – 3 C 10.97 –) aufzugeben.

a) Die spezifische Zielsetzung des Zinszuschlages gegenüber der Ausgleichsfunktion des Grundbetrages wird auch vom BVerwG anerkannt, soll jedoch wegen der Akzessorietät des Zinszuschlages im Verhältnis zum Endgrundbetrag im Falle der Rückforderung bei nachträglichem Schadensausgleich dessen rechtliches Schicksal teilen. Diesen rechtlichen Ansatz vermag die Kammer auch unter Berücksichtung der vom BVerwG dargelegten Erwägungen nicht zu teilen. Zwar trifft es zu, daß der Zinsanspruch nach § 250 Abs. 3 LAG „den Bestand eines zuerkannten Anspruchs auf den Endgrundbetrag voraussetzt”. Damit ist aber nichts über den rechtlichen Bestand des Zinszuschlages nach Erfüllung des letzteren im Falle eines späteren Schadensausgleichs ausgesagt. Insbesondere kann für diese Frage nichts daraus hergeleitet werden, daß der Zinszuschlag „auch nur für den Zeitraum gewährt (wird), bis der Anspruch auf den Endgrundbetrag durch Erfüllung gemäß § 251 Abs. 1 LAG erlischt”. Dies beruht allein darauf, daß die mit dem Zinszuschlag abzugeltende Wartezeit mit der Erfüllung des Grundanspruchs endet. Wenn das BVerwG daran anknüpfend feststellt, daß „nach Erfüllung des Anspruchs ein weiterer Zinszuschlag nicht mehr entstehen” könne, beinhaltet dies eine für die vorliegende Fragestellung unergiebige Selbstverständlichkeit.

b) Soweit das BVerwG bei seiner Argumentation etwa den Fall im Auge gehabt haben sollte, daß ein Anspruch auf Hauptentschädigung zunächst bestanden hat, vor seiner Erfüllung jedoch ein anderweitiger Schadensausgleich eingetreten ist mit der Folge, daß nicht nur kein Grundbetrag mehr zu gewähren, sondern auch für einen Zinszuschlag kein Raum mehr gewesen wäre, nichts anderes aber für den Fall eines nach der Gewährung von Hauptentschädigung erfolgten anderweitigen Schadensausgleichs gelten könne, ist dem zweierlei entgegenzuhalten: Zum einen ist davon auszugehen, daß nach den historisch-politischen Gegebenheiten für den damaligen Gesetzgeber eine derartige Entwicklung nicht im Blickfeld gestanden haben dürfte. Jedenfalls gilt dies für die massenhafte Erscheinung einigungsbedingten Schadensausgleichs im Wege vermögensrechtlicher Restitution, derentwegen sich der Gesetzgeber zu den in § 349 LAG geregelten lastenausgleichsrechtlichen Konsequenzen veranlaßt gesehen hat (vgl. Gallenkamp in Kreuer/Löbach, Das Lastenausgleichsrecht und offene Vermögensfragen, 2. Aufl., Stand: Nov. 1995, § 349 LAG Rdnr. 1). – Zum anderen wäre unabhängig davon im Wege verfassungskonformer Auslegung des § 251 Abs. 3 LAG eine rechtliche Verselbständigung des Zinszuschlages auch in den Fällen eines der Gewährung von Hauptentschädigung zuvorkommenden anderweitigen Schadensausgleichs in Betracht zu ziehen, da es keinen tragfähigen Grund dafür gibt, einen Lastenausgleichsberechtigten, dessen Anspruch auf Hauptentschädigung durch anderweitigen Schadensausgleich überholt wird, hinsichtlich des Ausgleichs der Wartezeit in Gestalt eines entsprechenden Zinszuschlages gegenüber dem Empfänger von Hauptentschädigung bei nachträglichem anderweitigen Schadensausgleich schlechterzustellen.

Mit vorstehenden Erwägungen wird zugleich den Ausführungen von Plogmann/Kreuer (OV spezial 1996, 366 f.) entgegengetreten.

c) Was den das Lastenausgleichsrecht beherrschenden Grundsatz der Objektidentität angeht, den das BVerwG auch bei Rückforderung von Grundbetrag und Zinszuschlag gewahrt sieht, geht auch die Kammer davon aus, daß lastenausgleichsrechtliche Entschädigung und anderweitiger Ausgleich dasselbe Schadensobjekt betreffen müssen. Sie ist jedoch nach wie vor der Auffassung, daß es bei den vereinigungsbedingten Restitutionen an einem umfassenden, auch die besondere Funktion des Zinszuschlages abdeckenden Ausgleich und in diesem Sinne an Objektidentität fehlt, da diese ausschließlich den Ausgleich des Substanzschadens betrafen. Daran hält sie fest, weil es für die verfassungsrechtliche Beurteilung im Hinblick auf Art. 3 GG allein darauf ankommt. Die vom BVerwG auch in diesem Zusammenhang in den Vordergrund seiner Argumentation gestellte Akzessorietät sowie die sog. Kappungsgrenze gemäß § 349 Abs. 4 Satz 4 LAG ändern ...

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