Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückforderung von Lastenausgleich
Tenor
Das Verfahren wird insoweit ausgesetzt, als sich die Klägerin gegen die Rückforderung von Zinszuschlag durch Bescheid der Beklagten vom 30.12.1994 wendet.
Es wird eine Entscheidung des Bundesverfassungsgericht darüber eingeholt, ob § 349 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Satz 3 des Lastenausgleichsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Juni 1993 (BGBl. I S. 845), soweit er die Rückforderung des Zinszuschlages betrifft, mit dem Grundgesetz vereinbar ist.
Tatbestand
I.
Die am … 1912 geborene Klägerin war als Miterbin nach ihrem im Jahre 1949 verstorbenen Vater zu 3/4 Miteigentümerin eines gemischt genutzten Grundstücks in Bad Düben (Kreis Eilenburg, Sachsen), E. 3. Zur Erbengemeinschaft gehörte ferner zu 1/4 ihre Mutter, die am 14.03.1955 verstarb und von ihr, der Klägerin, als Alleinerbin beerbt wurde. Die Klägerin hatte das Gebiet der ehemaligen DDR am 19.07.1948 legal verlassen und lebt seitdem im Bundesgebiet. Das Grundstück stand in der Folgezeit unter staatlicher Verwaltung und wurde auf Grund des § 14 Aufbaugesetz gemäß Bescheid vom 09.08.1979 entschädigungslos in Volkseigentum überführt. – Die Klägerin war ferner Inhaberin von Sparguthaben in Höhe von 611,74 M-Ost.
Durch Bescheid vom 09.02.1972 stellte der Landkreis Lübbecke nach dem Beweissicherungs- und Feststellungsgesetz (BFG) gegenüber der Klägerin bzgl. des Grundvermögens den Schaden nach dem Einheitswert in Höhe von 12.100,– M-Ost und als Zeitpunkt des Schadenseintritts 1958 fest. Bezgl. der Sparguthaben wurde der Schaden in Höhe von 611,74 M-Ost und als Zeitpunkt des Schadenseintritts der 24.06.1948 festgestellt.
Durch Bescheid des Landkreises Lübbecke vom 09.10.1980 wurde der Klägerin für die o.a. Schäden eine Hauptentschädigung nach dem Lastenausgleichsgesetz (LAG) in Höhe von 11.480,– DM zuerkannt. Darin ist ein Grundbetrag in Höhe von 10.250,– DM und ein Zinszuschlag ab 01.01.1970 (Vomhundertsatz 12) in Höhe von 1.230,– DM enthalten. Dabei wendete das Ausgleichsamt § 250 LAG i.d.F. der Bekanntmachung vom 01.10.1969 (BGBl. I S. 1909) an.
Durch Änderungsbescheid vom 29.11.1994 nach § 4 des 28. ÄndG-LAG v. 27.01.1975 (BGBl. I S. 401) wurde der Klägerin eine höhere Hauptentschädigung zuerkannt. Der Grundbetrag wurde nunmehr auf 10.870,– DM festgesetzt. Die Erhöhung ergab sich daraus, daß zusätzlich für das o.a. Sparguthaben ein Sparerzuschlag nach § 249 a LAG in Höhe von 620,– DM berücksichtigt und dafür ein Zinszuschlag für den Zeitraum vom 01.01.1953 bis 4. Quartal 1994 (42 Jahre à 4 %–168 %) in Höhe von 1.041,60 DM gewährt wurde. Für das Grundvermögen wurde ein Zinszuschlag ab 01.01.1967 in Höhe von 2.460,– DM zugesprochen. Dies beinhaltete eine Nachverzinsung mit einem Vomhundertsatz von 12 für die Jahre 1967 bis 1969. Insgesamt ergab sich gegenüber dem Bescheid des Landkreises Lübbecke vom 27.10.1972 eine Erhöhung der Hauptentschädigung um 2.891,– DM.
Durch Bescheid des Landratsamtes Eilenburg – Amt zur Regelung offener Vermögensfragen – vom 04.03.1993 wurde das Eigentum an dem o.a. Grundvermögen an die Klägerin gemäß § 3 VermG zurückübertragen; zugleich wurde gemäß § 18 VermG für Aufbauhypotheken ein Ablösebetrag in Höhe von 766,– DM festgesetzt. Bezüglich des Sparguthabens ist eine Freigabe (Rückübertragung) nicht erfolgt.
Durch Bescheid vom 30.12.1994 forderte die Beklagte gemäß § 349 LAG auf der Grundlage ihres Bescheides vom 29.11.1994 die der Klägerin für das restituierte Grundvermögen zuerkannte Hauptentschädigung in Höhe von 12.542,– DM zurück. Unter Verrechnung mit dem o.a. Erhöhungsbetrag von 2.891,– DM ergab sich ein Rückforderungsbetrag von 9.650,40 DM.
Die Klägerin legte gegen den am 10.01.1995 abgesandten Bescheid der Beklagten vom 30.12.1994 am 30.01.1995 Beschwerde ein, welche der Beschwerdeausschuß beim Landesausgleichsamt Niedersachsen durch Beschluß vom 05.09.1995 zurückwies.
Die Klägerin hat dagegen am 18.09.1995 Klage erhoben, mit der sie beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 30.12.1994 sowie den Beschluß des Beschwerdeausschusses beim Landesausgleichsamt vom 05.09.1995 aufzuheben.
Zur Begründung macht sie u.a. geltend: § 349 LAG sei allein keine taugliche Anspruchsgrundlage, sondern regele allein das Abrechnungsverfahren, indem er pauschal auf § 342 Abs. 3 LAG verweise, der lediglich die Wiederaufnahme des Verfahrens regele. Daß es sich um eine ausschließlich Verfahrensregelung handele, werde auch aus § 8 Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz – EALG – deutlich, der in Entschädigungsfällen die Verrechnung mit Hauptentschädigung nach dem LAG regele. Danach hätte der Gesetzgeber eine Rückfoderungsregelung in das Vermögensgesetz – VermG – integrieren müssen. – Ferner verstoße § 349 LAG gegen das rechtsstaatliche Bestimmtheitserfordernis, da er den Rückforderungstatbestand nicht konkret bezeichne. Es sei kein Parameter dafür ersichtlich, was der Gesetzgeber mit der Formulierung „zu viel” in § 349 Abs. 1 LAG gemeint habe. Es sei auch nicht andeutungsweise best...