Lehrermangel in vielen Bundesländern
Der Deutsche Lehrerverband schätzt, dass aktuell 10.000 Lehrerstellen unbesetzt und weitere 30.000 notdürftig, etwa mit Quereinsteigern, besetzt sind. Besonders kritisch ist die Situation demnach an Grundschulen, Förderschulen und ehemaligen Hauptschulen.
Unionsfraktionschef Kauder warnt vor Bildungsnotstand
Unionsfraktionschef Volker Kauder hat vor einem Bildungsnotstand an deutschen Schulen gewarnt. Die Lage sei zwar von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich, sagte der CDU-Politiker. Es sei aber alarmierend, «wenn der Lehrerverband von 40.000 fehlenden Pädagogen spricht und in Berlin fast zwei Drittel der neu eingestellten Lehrer an den Grundschulen Quereinsteiger sind». Kauder kritisierte auch die Kultusminister, die die Vorwürfe teils scharf zurückwiesen. Zugleich zeigen aktuelle Zahlen, wie groß die Armut in den Familien vieler Schulkinder ist: Viele sind für den Schulbedarf auf staatliche Hilfe angewiesen.
Kauder sagte: «Der Beginn des Schuljahres in vielen Bundesländern hat gezeigt, dass unser Land in Gefahr ist, langsam in einen Bildungsnotstand hineinzulaufen.» Aus dem zuständigen CDU-geführten Ministerium hieß es dazu: «Frau (Bildungsministerin Anja) Karliczek wird den Äußerungen von Herrn Kauder nichts hinzufügen.»
Gemeinames Ziel: Mehr Lehrer gewinnen
Der Chef der Kultusministerkonferenz (KMK), Helmut Holter, erklärte zu Kauders Kritik: «Alle Bundesländer stehen bei der Unterrichtsabsicherung vor großen Herausforderungen. Volker Kauder hat recht, dass wir uns ehrlich machen müssen.» Bund und Länder müssten jetzt aber auch gemeinsam Lösungen finden. Es mangele nicht an dem Willen der Länder, Lehrer einzustellen, betonte Holter. «Die Ursache für die heutige Situation war das Mantra des Personalabbaus im öffentlichen Dienst seit Beginn der Zweitausender Jahre. Diese Entwicklungen müssen wir jetzt korrigieren und Unterstützung von Volker Kauder ist da gern gesehen.»
Kauder gab mit Blick auf Quereinsteiger zu bedenken, es verdiene zwar Anerkennung, dass diese Menschen nun die Kinder unterrichten wollten. «Ich mache mir aber große Sorgen über die Qualität des Unterrichts.» Notwendig sei «in Kürze eine ehrliche Bestandsaufnahme, wie sich die Lage quer durch die Republik darstellt».
Es sei nicht akzeptabel, wenn Länder Lehrer nur bis zu den Sommerferien anstellen und sie dann in die Arbeitslosigkeit schicken.
Reaktionen von Gewerkschaften und Bildungsministerien der Länder
Die Vorsitzende der Bildungsgewerkschaft GEW, Marlis Tepe, lobte Kauders Kritik. «Das Thema Lehrkräftemangel ist endlich auch auf der Bundesebene angekommen», sagte sie. «Wir können und wollen uns keinen Qualitätsverlust in der Bildung leisten und eine nicht ausreichend ausgebildete Generation ins Leben schicken.»
Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien (CDU) kritisierte Kauders Aussagen zum Lehrermangel scharf. «Negativstes an die Wand zu malen, hilft dabei niemandem», sagte Prien. Lehrerstellen gut zu besetzen und keine Abstriche an der Qualität zu machen, sei in allen Bundesländern eine der zentralen bildungspolitischen Herausforderungen.
Bayerns Kultusminister Bernd Sibler (CSU) will von einem drohenden Bildungsnotstand im Freistaat nichts wissen. «Anders als in anderen Bundesländern kann Bayern auch zum Schuljahr 2018/2019 alle staatlichen Lehrerstellen - darunter auch die neu hinzugekommenen - mit ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrern besetzen», sagte Sibler. Aus der SPD-geführten Berliner Bildungsverwaltung hieß es, die Personalsituation an den Schulen sei nicht zufriedenstellend. Der Begriff Bildungsnotstand sei allerdings nicht «verhältnismäßig».
Viele Kinder von Unterstützung abhängig
Zugleich werfen aktuelle Zahlen zum Bildungs- und Teilhabepaket ein Schlaglicht auf die schlechte finanzielle Situation vieler Eltern von Schulkindern: Mehr als eine Million Kinder ist einem Zeitungsbericht zufolge beim Schulbedarf auf staatliche Unterstützung angewiesen. Zuletzt erhielten 1.006.163 Schüler diese Leistung. Das waren gut 5.000 Kinder mehr als ein Jahr zuvor.
Die Leistung für den Schulbedarf beträgt für Kinder aus Hartz-IV-Haushalten 100 Euro jährlich. 70 Euro werden mit dem Schuljahresstart ausgezahlt, weitere 30 Euro zum Beginn des zweiten Halbjahres. Das Deutsche Kinderhilfswerk forderte von der Bundesregierung, entschiedener gegen die «nach wie vor viel zu hohe Kinderarmut in Deutschland» vorzugehen. «Wir brauchen insbesondere armutsfeste Regelsätze, verstärkte Unterstützungsleistungen für Alleinerziehende sowie mehr Investitionen in schulische und vorschulische Bildung», so Bundesgeschäftsführer Holger Hofmann.
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