Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterlassungsanspruch nach § 23 Abs. 3 BetrVG. Globalantrag
Leitsatz (redaktionell)
Globalantrag des Betriebsrats auf Unterlassung der Androhung des Arbeitgebers, eine beabsichtigte Einstellung nicht durchzuführen, falls der Betriebsrat der vorgesehenen Eingruppierung widerspricht.
Normenkette
BetrVG § 23 Abs. 3, § 99
Verfahrensgang
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluß des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 13. Juli 1994 – 12 TaBV 4/94 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Antrag des Betriebsrats unbegründet ist.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
A. Der Betriebsrat begehrt von der Arbeitgeberin, die Androhung zu unterlassen, Arbeitnehmer nicht einzustellen, falls der Betriebsrat der beabsichtigten Eingruppierung widerspricht.
Die Arbeitgeberin betreibt ein Versicherungsunternehmen. Antragsteller ist der für ihre Zweigniederlassung Karlsruhe gebildete Betriebsrat.
Die Arbeitgeberin wendet die Tarifverträge für das Versicherungsgewerbe an. Arbeitgeberin und Betriebsrat streiten seit längerem über die Frage der zutreffenden Eingruppierung von Sachbearbeiter/-innen im Bereich der Leistungs- und Antragssachbearbeitung; die Arbeitgeberin sieht die Eingruppierungsmerkmale der Gehaltsgruppe IV, der Betriebsrat die der Gehaltsgruppe V des Manteltarifvertrages als erfüllt an. Diese Streitfrage ist Gegenstand arbeitsgerichtlicher Prozesse, aber noch nicht abschließend entschieden.
Mit Schreiben vom 28. Januar 1991 unterrichtete die Arbeitgeberin den Betriebsrat über ihre Absicht, eine befristet eingestellte Arbeitnehmerin unbefristet weiterzubeschäftigen. Die Vergütung sollte auf der Grundlage der Gehaltsgruppe III erfolgen. Der Betriebsrat erklärte sein Einverständnis mit der unbefristeten Weiterbeschäftigung, verweigerte jedoch die Zustimmung zu der beabsichtigten Eingruppierung mit der Begründung, daß die Gehaltsgruppe IV zutreffend sei. Der Innendienstleiter der Arbeitgeberin teilte der betroffenen Arbeitnehmerin daraufhin mit, es müsse davon ausgegangen werden, daß der Arbeitsvertrag mit Fristablauf zum 31. März 1991 ende, wenn nicht vorher eine Einigung erzielt werden könne. Nach einer weiteren Stellungnahme des Betriebsrats übernahm die Arbeitgeberin die Arbeitnehmerin in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis, obwohl noch keine Einigung über die richtige Eingruppierung erzielt worden war.
Mit Schreiben vom 11. Mai 1993 informierte die Arbeitgeberin den Betriebsrat über ihre Absicht, eine Auszubildende nach Ablegung ihrer Prüfung unbefristet als Antragssachbearbeiterin einzustellen. Die Vergütung sollte sich nach der Gehaltsgruppe IV des Manteltarifvertrages richten. Der Betriebsrat stimmte der Einstellung zu, widersprach aber der beabsichtigten Eingruppierung, da nach seiner Ansicht die Gehaltsgruppe V maßgebend sei. Daraufhin erklärte der Innendienstleiter der betroffenen Auszubildenden, daß er mit ihr keinen Arbeitsvertrag abschließen werde, wenn der Betriebsrat bei seiner Auffassung bleibe. In einem Gespräch zwischen dem Betriebsrat und dem Innendienstleiter am 1. Juni 1993 versicherte der Betriebsrat, er verlange nicht wegen der umstrittenen Eingruppierung die Durchführung eines gerichtlichen Zustimmungsersetzungsverfahrens, solange die Eingruppierungsfrage noch nicht höchstrichterlich zu seinen Gunsten entschieden sei. Er sehe keinen Grund, die Auszubildende nicht einzustellen. Der Innendienstleiter erwiderte, daß er dennoch die Einstellung nicht vornehmen werde, wenn der Betriebsrat bei seiner Rechtsauffassung verbleibe.
Mit Schreiben von Anfang Juni 1993 machte der Betriebsrat seine Auffassung deutlich, daß er auch künftig seine Zustimmung zur Eingruppierung von Sachbearbeitern in die Tarifgruppe IV verweigern werde. Auf seinen Vorschlag kamen die Beteiligten am 9. Juni 1993 jedoch dahin überein, daß die Arbeitgeberin trotz der Zustimmungsverweigerung kein gerichtliches Zustimmungsersetzungsverfahren einzuleiten brauche. Die Frage nach der zutreffenden Eingruppierung solle zunächst bis zu einer höchstrichterlichen Klärung ausgesetzt werden. Die Arbeitgeberin hatte vorläufig Vergütung nach Gehaltsgruppe IV zu zahlen; sie verpflichtete sich, falls die Rechtsansicht des Betriebsrats höchstrichterlich bestätigt werden sollte, die Eingruppierung rückwirkend nach Gehaltsgruppe V zu korrigieren und die entsprechenden Beträge an die betroffenen Arbeitnehmer unter Verzicht auf tarifliche Ausschlußfristen und Verjährung nachzuzahlen. Die Auszubildende wurde daraufhin in ein Arbeitsverhältnis übernommen.
Der Betriebsrat sieht in den Erklärungen des Innendienstleiters, er werde die beiden Arbeitnehmerinnen wegen des Rechtsstandpunktes des Betriebsrats nicht bzw. nicht unbefristet übernehmen, eine grobe Pflichtverletzung i.S. des § 23 Abs. 3 BetrVG. Die Arbeitgeberin verletze damit das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Eingruppierung. Er werde durch derartige Äußerungen gezwungen, zur Vermeidung empfindlicher Nachteile für Beschäftigte einer von ihm für falsch gehaltenen Vergütungsgruppe zuzustimmen. Das Betriebsverfassungsgesetz verlange aber vom Arbeitgeber, daß er bei einem Streit über die richtige Eingruppierung das gerichtliche Zustimmungsersetzungsverfahren durchführe. In der unzulässigen Druckausübung und Nötigung liege zugleich ein Verstoß gegen den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit sowie eine Behinderung und Störung der Betriebsratsarbeit. Dieser Verstoß sei gravierend.
Eine akute Begehungs- oder Wiederholungsgefahr sei für den Antrag nach § 23 Abs. 3 BetrVG nicht erforderlich. Außerdem zeige das zweifache Vorgehen der Arbeitgeberin, daß eine Wiederholungsgefahr bestehe. Der Kompromiß vom 9. Juni 1993 habe die vorangegangenen Drohungen nicht aus der Welt geschafft. Es sei zu befürchten, daß die Arbeitgeberin auch künftig mit solchen Praktiken gegen ihn vorgehen werde.
Der Betriebsrat hat beantragt:
Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, die Androhung, eine Arbeitnehmerin oder einen Arbeitnehmer nicht einzustellen oder das Arbeitsverhältnis mit dieser oder diesem nicht fortzusetzen, falls der Betriebsrat der von der Antragstellerin beabsichtigten Eingruppierung widerspricht, zu unterlassen.
Die Arbeitgeberin hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, der Antrag sei zu unbestimmt und bereits deshalb unzulässig. Außerdem sei aufgrund des am 9. Juni 1993 getroffenen Kompromisses das Rechtsschutzinteresse entfallen. Eine Wiederholungsgefahr bestehe nicht. Mit dem Vorbehalt, eine Mitarbeiterin nur dann einzustellen bzw. weiterzubeschäftigen, wenn der Betriebsrat auch der beabsichtigten Eingruppierung zustimme, habe sie keine Pflichten i.S. des § 23 Abs. 3 BetrVG verletzt. Ihr Verhalten entspreche vielmehr voll und ganz der mitbestimmungsrechtlichen Lage, da sie gegen den Willen des Betriebsrats keine personelle Maßnahme durchgeführt habe. Sie sei nicht verpflichtet gewesen, im Falle der Zustimmungsverweigerung ein gerichtliches Zustimmungsersetzungsverfahren einzuleiten, sondern habe statt dessen ganz von der Maßnahme absehen dürfen. Die Freiheit des Arbeitgebers, von der Einstellung eines Arbeitnehmers abzusehen, sei grundrechtlich geschützt.
Das Arbeitsgericht hat den Antrag des Betriebsrats als unbegründet zurückgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Betriebsrats gegen den erstinstanzlichen Beschluß mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Antrag unzulässig sei. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat seinen erstinstanzlichen Antrag weiter. Die Arbeitgeberin beantragt Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.
Entscheidungsgründe
B. Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat den Antrag des Betriebsrats im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen. Der Antrag ist allerdings nicht unzulässig, sondern als zu weit gefaßter Globalantrag unbegründet.
I. Der Antrag ist zulässig.
1. Er ist hinreichend bestimmt. Die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs im arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren erfordert einen Antrag, der einzelne, tatbestandlich umschriebene, konkrete Handlungen zum Verfahrensgegenstand macht (BAGE 44, 226, 231 ff. = AP Nr. 11 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit; Beschluß vom 17. März 1987 – 1 ABR 65/85 – AP Nr. 7 zu § 23 BetrVG 1972). Dies folgt daraus, daß die gerichtliche Entscheidung, die dem Antrag entspricht, als Vollstreckungstitel geeignet sein muß. Außerdem muß der Arbeitgeber aus rechtsstaatlichen Gründen vor einer zukünftigen Maßnahme erkennen können, was er zu unterlassen hat. Im Antrag sind daher die betrieblichen Fallgestaltungen, auf die sich das Unterlassungsgebot richten soll, eindeutig zu beschreiben (Senatsbeschluß vom 17. März 1987, a.a.O.). Diesen Anforderungen genügt der Antrag des Betriebsrats. Soweit sich Unklarheiten ergeben könnten, lassen sie sich durch eine sachgemäße Auslegung an Hand der Antragsbegründung ausräumen.
Der im Antrag verwendete Ausdruck „Androhung” läßt sich als „Ankündigung eines empfindlichen Übels” umschreiben (vgl. § 240 Abs. 1 StGB). Der Antrag erfaßt danach grundsätzlich jede Ankündigung der Arbeitgeberin, eine beabsichtigte Einstellung ganz zu unterlassen, falls der Betriebsrat die Zustimmung zu der vorgesehenen Eingruppierung verweigert. Hierin sieht der Betriebsrat das „empfindliche Übel”. Mit diesem Inhalt ist der Begriff der „Androhung” bestimmt genug. Soweit im Antrag von einer Eingruppierungsabsicht der „Antragstellerin” die Rede ist, handelt es sich um ein offensichtliches Versehen, das unschädlich ist. Gemeint ist natürlich die von der Antragsgegnerin beabsichtigte Eingruppierung.
Der so ausgelegte Antrag ist sehr weit. Er erfaßt ohne Berücksichtigung der konkreten Einzelsituation alle Fälle, in denen die Arbeitgeberin ankündigt, einen Arbeitnehmer nicht einzustellen oder das Arbeitsverhältnis mit diesem nicht fortzusetzen, sofern der Betriebsrat der beabsichtigten Eingruppierung nicht zustimmt. Dies führt jedoch nicht zur Unbestimmtheit des Antrags. Es ist klar, welches Verhalten die Arbeitgeberin unterlassen soll. Nach ständiger Senatsrechtsprechung sind sogenannte Globalanträge zulässig und erst in der Begründetheit daraufhin zu prüfen, ob ihnen in der gewünschten Allgemeinheit stattzugeben ist (vgl. zuletzt etwa Senatsbeschluß vom 3. Mai 1994 – 1 ABR 24/93 – AP Nr. 23 zu § 23 BetrVG 1972, zu II A der Gründe, m.w.N.).
2. Für den so verstandenen Antrag besteht ein hinreichendes Rechtsschutzinteresse, das auch im Beschlußverfahren Voraussetzung einer Sachentscheidung ist (vgl. bereits Senatsbeschluß vom 1. Dezember 1961 – 1 ABR 9/60 – AP Nr. 1 zu § 80 ArbGG 1953). Es handelt sich um einen Leistungsantrag. Bei Leistungsanträgen ist regelmäßig vom Vorliegen eines Rechtsschutzinteresses auszugehen (BAG Beschluß vom 25. August 1983 – 6 ABR 52/80 – AP Nr. 14 zu § 59 KO; BAGE 46, 142 = AP Nr. 2 zu § 92 BetrVG 1972; Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, 2. Aufl., § 81 Rz 29).
Das Landesarbeitsgericht hat allerdings angenommen, das Rechtsschutzinteresse entfalle aufgrund der am 9. Juni 1993 zwischen den Betriebspartnern getroffenen Vereinbarung. Die Vorgänge, die den Anlaß des Verfahrens bildeten, seien abgeschlossen. Eine irgendwie geartete Wahrscheinlichkeit, daß sich die von Betriebsrat gerügten Androhungen wiederholen könnten, sei nicht ersichtlich. Die Beteiligten hätten sich unstreitig in der betrieblichen Praxis an die Vereinbarung gehalten.
Damit hat das Landesarbeitsgericht das Rechtsschutzinteresse ausschließlich wegen Fehlens einer Wiederholungsgefahr verneint. Das ist jedoch keine ausreichende Begründung. Es kann dahingestellt bleiben, ob ein Unterlassungsanspruch nach § 23 Abs. 3 BetrVG überhaupt eine Wiederholungsgefahr voraussetzt (verneinend BAG Beschluß vom 18. April 1985 – 6 ABR 19/84 – BAGE 48, 246 = AP Nr. 5 zu § 23 BetrVG 1972). Auch wenn man dies bejaht, ist die für einen Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr nach ganz herrschender Auffassung jedenfalls keine Frage der Zulässigkeit, sondern erst als materiellrechtliche Anspruchsvoraussetzung zu prüfen (vgl. statt aller Palandt/Thomas, BGB, 53. Aufl., Vor § 823 Rz 24 und Palandt/Bassenge, a.a.O., § 1004 Rz 29; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 53. Aufl., Grundzüge § 253 Rz 41 – beide m.w.N.). Ihr Fehlen läßt also noch nicht das Rechtsschutzinteresse entfallen. Andernfalls käme es nie zur Feststellung der Unbegründetheit eines Unterlassungsanspruchs wegen fehlender Wiederholungsgefahr.
II. Der angefochtene Beschluß ist jedoch mit der Maßgabe aufrechtzuerhalten, daß der Antrag des Betriebsrats als unbegründet abzuweisen ist. Dies kann der Senat aufgrund der getroffenen Tatsachenfeststellungen selbst entscheiden, ohne daß es einer Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht bedürfte. Dem Antrag ist wegen seiner allzu weiten Fassung der Erfolg zu versagen.
1. Es bedarf keiner abschließenden Entscheidung, ob die Arbeitgeberin durch ihr Verhalten in den beiden Fällen, die Anlaß des Verfahrens sind, ihre Pflichten gegenüber dem Betriebsrat verletzt hat. Hierfür könnte sprechen, daß die Arbeitgeberin unter Ausnutzung einer formalen Rechtsposition, nach der sie grundsätzlich nicht zum Abschluß eines Arbeitsvertrages mit einem Bewerber verpflichtet ist, den Betriebsrat faktisch unter Druck gesetzt hat, der Eingruppierung zuzustimmen, obwohl er sie für unzutreffend hält. Diese Zwangslage führt zu einer Verkürzung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats bei Eingruppierungen, das als Mitbeurteilungsrecht der Richtigkeitskontrolle dient. Ein derartiges Vorgehen der Arbeitgeberin könnte gegen den in § 2 Abs. 1 BetrVG niedergelegten Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit verstoßen. Selbst wenn man davon ausgeht, bleibt aber im Rahmen des § 23 Abs. 3 BetrVG weiter zu prüfen, ob es sich um einen groben Verstoß im Sinne einer objektiv erheblichen Verletzung von Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung handelt (vgl. Senatsbeschluß vom 27. November 1990 – 1 ABR 77/89 – AP Nr. 41 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit; Senatsbeschluß vom 16. Juli 1991 – 1 ABR 69/90 – AP Nr. 44 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit). Dies zu beurteilen, ist vorrangig Aufgabe der Tatsacheninstanzen, die sich mit dieser Frage nicht befaßt haben.
Offenbleiben kann weiter auch hier, ob der Unterlassunganspruch nach § 23 Abs. 3 BetrVG eine Wiederholungsgefahr voraussetzt (s. schon B I 2 der Gründe). Dies ist nach einer Entscheidung des Sechsten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 18. April 1985 zu verneinen (– 6 ABR 19/84 – BAGE 48, 246 = AP Nr. 5 zu § 23 BetrVG 1972; zust. etwa Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG, 17. Aufl., § 23 Rz 49; vgl. auch Trittin/Blanke in: Däubler/Kittner/Klebe/Schneider, BetrVG, 4. Aufl., § 23 Rz 77). Gegen diese Auffassung ist aber beachtliche Kritik erhoben worden (vgl. von Hoyningen-Huene, Anm. zu BAG AP Nr. 5 zu § 23 BetrVG 1972; Wiese, GK-BetrVG, 5. Aufl., § 23 Rz 166; s. auch Senatsbeschluß vom 27. November 1990 – 1 ABR 77/89 – AP Nr. 41 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit). Es ist nicht ohne weiteres erkennbar, warum der allein auf ein künftiges Verhalten gerichtete und nicht als Bestrafung vergangenen Verhaltens anzusehende Unterlassungsanspruch auch dann gewährt werden soll, wenn eine Wiederholungsgefahr auszuschließen ist. § 23 Abs. 3 BetrVG stellt keine unwiderlegliche Vermutung auf, daß bei Verstößen in der Vergangenheit mit neuen Verstößen zu rechnen sei. Immerhin könnte man daran denken, daß eine – ggf. wiederholte – grobe Verletzung von Mitbestimmungsrechten die Wiederholungsgefahr regelmäßig indiziert (allgemeine Auffassung zur Wiederholungsgefahr bei Unterlassungsansprüchen vgl. nur Palandt/Thomas, a.a.O., Vor § 823 Rz 24 und Palandt/Bassenge, a.a.O., § 1004 Rz 29; hiervon gehen offensichtlich auch Trittin/Blanke in: Däubler/Kittner/Klebe/Schneider, a.a.O., § 23 Rz 77 aus).
Wenn man eine Wiederholungsgefahr voraussetzen wollte, wäre diese allerdings durch die Vereinbarung vom 9. Juni 1993 hier nicht ausgeräumt. Gegen die betriebsverfassungsrechtliche Zulässigkeit der Vereinbarung bestehen zwar keine durchgreifenden Bedenken. Sie beinhaltet keinen unzulässigen Verzicht auf die Ausübung von Mitbestimmungsrechten, sondern führt nur einen zeitlich begrenzten Modus ein, wie bei bestimmten Sachverhalten zu verfahren ist; diese Regelung ist vor dem Hintergrund der zu erwartenden höchstrichterlichen Klärung sachgerecht. Gerade der Umstand, daß sich die Regelung (nur) auf die streitige Eingruppierung von Sachbearbeitern in der Leistungs- und Antragssachbearbeitung bezieht, spricht aber gegen die Annahme, daß eine Wiederholungsgefahr endgültig ausgeräumt sei. Der Antrag des Betriebsrats erfaßt jede Eingruppierung. Die Arbeitgeberin ist auch nach wie vor von der Richtigkeit und Zulässigkeit ihres Verhaltens überzeugt, wie ihr Vortrag in beiden Instanzen zeigt. Es ist also durch die Vereinbarung jedenfalls nicht ausgeschlossen, daß bei künftigem Streit über Eingruppierungen in andere Gehaltsgruppen die Arbeitgeberin erneut androht, eine Einstellung ganz zu unterlassen. Daß ein solcher Konflikt nicht entstehen könnte, weil die anderen Gehaltsgruppen eindeutiger wären oder im Betrieb der Arbeitgeberin nicht in Betracht kämen, ist nicht ersichtlich.
2. Der Antrag ist schon allein deshalb als unbegründet abzuweisen, weil der Betriebsrat nicht in allen erfaßten Fallgestaltungen die geltend gemachte Unterlassung beanspruchen kann.
Der Betriebsrat begehrt ohne Berücksichtigung konkreter Einzelfälle generell die Verpflichtung der Arbeitgeberin, Ankündigungen des streitbefangenen Inhalts zu unterlassen. Nach ständiger Senatsrechtsprechung ist ein Antrag, mit dem die generelle Unterlassung einer bestimmten Handlung für einen großen Bereich denkbarer Fallgestaltungen begehrt wird, als sog. Globalantrag nur dann begründet, wenn der Antragsteller die Unterlassung für alle erfaßten Fallgestaltungen verlangen kann. Ist diese Voraussetzung auch nur teilweise nicht erfüllt, muß der Antrag im ganzen als unbegründet zurückgewiesen werden, wenn nicht der begründete Teil dem Antrag selbst als Teilziel des Verfahrens zu entnehmen ist. Das Gericht darf nicht dahin erkennen, daß der geltend gemachte Anspruch unter einschränkenden Voraussetzungen gegeben ist, obwohl diese nicht als Inhalt des Antrags angesehen werden können. Sonst würde nicht weniger als beantragt zugesprochen, sondern etwas anderes (vgl. zuletzt Senatsbeschluß vom 6. Dezember 1994 – 1 ABR 30/94 – zur Veröffentlichung vorgesehen, zu B II 2 der Gründe).
Vorliegend sind Fälle denkbar, in denen eine entsprechende Ankündigung der Arbeitgeberin nicht zu beanstanden ist. Zwar kann der Antrag einschränkend dahin ausgelegt werden, daß er Fälle nicht erfaßt, in denen der Betriebsrat etwa bei höchstrichterlich geklärter Eingruppierung seine Zustimmung nur aus Verschleppungs- oder Schikaneabsicht verweigert und sich damit selbst rechtsmißbräuchlich verhält. Denkbar und vom Antrag erfaßt sind aber beispielsweise auch Fälle, in denen die Arbeitgeberin nur bereit ist, für einen Arbeitsplatz die Kosten einer bestimmten – von ihr für zutreffend erachteten – Vergütungsgruppe aufzuwenden und daher dem Betriebsrat ankündigt, sie werde diesen Arbeitsplatz überhaupt nicht einrichten, wenn (schon) der Betriebsrat die kalkulierte Vergütung für zu gering erachtet. Dies gilt insbesondere hinsichtlich solcher Tätigkeiten, deren tarifgerechte Eingruppierung auch höchstrichterlich (noch) ungeklärt ist. Es wäre nicht sachwidrig, wenn die Arbeitgeberin ein mit der Einstellung verbundenes wirtschaftliches Risiko, zu dessen Übernahme sie nicht verpflichtet ist, ausschließen wollte und ihre Entscheidung von der Einschätzung des Betriebsrats abhängig machte. Fallgestaltungen dieser Art werden von dem Begriff der Androhung im Sinne einer Ankündigung erfaßt. Eine einschränkende Auslegung etwa dahin, daß der Betriebsrat die Unterlassung (zumindest hilfsweise) nur für solche Fälle begehrt, in denen die Arbeitgeberin keinen sachlichen Grund für ihre Ankündigung hat, führte nicht weiter. Bei dieser Auslegung würde der Antrag dem Bestimmtheitserfordernis nicht mehr genügen. Es wäre dann nämlich erst im Vollstreckungsverfahren zu klären, ob ein sachlicher Grund vorliegt oder nicht.
Unterschriften
Dieterich, Wißmann, Rost, Schneider, Münzer
Fundstellen